In der Vergangenheit wurden jedoch mehr Leistungen von Dritten hinzugekauft als ursprünglich geplant

Diese interne Verrechnung erfolgt in der Währungseinheit „Budgetierte Produktionsleistungen ­ BPL", die nach Angaben der Anstalt auf der Basis von Marktpreiserhebungen für Produktionsleistungen ermittelt worden ist. Die zurückliegende Zeit hat Defizite dieses Systems deutlich werden lassen. Es muss, wie die folgenden Ausführungen erläutern, entweder deutlich verfeinert oder grundsätzlich überdacht werden.

8.2.2.2.3 Bisherige Erfahrungen mit der Budgetierung der Produktionsleistungen und dem Kapazitätsausgleich

Die Direktion „Technik und Produktion" budgetiert ihre Leistungen an die Programmdirektionen unabhängig davon, ob diese Produktionsleistungen selbst oder durch Dritte erbracht werden. Hierbei hat sie den Einsatz von Fremd- und Eigenleistungen selbst zu ermitteln. Soweit die geplanten Produktionsleistungen nicht durch eigene Ressourcen erbracht werden können, ist der zusätzliche Bedarf durch Fremdleistungen auszugleichen. Für diesen Kapazitätsausgleich wird im Etat der Direktion ein bestimmtes Volumen in Ansatz gebracht.

In der Vergangenheit wurden jedoch mehr Leistungen von Dritten hinzugekauft als ursprünglich geplant. Damit wurde der geplante Kapazitätsausgleich 1999 um 20 Mio. DM und 2000 um 17 Mio. DM überschritten. Für diese Budgetüberschreitungen können nach Erkenntnis der Rechnungshöfe im Wesentlichen folgende Faktoren verantwortlich gemacht werden:

­ Die sog. „Marktpreise" der betriebsinternen Verrechnung liegen möglicherweise unter den Fremdbezugspreisen. Damit würden sie nicht die Bezugskosten decken. Dies haben die Rechnungshöfe im Detail nicht geprüft.

­ Wenn die Programmdirektionen entgegen der Planung (Programmleistungsplan) zu anderen Zeiten Produktionskapazitäten in Anspruch nehmen, ergibt sich für die Direktion „Technik und Produktion" die Situation, dass sie ihre Leistungen zwar betriebsintern errechnen kann 18). Der Ressourceneinsatz kann jedoch doppelt anfallen, und zwar einmal über die nicht in Anspruch genommenen, aber eingeplanten Eigenmittel (im Wesentlichen Fixkosten) und zum anderen über die zugekauften Fremdressourcen.

­ Die Zusammenführung der Produktionsbetriebe bei gleichzeitiger grundlegender Neustrukturierung der Fernsehproduktion (Zentralisierung der szenischen Produktion in Baden-Baden sowie der aktuellen Produktion in Stuttgart und Mainz) zog erhebliche strukturelle und personelle Konsequenzen nach sich, die zunächst die Steuerung der Fernsehproduktion über die Standorte hinweg erschwerten.

Nach dem derzeitigen System obliegt es allein der Direktion „Technik und Produktion", den Ausgleich der Kapazität durchzuführen. Eine Erhöhung des Kapazitätsausgleichs gegenüber der Planung bedeutet einen echten zusätzlichen Geldabfluss, der kompensiert werden muss. Soweit die Direktion „Technik und Produktion", die Verwaltung oder die Intendanz dies nicht über Umschichtungen bewerkstelligen können, müssen die Programmdirektionen Einschnitte in ihre Programmmittel hinnehmen.

Der SWR will mit dem Produktionsplanungs- und Steuerungssystem (vgl. Nr. 7.2.2.3) die Verfügbarkeit von Produktionskapazitäten standortübergreifend transparent machen und deren Einsatz steuern. Außerdem hat die Geschäftsleitung einen Zehn-Punkte-Katalog beschlossen. Danach soll über eine bessere Abstimmung in der Programmplanung und eine bessere Verteilung der Verantwortung zwischen den Programm- und Produktionsdirektionen sichergestellt werden, dass der Kapazitätsausgleich wirtschaftlich durchgeführt wird. Hierzu sollen gemeinsame Abstimmungsteams, klar definierte Entscheidungsstufen und verbindliche Programmkalkulationen beitragen.

Da nach Einschätzung der Rechnungshöfe sowohl Produktion als auch Programm für die Entstehung des Bedarfs an zusätzlichen Fremdkapazitäten verantwortlich sind, sollten auch beide Bereiche je nach Verursachung für die Finanzierung geradestehen müssen.

Um diesen Prozess zu unterstützen, sollte bei den Programmdirektionen das Bewusstsein für den Kapazitätsausgleich verstärkt werden.

Der SWR begründet die Überschreitung des Budgets für den Kapazitätsausgleich in den Jahren 1999 und 2000 auch damit, dass die Planwerte auf Grund der in den fusionsnahen Jahren noch nicht vorhandenen Planungsinstrumente und Erfahrungen zur korrekten Bezifferung faktisch zu niedrig angesetzt gewesen seien. Auch könne es trotz deutlich angehobenen Planansatzes für 2001 wieder zu einer Überziehung kommen. Dies rühre daher, dass in der Direktion „Technik und Produktion" die zuletzt verstärkt durch Vorruhestand frei gewordenen Stellen nur noch in dringendsten Fällen wieder besetzt würden, was zu nicht geplantem Fremdbezug führe.

Im Übrigen verteidigt der SWR sein System der pauschalierten internen Leistungsverrechnung über die sog. budgetierten Produktionsleistungen. Es ermögliche den Programmdirektionen eine präzise Bewirtschaftung der Produktionsressourcen und belaste ihren Etat bei eventueller Überziehung der budgetierten Produktionsleistungen. Ferner eröffne das System die Möglichkeit einer profitcenterorientierten Steuerung der Direktion „Technik und Produktion". Sie habe mittlerweile auch ihre Produktionsplanung mit dem Ziel einer optimalen Auslastung der Produktionsmittel verbessert.

18) Für BPL ist es nämlich gleichgültig, ob eigene oder fremde Ressourcen eingesetzt werden.

Nach Auffassung der Rechnungshöfe begünstigen Kontrahierungszwang und pauschale Leistungsverrechnung gerade nicht die präzise Bewirtschaftung der Produktionsreserven seitens der Programmdirektionen, da diese im Verfügungsbereich der Direktion „Technik und Produktion" liegen. Überdies musste die Anstalt zur Abwicklung ihres internen Leistungsverkehrs umfangreiche Verfahrensvorgaben aufstellen. Dieses komplexe Regelwerk sollte im Hinblick auf mögliche Vereinfachungen kritisch hinterfragt werden.

Wirtschaftlichkeitsmaßnahmen nach Abschluss der Fusion

Dass im SWR weiterer erheblicher Bedarf zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit vorhanden ist, wird zum einen an den zahlreichen Reorganisations- und Optimierungsprojekten deutlich, die zumeist dezentral in den einzelnen Direktionen in Gang gesetzt wurden.

Zum anderen sah die interne Strukturkommission (vgl. Nr. 4.3) zusätzliche Wirtschaftlichkeitsdefizite, insbesondere in Querschnittsbereichen und direktionsübergreifenden Sachverhalten.

Reorganisations- und Optimierungsprojekte der Direktionen

Einen Überblick über die zum Zeitpunkt der örtlichen Erhebungen laufenden Wirtschaftlichkeitsprojekte gibt die folgende Übersicht: Übersicht 35: Reorganisations- und Optimierungsprojekte der Direktionen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit Beteiligt Projekt TuP/FSD ­ EFA (Eigenoptimierung ­ Fremdvergabe ­ Auslagerung) bei Programm und LSD Baden-Württemberg Produktion zur Verbesserung von Flexibilität und Wirtschaftlichkeit durch LSD Rheinland-Pfalz Optimierung des Verhältnisses von Eigen- und Fremdkapazitäten bei szenischen Produktionen und filmischen Formaten

­ Optimierung der Budgetierung von Produktionsleistungen im Fernsehen LSD Baden-Württemberg ­ LS 2000 plus mit Untersuchungen zur Optimierung der Programme, Organisations- und Führungsstrukturen, der Technik und zur Personalbedarfsentwicklung LSD Rheinland-Pfalz ­ Überprüfung redaktioneller Planungsabläufe „Landesschau"

­ Optimierung der Arbeitsprozesse Marketing/Programm-Management

­ Neukonzeption „Regionalisierung" Rheinland-Pfalz Intendanz (LSD BW/ ­ Programmqualitäts-Verfahren LSD Rheinland-Pfalz/ FSD/HFD) FSD ­ ABCplus-Programmstrategie

­ Diese Strategie ist ein Wirtschaftlichkeitsprojekt der zentralen Programmwirtschaft (Direktions-Controlling der Fernsehdirektion), in dem Ressourcen- und Akzeptanzorientierung kombiniert werden. Hierbei wird das Ziel verfolgt, die profilbildenden Programmstrecken wirtschaftlicher zu erstellen.

LSD Baden-Württem- ­ Radio mit System berg/LSD RP/HFD HFD/LSD BW/LSD RP ­ Nachfolgeprojekt SOFI Programmoptimierung aufbauend auf den Ergebnissen der (SWR1 und SWR3) PULS-Mapping-Studie VD ­ SAP R/3 ­ Einführung u. a. zur Optimierung der dezentralen Mittelbewirtschaftung durch Vermeidung von aufwändigen direktionsinternen Insellösungen

­ Untersuchung der Kfz-Betriebe

­ Optimierung des Beschaffungswesens

­ Facility Management (EFA Allgemeine Dienste/Gebäudemanagement) u. a. mit dem Ziel, in den Hauptabteilungen Wirtschaftlichkeitspotenziale durch Leistungsverzicht und Optimierung der Arbeitsabläufe zu erschließen

­ Untersuchung zu Eingruppierung und Einstufung Beteiligt Projekt TuP/HFD/LSD ­ Einführung der Budgetierung von Produktionsleistungen im Hörfunk TuP ­ Einführung des Produktionsplanungs- und Steuerungssystems PPS zur

­ Verbesserung von Planung und Transparenz in allen Produktionsbereichen,

­ Verbesserung der eigenen Auslastung,

­ Reduzierung der Fremdmittel,

­ Reduzierung von Neuinvestitionen,

­ Effizienzsteigerung bei Planung, Kalkulation, Bestellung sowie

­ bei Disposition, Leistungsaufschreibung und Auswertung,

­ Beschleunigung der Produktionsprozesse in Planung und Abwicklung

Die meisten Projekte waren zum Zeitpunkt der örtlichen Erhebungen noch nicht abgeschlossen. Die Rechnungshöfe haben beim überwiegenden Teil der Projekte Einsicht in die Zielsetzungen und den Stand des Verfahrens genommen, um einen Überblick über die Wirtschaftlichkeitsaktivitäten der Anstalt zu bekommen. Dabei konnte eine Zunahme des Engagements zur Entwicklung von Vorschlägen zur Eigenoptimierung durch Führungskräfte und Mitarbeiter festgestellt werden, nachdem der SWR die Auslagerung von Teilbereichen erwogen hatte.

Weitere Wirtschaftlichkeitsfelder SWR-intern wird weiterer Bedarf an Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit gesehen. Diesen hat die Strukturkommission im Frühjahr 2000 19) in folgenden Bereichen festgestellt:

­ Unternehmensziele und Unternehmensstrategie

­ Schaffung von finanziellen Spielräumen innerhalb der Planansätze;

­ programmliche Ausrichtung, auch mit Blick auf neue Verbreitungswege (online);

­ Erstellung eines direktionsübergreifenden Personalbedarfskonzeptes;

­ moderne Führungskonzepte;

­ Neustrukturierung von Planungs- und Entscheidungsprozessen bei Investitionen;

­ Aufgabenkritik mit Blick auf Kostenreduktion müssten sich sämtliche Direktionen in ausgewählten Bereichen einer Aufgabenkritik unterziehen, z. B.

­ Programmdirektionen mit ausgewählten Sendestrecken oder dem Overhead;

­ Verwaltungsdirektion mit Hauptabteilung Informations- und Kommunikations-Systeme;

­ Intendanz mit Unternehmenskommunikation;

­ Ressourcenfreisetzung zur Vermeidung der Verfestigung von Doppelstrukturen und historisch erklärbarer Doppelfunktionen sollten insbesondere Bereiche untersucht werden, die sich über mehrere Standorte verteilen, wie z. B.

­ Honorare und Lizenzen ­ Fernsehen

­ Rundfunkgebühren

­ Programmstrategie/Medienforschung; überdies sollten

­ vergleichbare Organisations- und Führungsstrukturen und

­ vergleichbare Einordnung der Stellenwertigkeit untersucht werden;

­ Ressourcensteuerung und Ressourcenverantwortung im SWR Notwendigkeit der Förderung der Kostentransparenz und des Kostenbewusstseins durch Optimierung im Bereich der dezentralen Mittelbewirtschaftung und Verifizierung der Budgetierung der Produktionsleistungen.

Mit Blick auf die Vielzahl der vorgeschlagenen Maßnahmen hat die Geschäftsleitung Ende 2000 für deren Realisierung eine Prioritätenliste beschlossen. Bei der Projektumsetzung sollen sowohl die Strukturkommission als auch das Controlling-Board (vgl. Nr. 7.2.1) einbezogen werden. Ob diese beiden Gremien bei ihrer derzeitigen Struktur die gestellte Aufgabe allein bewältigen können, erscheint fraglich. Beide sind nämlich nicht für den dabei anfallenden Arbeitsaufwand konzipiert. Daher kommt der Koordinierung und Verzahnung von Einzelmaßnahmen durch die dem Intendanten zugeordnete Abteilung „Unternehmensplanung" besondere Bedeutung zu.

19) Beschlussvorlage für die Sitzung der Geschäftsleitung am 13. April 2000.