Unterbringungsverpflichtung

Derzeit ist auf Grundlage der durch das Bundesministerium des Innern ermittelten Zahlen davon auszugehen, dass in Rheinland-Pfalz voraussichtlich etwa 940

Fälle pro Jahr aufzunehmen sind, das bedeutet auf der Basis des ab 1. Januar 2005 dann geltenden Pauschalbetrags und einer Erstattungsdauer von zwei Jahren eine Neubelastung des Landes in Höhe von rund 7 Mio. EUR.

Dabei ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass bei diesem Personenkreis die Kommunen ausländerrechtlich und leistungsrechtlich bisher bereits zuständig waren. Bislang war nach § 91 Abs. 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes bei unerlaubt eingereisten Personen die Kommune örtlich zuständig, in deren Bereich sich die betroffene Person aufhielt oder aufgegriffen wurde. Die leistungsrechtliche Zuständigkeit nach § 10 a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG wurde dort gleichzeitig begründet. Es handelt sich dabei also nicht um eine neue Aufgabe im herkömmlichen Sinne, da der Personenkreis durch die Kommune aufzunehmen und unterzubringen war.

Da jedoch die Begründung der Zuständigkeit von dem „zufälligen" ersten Aufgriffsort der oder des unerlaubt Eingereisten abhängig war, führte dies in der Vergangenheit dazu, dass die Kommunen ungleichmäßig belastet wurden. Hier kann künftig die Verteilung durch das Land entsprechend dem an der Einwohnerzahl orientierten Schlüssel des Landesaufnahmegesetzes einen gerechten Ausgleich zwischen den Kommunen herbeiführen. Eine genaue Bezifferung der Mehr- oder Minderbelastung einzelner Kommunen nach einer durch das Land gesteuerten Verteilung ist aufgrund fehlender statistischer Unterlagen nicht möglich.

Anders als bei vorstehendem Personenkreis handelt es sich bei der Aufnahme- und Unterbringungsverpflichtung für Personen, die nach § 22 AufenthG aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen aufgenommenen werden, um eine neue Aufgabe der Kommunen. Dementsprechend wird dieser Personenkreis dem in Artikel 49 der Verfassung für Rheinland-Pfalz festgelegten Konnexitätsprinzip Rechnung tragend in die Erstattungsregelungen des Landesaufnahmegesetzes aufgenommen. Der Gesamtumfang der Kostenerstattung ist dabei jedoch abhängig von dem im Einzelfall zu vereinbarenden Kontingent aufzunehmender Personen. Er errechnet sich aus dem Produkt der Jahreskostenerstattung für einen Fall in Höhe von 3 744 EUR, der Zahl der durch Rheinland-Pfalz entsprechend der Aufnahmevereinbarung aufzunehmenden Personen und dem Faktor 2 (Berücksichtigung der zweijährigen Erstattungsdauer pro Fall). Gleichzeitig war aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre heraus eine Korrektur der Erstattung für abgelehnte Asylbegehrende notwendig. Bislang begünstigte die zeitlich offene Erstattungsregelung nicht eine zeitnahe Feststellung des Status. So ist gegenwärtig bei rund 2 700 abgelehnten Asylbegehrenden der Status auch drei Jahre nach rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrags noch nicht geklärt. Erst nach Feststellung des Status kann jedoch eine Integration und insbesondere auch eine Arbeitsaufnahme und darauf folgend eine kostenmäßige Entlastung der Kommunen eintreten oder die Ausreisepflicht durchgesetzt werden und damit die Kostenverpflichtung der Kommune enden. Daher wird künftig die Erstattung auf einen Zeitraum von drei Jahren nach bestandskräftiger Ablehnung des Asylantrages begrenzt. Um die Kom13 munen bei der im Einzelfall schwierigen Durchsetzung der Ausreisepflicht zu unterstützen, hat gleichzeitig das Land seine Rückkehrprogramme bereits erweitert und wird hier seine Förderung noch verstärken.

Eine genaue Aussage über die Zahl der Fälle, bei denen auch nach Ablauf des Zeitraums von drei Jahren bei den Kommunen Unterbringungskosten entstehen, die dann künftig nicht durch ein Erstattung des Landes kompensiert werden, kann aufgrund der Vielzahl der dabei zu berücksichtigenden Einzelfaktoren (Zahl der Personen aus Ländern, in die eine Abschiebung unmöglich ist, Zahl der Personen, die eine freiwillige Rückkehr ablehnen, Zahl der Personen, bei denen eine an sich mögliche Abschiebung aus in der Person liegenden Gründen verschoben werden muss, Zahl der nicht integrationsfähigenPersonen, Zahl der zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze, Zahl der aufgrund ihrer Ausbildung oder Sprachfähigkeit nicht vermittelbaren Personen etc.) nicht mit letzter Gewissheit getroffen werden. Bei den Berechnungen wurde daher mit der Annahme gearbeitet, dass bei rund zwei Drittel der derzeitigen Fälle auch noch drei Jahre nach Beendigung des Asylverfahrens trotz rechtzeitiger Statusklärung weder der Aufenthalt beendet werden kann, noch eine Integration im Sinne einer finanziellen Unabhängigkeit von Sozialleistungen bei den Betroffenen eingetreten ist. Als Mehrbelastung der Kommunen durch diese Fälle wurde ein Betrag in Höhe von 6,7 Mio. EUR angenommen.

Zukünftig wird weiterhin durch einen entsprechenden „Härtefallfonds" außerhalb des Landesaufnahmegesetzes sichergestellt, dass den Kommunen bei allen Personen, denen nach § 23 a AufenthG aufgrund eines Ersuchens der Härtefallkommission die oberste Landesbehörde einen weiteren Aufenthalt gewährt, unabhängig vom jeweiligen Status der Person für die Dauer von drei Jahren Erstattungen geleistet werden. Zur Vermeidung von Doppelerstattungen wird daher dieser Personenkreis von der Erstattung nach dem Landesaufnahmegesetz ausgenommen. Ebenso wird auch der Personenkreis der in Abschiebungshaft Untergebrachten bei der Erstattung nach dem Landesaufnahmegesetz ausgenommen, da diese Personen, die ihnen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zustehenden Hilfen direkt durch das Land erhalten. Eine Mehrbelastung der Kommune ist somit in beiden Fällen ausgeschlossen.

Insgesamt ist, basierend auf den derzeitigen Zugangszahlen und den vorgenannten Prognosen des Bundes, davon auszugehen, dass die finanzielle Belastung von Land und Kommunen ­ auch aufgrund der ausnahmslos zugunsten der Kommunen vorgenommenen Glättung des Pauschalbetrags und der Grenzbeträge für eine Erstattung, die zu einer Mehrbelastung des Landes von rund 1 Mio. EUR führt, ­ der derzeitigen Kostenverteilung entspricht. Dementsprechend sieht die Regierungsvorlage des Haushaltsplans für die Haushaltsjahre 2005/2006 eine Weiterschreibung der entsprechenden Titel auf dem Niveau des Jahres 2004 in Höhe von insgesamt 44,4 Mio. EUR für 2005 und 44 Mio. EUR für 2006 vor.

Darüber hinaus wird mit einzelnen Regelungen das Bemühen um Verwaltungsvereinfachung fortgeführt.

So wird künftig ein Wechsel der Zuständigkeit für den Vollzug des Asylbewerberleistungsgesetzes während der Unter bringung in Einrichtungen, in denen Abschiebungshaft nach § 62 AufenthG vollzogen wird, der in der Vergangenheit immer wieder zu Abgrenzungs- und Abrechnungsproblemen führte, vermieden.

Die bestehende Zuständigkeit der Kreisverwaltungen sowie der Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte für die Feststellung der Vertriebenen-, Flüchtlings- oder Spätaussiedlereigenschaft nach den §§ 15 und 100 BVFG wird auf die Fälle reduziert, in denen die Zuständigkeit nicht auf das Bundesverwaltungsamt übergegangen ist. Hochgerechnet auf Basis der Zugänge des Jahres 2004 bedeutet dies für die Vertriebenenbehörden den Wegfall von rund 2 500 Bescheinigungsverfahren im Jahr, bei einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von ca. 3,5 Arbeitsstunden pro Fall. Die Zahl der künftignoch zu bearbeitenden Verfahren tendiert dagegen in den einstelligen Bereich.

Gender Mainstreaming:

Die im Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen betreffen in erster Linie Behördenzuständigkeiten sowie eine gerechte Verteilung der Kosten für die Aufnahme und Unterbringung von Migrantinnen und Migranten zwischen Land und Kommunen. Da an der pauschalen, lediglich nummerischen Abrechnung von Personenkreisen unterschiedlicher Status keine Änderung erfolgt ist, sind unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer von dem im Entwurf vorliegenden Gesetz nicht zu erwarten.

Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände und des Kommunalen Rates

Im Rahmen ihrer Stellungnahme haben die kommunalen Spitzenverbände festgestellt, dass auch sie die Notwendigkeit sehen, die Regelungen des Landesaufnahmegesetzes an die Neuregelungen des Zuwanderungsgesetzes und dessen untergesetzliches Regelwerk anzupassen. Allerdings wurden Änderungs- und Ergänzungswünsche vorgetragen. Diesen wurde versucht Rechnung zu tragen, soweit die Vorschläge nicht den Regelungsnotwendigkeiten des Gesetzentwurfes widersprachen bzw. den derzeit bestehenden Kompromiss zur gerechten Verteilung der Kosten zwischen Land und Kommunen infrage gestellt hätten.

Von den kommunalen Spitzenverbänden wurde vorgetragen, dass die vorgesehenen Erstattungsregelungen geändert werden müssen; sie forderten

­ den Wegfall der vorgesehenen zweijährigen Begrenzung der Kostenerstattung für abgelehnte Asylbegehrende,

­ den Wegfall der vorgesehenen Begrenzung des Kostenerstattungszeitraums für den Personenkreis nach § 22 AufenthG und

­ eine Verlängerung des Kostenerstattungszeitraums für den Personenkreis nach § 15 a AufenthG.

Während den Forderungen der kommunalen Spitzenverbänden bezüglich der vorgesehenen Begrenzung der Kostenerstattung für abgelehnte Asylbegehrende durch eine Verlängerung des Zeitrahmens von zwei auf drei Jahre Rechnung getragen wurde, muss es bei den Kostenerstattungszeitrahmen für die Personenkreise nach den §§ 15 a und 22 AufenthG verbleiben. Der Personenkreis nach § 15 a AufenthG, der sich aus der Art des Zugangs ­ „unerlaubt eingereist" ­ definiert, muss nach Sinn und Zweck des auf baldige Integration oder zeitnahes Verlassen gerichteten Zuwanderungsgesetzes ohne zeitliche Verzögerungen durch die Ausländerbehörden eine statusrechtliche Zuordnung erfahren. Daher ist eine Befristung der Erstattung auf die Dauer von zwei Jahren sachgerecht.

Weiterhin wurde § 3 des Landesaufnahmegesetzes dahingehend ergänzt, dass nunmehr die Zeit einer Erstattung für unerlaubt Eingereiste auf die anschließende Zeit der Erstattung für abgelehnte Asylbegehrende lediglich angerechnet wird.

Damit ist sichergestellt, dass bei einer nachträglichen Asylantragstellung unerlaubt Eingereister nach Bestandskraft der Entscheidung über die Ablehnung des Asylantrags die der Kommune zur Verfügung stehende Zeit zur Schaffung der Rückkehrvoraussetzungen nicht unangemessen verkürzt ist.

Eine Verlängerung des Erstattungszeitraums für den Personenkreis nach § 22 AufenthG war dagegen nicht möglich, da ansonsten die Systematik des Landesaufnahmegesetzes für Personen, deren Aufenthaltsstatus auf eine Integration gerichtet ist ­ wie vorliegend der Fall ­, verlassen werden müsste.

Darüber hinaus wurde durch die kommunalen Spitzenverbände auf einen angeblich erheblichen Mehraufwand für die verwaltungsmäßige Bewältigung der neuen Aufgaben

­ Aufnahme und Unterbringung der unerlaubt eingereisten Personen,

­ Einbeziehung der nach § 22 AufenthG aufgenommenen Personen und

­ Vollzug des Asylbewerberleistungsgesetzes während der Unterbringung in Einrichtungen (Abschiebungshaft) hingewiesen.