Mit der Heimerziehung soll u. a. die Wiederaufnahme der Kinder und Jugendlichen in die Herkunftsfamilie gefördert werden

Das Ziel der Jugendhilfe liegt grundsätzlich darin, die Erziehung des Kindes oder des Jugendlichen in der Familie oder im häuslichen Bereich zu fördern. Die Praxis hat auf der Basis der Vorgaben des Kinder- und Jugendhilfegesetzes vielfältige ambulante Hilfen entwickelt. Vor der Entscheidung über eine Heimunterbringung müssen die Jugendämter daher in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, ob die Unterbringung durch geeignete andere Maßnahmen vermieden werden kann.

Der größte Teil der Kinder und Jugendlichen ist in Heimen außerhalb des Bezirks des für die Hilfe zuständigen Jugendamts untergebracht.

Mit der Heimerziehung soll u. a. die Wiederaufnahme der Kinder und Jugendlichen in die Herkunftsfamilie gefördert werden. Deshalb sollte eine Unterbringung möglichst in ortsnahen Heimen angestrebt werden. Große räumliche Entfernungen erschweren die Aufrechterhaltung familiärer Bindungen. Sie beeinträchtigen im Übrigen die notwendige Begleitung und Steuerung der von Dritten geleisteten Erziehungshilfen durch die Fachkräfte des Jugendamts, weil unter Umständen Kontaktaufnahmen und Besuche in den Einrichtungen entfallen oder auf das unumgängliche Maß reduziert werden.

Die Vergütung für die Unterbringung in einer Einrichtung richtet sich nach dem Betreuungsbedarf des Kindes oder desJugendlichen. Die Pflegekosten betragen im Durchschnitt jährlich zwischen 40 000 und 45 000. Eine vergleichende Prüfung von Jugendhilfeausgaben eines Landkreises und einer zugehörigen großen kreisangehörigen Stadt mit eigenem Jugendamt hat gezeigt, dass die von der Stadt genutzten Heimeinrichtungen im Durchschnitt um 11 % teurer waren als die vom Landkreis belegten Einrichtungen.

Bei der Gewährung von Hilfe zur Erziehung außerhalb der eigenen Familie sind die Personensorgeberechtigten und das Kind oder der Jugendliche bei der Auswahl der Einrichtung zu beteiligen. Ihrer Wahl und ihren Wünschen zur Gestaltung der Hilfe ist zu entsprechen, sofern diese nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sind.

Die hohen Kosten für Heimunterbringungen verdeutlichen die große Bedeutung der Hilfen, die eine Heimerziehung verhindern, ersetzen oder verkürzen können. Die Städte und Landkreise sollten alle Möglichkeiten nutzen, durch entsprechende Maßnahmen Heimkosten zu vermeiden.

Neben dem Pflegesatz fallen für die Kinder und Jugendlichen einmalige Kosten, beispielsweise aus einem persönlichen Anlass, für Reisen, Ausbildung, pädagogische Förderung, Versicherungen, Kontakt zur Familie oder sonstige Zwecke an.

Über die Höhe dieser einmaligen Leistungen entscheiden die Jugendämter in der Regel nach pflichtgemäßem Ermessen.

Die durchschnittlichen Ausgaben der einzelnen Jugendämter je Fall sind unterschiedlich hoch. In der angeführten vergleichenden Prüfung lag beispielsweise der durchschnittliche Aufwand der Stadt je Fall um nahezu die Hälfte höher als beim Landkreis.

Für einzelne einmalige Leistungen sollten von den Jugendämtern Höchstbeträge festgelegt werden.

Hilfe für junge Volljährige Junge Volljährige sollen Hilfe zu ihrer Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung erhalten, wenn und solange die Hilfe aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist. Die Hilfe wird in der Regel bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden (§ 41 Abs. 1 SGB VIII). Die Ausgaben sind im Vergleich der Jahre 1999 und 2002 mit 17,7 Mio. und 17,5 Mio. annähernd gleich geblieben.

Die Art der Leistung und die Voraussetzungen für ihre Gewährung sind gesetzlich nicht näher bestimmt. In der Praxis werden hauptsächlich Vollzeitpflege und Heimpflege nach Eintritt der Volljährigkeit als unterstützende Maßnahmen weitergewährt. Der weitaus größte Anteil der jungen Volljährigen wurde schon vor Eintritt der Volljährigkeit vom Jugendamt betreut.

Es ist auch möglich, jungen Volljährigen nach Eintritt der Volljährigkeit erstmals Jugendhilfe zu gewähren. Erfahrungsgemäß ist in diesen Fällen pädagogische Hilfe aber nur begrenzt erfolgversprechend. In diesen Fällen müssen die Jugendämter sorgfältig abwägen, ob die zur Verfügung stehenden Maßnahmen überhaupt geeignet sind.

4. Weitere Feststellungen zum Verwaltungsvollzug

Die nachfolgende Darstellung weiterer wiederholt festgestellter Fehler und Mängel in der Sachbearbeitung soll Jugendämtern Hinweise und Anregungen zur Verbesserung des Verwaltungsvollzugs geben.

Erziehung in Tagesgruppen

Die Ausgaben für die Erziehung in einer Tagesgruppe erhöhten sich von 1999 bis 2002 landesweit von 20,8 Mio. auf 30,0 Mio.. Die Leistungen werden überwiegend von freien Trägern erbracht. Neben den persönlichen Betreuungsleistungen für das Kind soll die Arbeit in Tagesgruppen als wesentliche Bestandteile die Arbeit mit den Eltern, Kontakte mit der Schule und Maßnahmen der Freizeit umfassen89). Die nach Tagessätzen berechneten Leistungen wurden häufig vergütet, ohne dass nachgewiesen war, in welchem Umfang die Leistungen von den freien Trägern erbracht worden waren.

Aus den Akten war auch nicht immer erkennbar, ob die gewährte Hilfe zur Erziehung zur Behebung des Hilfebedarfs geeignet war. Als wesentlicher Grund für die Betreuung war nämlich oft die Hausaufgabenhilfe angegeben.

Die Hilfe zur Erziehung ist die aufwendigste Art der Jugendhilfe. Obwohl die schulische Förderung einen Schwerpunkt der Arbeit in der Tagesgruppe darstellt, bedeutet das nicht, dass mit Hausaufgabenhilfe zwingend Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung verbunden sein müssen. Bei der gebotenen Abwägung zwischen möglichen Hilfearten sollte das Jugendamt auch niederschwelligere Angebote bereithalten und untersuchen, ob beispielsweise Hausaufgabenhilfe auf andere Weise und mit niedrigerem Aufwand sichergestellt werden kann.

Die Erziehung in Tagesgruppen (§ 32 SGB VIII) hatten zwei Stadtjugendämter einem freien Träger übertragen. Die Kinder wurden in der Regel an fünf Tagen in der Woche nachmittags zwischen vier und fünf Stunden betreut. Für die Übernahme der Sachkosten war vereinbart, dass ohne Einzelnachweis ein Anteil von 78 % der von der Pflegesatzkommission genehmigten Sachkosten für Heimeinrichtungen als angemessen abgerechnet werden könne. Dieser Anteil war, gemessen an den in Heimen bei einer 24-Stunden-Betreuung anfallenden Sachkosten, zu hoch. Die pauschale Regelung war zwar einfach zu handhaben, sie nahm den Kostenträgern jedoch jeglichen Einfluss auf die Höhe der Sachkosten.

Werden für die Abrechnung Kostenpauschalen vereinbart, ist die Ermittlung ihrer Höhe nachvollziehbar zu dokumentieren. Erstrecken sich die Leistungen auf einen längeren Zeitraum, müssen die Jugendämter sicherstellen, dass die Pauschalbeträge regelmäßig auf ihre Angemessenheit hin überprüft und angepasst werden können.

Kostenabrechnung und Kostenerstattung

Das Land erstattet den örtlichen Trägern der Jugendhilfe einen Teil der Kosten für die Hilfe zur Erziehung. In mehreren Fällen waren die geprüften „summarischen Abrechnungen", d. h. einer Abrechnung nach dem Maß der für die einzelnen Hilfearten angefallenen Ausgaben, fehlerhaft. Nicht erstattungsfähige Kosten, wie beispielsweise Ausgaben für Inobhutnahmen (§ 42 SGB VIII) oder die von anderen Jugendämtern erstatteten Ausgaben, wurden in den Abrechnungsbetrag einbezogen. Verschiedentlich fertigten Verwaltungen für die Abrechnung Listen über Ausgaben und Einnahmen, ohne dass die darin enthaltenen Daten mit den rechnungsmäßigen Ausgaben abgeglichen wurden.

Ein derartiges Verfahren erfordert einen hohen Verwaltungsaufwand. Es ist zudem besonders fehleranfällig und erschwert das Testat durch das Rechnungsprüfungsamt. Das Abrechnungsverfahren lässt sich vereinfachen, wenn die in der kommunalen Haushaltssystematik vorgesehenen Haushaltsstellen im Haushaltsplan eingerichtet werden und die Rechnungsergebnisse als Grundlage für die Abrechnungen dienen.

Der Rechnungshof hat gefordert, die Überzahlungen in den nachfolgenden Abrechnungen auszugleichen.

Zwischen Trägern der Jugendhilfe werden Kosten hauptsächlich für Fälle erstattet, in denen Vollzeitpflege gewährt wird.

Die jeweiligen Abrechnungszeiträume waren in den Jugendämtern sehr unterschiedlich. Innerhalb des gleichen Jugendamts unterschieden sie sich teilweise von einem Sachbearbeiter zum anderen. In einem Jugendamt waren Kostenerstattungen längere Zeit nicht bearbeitet, so dass sich in Einzelfällen Erstattungsbeträge von mehr als 100 000 ergeben hatten.

Damit keine Zinsnachteile entstehen, sind Abrechnungen zeitnah vorzunehmen. Außerdem sind Verjährungsfristen zu beachten (§ 113 SGB X).

Kostenbeteiligung Kinder und Jugendliche und ihre Eltern haben bei entsprechenden wirtschaftlichen Verhältnissen einen Kosten- oder Unterhaltsbeitrag zu den Aufwendungen der Jugendhilfe zu leisten.

Verfügen Kinder oder Jugendliche über Vermögen, sind sie nicht verpflichtet, dieses einzusetzen. Sie können jedoch aus den hieraus erzielten Einkünften zu einem Kostenbeitrag herangezogen werden (§ 93 Abs. 3 SGB VIII).

Es ist wiederholt versäumt worden, Kostenbeiträge zu fordern. Kinder und Jugendliche erwerben in der Regel Vermögen, wenn ihnen eine Erbschaft zufällt. Die Prüfung, ob Kostenbeiträge festzusetzen sind, ist daher vorrangig in den Fällen vorzunehmen, in denen durch den Tod von Angehörigen Erbschaftsfälle eintreten.

Die Forderung von Unterhalts- oder Kostenbeiträgen der Eltern war erschwert, weil bestehende Unterhaltstitel dem Jugendamt nicht vorlagen, der Wohnort der Unterhaltspflichtigen nicht bekannt war, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern nicht vollständig geprüft waren und aus den Akten nicht erkennbar war, ob der Amtsvormund Unterhaltsansprüche geltend gemacht hatte.

Um finanzielle Nachteile zu vermeiden, müssen Städte und Landkreise vorrangige Ansprüche vollständig geltend machen.

89) Die Betreuungszeit umfasst in der Regel an den Schultagen nachmittags bis zu vier Stunden.

Interne Beratung und Abstimmung

Über Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung entscheidet in der Regel ein Team. In der Praxis haben sich hierfür verschiedene Verfahrensweisen herausgebildet. In einigen Jugendämtern fanden wöchentliche Teambesprechungen statt, an denen alle in der sozialen Arbeit eingesetzten Fachkräfte teilnahmen. Diese Beratungsgremien waren sehr groß und verursachten hohe Personalaufwendungen. Verschiedentlich wurden Besprechungen nach Bedarf einberufen, an denen nur die mit dem Einzelfall befassten Bediensteten teilnahmen. Bei einigen Jugendämtern waren die Mitarbeiter der wirtschaftlichen Jugendhilfe nicht an den Teambesprechungen beteiligt, die Dokumentationen der Teamentscheidungen wurden ausschließlich beim sozialen Dienst aufbewahrt.

Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung sind häufig sehr kostenaufwendig. Stehen in Teambesprechungen Entscheidungen mit wirtschaftlichen Folgen an, sollte auch die Verwaltungsfachkraft der wirtschaftlichen Jugendhilfe an den Besprechungen teilnehmen. Das hat den Vorteil, dass rechtzeitig vor der Entscheidung über die Hilfegewährung Informationen zum Fall gewonnen und erste Überlegungen zur Zuständigkeit angestellt werden können. Der Sachbearbeiter für wirtschaftliche Jugendhilfe kann durch seine Teilnahme dazu beitragen, dass bei den Entscheidungen über die erforderliche Hilfe die finanziellen Aspekte für die Hilfegewährung berücksichtigt werden. Der Rechnungshof hält es für ausreichend, wenn dem Team, das Entscheidungen trifft, der Leiter des allgemeinen Sozialdienstes, die im zuständigen Bezirk tätige Fachkraft, je nach Fall eine Fachkraft eines Spezialdienstes und der Sachbearbeiter für die wirtschaftliche Jugendhilfe angehören.

Die Zusammenarbeit zwischen den sozialen Fachkräften und den Verwaltungskräften wies in einigen Jugendämtern Mängel auf. Diese zeigten sich darin, dass den Verwaltungskräften die für die Leistungsgewährung und Rechnungsprüfung benötigten Angaben und Informationen oftmals nicht vollständig vorlagen. Ursache war häufig eine unzureichende Aktenführung, beispielsweise durch die Trennung zusammengehörender Aktenvorgänge in Unterlagen beim allgemeinen Sozialdienst, bei einem sozialen Spezialdienst oder bei der wirtschaftlichen Jugendhilfe. Wiederholt wurden die Sachbearbeiter der wirtschaftlichen Jugendhilfe über Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen der betreuten Familien nicht informiert.

Daraus können sich erhebliche finanzielle Nachteile für den Träger des Jugendamts ergeben. So wurde z. B. Jugendhilfe weitergeleistet, obwohl die Eltern ihren Wohnsitz in den Bezirk eines anderen Jugendamts verlegt hatten.

Für die Zusammenarbeit innerhalb des Jugendamts ist es zweckmäßig, wenn die Verwaltungsfachkräfte der wirtschaftlichen Jugendhilfe über alle ausgabewirksamen Entscheidungen der sozialen Fachkräfte zeitnah unterrichtet werden. Die Mitarbeiter der wirtschaftlichen Jugendhilfe sollten in ihren Akten über hinreichende Unterlagen verfügen, um in Rechnung gestellte Jugendhilfeleistungen ordnungsgemäß prüfen zu können.

In einem Jugendamt nahmen die Mitarbeiter im allgemeinen Sozialdienst die Anträge auf Hilfe zur Erziehung entgegen und erteilten auch die Hilfebescheide. Sie wandten dadurch einen nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeitszeit für Verwaltungstätigkeiten auf.

Die mit sozialen Aufgaben betrauten Fachkräfte sollten nicht mit Verwaltungsaufgaben befasst werden. Hierfür sind sie nicht ausgebildet. Hilfeanträge sollten von den Verwaltungsfachkräften bei der wirtschaftlichen Jugendhilfe entgegengenommen werden. Diese sollten auch die Hilfebescheide ausarbeiten.

Abfassung von Bewilligungsbescheiden

In einigen Bewilligungsbescheiden war die gewährte Hilfeart nicht aufgeführt. Dies führte zu einer fehlerhaften Sachbearbeitung.

Je nach Hilfeart haben sich die Leistungsberechtigten durch allgemeine Kostenbeiträge nach § 93 SGB VIII, durch besondere Kostenbeiträge oder Unterhaltsbeiträge nach § 94 Abs. 2 und 3 SGB VIII an den Jugendhilfeaufwendungen zu beteiligen. Auch die Kostenbeteiligung des Landes hängt von der Art der bewilligten Jugendhilfe ab.

Aus diesen Gründen muss im Bewilligungsbescheid die jeweils gewährte Hilfeart bezeichnet und bei einem Wechsel der Hilfeart der Bewilligungsbescheid angepasst werden.

Kürzung der Pflegesätze bei Abwesenheit Halten sich Kinder und Jugendliche, denen Hilfe in Einrichtungen gewährt wird, nicht in der Einrichtung auf, beispielsweise an Wochenenden und in Ferienzeiten, ist für die Abwesenheitstage ein gekürzter Pflegesatz zu zahlen.

In solchen Fällen übernahmen die Jugendämter häufig den vollen Rechnungsbetrag, weil es versäumt worden war, bei der Rechnungsprüfung die Abwesenheitszeiten zu berücksichtigen. In derartigen Fällen lässt sich die Fehleranfälligkeit mindern, wenn die Aufgaben ganzheitlich von einem Bediensteten wahrgenommen werden.