Schutz der Bevölkerung vor Radarstrahlen der Luftkampf-Übungsanlage „Polygone" bei Pirmasens

Militärische Luftkampf-Übungsanlagen wie die „Polygone" bei Pirmasens verfügen über eine bis zu tausendfach höhere Sendeleistung als beispielsweise Mobilfunkantennen. Am 17. Juni 2004 hält das Ministerium des Innern und für Sport in einer Pressemitteilung eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung durch diese Anlage „nach gegenwärtigem Kenntnisstand" für ausgeschlossen. Voraussetzung sei ein „störungsfreier Betrieb". Bei einer Fehlfunktion der Anlagenpositionierung könnten indes in einem Abstand von 230 bis 295 Metern elektromagnetische Felder mit Grenzüberschreitungen auftreten. Zweifel an dieser Bewertung der Landesregierung wurden u. a. vom Pirmasenser Oberbürgermeister geäußert (vgl. Pirmasenser Rundschau vom 19. Juni 2004).

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hoch wäre die Grenzwertüberschreitung bei einer Fehlfunktion der Anlage in einem Abstand von 230 bis 295 Metern, beispielsweise verglichen mit dem für Mobilfunk-Basisstationen des D-Netzes geltenden Strahlenschutzwert?

2. Sind Vorkehrungen getroffen, dass Bürgerinnen und Bürger den potentiellen Gefahrenbereich der Anlage nicht betreten können?

Wenn ja, welche?

3. Welche Sicherheitsauflagen gestatten gegenwärtig den „störungsfreien Betrieb" und wodurch ist deren Einhaltung gewährleistet, vor allem mit Blick auf die kürzlich aufgrund einer Ausnahmegenehmigung „trainierten" Tiefflüge bis zu einer Höhe von 150

Metern und des Umstandes, dass hierbei ein nahezu horizontal ausgerichteter Radarstrahl von der Anlage abgegeben werden dürfte?

4. Welche Haltung nimmt die Landesregierung zu der Forderung der Stadt Pirmasens und weiterer betroffener Gebietskörperschaften ein, Gefahren durch den Betrieb der Anlage sowie erforderliche Maßnahmen für einen sicheren Betrieb durch ein unabhängiges Gutachten feststellen zu lassen?

Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 13. Juli 2004 wie folgt beantwortet:

Zu 1. und 3.: Das rheinland-pfälzische Umweltministerium ist in einer fachlichen Bewertung der Luftkampfübungsanlage „Polygone" in Bann, Pirmasens und Zweibrücken zu dem Ergebnis gekommen, dass bei einem störungsfreien Betrieb und bei Einhaltung der in den Standortbescheinigungen erteilten Sicherheitsauflagen eine Überschreitung der Grenzwerte nach der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) und damit eine Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung nach gegenwärtigem Kenntnisstand ausgeschlossen werden kann.

Elektromagnetische Felder mit einer Intensität, die für den Schutz von Personen relevant sind, können danach nur in dem beweglichen Winkelbereich der so genannten „Sendekeule" auftreten. Diese können technisch bedingt allerdings nicht auf den Erdboden oder Gebäude auftreffen oder an Flugzeugen in der Art reflektiert werden, dass es zur Überschreitung von Grenzwerten kommt.

Nach Einschätzung des Ministeriums können lediglich innerhalb eines Abstands von 230 bis 295 Metern um die Radargeräte ­ dies allerdings nur im Falle einer technischen Fehlfunktion der Antennenpositionierung ­ elektromagnetische Felder mit Grenzwertüberschreitungen auftreten.

Das Ministerium des Innern und für Sport hat deshalb das Bundesministerium der Verteidigung aufgefordert, eine solche Fehlfunktion durch technische Vorkehrungen gänzlich auszuschließen.

Das Bundesministerium der Verteidigung hat mit Schreiben vom 29. Juni 2004 hierzu eine Prüfung durch die Wehrtechnische Dienststelle Greding zugesagt.

Zu 2.: Als militärische Sicherheitsbereiche sind die Polygone-Anlagen von Absperrzäunen umgeben, die verhindern, dass sich Außenstehende den Militäreinrichtungen nähern. Ungeachtet dessen können auf Grund der technischen Sicherheitsauflagen die Sendekeulen den Erdboden weder innerhalb noch außerhalb der militärischen Liegenschaften treffen.

Zu 4.: Selbstverständlich unterstützt die Landesregierung die berechtigten Forderungen der betroffenen Kommunen gegenüber dem Bund, dass nur ein störungsfreier und vor allem ungefährlicher Betrieb der Polygone-Anlagen akzeptabel ist. Anzeichen für mögliche Gefährdungen sind nach derzeitiger Kenntnis indessen nicht gegeben. Zu der fachlichen Bewertung hat die kommunale Seite gegenüber der Landesregierung bislang nicht Stellung genommen.