III Der Untersuchungsausschuss erstattet dem Landtag bis Ende März 2005 seinen Bericht

4. ob mögliche Beeinträchtigungen der vorbeschriebenen Art zumindest mitursächlich für die Übergriffe auf eine Mitarbeiterin der Einrichtung in der Nacht vom 20. auf den 21. November 2003 waren,

5. ob und ggf. inwiefern Mitglieder der Landesregierung, insbesondere Justizminister Mertin und Sozialministerin Dreyer oder in ihrem Auftrag handelnde Bedienstete oder Funktionsträger dafür Verantwortung tragen,

6. welche Konsequenzen aus den ggf. vom Untersuchungsausschuss festgestellten Mängeln zu ziehen sind und welche konzeptionellen Folgen die vom Untersuchungsausschuss ermittelten Tatsachen für Alternativen zur Untersuchungshaft für Jugendliche haben sollen.

II. Der Untersuchungsausschuss soll aus 13 Mitgliedern bestehen.

III. Der Untersuchungsausschuss erstattet dem Landtag bis Ende März 2005 seinen Bericht."

Nachdem der Untersuchungsausschuss die Beweiserhebung im Februar 2005 beendete, verzichtete der Landtag auf Antrag aller Fraktionen ­ Drucksache 14/3819 ­ in seiner 89. Sitzung vom 25. Februar 2005 auf die nach dem Einsetzungsbeschluss geforderte Berichterstattung bereits im März 2005 und bestimmte stattdessen, dass der Untersuchungsausschuss bis Mitte Mai 2005 seinen Bericht zu erstatten hat.

2. Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses

a) Der Landtag wählte in seiner 72. Sitzung am 29. April 2004 den Abgeordneten Reiner Marz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zum Vorsitzenden und den Abgeordneten Carsten Pörksen (SPD) zum stellvertretenden Vorsitzenden 16).

c) Die Landesregierung hat mit Schreiben vom 4. Mai 2004 den Staatssekretär im Ministerium für Umwelt und Forsten Hendrik Hering zu ihrem Beauftragten für das Untersuchungsverfahren und Ministerialdirigent Arno Ofenloch, Ministerium für Umwelt und Forsten, zu dessen Stellvertreter bestellt. Seit dem 25. Februar 2005 ist der Beauftragte für das Untersuchungsverfahren Hendrik Hering Staatssekretär im Ministerium des Innern und für Sport.

d) Die Fraktionen haben zunächst folgende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benannt: Fraktion der SPD: Dr. Lars Brocker und Benno Hauck Fraktion der CDU: Dr. Thomas Jungblut und Marc Schreiner Fraktion der FDP: Frau Dr. Christine Kreuzer und Heiko Nagel Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau Caroline Engelmeier und Wolf Buchmann

Mit Schreiben vom 20. Juli 2004 hat die Fraktion der CDU an Stelle ihres Mitarbeiters Marc Schreiner ihren Mitarbeiter Dr. Axel Henrichs benannt.

16) Plenarprotokoll 14/72, S. 4817.

Drucksache 14/4120 Landtag Rheinland-Pfalz - 14. Wahlperiode

e) Das innerhalb der Stabsstelle Wissenschaftlicher Dienst zur Unterstützung des Untersuchungsausschusses gebildete Sekretariat setzte sich wie folgt zusammen: Oberregierungsrat Volker Perne Oberamtsrätin Sabine Klockner (zeitweise) Amtsrätin Christiane Thiel (zeitweise) Amtmann Rüdiger Milke

III. Wesentlicher Gang des Untersuchungsverfahrens

1. Der Untersuchungsausschuss konstituierte sich in seiner Sitzung am 12. Mai 2004 und beschloss einstimmig, die Kurzbezeichnung „Heimunterbringung statt Untersuchungshaft" zu führen. Er fasste zudem Beschluss über die Gewährung von Akteneinsicht für die von den Fraktionen benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie über das Verfahren bezüglich der Anfertigung von Ablichtungen aus den dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung stehenden Akten.

2. In seiner 2. Sitzung am 23. Juni 2004 kam der Untersuchungsausschuss überein, sich entsprechend des mit gleichem Datum gefassten Beweisbeschlusses (Vorlage UA 14/1-14) zunächst der Frage zuzuwenden, in welchem rechtlichen und pädagogischen Kontext sich die in den §§ 71 und 72 des Jugendgerichtsgesetzes geregelte Heimunterbringung zur Vermeidung von Untersuchungshaft bewegt, insbesondere nach welchen Kriterien abstrakt die Geeignetheit eines Heims der Jugendhilfe zu beurteilen ist und welche Schlussfolgerungen daraus für die konkrete Realisierung einer haftvermeidenden Heimunterbringung folgen. Unter Einbeziehung der Frage nach den Standards für Aufnahmeverfahren und -entscheidung versuchte der Untersuchungsausschuss auch zu klären, auf welcher Informationsbasis die Beurteilung der Geeignetheit der Jugendlichen erfolgen muss. Im Mittelpunkt der Beweiserhebung standen weiter Fragen über die erforderliche Ausgestaltung der Sicherheitsvorkehrungen zur Gewährleistung der Entweichungssicherheit sowie zum Schutz der Untergebrachten und des Betreuungspersonals, über die Anforderungen an die fachliche Eignung des Personals sowie die Erforderlichkeit einer projektbegleitenden wissenschaftlichen Evaluation. Hierzu erhob der Untersuchungsausschuss in seiner 3. Sitzung am 2. September 2004

Beweis durch Sachverständigenvernehmung.

3. In einem zweiten Untersuchungskomplex versuchte der Untersuchungsausschuss zu klären, in welchem politischen Vorfeld undKontext sichdie Entscheidung für das Projekt „Heimerziehung statt Untersuchungshaft" vollzog (VorlagenUA 14/1-16/40).

Vor dem Hintergrund der hierzu für die 13. und 14. Wahlperiode des Landtags Rheinland-Pfalz getroffenen Koalitionsvereinbarungen befasste sich der Untersuchungsausschuss dabei insbesondere mit der Frage, ob es innerhalb der Landesregierung hinsichtlich der Umsetzung einer Einrichtung zur Heimerziehung statt Untersuchungshaft unterschiedliche Auffassungen gab und ob sich diese im Fall ihres Vorliegens auf die konkrete Umsetzung des Projekts in fachlicher, zeitlicher und finanzieller Hinsicht auswirkten.

4. Daran anknüpfend ging der Untersuchungsausschuss der Frage nach, aufgrund welcher Erkenntnisse, mit welchen Prioritäten und anhand welcher Kriterien die Standort- beziehungsweise Trägerentscheidung für das Projekt „Heimunterbringung statt Untersuchungshaft" in Rheinland-Pfalz getroffen wurde (Vorlage UA 14/1-29). In diesem Kontext versuchte der Untersuchungsausschuss auch zu klären, ob es im Zeitraum der Jahre von 2000 bis 2004 Zwischenfälle im Bereich des Jugendheims Mühlkopf gab, insbesondere ob Ausbrüche, Gewalttaten und andere Delikte im Jugendheim zu verzeichnen gewesen waren und inwiefern die Verantwortlichen davon Kenntnis hatten (Vorlage UA 14/1-58).

5. Im Mittelpunkt des folgenden Untersuchungskomplexes standen Konzeption, Realisierung und Verantwortlichkeit für das Projekt „Heimerziehung statt Untersuchungshaft" im Jugendheim Mühlkopf (Vorlagen UA 14/1-38/39/40). Der Untersuchungsausschuss versuchte dabei Erkenntnisse zu gewinnen, welche baulichen, organisatorischen und personellen Standards insbesondere im Hinblick auf den zu gewährleistenden Schutz der Jugendlichen und des Personals festgelegt wurden, welche finanziellen und zeitlichen Gesichtspunkte sich in welcher Weise auf Konzeption und Durchführung des Projekts auswirkten und wie sich die ministerielle sowie behördliche Begleitung und Prüfung des Projekts darstellte. Ausgangspunkt waren dabei die in dem Rahmenkonzept und der Leistungsbeschreibung für das Projekt formulierten Vorgaben und deren konzeptionelle und praktische Umsetzung durch die Einrichtung insbesondere in den Bereichen Aufnahmeverfahren, Sicherheitsvorkehrungen und Beratung durch das Landesjugendamt. Ferner versuchte der Untersuchungsausschuss zu klären, ob Vollzugs- und Aufsichtsdefizite vorlagen, die sich gefahrerhöhend beziehungsweise für die spätere Tatausführung begünstigend auswirkten, wie sich der konkrete Tatablauf darstellte und ob die Tat ggf. zu verhindern gewesen wäre.

6. Die folgende Untersuchung fokussierte sich auf Aspekte der organisatorischen Planung und tatsächlichen Praxis der Aufnahme von geeigneten Jugendlichen im Projekt „Heimerziehung statt Untersuchungshaft" (Vorlage UA 14/1-51). Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, welche Informationen den an der Entscheidung Beteiligten zur Verfügung stehen müssen, um die Geeignetheit der Jugendlichen für eine untersuchungshaftvermeidende Heimunterbringung beurteilen zu können. Daran anknüpfend versuchte der Untersuchungsausschuss zu klären, wie sich das Aufnahmeverfahren konkret für die drei untergebrachten Jugendlichen darstellte und insbesondere welche Informationen über sie im Zeitpunkt ihrer Unterbringung vorlagen.

7. Thematisch abgeschlossen wurde die Beweisaufnahme mit der Frage, welche Perspektiven das Projekt „Heimerziehung statt Untersuchungshaft" in Rheinland-Pfalz hat und welche Konsequenzen aus etwaigen Mängeln in Konzeption und Durchführung für die Weiterführung des Projekts zu ziehen sind (Vorlagen UA 14/1-39/57). Die Untersuchung konzentrierte sich dabei insbesondere auf Fragen der Trägerentscheidung, der Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Jugendlichen, des pädagogischen Konzepts und seiner Umsetzung, der Beratung durch das Landesjugendamt, sowie des Aufnahmeverfahrens und des Heimalltags.

8. Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 1. Sitzung am 12. Mai 2004 beschlossen, „dass sämtliche im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehenden Akten

­ der Landesregierung,

­ der ihr nachgeordneten Behörden, insbesondere

­ des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung,

­ der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz,

­ der Staatsanwaltschaft Koblenz,

­ der Kreisverwaltung Ahrweiler,

­ der vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit unter Beteiligung des Justizministeriums eingesetzten Arbeitsgruppe Heimunterbringung statt Untersuchungshaft,

­ des Landgerichts Zweibrücken und

­ des Jugendheims Mühlkopf in Rodalben einschließlich seines Trägers" vorzulegen sind.

In Ausführung dieses Beschlusses haben Landesregierung, die ihr nachgeordneten Behörden, der Vorsitzende der Jugendkammer des Landgerichts Zweibrücken, das Jugendheim Mühlkopf und der Internationale Bund dem Untersuchungsausschuss insgesamt ca. 320 Akten vorgelegt.

Auf den in der 3. Sitzung des Untersuchungsausschusses am 2. September 2004 behandelten Einwand eines Mitglieds, dass die von dem Jugendheim Mühlkopf beziehungsweise dessen Träger vorgelegten Akten unvollständig seien, hat das Sekretariat bei den genannten Stellen um Überprüfung gebeten und zugleich Vollständigkeit der vorzulegenden Akten angemahnt. Mit Schreiben vom 2. und 7. September 2004 hat der Internationale Bund dem Untersuchungsausschuss sodann weitere Unterlagen zur Verfügung gestellt.

In der 4. Sitzung am 21. September 2004 diskutierte der Untersuchungsausschuss das Verfahren hinsichtlich des Umgangs mit von der Landesregierung als vertraulich gekennzeichneten Unterlagen. Dem Prüfauftrag des Untersuchungsausschusses folgend, erstattete der Wissenschaftliche Dienst des Landtags am 5. Oktober 2004 ein Gutachten zu der Frage, wie sich das Aktenvorlagerecht des Untersuchungsausschusses hinsichtlich der von der Landesregierung als vertraulich gekennzeichneten Unterlagen zu dem Grundsatz öffentlicher Beweiserhebung verhält (Vorlage UA 14/1-45).

In der 9. Sitzung des Untersuchungsausschusses am 16. Dezember 2004 legte ein Ausschussmitglied ein absenderloses Schreiben mit Eingangsstempel vom 28. Juni 2004 vor, in dem die Behauptung erhoben wurde, die von der Staatsanwaltschaft Koblenz vorgelegten Akten seien wegen des Fehlens von Blättern unvollständig. Auf Bitte des Untersuchungsausschusses veranlasste der Beauftragte der Landesregierung eine umgehende Überprüfung, über deren Ergebnisse er den Ausschuss mit Schreiben vom 7. Januar 2005 (Vorlage UA 14/1-65) unterrichtete. Die Prüfung ergab, dass in den 17 von der Staatsanwaltschaft Koblenz vorgelegten Akten zwei einzelne Blätter infolge eines Kopierversehens nicht enthalten waren; diese wurden mit gleichem Schreiben dem Untersuchungsausschuss zugeleitet.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2004 (Vorlage UA 14/1-62) reichte der Beauftragte der Landesregierung eine Akte nach, die im Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit vorgefunden wurde. Die überwiegend aus Unterlagen des Landesjugendamts bestehende Akte ist nach ihrem Eingang auf Veranlassung des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses mit dem bereits vorhandenen Aktenbestand abgeglichen worden. Nach dem Ergebnis der von dem Sekretariat durchgeführten Prüfung beinhaltete die Akte ­ von einer Ausnahme abgesehen ­ keine Unterlagen, die nicht in den bereits vorhandenen Akten enthalten waren (Vorlagen UA 14/1-64/67).

Über die Herkunft der Akte hat der Untersuchungsausschuss in seiner 11. Sitzung am 18. Januar 2005 auch Beweis erhoben.

Auch nach zeugenschaftlicher Vernehmung und Einholung schriftlicher Aussagen konnte nicht geklärt werden, unter welchen Umständen die sich in einem Umschlag befindende Akte in das Dienstzimmer einer Referentin im Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit gelangt ist.

9. Gegenstand der Diskussion im Untersuchungsausschuss war auch die durch ein Mitglied des Untersuchungsausschusses vor Abschluss der Beratung über die Abfassung des schriftlichen Berichts vorgenommene öffentliche Beweiswürdigung.