Früher entstanden Stieffamilien häufig durch Verwitwung und erneute Heirat des verwitweten Elternteils

Geburtenentwicklung in Rheinland-Pfalz 1950 bis 2002

7. Sind der Landesregierung Aussagen über Anzahl und Situation von Stieffamilien möglich?

Früher entstanden Stieffamilien häufig durch Verwitwung und erneute Heirat des verwitweten Elternteils. Heute etablieren sie sich meist nach Scheidung einer Ehe oder Trennung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Diese Familienform hat unterschiedliche Bezeichnungen und Erscheinungsformen: Stieffamilie, Patchworkfamilie, Nachfolgefamilie, Zweitfamilie, Fortsetzungsfamilie. Es gibt Familien mit einem leiblichen Elternteil, einem Stiefelternteil und Kind(ern), Familien, in denen beide Eltern sowohl leibliche als auch Stiefelternteile sind, Familien mit oder ohne gemeinsame Kinder. Die Vielzahl unterschiedlicher Familienformen hat jedoch eines gemeinsam: Zu beiden leiblichen Elternteilen tritt mindestens ein sozialer Elternteil hinzu oder ein verstorbener Elternteil wird durch einen sozialen ersetzt.

Angaben über Stieffamilien liegen der amtlichen Statistik nicht vor. Entsprechende Fragestellungen sind in den Haushaltsbefragungen des Mikrozensus nicht vorgesehen. In der Vergangenheit fehlte es an repräsentativen Untersuchungen, die eine allgemeine Einschätzung der Lebenssituation von Stieffamilien erlauben. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hatte deshalb das Projekt „Stieffamilien in Deutschland" an das Deutsche Jugendinstitut e. V., München, vergeben, um durch eine Reanalyse des Familiensurveys 1994 und 2000 gesicherte Aussagen über die Häufigkeit von Stiefkindern und deren unterschiedliche Elternkonstellationen zu erhalten. Die 2002 veröffentlichte Studie des Deutschen Jugendinstituts (siehe Teubner 2002, Bien, Hartl, Teubner 2002) enthält unter anderem folgende Feststellungen:

­ In Deutschland gibt es deutlich weniger Stieffamilien als bisher vermutet wurde. Thesen, denen zufolge jedes zweite der gegenwärtig in Deutschland geborenen Kinder damit rechnen muss, vor Erreichen der Volljährigkeit Mitglied einer Stieffamilie zu werden, haben sich nicht bestätigt. Auch Schätzungen aus den 80er Jahren scheinen im Nachhinein deutlich zu hoch gegriffen.

­ 1999 gab es in Deutschland rund 850 000 Stiefkinder im engeren Sinne; das heißt, sie leben mit einem leiblichen und einem Stiefelternteil zusammen. Das sind 5,6 Prozent aller Kinder unter 18 Jahren, die 1999 in Familien lebten (in Paarfamilien oder bei allein erziehenden Elternteilen). Dabei ist der Anteil in den neuen Bundesländern mit 10 Prozent etwa doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern.

­ Von den 850 000 Stiefkindern in Deutschland wachsen in den alten wie in den neuen Bundesländern etwa 60 Prozent bei verheirateten Eltern auf, während bei 40 Prozent der Stiefkinder der leibliche und der Stiefelternteil unverheiratet in einem Haushalt zusammenleben. Bezogen auf die Zahl aller Kinder in Ehen beziehungsweise nichtehelichen Lebensgemeinschaften bedeutet dies, dass es sich bei etwa vier Prozent der Kinder in Ehen um Stiefkinder handelt (alte Bundesländer drei Prozent, neue Bundesländer neun Prozent). Jedoch bei Kindern, die in nichtehelichen Lebensgemeinschaften aufwachsen, ist annähernd jedes zweite ein Stiefkind (alte Bundesländer 47 Prozent, neue Bundesländer 35 Prozent).

­ Der überwiegende Teil aller Stiefkinder (etwa 90 Prozent) lebt mit der leiblichen Mutter und einem Stiefvater zusammen. Etwa zehn Prozent leben in einer „Stiefmutterfamilie" (alte Bundesländer elf Prozent, neue Bundesländer sechs Prozent). Dies entspricht etwa sieben Prozent aller Familien mit Kindern unter 18 Jahren. Bei zwei Drittel dieser Stieffamilien handelt es sich um verheiratete Eltern, bei einem Drittel leben die Eltern unverheiratet zusammen.

8. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Situation von Pflegefamilien vor?

Konkrete Erkenntnisse über die Situation einzelner Pflegefamilien liegen nicht vor. Sie könnten nur durch eine Umfrage bei den Jugendämtern ermittelt werden. Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik enthält keine Angaben zu den Pflegefamilien. Erfasst wird lediglich die Anzahl der Pflegekinder nach Alter und Geschlecht. 2002 gab es in Rheinland-Pfalz 3 187 Pflegekinder (Stichtag 31. Dezember und beendete Fälle 2002), davon 48 Prozent Mädchen und 52 Prozent Jungen. Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit hat 2003 ein Projekt zum Aufbau eines landesweiten Berichtswesens für die Hilfen zur Erziehung in Auftrag gegeben. Dabei werden auch differenziertere Angaben zu den Pflegekindern erhoben und abgebildet. Mit dem Bericht ist im Sommer 2004 zu rechnen.

Seitens des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung ­ Landesjugendamt ­ gab es verschiedene Initiativen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen von Pflegefamilien: Der Landesjugendhilfeausschuss hat am 24. Juni 2002 eine Broschüre veröffentlicht mit dem Titel: „Pflegeeltern sein ­ eine Aufgabe für Sie?" Diese Broschüre richtet sich an Pflegeeltern und an interessierte Personen, die ein Pflegekind in ihre Familie aufnehmen wollen. Sie gibt Antworten über wesentliche Fragen der Erziehung eines Pflegekindes und der finanziellen Unterstützung durch das Jugendamt. Die Broschüre wurde über die Jugendämter an die Adressaten verteilt und dient den Jugendämtern unter anderem dazu, neue Pflegefamilien zu werben, um für ein bestimmtes Pflegekind geeignete Pflegeeltern finden zu können.

Der Landesjugendhilfeausschuss verabschiedete am 16. Dezember 2002 Empfehlungen zu sozialpädagogischen Pflegestellen. Die sozialpädagogischen Pflegestellen bilden ein Angebot professioneller Pflegefamilien und erweitern das vorhandene Spektrum zwischen Vollzeitpflege und Heimerziehung. Sie bieten besonders entwicklungsbeeinträchtigten jungen Menschen einen langfristigen stabilen Lebensort in einer Familie.

Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung ­ Landesjugendamt ­ hat als zuständige Behörde zum 1. Januar 2004 die Höhe der Pauschalbeträge neu festgesetzt und damit den gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst.

Der Landesjugendhilfeausschuss hat in seiner letzten Sitzung am 1. März 2004 eine Aktualisierung seiner Empfehlungen zu Beihilfen und Zuschüssen verabschiedet, die nach Herstellung des Benehmens mit den kommunalen Spitzenverbänden veröffentlicht werden sollen. Diese Beihilfen und Zuschüsse ergänzen die Leistungen der Pauschalbeträge und erleichtern eine individuelle bedarfsgerechte Unterstützung der Pflegefamilien.

9. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Situation von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften (mit Kindern) vor?

Über gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gibt es nur auf Bundesebene Zahlen; dabei handelt es sich um grobe Schätzungen.

Etwa drei Fünftel (58 Prozent) der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften wurden im April 2002 von Männern geführt. Bei weniger als jedem siebten gleichgeschlechtlichen Paar (13 Prozent) wuchsen im April 2002 ledige Kinder auf. Insgesamt zogen die gleichgeschlechtlichen Paare 10 600 Kinder groß, darüber 8 700 Kinder unter 18 Jahren. Tabelle 9

Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften 1996 bis 2002 in Deutschland Generell ist festzustellen, dass in Deutschland wenig gesicherte Daten zur Zahl und zur Lebenssituation von Kindern, die bei gleichgeschlechtlichen Eltern leben, vorliegen. Die Jugendministerkonferenz wird sich auf ihrer nächsten Sitzung mit dieser Problematik befassen und unter anderem auch darauf hinwirken, dass durch entsprechende Untersuchungen die quantitativen und qualitativen Einschätzungen verbessert und sicherer Aufschluss zur Diskriminierungsproblematik, insbesondere bezogen auf Kinder in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, möglich ist.

10. Wie ist die Situation von Familien mit Migrationshintergrund in Rheinland-Pfalz?

Im Jahre 2002 lebten in Rheinland-Pfalz 75 600 ausländische Familien mit insgesamt 113 500 ledigen Kindern (ohne Altersbegrenzung). 46 300 ausländische Familien hatten insgesamt 88 900 Kinder unter 18 Jahren. Weitere Daten und Zahlen, die zu dieser Thematik Aufschluss bieten, veröffentlicht die Landesbeauftragte für Ausländerfragen bei der Staatskanzlei jährlich in ihrer Broschüre „Wir leben in Rheinland-Pfalz" sowie auf ihrer Homepage www.auslaender.rlp.de.