Gefahrenabwehr nach dem Stromausfall bei der BASF (Ludwigshafen)

Am Nachmittag des 17. März 2004 hatte ein Stromausfall nahezu das gesamte Werksgelände der BASF in Ludwigshafen erfasst. Zahlreiche Anlagen fuhren daraufhin in den so genannten geregelten außergewöhnlichen Betriebszustand herunter. Sichtbares äußeres Zeichen dafür war das Anspringen von Sicherheitsfackeln, wobei unvollständig abbrennende chemische Reaktionsprodukte zu erheblicher Rußbildung führten.

Obwohl der Stromausfall nach wenigen Minuten behoben werden konnte, ereigneten sich offenbar beim Wiederanfahren von Anlagen auch Stunden nach dem Stromausfall noch Folgestörfälle. So wird von Beschwerden, wie Atemwegs- oder Augenreizungen bei Werksangehörigen, aber auch bei Bürgern aus den an das nördliche Werksgelände angrenzenden Stadtteilen berichtet, die auf eine „geringe Menge"Ammoniak zurückgingen, die kurzfristig freigesetzt worden sei.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele „Störfallbetriebe" waren von dem Stromausfall betroffen?

2. Aus welchen Gründen konnte bei diesen Betrieben durch Notstromversorgung der Normalbetrieb nicht fortgeführt werden, sodass der „geregelte außergewöhnliche Betriebszustand" eintrat?

3. Bei wie vielen Betrieben traten welche Probleme bei der Umschaltung auf den „Sicherheitsbetrieb" auf?

4. Welche chemischen Stoffe wurden im Einzelnen über die Notfackeln einer Verbrennung zugeführt?

5. Welches sind die Ursachen für die starke Rußentwicklung an den Fackeln?

6. Auf welche Stoffe wurde bis zu welcher Entfernung (Aufpunkt der Fackelemissionen!?) untersucht?

7. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung im Bereich des Genehmigungs- und Aufsichtsrecht angesichts dieses für die vergangenen Jahrzehnte beispiellosen Betriebsstörungsgeschehens für erforderlich?

Das Ministerium für Umwelt und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 7. April 2004 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: Vom Stromausfall war nahezu das gesamte Werksgelände in Ludwigshafen direkt oder indirekt mit etwa 250 Produktionsanlagen betroffen. Darunter sind 167 Anlagen, die im Sicherheitsbericht als störfallrelevant beschrieben sind.

Zu Frage 2: Durch einen beim Stromlieferanten verursachten Kurzschluss fiel zunächst eines von zwei extern versorgten Stromnetzen im Werk aus. In unmittelbarer zeitlicher Folge führte ein unerwarteter Ausfall der Gasturbinenanlage im Kraftwerk Süd auch zum Zusammenbruch des dritten, internen Stromnetzes der BASF. Dieses besonders abgesicherte Netz speist wiederum wichtige Versorgungseinrichtungen wie das Druckluftsystem und die Kühlwasserpumpen, so dass durch deren Ausfall weitere Anlagen in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Das Sicherheitskonzept für das Werk Ludwigshafen sieht zwar mindestens zwei unabhängige Stromversorgungen für sicherheitsrelevante Anlagen vor, aber keine umfassende Notstromversorgung für die Aufrechterhaltung der Produktion. Stattdessen ist Vorsorge getroffen, dass die Anlagen bei Ausfall der Fremdenergie in einen sicheren Zustand gefahren werden können. Das Sicherheitskonzept und die Sicherheitseinrichtungen haben ihre Funktionstüchtigkeit auch bei dem Stromausfall am 17. März 2004 bewiesen.

Zu Frage 3: Durch den Ausfall der Stromversorgung waren auch die Kühlwasser- sowie die Druckluft- und Stickstoffversorgung des Werkes betroffen. Alle Betriebe wurden nach den vorgesehenen Abläufen dennoch in den sicheren Betriebszustand gefahren. Das Anspringen der Fackeln in verschiedenen Anlagen war das von außen sichtbare Zeichen der Betriebsstörung. Bei einigen Fackeln, insbesondere einer großen Fackel in einer Gaserzeugungsanlage, kam es in der ersten Stunde aufgrund von Regelungsproblemen zur Rußbildung.

Die Fackeln sprangen je nach Betriebsvorschrift auch beim Wiederanfahren der Anlagen wieder an. In dieser Phase konnte die Rußbildung vermieden werden. Darüber hinaus kam es beim Anfahren lokal zu kurzzeitiger Freisetzung geringer Mengen von Ammoniak und Aminen.

Zu Frage 4: Über die Fackeln wurden die in den Anlagen jeweils vorhandenen brennbaren Gase aus Entspannungsvorgängen bei Notabschaltungen und beim Wiederanfahren verbrannt.

Zu Frage 5: Bei der Notentspannung brennbarer Gase müssen den Fackeln große Mengen an Verbrennungsluft zugeführt werden. Hierbei kam es anfänglich aufgrund von Regelungsproblemen bei dem für die Lufteinmischung benutzten Dampf zu einer Unterversorgung mit Luft.

Zu Frage 6: Luftmessungen wurden in den angrenzenden Stadtteilen Ludwigshafens sowie in Frankenthal-Mörsch, Bobenheim-Roxheim, Worms, Mannheim-Sandhofen und Lampertheim durchgeführt. Untersucht wurden die Kohlenmonoxid- und KohlenwasserstoffKonzentrationen der Luft sowie die Gehalte polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe in Wischproben. Außergewöhnliche Schadstoffkonzentrationen wurden nach Auskunft der messenden Stellen nicht festgestellt. Dies gilt auch für die Messreihen der Stationen des Zentralen Immissionsmessnetzes in der Region.

Zu Frage 7: Die zuständige Überwachungsbehörde hat ihre Prüfung noch nicht abgeschlossen und über die zu treffenden Maßnahmen noch nicht abschließend entschieden. Der Stromausfall vom 17. März 2004 wird bei dem nächsten Sicherheitsgespräch zwischen den Behörden und der BASF AG am 23. April 2004 im Hinblick auf die Ursachen und die zu ziehenden Konsequenzen behandelt.

Folgende Maßnahmen sind zur Verhinderung von Wiederholungen zu prüfen:

­ Ausschluss von Bedienungsfehlern beim Stromlieferanten,

­ Überprüfung der Ursache für die Abschaltung der Gasturbine im BASF-Inselnetz,

­ Verbesserung der Stromverfügbarkeit für die zentrale Kühlwasser- und Druckluftversorgung,

­ Maßnahmen zur schnelleren Inbetriebnahme der Kühlwasser- und Druckluftversorgung im Notfall,

­ Umsetzung der aus dem Schadensfall in den einzelnen Anlagen gewonnenen Erkenntnisse für das Sicherheitskonzept für den Standort.