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Das kurzfristig verfügbare Potenzial in der Definition dieser Studie entspricht dem Potenzial, das aktuell und kurzfristig (ca. ein bis zwei Jahre) in der Region aktiviert werden kann. Definiert wird dieses Potenzial v. a. auf Grund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, das heißt der aktuellen Marktsituation. Durch die Realisierung der umsetzbaren Projekte entstehen häufig Strukturen, die weitere Potenzialmengen verfügbar machen. So werden potenzielle Biomasse-Anbieter durch den Bau von z. B. Hackschnitzelheizungen oder Biogasanlagen in der Umgebung oft erst auf den Wert ihrer Güter aufmerksam und interessieren sich folglich für deren Aktivierung. Die Ermittlung des kurzfristig verfügbaren Potenzials ist im Vergleich zu anderen Studien die Besonderheit und die Stärke dieser Untersuchung. Bisher wurden lediglich die nicht umsetzungsrelevanten theoretischen und technischen Potenziale ermittelt.

Das umgesetzte Potenzial ist eine Teilmenge des kurzfristig verfügbaren Potenzials.

Eine Übersicht über die Definition der Potenzialkategorien ist in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung 2: Potenzialkategorien im Rahmen der Studie Quelle: IfaS

3. Potenziale in Rheinland-Pfalz

Auf der Grundlage der oben dargestellten Potenzialkategorien entstehen für jede Biomasseart die unterschiedlichen Kategorien.

In der Forstwirtschaft entspricht das theoretische Potenzial dem jährlichen Holzzuwachs im Forst, während das technische/ökologische Potenzial mit dem Hiebsatz gleichgestellt wird. Das kurzfristig verfügbare Potenzial entspricht dem Sortimentanfall an Holz, welches bisher zu dem Preis unterhalb eines angenommenen Energieholzpreises verkauft wurde. Das minimal verfügbare Potenzial wird für befahrbare Lagen berechnet, das maximal verfügbare für alle Waldflächen in Rheinland-Pfalz.

Die stoffliche Nutzung des Waldholzes hat gegenüber der direkten energetischen Nutzung einen Vorteil in der CO2-Bilanz. Der Kohlenstoff wird über einen längeren Zeitraum in den Holzprodukten gespeichert und somit der Atmosphäre entzogen. Durch die Verwertung des Altholzes wird das Holz in großem Maßstab nach der stofflichen Nutzung energetisch genutzt und substituiert dann fossile Brennstoffe. Dem wird bei der Ermittlung der kurzfristig verfügbaren Potenziale Rechnung getragen.

Alle Werte werden aus dem Forsteinrichtungswerk der Landesforsten (Stand 2002) übernommen. Besonders zu erwähnen ist, dass die theoretischen und technischen/ökologischen Potenziale wissenschaftliche Werte darstellen und derzeit aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (z. B. der bestehenden stofflichen Nutzung) nicht für eine energetische Nutzung verfügbar sind. Das kurzfristig verfügbare Potenzial beruht auf einer Analyse der derzeitigen Marktsituation. Die Einschätzung der zukünftigen stofflichen Nutzung und der Konkurrenzsituation zur energetischen Nutzung wird anhand der aktuellen Marktlage evaluiert. Aufgrund fehlender Datenlage können nicht alle Privatwälder mit einbezogen werden. Oft ist hier aufgrund der Kleinparzellierung der Flächen keine forstliche Nutzung möglich.

Bei der Berechnung der landwirtschaftlichen Potenziale müssen die veränderten Rahmenbedingungen und Regelungen durch die EU-Osterweiterung berücksichtigt werden.

Für die Ermittlung der Reststoffe aus der Tierhaltung werden für die theoretischen und technischen Potenziale Rinder, Schweine, Legehennen, Schlacht- und Masthühner laut statistischen Angaben berücksichtigt. Für technische Potenziale müssen bei vergärbaren Biomassen im Vergleich zu den theoretischen Potenzialen 30 % des Energieertrages für den Betrieb der Biogasanlage in Abzug gebracht werden. Die Berechnung der verfügbaren Potenziale bezieht nur Betriebe mit mehr als 100 Rindern und mehr als 400 Schweinen (abzüglich 30 % des Energieertrages, da dieser für den Betrieb der Biogasanlage benötigt wird) ein, da Biogasanlagen umso wirtschaftlicher betrieben werden können, je mehr Substrate an einem Standort kostengünstig vorhanden sind. Nicht berücksichtigt werden Pferde und Schafe, da diese nur an wenigen Tagen im Stall gehalten werden. Die Ansätze des verfügbaren Potenzials beziehen sich somit auf ein Minimum, welches ggf. bei genauerer Untersuchung gesteigert werden kann.

Beim Anbau von Biomasse auf landwirtschaftlichen Flächen muss eine Flächenkonkurrenz der verschiedenen Früchte beachtet werden. Da nicht alle Biomassen mit unterschiedlichen Böden und Rahmenbedingungen optimal gedeihen, wird in Absprache mit Vertretern der Landwirtschaft (Ministerium, Maschinenringe, Bauernverbände etc.) ein allgemeiner Anbaumix für nachwachsende Rohstoffe (NawaRo) definiert (vgl. Abbildung 3), der regional abweichen kann. Auf dieser Grundlage kann ein durchschnittlicher Energieertrag pro Hektar errechnet werden. Der Energieertrag des so definierten Anbaumixes wird als Berechnungseinheit für die Ermittlung der verschiedenen Potenzialkategorien angesetzt.

Abbildung 3: Anbaumix von Energiepflanzen auf landwirtschaftlichen Flächen Quelle: IfaS

Für die theoretischen und technischen/ökologischen Potenziale werden alle derzeitigen Ackerflächen einbezogen, da die Entscheidung der Nutzungsart von der Wirtschaftlichkeit der produzierten Produkte abhängt. Auch hier wird ein 30-%iger Abschlag für die technischen Potenziale in Abzug gebracht. Nach Aussagen der landwirtschaftlichen Vertreter sind in Rheinland-Pfalz ca. 50 000 ha Fläche für eine alternative Nutzung verfügbar. Das heißt, diese Flächen werden nicht für die Nahrungs- oder Futtermittelproduktion benötigt. Zum verfügbaren Potenzial kommen zusätzlich die Reststoffe der derzeit angebauten Früchte (berücksichtigt wurden 80 % des bisherigen Rapsanbaus, nicht berücksichtigt unregelmäßig anfallende Chargen aus dem Gemüseanbau, z. B. Salat, Kohl und Zuckerrübenschnitzel). Die Strohpotenziale werden ­ nach Absprache mit den landwirtschaftlichen Vertretern der AG Landwirtschaft ­ nicht mit einbezogen, da diese für die Bodenverbesserung benötigt werden. Es besteht regional auch nach Abzug des Einstreubedarfs ein Strohüberschuss. Dauergrünlandflächen wurden nicht als verfügbar angesetzt, da der Aufwuchs nach Aussagen der landwirtschaftlichen Vertreter für die Fütterung verwendet wird. Regional sind hier ebenfalls Flächen vorhanden. Holz- und Trestermengen aus Sonderkulturen zählen nicht zu den Ackerflächen und werden als Reststoffe berücksichtigt.

Für die Umsetzung von Anlagenstandorten können keine pauschalen Aussagen gemacht werden, jedoch weisen beispielsweise landwirtschaftliche Standorte mit 100 bis 200 Großvieheinheiten und einer bestehenden Wärmeabnahme sehr gute Voraussetzungen für die Biogasnutzung auf. Das Interesse in der Landwirtschaft an der Entwicklung „Vom Landwirt zum Energiewirt" ist vielerorts vorhanden, sofern langfristig wirtschaftliche Anbaubedingungen zu erwarten sind. Durch die Entwicklung von Gemeinschaftsanlagen können die Potenziale weiter erhöht werden. Hierfür ist jedoch ein ungleich höherer Organisationsaufwand zu berechnen.

Bei der Berechnung der Grünschnittpotenziale (GS) müssen unterschiedliche Herkunftsbereiche betrachtet werden. Eine Unterteilung in holzartige und grasartige Mengen ist wichtig, um die Nutzungsart einer entsprechenden Technologie zuzuordnen. Soweit keine andere Aufteilung genannt ist, werden Anteile von 20 % Gras und 50 % verwertbares Holz, 30 % Störstoffe oder Mulchmaterial angenommen.

Für die Mengen aus der Biotoppflege wird ein Gehölz- und Graszuwachs pro Hektar definiert. Als technisch verwertbar werden 80 % der Fläche und als verfügbar 50 % des technischen Potenzials angesetzt.

Die Ermittlung der Potenziale für Straßen-, Ufer- und Schienenbegleitflächen erfolgen über Streckenkilometer. Mit Kennzahlen bezüglich der Potenziale der Randstreifen werden Grünschnittmassen pro Kilometer errechnet. Dabei wird bei den Straßen nach Autobahnen und Bundes-/Landesstraßen unterschieden. Der Ansatz für das technische Potenzial beträgt 80 % der jeweiligen Massen. 60 % des technischen Potenzials werden als verfügbar angesetzt.

Militärische Flächen fließen nicht in die Ergebnisse ein, da die Ermittlung zentral durch die Bundeswehr derzeit noch läuft.

Die Strukturen für die kommunale Biomassenutzung sind in den meisten Regionen bereits etabliert, sodass bei einer alternativen Verwertung ggf. eine Konkurrenz zu den derzeitigen Entsorgern entsteht. Eine Optimierung der Verwertungswege erscheint jedoch mittelfristig möglich. Als relevant werden kommunaler/privater Grünschnitt, private Bioabfälle, private Altfette/Altöle und Klärschlamm angesehen. Als technische und verfügbare Mengen werden die derzeit gesammelten Mengen angesetzt.

Gewerbliche Biomassen setzen sich vor allem aus Speiseresten, Altfetten, Produktionsrückständen, gewerblichem Grünschnitt, Altholz und Industrierestholz zusammen. Diese Mengen werden hauptsächlich durch private Entsorger erfasst und stellen, bedingt durch deren z. T. mangelnde Auskunftsbereitschaft und stark abweichende Aussagen zum Mengenanfall eher einen unteren Mengenansatz im Bereich der verfügbaren Potenziale dar. Theoretische und technische/ökologische Mengen können oft nur unzureichend ermittelt werden.

Zusammenfassend zeigen die Tabelle 1 bis Tabelle 4 sowie die Abbildung 4 bis Abbildung 5 die ermittelten Biomassepotenziale, die getrennt nach ihrer Verwertungsart einzelnen Technologien zugeordnet werden. Die Einheit der Potenziale wurde zur besseren Übersicht nicht in Megajoule (MJ), sondern in Megawattstunden (MWh) ausgewiesen. Es handelt sich hierbei jedoch um den Energiegehalt der Biomasse vor der Anlage (d. h. der Anlagenwirkungsgrad ist nicht berücksichtigt). Folgende Verfahren wurden für die verschiedenen Biomassen angenommen:

­ thermische Verwertung (Holzhackschnitzel),

­ sonstige Biomassefestbrennstoffe (ohne Holz),

­ Vergärung (Biogas),

­ sonstige Verwertung (Biokraftstoffe etc.). Tabelle 1: Zusammenfassung: Kumulierte Biomassepotenziale ­ thermisch verwertbare Biomasse (Holzhackschnitzel) Quelle: IfaS

Die Erhebung der zur Verwertung als Holzhackschnitzel tauglichen Biomasse in den verschiedenen Anfallorten in Rheinland-Pfalz entspricht einer regenerativen Energiemenge von theoretisch insgesamt ca. 15 100Min bzw. 15 400Max GWh/a. Davon sind technisch ca. 11 300Min bzw. 11 600Max GWh/a erfassbar. Kurzfristig verfügbar sind ca. 4 200Min bzw. 5 200Max GWh/a. Diese verfügbare Energiemenge entspricht einer äquivalenten Heizölmenge von ca. 415,1Min Mio. bzw. 518,4Max Mio. Litern. Bei einem angenommenen Heizölpreis von 0,376 Eurocent pro Liter entspricht die durch holzartige Biomasse substituierbare Heizölmenge einemGeldwert von rund 156,1Min Mio. und 195,0Max Mio. Euro pro Jahr. Damit könnte eine CO2-Einsparung von 1,5 Mio. Mg pro Jahr erzielt werden.