Straßenverkehrsrechtliche Ausnahmen bzw. Erlaubnisse für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge und Arbeitsgeräte (Überbreiten-Regelung)

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat angekündigt, in einem auf drei Jahre befristeten Pilotversuch die Anforderungen an den Großraum- und Schwerverkehr in der Landwirtschaft zu erleichtern. Hiervon sollen Fahrzeuge über drei Meter bis 3,50 Meter Breite profitieren. Wenn möglich sollen weiterhin aber auch vorrangig Wirtschaftswege für überbreite Fahrzeuge genutzt werden. Bisher wurde für überbreite Fahrzeuge eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO und eine Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO benötigt. Rheinland-Pfalz hat allerdings einen großen Anteil an kleinen, auch kurvigen Straßen, sodass vor allem aufgrund der Verkehrssicherheit eine Abwägung der Interessen aller Verkehrsteilnehmer nicht einfach ist. Die Fahrzeugindustrie führte oftmals an, dass sie durch internationalen Wettbewerbsdruck gezwungen ist, einem Trend nach immer breiteren landwirtschaftlichen Fahrzeugen zu folgen. Von Seiten der Landwirtschaft wurde die Forderung nach Erleichterung von straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmen in jüngster Zeit öfters erhoben.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Inwiefern trägt die Landesregierung mit dem genannten Pilotversuch Wünschen aus der Landwirtschaft Rechnung, Erleichterungen, Vereinfachungen und Entbürokratisierungen im Bereich überbreiter landwirtschaftlicher Fahrzeuge bei gleichzeitiger Abwägung aller Interessen der Verkehrsteilnehmer zuzulassen?

2. Welche Regelungen und Verfahrenswege beinhaltet das Pilotprojekt im Einzelnen?

3. Wird das Pilotprojekt landesweit durchgeführt oder ist die tatsächliche Genehmigungspraxis von den jeweiligen Kreisverwaltungen abhängig?

4. Inwiefern unterscheidet sich das aktuelle rheinland-pfälzische Pilotprojekt von entsprechenden Verfahren in anderen Bundesländern bzw. in der Vergangenheit erhobenen Forderungen nach einem geänderten Verfahren bei der Erlaubniserteilung gemäß straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften für höchstzulässige Abmessungen und Gewichte?

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 12. August 2004 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: In der Land- und Forstwirtschaft werden häufig Fahrzeuge eingesetzt, deren Abmessungen und Gewichte die allgemein zulässigen Grenzen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) überschreiten.

Anstelle der früheren streckenbezogenen Einzelgenehmigungen kann nunmehr für die „Überführungsfahrten" von landwirtschaftlichen Fahrzeugen zu anderen Einsatzorten eine Dauererlaubnis erteilt werden. Eine weitere Entbürokratisierung wird erreicht, indem die Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO in die Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO einbezogen wird. Die genehmigungsrechtlichen Erleichterungen liegen im Interesse der Landwirtschaft. Gleichzeitig sind die Belange der Verkehrssicherheit durch Auflagen zur Streckenabsicherung berücksichtigt. Auf klassifizierten Straßen dürfen Längsfahrten nur in Begleitung eines vorausfahrenden Fahrzeuges durchgeführt werden, das mit gelben Rundumleuchten und einem entsprechenden Hinweisschild ausgestattet ist.

Zu Frage 2: Die im Rahmen des Modellversuches vorgesehenen neuen Regelungen erfassen generell Fahrzeuge über drei Meter bis 3,50 Meter Breite. Der Verkehr mit überbreiten landwirtschaftlichen Fahrzeugen soll möglichst auf Wirtschaftswegen durchgeführt werden.

Für alle im Einsatzbereich vorhandenen nicht klassifizierten Straßen im engeren örtlichen Bereich des jeweiligen Einsatzortes wird künftig eine flächendeckende Dauererlaubnis erteilt. Klassifizierte Straßen (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) in diesem Bereich dürfen nur überquert werden. Zum Überqueren erforderliche kurze Längsfahrten dürfen bei entsprechender Fahrbahnbreite und Übersichtlichkeit auch ohne Begleitfahrzeug vorgenommen werden. Innerörtliche Straßen dürfen wegen der erhöhten Unfallgefahr nur beim Vorliegen eines berechtigten Interesses (z. B. Betriebssitz, Werkstatt) befahren werden. Bei Bedarf ist eine Begleitperson erforderlich, die die Verkehrsteilnehmer auf die Gefahrenquelle hinweist.

Zu Frage 3: Die neuen Verfahrenserleichterungen sind zum Zwecke der Erprobung für die Dauer von drei Jahren landesweit eingeführt worden.

Zu Frage 4: Nach den der Landesregierung vorliegenden Informationen sind die im Modellprojekt vorgesehenen Regelungen in den übrigen Ländern nicht generell Verwaltungspraxis. So gibt es in den meisten Ländern noch die Notwendigkeit von streckenbezogenen Einzelgenehmigungen. Die modellhafte Erprobung von genehmigungsrechtlichen Erleichterungen im Land Rheinland-Pfalz schafft jedoch die Grundlage für eine mögliche Übertragung in andere Länder.