Überwachungswerte

Bei der Beurteilung, ob Überwachungswerte als eingehalten gelten, ist nach der „4-von-5-Regelung" zu verfahren107). Danach gilt ein festgesetzter Wert, der nach dem Ergebnis der staatlichen Überwachung nicht eingehalten wurde, dennoch als eingehalten, wenn die Ergebnisse dieser und der vier vorausgegangenen staatlichen Überprüfungen in vier Fällen den jeweils maßgebenden Wert nicht überschritten hatten und kein Ergebnis den Wert um mehr als 100 % überstiegen hat. Überprüfungen, die länger als drei Jahre zurückliegen, bleiben dabei unberücksichtigt. Bei einer Überschreitung von festgelegten Abwassermengen oder Schadstofffrachten ist diese Regelung nicht anwendbar.

Die Erhöhung der Schadeinheiten richtet sich nach dem Vomhundertsatz, um den der höchste gemessene Einzelwert den Überwachungswert überschreitet. Wird der Überwachungswert einmal nicht eingehalten, so bestimmt sich die Erhöhung nach der Hälfte des Vomhundertsatzes. Wird er mehrfach nicht eingehalten, so tritt eine Erhöhung nach dem vollen Vomhundertsatz108) ein.

Abgabesatz, Mindestanforderungen

Der Abgabesatz je Schadeinheit erhöhte sich seit Einführung der Abwasserabgabe im Jahr 1981 von 6,14 auf 35,79 ab 1997. Sofern für einzelne Schadstoffparameter die Mindestanforderungen eingehalten wurden, ermäßigte er sich für die Veranlagungsjahre bis einschließlich 1998 um 75 %. Für spätere Veranlagungsjahre beträgt die Ermäßigung 50 % (§ 9 Abs. 4 und 5 AbwAG).

Die Mindestanforderungen an kommunale Schmutzwassereinleitungen sind in der Abwasserverordnung näher definiert 109).

Es sind Obergrenzen als Konzentrationswerte (mg/l, µg/l, Verdünnungsfaktor) für einzelne Schadstoffparameter je nach Größe der Abwasserbehandlungsanlage bestimmt. Im Betrieb der Abwasserbehandlungsanlage dürfen die Konzentrationswerte nicht entgegen dem Stand der Technik durch Verdünnung erreicht werden110). Eine unzulässige Verdünnung der Jahresschmutzwassermenge kann insbesondere bei einem hohen Anteil von Fremdwasser eintreten, das weder in die Kanalisation eingeleitet noch in einer Kläranlage behandelt werden soll (z. B. Grundwasser, das durch undichte Kanäle eindringt, Dränwasser, Wasser aus Brunnen oder Entwässerungsgräben). Der Fremdwasseranteil wird im Rahmen der Eigenüberwachung von der Einrichtung ermittelt. Die zuständige Wasserbehörde ist hierüber zu informieren111).

Die Struktur- und Genehmigungsdirektionen gehen davon aus, dass bei einem Fremdwasseranteil von über 50 % der Jahresschmutzwassermenge eine unzulässige Verdünnung vorliegt. Trifft diese Annahme bei einer Einleitung zu, überprüfen die Direktionen die Einhaltung der Mindestanforderungen für jeden Schadstoffparameter.

Zur Überprüfung wurden bisher die vorgegebenen oder erklärten abgaberelevanten Überwachungswerte nach dem Verhältnis der amtlich geschätzten Jahresschmutzwassermenge zu der unter Einrechnung des zulässigen Fremdwassers ermittelten Jahresschmutzwassermenge umgerechnet 112). Überstieg der neue fiktive Überwachungswert den als Mindestanforderung festgelegten Konzentrationswert für einen Schadstoffparameter, so galt die Mindestanforderung für diesen Schadstoff oder diese Schadstoffgruppe als nicht eingehalten.

Das Berechnungsverfahren und damit auch der fiktive Überwachungswert lassen keine Aussagen über die tatsächlichen Abbauleistungen einer Kläranlage zu. Auch bei einer Verdünnung von über 50 % kann die Abgabe ermäßigt werden, wenn der Anteil des Fremdwassers nicht ursächlich für die Einhaltung der Grenzwerte war 113). Dies kann insbesondere dann möglich sein, wenn bei unveränderten technischen Voraussetzungen die Reinigungsleistungen in den Vor- oder Folgejahren den maßgeblichen Erfordernissen entsprechen.

Aufgrund des Berechnungsverfahrens hatten die oberen Wasserbehörden bei mehreren Einrichtungen für mehrere Veranlagungszeiträume die Ermäßigung des Abgabesatzes versagt, obwohl nach den Messergebnissen der behördlichen Überwachung die Mindestanforderungen eingehalten waren. Ursächlich war ein Fremdwasseranteil, der über der Hälfte der Jahresschmutzwassermenge der jeweiligen Einleitung lag. Die Einrichtungen hatten die Festsetzung einer höheren Abgabe hingenommen, ohne kritisch zu bewerten, ob der Fremdwasseranteil von über 50 % ursächlich für das Einhalten der Mindestanforderungen gewesen war.

Regelfall Grundsätzlich ist die Schädlichkeit des Abwassers an einer Einleitungsstelle auf der Basis der Werte der wasserrechtlichen Erlaubnis zu ermitteln.

Maßgeblich für die Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten sind die Überwachungswerte und die Jahresschmutzwassermenge, die im Erlaubnisbescheid für die Abwassereinleitung festgelegt sein sollen (§ 4 Abs. 1 AbwAG).

In der Regel werden folgende Konzentrationswerte für die Bestimmung der Schädlichkeit der Abwässer und damit die Höhe der Abgabe herangezogen:

­ oxidierbare Stoffe nach dem chemischen Sauerstoffbedarf (CSB),

­ Phosphor (Pges) und

­ Stickstoff (Nges). Regelmäßig bestimmt die wasserrechtliche Erlaubnis auch Überwachungswerte, z. B. für Einleitungsmengen für bestimmte Zeiträume (Kurzzeitabwassermengen in l/s, m3/2 h), den biochemischen Sauerstoffbedarf in fünf Tagen (BSB5) oder die Konzentrationsmenge des Ammonium-Stickstoffs (NH4-N), die zwar nicht Grundlage für die Berechnung der Abgabe sind, deren Nichteinhaltung sich aber auf die Höhe der Abwasserabgabe auswirken kann. Wird beispielsweise bei der behördlichen Überwachung die Nichteinhaltung des festgelegten Überwachungswerts für Ammonium-Stickstoff festgestellt, führt dies unter Umständen zu einer Erhöhung der Schadeinheiten für den abgaberelevanten Parameter Stickstoff (Nges).

Nach Maßgabe der Festsetzungen im Erlaubnisbescheid bleibt die Abwasserabgabe bei rückläufigen Abwassermengen oder geringeren Schadstoffbelastungen zunächst unverändert.

Um in diesen Fällen eine Verringerung der Abgabehöhe zu erreichen, muss die Einrichtung die Änderungen feststellen und erklären.

Ausnahmen:

Der Erlaubnisbescheid muss nicht alle Überwachungswerte für die Schadstoffparameter, deren Konzentrationen die Schwellenwerte übersteigen, enthalten oder die Jahresschmutzwassermenge festsetzen. Er kann die Art der Probenentnahmen zur Bestimmung der Schädlichkeit des Abwassers abweichend von den abwasserabgaberechtlichen Vorgaben regeln, die eine Bestimmung der Schadstoffgehalte anhand der nicht abgesetzten, homogenisierten Probe vorsehen (vgl. Buchst. B der Anlage zu § 3 AbwAG). Enthält die wasserrechtliche Erlaubnis nicht alle zur Berechnung der Zahl der Schadeinheiten erforderlichen Festlegungen oder entsprechen die Bescheide nicht den abwasserabgaberechtlichen Vorgaben, beispielsweise weil eine Bestimmung der Schadstoffgehalte aus der abgesetzten Probe vorgesehen ist114), hat der Einleiter spätestens einen Monat vor Beginn des Veranlagungsjahrs zu erklären, welche Überwachungswerte er einhalten wird. Die Erklärung ist für jeden Veranlagungszeitraum neu abzugeben115). Neben den Überwachungswerten hat er zusätzlich auch die Schadstofffracht oder die Abwassermenge für einen bestimmten Zeitraum, der nicht länger als zwei Stunden sein darf, zu benennen116). Fehlen diese zusätzlichen Angaben, führt das zur Unwirksamkeit der Erklärung. Eine Erklärung nach Fristablauf ist ebenso unwirksam 117).

Gibt der Einleiter keine Erklärung ab oder ist die Erklärung unwirksam, ist die Zahl der Schadeinheiten für die Berechnung der Abgabe nach dem höchsten Messergebnis der behördlichen Überwachung zu ermitteln. Liegt kein Ergebnis aus der behördlichen Überwachung vor, sind die Überwachungswerte nach § 6 AbwAG von der die Abgabe festsetzenden Stelle zu schätzen.

Zur Ermittlung der Schadeinheiten wird die Jahresschmutzwassermenge von der Struktur- und Genehmigungsdirektion geschätzt. Die Einleiter sind nach § 11 Abs. 2 LAbwAG verpflichtet, die für die Schätzung notwendigen Daten auf der Grundlage der ihnen bekannten Messergebnisse der oberen Wasserbehörde mitzuteilen118).

Einige Einrichtungen hatten für Einleitungsstellen, für die der Erlaubnisbescheid nicht alle notwendigen Festlegungen für die Berechnung der Zahl der Schadeinheiten enthielt, keine Erklärung abgegeben oder die Überwachungswerte ohne Angaben zur Schadstofffracht oder zur Abwassermenge erklärt. Ob damit finanzielle Nachteile einhergehen, hängt von der Schädlichkeit des Abwassers nach dem höchsten Messergebnis aus der behördlichen Überwachung oder von der Schätzung der oberen Wasserbehörde ab. Ein Vergleich mit den Ergebnissen aus der Eigenüberwachung zeigte, dass die Berechnung der Abgabe nach den höchsten behördlichen Messergebnissen oder gar nach geschätzten Werten regelmäßig nachteilig für die Einrichtung war.

Sofern der Betreiber einer Abwasserbehandlungsanlage nicht sicher davon ausgehen kann, dass die Schwellenwerte für bewertete Schadstoffparameter im Betrieb der Anlage eingehalten werden können, sollte er für alle infrage kommenden Schadstoffparameter spätestens einen Monat vor Beginn des Veranlagungsjahrs Überwachungswerte erklären. Die Schadstoffkonzentrationen können in Höhe der Schwellenwerte bestimmt werden, damit bei einmaligem Überschreiten der Vorteil aus der „4-von-5-Regelung" in Anspruch genommen werden kann.

Berechnung der Abwasserabgabe für Schmutzwasser:

Wird die nach der Jahresschmutzwassermenge, dem Überwachungswert und der jeweiligen Messgröße für die Schadeinheit ermittelte parameterbezogene Zahl der Schadeinheiten, ggf. nach Erhöhung wegen des Überschreitens des Überwachungswerts, mit dem Abgabesatz vervielfacht, erhält man den Betrag für einen Schadstoff oder eine Schadstoffgruppe. Die Summe der Beträge aller Schadstoffparameter ergibt die Abgabe für eine Einleitungsstelle. Aus der Addition der Beträge aller Einleitungsstellen einer Einrichtung errechnet sich die Abwasserabgabe für Schmutzwasser.

Einwirkungsmöglichkeiten des Abgabeschuldners:

Erklärung niedrigerer Werte:

Die Abgabeschuldner können allein durch Erklärung119) von Werten, die niedriger als die Überwachungswerte nach dem Erlaubnisbescheid sind, auf die Höhe der Abwasserabgabe für Schmutzwasser einwirken. Die Erklärung ist gegenüber der oberen Wasserbehörde abzugeben. Die Abweichung der erklärten Werte von den Festlegungen des Erlaubnisbescheids muss mindestens 20 % betragen und im Veranlagungsjahr einen Zeitraum umfassen, der nicht kürzer als drei Monate sein darf.

Sie kann im Veranlagungsjahr mehrmals auch mit unterschiedlichen Werten abgegeben werden. Die erklärten Werte sind durch ein behördlich zugelassenes Messprogramm nachzuweisen. Behördliche Ergebnisse sind einzubeziehen120). Als Messprogramm können die im Rahmen der Eigenüberwachung durchzuführenden Untersuchungen zugelassen werden. Werden die erklärten Werte eingehalten, sind sie maßgeblich für die Abgabeberechnung (§ 4 Abs. 5 AbwAG). Die Erklärung niedrigerer Werte ist für den Erklärungszeitraum wirksam, wenn sie spätestens zwei Wochen vor seinem Beginn abgegeben wurde. Die Umstände, auf denen die Erklärung beruht, sind darzulegen.

Soweit für die festgesetzte Kurzzeitabwassermenge ein niedrigerer Wert erklärt wird, wirkt sich dies auf die Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge aus. Bei Einhaltung der erklärten Werte setzten die oberen Wasserbehörden regelmäßig geringere Jahresschmutzwassermengen fest.

Die Einrichtungen sollten feststellen, ob und in welchen Zeiträumen niedrigere Werte eingehalten werden konnten. Dazu müssen für jede Schmutzwassereinleitung die im Regelfall maßgeblichen Überwachungswerte und die Jahresschmutzwassermengen mit den Messergebnissen und der im Rahmen der Eigenüberwachung sowie der behördlichen Überwachung ermittelten Jahresschmutzwassermenge verglichen werden. Dabei sind die höchsten Messergebnisse zugrunde zu legen, sofern diese nicht als einmalige Ausnahmen (z. B. wegen eines besonderen Störfalls) anzusehen sind. Ergibt die Auswertung der Messergebnisse aus der Eigenüberwachung, dass für mindestens drei Monate in den einzelnen Veranlagungszeiträumen saisonal regelmäßig wiederkehrend niedrigere Werte eingehalten wurden, sollte die Gegenüberstellung entsprechend untergliedert werden.

Zeigt die Analyse der Gegenüberstellung, dass für abgelaufene Zeiträume bessere Reinigungsleistungen erreicht werden konnten, als nach den Festlegungen des Erlaubnisbescheids gefordert, besteht grundsätzlich die Möglichkeit zur Erklärung niedrigerer Werte. Zuvor ist jedoch eine Abstimmung der Analyseergebnisse mit dem technischen Personal der Einrichtung notwendig, um zu klären, ob die Abwasserbehandlungsanlage auch künftig die gleichen Reinigungsleistungen erbringen kann.

Eine Vergleichsberechnung der Abwasserabgabe für die Schmutzwassereinleitung aus einer Kläranlage mittlerer Größe macht deutlich, welche Auswirkungen die Erklärung niedrigerer Werte für die Höhe der Abwasserabgabe haben kann.