Strukturwandel

Sie müssen schon wissen, worüber Sie reden! Wir reden hier über ganz bestimmte Punkte, das waren sieben Standortfaktoren, und da spielte eben bei dieser Studie die Kulturpolitik nicht die Rolle. Dass wir aber die Kulturpolitik sehr hoch hängen, das wissen Sie auch, und deswegen haben wir ja auch in den letzten Monaten sehr viel darüber diskutiert und auch viel getan. Insofern brauchen wir das, glaube ich, nicht weiter zu beleuchten.

(Beifall bei der CDU)

Ich wollte aber doch noch einmal ein paar Punkte aufgreifen, weil mir Ihre Darstellung, 1993, da hatten wir ja noch die Ampel, und da haben wir den ganzen Strukturwandel eingeleitet, (Abg. Frau Dr. Trüpel [Bündnis 90/Die Grünen]: Vorher ist das eingeleitet worden!) und Ihre Senatoren kassieren jetzt alles ein, was wir da alles beschlossen haben, zu einfach ist. Meine Damen und Herren, wenn es denn so wäre, dann würden Sie ja heute noch regieren. Das wäre dann ja ganz phantastisch, dann hätte es das erste Mal eine rotgrüne Koalition gegeben, die den Wirtschaftsstandort nicht kaputtgemacht, sondern nach oben gebracht hätte.

(Beifall bei der CDU)

Das ist ja leider nicht passiert. Woran ist es denn gescheitert? Sie sagen jetzt, wie schön, dass Zulieferbetriebe in der Hemelinger Marsch sind. Das haben Sie doch mit Ihrer Piepmatzaffäre überhaupt verhindern wollen, Sie wollten da doch gar kein Gewerbe haben!

(Beifall bei der CDU)

Das ist nur durch den Eintritt der CDU in die große Koalition gelungen!

(Beifall bei der CDU ­ Zurufe von der SPD) Man muss das auch einfach einmal sagen. Es gibt natürlich auch Dinge, die eingeleitet worden sind, aber zum Beispiel der Hemelinger Tunnel: Welche unsäglichen Diskussionen sind unter der absoluten Mehrheit der SPD und unter der Ampel geführt worden! Eingeführt, begraben, wieder eingeführt, wieder begraben! Was war das für ein Torso! Dann kam die großen Koalition, der Beschluss ist gefallen, und im nächsten Jahr weihen wir ihn ein. Das ist doch eine tolle Sache, aber ohne die CDU wäre das nicht möglich gewesen!

(Beifall bei der CDU) Man muss also doch sagen, auch die CDU hat etwas bewirkt. Jetzt möchte ich noch einmal sagen, Frau Lemke-Schulte, ich habe das nur so pointiert vorhin gesagt, weil Sie ja überhaupt kein Interesse hatten, an diesem Erfolg beteiligt zu sein. Sonst hätten Sie ja die Große Anfrage unterschrieben.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben das ja mehrfach angeboten, und ich habe immer von der großen Koalition gesprochen. Ich hätte das auch weiter gemacht, aber wenn Sie hinten anstehen wollen, dann muss ich auch einmal sagen, wer unsere verantwortlichen Persönlichkeiten sind.

(Beifall bei der CDU ­ Abg. Frau Hövelmann [SPD]: Wenn du geschwiegen hättest, Desdemona!) Ja, aber wir sind ja leider hier nicht im Theater!

Nun möchte ich auch noch einmal etwas zu den Steuern sagen. Ich muss hier völlig missverstanden worden sein. Ich habe gesagt, wenn die Bundesregierung einmal ihre unsägliche Politik aufgeben würde und vielleicht einmal ein bisschen mehr für den Mittelstand tun würde, dann hätten wir es hier auch noch leichter.

(Beifall bei der CDU)

Dass die bremische Steuerpolitik, und das hat Frau Lemke-Schulte angesprochen, mit dem Gewerbesteuerhebesatz hervorragend liegt, das ist eine ganz eindeutige Sache, aber da kann ich auch nur wieder auf die Verantwortlichen verweisen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU) Jetzt möchte ich noch einmal über die Flächenproblematik reden. Es ist natürlich klar, nur Flächen bereitzustellen, das bringt nichts. Das muss auch allen klar sein. Es macht keinen Sinn, dass man da irgendwo hunderte oder tausende Hektar Fläche in der Gegend bereitstellt und dann sagt: Na ja, da wird schon jemand kommen. So ist es ja eben nicht! Im Technologiepark boomt die Nachfrage nach Flächen, obwohl überhaupt keine Werbung für diesen Park gemacht wird. Es ist noch keine überregionale Werbung für den Technologiepark gemacht worden.

(Abg. Frau Dr. Trüpel [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sollten Sie einmal Herrn Haller sagen!) Trotzdem müssen wir dauernd weiter Flächen akquirieren, um die Nachfrage befriedigen zu können. Stellen Sie sich einmal vor, wir würden überregional richtig Werbung für Gewerbeflächen machen, was da wohl passieren würde! Wir müssten es eigentlich tun, weil wir nämlich einen erheblichen Nachholbedarf haben, um das zu erreichen, was wir uns als Sanierungsziel, zugegebenermaßen sehr euphorisch, vorgenommen haben. Wir stehen aber nach wie vor dazu, dass wir mehrere tausend Arbeitsplätze und Einwohner in diesem Bundesland haben wollen. Nur wenn uns das auf Dauer gelingt, dann werden wir auch in der Lage sein, uns selbst helfen zu können, wenn irgendwann einmal der Sanierungszeitraum ausläuft.

(Beifall bei der CDU)

Nun gibt es immer auch Flächen, die nicht so nachgefragt werden, wie man sich das natürlich gern vorstellen würde, das muss man auch sehen. Es gibt den Industriepark, wo die Flächen nicht so nachgefragt werden. Das kann man aber auch ganz einfach regeln, indem man dann eben mit der Erschließung etwas wartet und dafür etwas anderes macht.

Der Büropark, der in damaliger Zeit mit gutem Grund beschlossen worden ist, wo auch in den ersten Monaten erhebliche Nachfrage bestand, viele Grundstücke verkauft worden sind, viele Grundstücke fest vergeben sind, stagniert jetzt, weil sich die Konjunktur und die wirtschaftliche Lage verändert haben. Da kann man dann nicht sagen, na ja, das war also eine völlige Fehleinschätzung, das hätte man doch wissen müssen, dass in drei Jahren ein Konjunktureinbruch kommt und deswegen die Leute nicht mehr so flüssig sind. Das kann man eben nicht so voraussagen, und deswegen ist es nicht falsch, dass man so etwas macht. Dann muss man eben ein bisschen länger diese Flächen vorhalten. Sie werden nachgefragt werden, davon bin ich fest überzeugt, wenn man die Anbindung noch etwas besser gestaltet und die Infrastruktur etwas verbessert. Das Interesse ist nach wie vor groß, wir müssen nur abwarten, bis sich die Lage insoweit bessert, dass die Leute das auch finanziell machen können. Es gibt immer viele differenzierte Meinungen.

(Abg. Eckhoff [CDU]: Ab 22. September wird es besser!)

Ab 22. September, das ist das Stichwort, natürlich, da ändert sich eine ganze Menge, und da ändert sich natürlich auch das, was ich eben mit den Steuern angesprochen habe. Das gibt bestimmt auch Impulse für die Unternehmen, noch mehr zu investieren, unsere Gewerbeflächen zu rekrutieren und dadurch auch Arbeitsplätze zu schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Insofern musste ich, glaube ich, auf diese paar Punkte noch einmal eingehen. ­ Danke schön!

(Beifall bei der CDU) Vizepräsident Ravens: Das Wort erhält Herr Senator Hattig.

Senator Hattig: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass Wirtschaft so engagiert diskutiert wird, zum Teil auch fröhlich, und wenn man dann auch realisiert, dass die Fröhlichkeit nicht nur ein Reflex auf die Rhetorik, sondern auch auf die Fakten ist, kann man ja selbst auch fröhlich werden. Wirtschaft ist eine komplizierte Angelegenheit.

Sie ist eine Aufforderung an uns, zur Einsicht zu kommen, und dabei sind Parteibücher nicht unbedingt der Ortsführer oder der Stadtführer oder was auch immer. Sie können hilfreich sein, sie können auch eine Hürde sein. Ich will es dabei bewenden lassen.

Lassen Sie mich auch diesen Satz sagen: Wer zur Wirtschaft redet und sich zu eilfertig mit Lorbeeren beschäftigt, soll immer an den nächsten Misserfolg denken. Das schöne Wort. Der Erfolg hat viele Väter, der Misserfolg ist ein Waisenkind kann man ja auch in der Politik aufnehmen, und mittlerweile habe ich ja auch schon fast fünf Jahre, wie soll ich sagen, ich sage es einmal so, das Vergnügen, dabei zu sein, und begreife noch sensitiver solche Möglichkeiten, das Waisenkind schließlich und endlich allein in der Vater- oder Mutterschaft beweisen zu müssen. Was ich auf mich bezogen natürlich, was die Mutterschaft angeht, nicht biologisch meine!

Meine Damen und Herren, was haben wir eigentlich bisher gemacht? Lassen Sie mich versuchen, Linien zu ziehen, bei denen deutlich wird, dass Wirtschaft wie alles Bemühen Sachverstand, Organisation und Disziplin voraussetzt, um einigermaßen zielorientiert vorgehen zu können! Wir haben Wirtschaft und Häfen zusammengeführt und damit die Kräfte gestärkt, Reibungsverluste vermieden. Das wird alles so leichthin zur Kenntnis genommen. Sie haben ja das Vergnügen, ich hoffe, es ist eines, dass hier jemand steht, der beide Seiten sehr sorgfältig kennt, und manchmal habe ich den Eindruck, dass das draußen viel deutlicher zur Kenntnis genommen wird als die Gewöhnung, die hier damit verbunden ist.

Ich hatte ja das Vergnügen, das seinerzeit auch als Präses der Handelskammer aufzunehmen, und wir haben damals immer gläubig, wie man auch drüben im Schütting sein kann, gesagt, Wirtschaft und Häfen müssen auseinander bleiben, und heute haben wir diesen Schritt getan, und wenn Sie mir freundlicherweise insoweit zustimmen würden: Niemand hat das große Beschwerdebuch mit Anträgen gefüllt, es ist reibungslos vonstatten gegangen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich mir überlege, was man mit den dabei verbundenen Emotionen alles hätte veranstalten können, na ja. Wir haben es hinter uns gebracht, sagen wir es so! Die Wirtschaftsförderung haben wir neu gebündelt, wir haben die BIG, und die BIG wird zunehmend ein ganz gewichtiger Faktor im Rahmen unserer Tätigkeit, und ich glaube, wenn man die Summe zieht und dabei die eine oder andere Empfindlichkeit, vielleicht auch Empfindsamkeit, das ist ja ein sachlicher Unterschied, übersieht, dann haben wir mit der BIG eine gute Entscheidung getroffen, sachlich wie persönlich.

Wir haben die Verkehrsinfrastruktur und Gewerbeflächen ausgebaut, und da hat der Kollege Focke doch Recht. Ich meine, daran war ich ja nun wirklich beteiligt, so gesehen kann ich aus eigenem Gusto reden. Dieser Hemelinger Tunnel wäre vielleicht heute noch nicht da, wenn wir uns nicht so engagiert darum bemüht hätten, und man kann doch einerseits nicht Arbeitsplätze, wie soll ich das ausdrükken, herbeibeten und andererseits die einfachsten Strukturen verweigern.

(Beifall bei der CDU)

Das ist doch so gewesen. 20 Jahre haben wir über Hemelingen diskutiert, und ich sage das ja gar nicht vorwurfsvoll, indem ich in diese oder in jene Richtung zeige. Ich sage noch einmal: Wirtschaft ist vor allem und zunächst Einsicht in die sachliche Notwendigkeit.

Wir haben die Gewerbeflächen ausgebaut. Frau Trüpel, ich erinnere mich, das waren noch Zeiten einer Maibockrede, als ich darauf eingegangen bin.

Piep, piep, sprach der Spatz zum Spätzchen. Wegen einiger Vögel, die niemand gesehen hat, darf ich das einmal so ausdrücken, wurde die Gewerbefläche verhindert, und heute steht dort ein prosperierendes gewerbliches Gebiet.

Sie sagen, das war Ihre Ausdrucksweise, da haut man einfach Gewerbeflächen in den Markt. Ich bitte Sie! Unternehmer sind wesentlich emotionaler, als wir das alle glauben. Sie wollen ge- und manchmal auch verführt werden. Das Verführen beginnt mit den Augen. Wenn man dann sieht, da stehen wirklich Gewerbeflächen, die sind erschlossen und infrastrukturell einigermaßen geordnet, und da stehen sogar schon einige, die ihr Geld da investiert haben, dann kommen schließlich und endlich auch die Unternehmer, die wir immer für intelligenter ausgeben, als sie manchmal sind, auf den Gedanken, sich in Bremen anzusiedeln.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben damit für die Infrastruktur Innovationsfähigkeit geschaffen, und damit haben wir auch das Klima verbessert. Das Klima, wir sind wieder bei den Unternehmern, ist doch für solche Art von Geschöpfen viel wichtiger als die unmittelbare Rechenbarkeit ihrer jeweiligen Investitionsrechnung, weil sie doch alle genau wissen, sie interpolieren in einer Investitionsrechnung aus der Gegenwart in die Zukunft. Das muss nicht immer richtig sein. Also haben wir ein Klima geschaffen, in dem wir, so glaube ich sagen zu dürfen, berechenbarer geworden sind.

Der Mittelstand hat mittlerweile gute Rahmenbedingungen in Bremen. Wir haben den Service ausgebaut, der Technologiepark ist ein sprechender, ein visueller und auch insgesamt ein Beweis dafür, dass das alles richtig in die Entwicklung gebracht worden ist. Wir haben I und T gestärkt, wir haben die Existenzgründungen im Saldo verbessert, ich will das alles im Einzelnen nicht ausführen. Wir haben den Tourismus und die Dienstleistungen ausgebaut, mit Misserfolgen und mit Erfolgen, aber auch da sage ich den alten Satz, ich kann ihn doch immer nur wiederholen: Investitionsentscheidungen sind Risikoentscheidungen. Abwägen! Ich könnte jetzt das Beispiel von der Ehe bringen, Sie kennen das. Aber auch da nimmt die Risikoquote zu, wenn man sich die Scheidungszahlen ansieht.

Wir haben die Hafenverwaltung neu geordnet, wir haben sie privatisiert, und, man höre und staune, die Hamburger machen uns das jetzt nach. Die Hamburger privatisieren ihre Häfen und geben das als große Erkenntnis aus. Dabei hätten sie nur in die Nachbarschaft schauen müssen, um festzustellen, dass man in Bremen gelegentlich auch zielgerichtet, geordnet und sachkonsequent denkt.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind im Moment dabei, die Häfen weiter auszubauen. Ich will Ihnen hier ersparen, was es heißt, den CT IV, wie soll ich sagen, in den Kontext von Wilhelmshaven zu bringen. Ich will Ihnen auch ersparen, im Einzelnen nachzuvollziehen, wie schwer es ist, 500 Millionen Euro für den Ausbau des CT IV so zu organisieren, dass daraus eine vernünftige Investition wird. Aber die Tatsache und die Art und Weise, wie wir in diesem Zusammenhang immer wieder gefragt werden, belegen doch auch, dass man uns nicht nur liebt, sondern auch die Sachvorgänge als solche zur Kenntnis nimmt und zur Erkenntnis kommt, Donnerwetter, die in Bremen bemühen sich, und das nicht nur, wie soll ich sagen, als bemühender Selbstzweck, sondern mit Erfolg.

Ich könnte jetzt manches andere noch anführen, ich lasse das. Ich will damit nur sagen: Die großen Linien sind nachvollziehbar, sie sind ein Ergebnis unserer Zusammenarbeit in der großen Koalition, und wir sollten es nicht klein reden, wenngleich es immer heißt, die Bremer gehen, um sich zu loben oder zu lachen, in den Keller. Hier im Parlament dürfen wir einmal so tun, als dürften wir uns auch einmal erfreut an die eigene Nase fassen. Das ist völlig in Ordnung, was wir hier bisher geschaffen haben.

Wenn man sich dabei die Fakten ansieht und auf das Thema im Ganzen eingeht, dann muss man in Bremen immer wieder daran erinnern, dass wir nicht der Nabel der Welt sind, unbeschadet dessen.