Ist aus Sicht der Landesregierung die Wehrerhöhung rechtmäßig obwohl kein wasserrechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt

Warum ist die Wehrerhöhung am Streichwehr „Ahl"/Lahn immer noch nicht entfernt worden, obwohl nur eine vorläufige Genehmigung aus dem Jahre 1955 erteilt wurde?

2. Ist aus Sicht der Landesregierung die Wehrerhöhung rechtmäßig, obwohl kein wasserrechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt wurde?

3. Was gedenkt die Landesregierung gegen die Wehrerhöhung zu unternehmen?

4. Wird an der Wehranlage für die Zukunft eine Fischwechselanlage oder eine raue Rampe geplant, wenn ja, für welchen Zeitraum und wie hoch belaufen sich die Kosten?

Das Ministerium für Umwelt und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 13. Juni 2005 wie folgt beantwortet:

Zu den Fragen 1 und 2:

Eine vorläufige Genehmigung für die Stauerhöhungen an den Wehren„Ahl" und Nievern ist 1955­ und damit vorIn-Kraft-Treten des Wasserhaushaltsgesetzes ­ nur von derWasser- und Schifffahrtsverwaltung erteilt worden. Da es sich bei dem in den 60er Jahren angebrachten Wehraufsatz um eine wesentliche Umgestaltung eines Gewässers i.S. des §31Abs. 2 WHG und damit um eine Maßnahme des Gewässerausbaus handelte, hätte es zu diesem Zeitpunkt einer wasserrechtlichen Zulassung bedurft.

Mit der Wehrerhöhung sollte der Main-Kraftwerke AG (MKW) die Möglichkeit gegeben werden, innerhalb einer langjährigen Erprobungszeit die Wirkung der Maßnahme zu testen. Die Wehrerhöhung an der Lahnstaustufe „Ahl" sollte die Ausströmverhältnisse zum Einlaufkanal des Kraftwerkes Friedrichssegen und zum Schleusenkanal verbessern, die Stromerzeugung erhöhen sowie eine Verbesserung für die Schifffahrt durch die Vertiefung der Fahrrinne bringen. Die Stauerhöhung wurde über den Erprobungszeitraum hinaus beibehalten.

1989 wies die damalige Bezirksregierung Koblenz die MKW als Eigentümerin des Streichwehrs schriftlich auf die formelle Illegalität der Anlage und auf die Möglichkeit hin, mit einem Genehmigungsantrag eine wasserbehördliche Beseitigungsanordnung zu vermeiden. Das eingeleitete Genehmigungsverfahren kam jedoch nicht zum Abschluss, da die Bezirksregierung damals fast zeitgleich ein umfassendes Konzept zum „Neubau und Umbau von Fischwegen sowie Wiederherstellung und Ausweisung von Fischgebieten für Wanderfischarten in der Lahn einschließlich ihrer Nebengewässer" entwickelte. Dieses Konzept sollte auf Vorschlag des Landes unter Kostenbeteiligung der MKW (mittlerweile SÜWAG AG) und des Bundes umgesetzt werden. Dieser Vorschlag wird von beiden Institutionen seitdem nach wie vor abgelehnt.

Zu den Fragen 3 und 4:

Die Wehrerhöhung hat die schon durch die Streichwehranlage an sich unterbrochene Durchgängigkeit für die Fischfauna und den Makrozoobenthosder Lahn nicht wesentlich verschärft.

Die Landesregierung hält dennoch vor dem Hintergrund der Bewahrung der Funktion der Gewässer als Lebensraum und im Hinblick auf die EU-rechtlichen Vorgaben an ihrer Absicht fest, die Wiederherstellung der ökologischen Gewässerdurchgängigkeit im Zuge eines Gesamtkonzeptes für die Durchgängigkeit des rheinland-pfälzischen Lahnabschnitts unter Einschluss der nachträglichen Genehmigung der Wehrerhöhung zu erreichen.

1993 wurde für die Wiederherstellung der Durchgängigkeit im Auftrag und auf Kosten des Landes eine Vorplanung erstellt. Danach ist als zweckmäßigste Lösung eine Kombination aus Raugerinne-Beckenpass und Umgehungsbach am Kraftwerkskanal sowie Optimierung der vorhandenen Fischtreppe am Schleusenkanal vorgesehen. Die Kosten für diese Maßnahme schätzte das beauftragte Planungsbüro damals auf mindestens 1,5 Mio. DM. Das Streichwehr „Ahl" muss im Zusammenhang mit den übrigen Anlagen an der Lahn gesehen werden. Seit Beginn der 90er Jahre wurden mit der MKW (heute SÜWAG AG), vor allem aber mit dem Bund (Wasser- und Schifffahrtsverwaltung), kontinuierlich Verhandlungen und Briefwechsel zur gemeinsamen Finanzierung der Maßnahmen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Lahn geführt, bisher jedoch ohne Erfolg. Im Zusammenhang mit der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie besteht nunmehr eher eine Chance, zu einer Lösung zu gelangen.

Margit Conrad

Staatsministerin Sammelbegriff für alle am Gewässerboden lebenden wirbellosen Tiere ab 1 mm Länge.