Zunehmende Kostenexplosion bei den Vorschlacht- und -nebenkosten sowie Wettbewerbsbenachteiligung der Landwirte und Schlachtbetriebe

Nachdem sich Land und Bund zunehmend aus den BSE-Folgekosten verabschieden und die Gebühren für Fleischbeschau und Tierkörperbeseitigung drastisch erhöht wurden, sind viele landwirtschaftliche Betriebe sowie die Direktvermarktung und kleinere Schlachthöfe existenziell gefährdet. Der zunehmende Preisdruck führt zu einem noch geringeren Selbstversorgungsgrad bei Fleisch in Rheinland-Pfalz und zu einer stärkeren Konzentration, also dem Gegenteil dessen, was unter Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes und auch Tierschutzes ­ lange Transportwege ­ notwendig wäre.

Da oben genannte Kostenbelastung sich EU-weit sehr unterschiedlich entwickelt hat, besteht für die rheinland-pfälzischen Landwirte und Schlachtbetriebe eine erhebliche Wettbewerbsbenachteiligung, die mittel- und langfristig gravierende Folgen haben wird.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie haben sich in Rheinland-Pfalz die Gebühren- und Kostenbelastung (Vorschlacht- und -nebenkosten einschließlich Tierkörperbeseitigung und sonstige Abgaben) seit 1990 entwickelt?

2. Wie hat sich die Schlachthofstruktur seit dieser Zeit in Rheinland-Pfalz entwickelt (bitte Aufgliederung nach Jahren und Regionen)?

3. Welche Kostenbelastungen (Vorschlachtkosten sowie weitere Gebühren und Abgaben) ergeben sich bei der Schlachtung von Rindvieh und Schweinen in den einzelnen Bundesländern sowie den EU-Ländern?

4. Welche Auswirkungen werden nach Auffassung der Landesregierung diese hohen Kostenbelastungen für die rheinland-pfälzischen Landwirte, Direktvermarkter, Metzger, Schlachtbetriebe haben?

5. Wie bewertet die Landesregierung die jetzige rheinland-pfälzische Schlachthofstruktur und was gedenkt sie zu unternehmen, diese zu erhalten bzw. zu verbessern?

6. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine zunehmende Konzentration der Schlachthofstruktur und der hohen Kostenbelastung mit immer weiteren Tiertransporten und der Reduzierung des Selbstversorgungsgrades sowie der Direktvermarktung und kleineren Schlacht- und Metzgerbetrieben verbunden ist?

Das Ministerium für Umwelt und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 9. November 2001 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

Das Land Rheinland-Pfalz hat im Vergleich zu anderen Bundesländern einen weit überdurchschnittlichen Anteil an den BSE-Folgekosten getragen. Es wird auch künftig Leistungen zu Minderungen der BSE-Folgekosten erbringen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dieter Schmitt, Michael Billen und Christine Schneider namens der Landesregierung wie folgt:

Nach der Sechsten Durchführungsverordnung zum Vieh- und Fleischgesetz zählen Erfassungskosten, Kosten der Lebendverwiegung, Transportkosten vom Erzeugerbetrieb zur Schlachtstätte, Versicherungskosten und die sonstigen Vorkosten (z. B. Tieridentifizierung) zu den Vorkosten.

Entsprechend der vorgenannten Rechtsgrundlage dürfen den Schlachtvieherzeugern nur solche Kosten als Vorkosten in Abzug gebracht werden, die dem Schlachtbetrieb tatsächlich entstanden sind.

Die Vorkosten werden statistisch nicht erfasst. Aus einzelnen Schlachtviehabrechnungen konnten nachstehende durchschnittliche Vorkosten für die Jahre 1990 und 2000 differenziert nach Schlachtschweinen und -rindern für Rheinland-Pfalz ermittelt werden:

Die Entwicklung der Gebühren der Schlachttier- und Fleischuntersuchung einschließlich der Rückstandsuntersuchung, der Untersuchung auf Trichinen sowie der Hygienekontrolle im Rahmen des Fleischhygienegesetzes ergibt sich für die Jahre 1991 bis 1999, aufgegliedert für die Zeiträume 1. Januar 1991 bis 31. Dezember 1993, 1. Januar 1994 bis 30. Juni 1997 und 1. Juli 1997 bis 31. Dezember 1999, aus der Landesverordnung über die Gebühren und Auslagen für Untersuchungen und Hygienekontrollen nach fleischund geflügelfleischhygienerechtlichen Vorschriften vom 17. Februar 1999 (GVBl. S. 32).

Ab dem Jahr 2000 erheben bei Schlachtungen außerhalb öffentlicher Schlachthäuser die Landkreise und bei Schlachtungen in öffentlichen Schlachthäusern die betroffenen kreisfreien und kreisangehörigen Städte Gebühren auf Grund kommunaler Satzungen.

Die Gebühren der Tierkörperbeseitigung sind der Gebührensatzung des Zweckverbandes Tierkörperbeseitigung zu entnehmen.

Diese wurde seit 1990 zwölfmal geändert (s. Anlage). Eine weitere Änderung wurde am 31. Oktober 2001 durch die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz, im Saarland, im Rheingau-Taunus-Kreis und im Landkreis Limburg-Weilburg beschlossen.

Die Gebühren für bei Schlachtungen anfallendes beseitigungspflichtiges Material werden gestaffelt nach Schlachtzahlen und in Abhängigkeit von Kühlung und Verunreinigungsgrad erhoben. Sondervereinbarungen sind möglich. Eine Darstellung der Entwicklung der Gebühren ist daher stark von der einzelnen Fallgestaltung abhängig und würde den Rahmen dieser Kleinen Anfrage sprengen.

Zu Frage 2: Eine fortlaufende statistische Erfassung aller Schlachtstätten in Rheinland-Pfalz erfolgt nicht.

Zu Frage 3: Eine regelmäßige statistische Erhebung über Vorkosten bei Schlachtschweinen und Schlachtrindern in den einzelnen Bundesländern sowie EU-Mitgliedstaaten wird nicht durchgeführt. Auch eine regelmäßige Erhebung der übrigen Gebühren und Abgaben, insbesondere der Schlachttier- und Fleischuntersuchung, in den einzelnen Bundesländern sowie EU-Mitgliedstaaten erfolgt nicht.

Die Ermittlung ist innerhalb des Zeitrahmens für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage auch nicht möglich.

Aus dem Abschlussbericht des ZMP 1)-Pufferprojektes „Vorkosten in der Schlachtrindervermarktung" aus dem Jahr 2000 konnten nachstehende Vorkosten für Schlachtrinder in DM/Stück ermittelt werden.

Im Vergleich zu den produktionsstarken Konkurrenzregionen im nördlichen Teil der EU ist die Struktur der Vieh- und Fleischvermarktung in Rheinland-Pfalz als ungünstig zu bezeichnen. Sie ist im Wesentlichen gekennzeichnet durch relativ zahlreiche kleine Schlachtstätten, in denen die Schlachtzahlen überwiegend stagnieren bzw. rückläufig sind und eine ökonomisch unzureichende Kapazitätsauslastung erreicht wird.

Zur Verbesserung dieser Entwicklung unterstützt die Landesregierung die Verwirklichung einer kostengünstigen, rationellen und marktorientierten Vieh- und Fleischvermarktung in Rheinland-Pfalz. Mit dem Prüfsiegel „Rindfleisch aus Rheinland-Pfalz" hat die Landesregierung gemeinsam mit allen Beteiligten zukunftsweisende Zeichen für Rheinland-Pfalz gesetzt.

Im Rahmen der Zukunftsinitiative für den ländlichen Raum (ZIL) fördert das Land darüber hinaus mit finanzieller Beteiligung des Bundes und der EU eine verstärkte Ausrichtung der Schlachtunternehmen an den Anforderungen des Marktes. Gefördert werden deshalb die Zerlegung und portionsgerechte Zubereitung und Verpackung einschließlich der Zubereitung von Convenienceprodukten, um so auch zu Gunsten der landwirtschaftlichen Unternehmen zusätzliche Beschäftigungen zu erzielen. Um die Beteiligung der Landwirtschaft an dieser Wertschöpfung zu ermöglichen, wird die Zerlegung und Zubereitung nur gefördert, wenn der Rohstoffbezug auf vertraglicher Basis erfolgt und die Kapazitäten damit mindestens zu 40 % ausgelastet sind.