Einbau von radioaktivem Material in eine Baugrube bei der Landessammelstelle Ellweiler (Kreis Birkenfeld)

Aus Beobachtungen von Bürgern geht hervor, dass bei Bauarbeiten auf dem Gelände der Landessammelstelle für radioaktive Abfälle in Ellweiler (Kreis Birkenfeld) möglicherweise radioaktiv belasteter Inhalt aus „alten Containern" zum Auffüllen einer Baugrube verwendet wurde. Nachfolgend seien bei daran beteiligten Mitarbeitern Symptome wie Kopfschmerzen und Nasenbluten aufgetreten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welches Material wurde in welcher Menge seit etwa der 23. Kalenderwoche 2005 aufgrund welcher Genehmigung(en) zum Auffüllen einer Baugrube bei der Landessammelstelle Ellweiler verwendet?

2. Wurde das Material auf Radioaktiviät geprüft?

Wenn ja, durch wen (Strahlenschutzbeauftragter?), zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Ergebnis (radioaktive Stoffe [Isotope], Strahlungsintensität)?

3. Trugen die Mitarbeiter, während sie Container mit möglicherweise radioaktiv belastetem Material entleerten, Dosimeter?

Wenn ja, konnte ein Zusammenhang mit den aufgetretenen Beschwerden und der radioaktiven Belastung festgestellt werden?

Wenn nein, welche sonstigen strahlenmedizinischen Befunde für die betroffenen Mitarbeiter liegen vor?

4. Welche Maßnahmen zum Schutz vor Strahlung der gegenwärtig auf dem Gelände der Landessammelstelle tätigen Mitarbeiter (einschließlich Fremdfirmeneinsatz) wurden angeordnet?

5. Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus den Ereignissen für die Landessammelstelle als Auftraggeber bzw. für beteiligte Fremdfirmen vor allem mit Blick auf den Einbau möglicherweise radioaktiv belasteten Materials in eine Baugrube?

Das Ministerium für Umwelt und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 26. Juli 2005 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

In der ehemaligen Urananlage Ellweiler wurde bis 1989 uranhaltiges Erz nasschemisch aufbereitet und das Uran abgetrennt. Das dabei übrig gebliebene aufgemahlene Erz wurde als Sand aufgehaldet. Haldenmaterial aus den Abraumhalden der ehemaligen Urananlage Ellweiler ist in den sechziger und siebziger Jahren wiederholt im Tiefbau als Verfüllmaterial verwendet worden. Nach den damaligen rechtlichen Bestimmungen ist das im Tiefbau verwendete Haldenmaterial aus dem Atom- und Strahlenschutzrecht entlassen worden und konnte daher als konventioneller Baustoff verwendet werden. Aufgrund dieser damaligen rechtswirksamen Entlassung ist das Material auch nach den heutigen rechtlichen Bestimmungen kein radioaktiver Stoff.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Bernhard Braun (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wie folgt:

Zu Frage 1: Für die derzeit durchgeführten Um- und Erweiterungsbauten an der Landessammelstelle musste im November 2003 ein Altbau abgerissen und das Erdreich ausgekoffert werden. Da vermutet wurde, dass bei der Errichtung des Gebäudes auch freigegebenes Haldenmaterial der ehemaligen Urananlage Ellweiler zur Verfüllung verwendet worden war, wurden diese Arbeiten von Bediensteten vom Strahlenschutzbeauftragten der Landessammelstelle vorsorglich messtechnisch überwacht. Bei den Ausschachtungsarbeiten wurde mit Haldensand vermischtes Erdreich gefunden. Material mit leicht erhöhter Dosisleistung (ca. 30 m³) wurde separiert und in vier Container zwischengelagert. Dieses Material wurde am Vormittag des 17. Juni 2005 wieder in den Bereich der Baugrube eingebaut, aus dem es im November 2003 ausgekoffert worden war. Hierfür war keine Genehmigung erforderlich.

Zu Frage 2: Die Arbeiten wurden ­ wie bereits erwähnt ­ vom Strahlenschutzbeauftragten der Landessammelstelle vorsorglich messtechnisch überwacht. Die höchste gemessene Dosisleistung beim Ausbau des Materials betrug 2 bis 3 µSv/h. Bei der gammaspektrometrischen Untersuchung zweier Proben aus dem Bereich mit der höchsten Dosisleistung wurde aus der Natururankette des Urans 238 das Nuklid Ra 226 und dessen Folgeprodukte sowie Folgeprodukte aus der Natururankette des Urans 235 nachgewiesen. Die Messwerte am eingebauten Material lagen alle unter 0,5 µSv/h. Nach Abschluss der Erdarbeiten bewegten sich alle Messwerte im Bereich von 0,1 bis 0,2 µSv/h, das heißt im Bereich der ortsüblichen natürlich vorhandenen Strahlung. Die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung für eine Einzelperson der Bevölkerung von 1 000 µSv/Jahr wurden bei diesen Arbeiten weit unterschritten.

Zu Frage 3: Wie oben dargelegt, hat der Strahlenschutzbeauftragte der Landessammelstelle das Entleeren der Container und den Einbau des Materials vorsorglich messtechnisch überwacht. Vor dem Hintergrund der gemessenen und tatsächlichen Dosisleistung des Materials, durch die bei den etwa vierstündigen Arbeiten deutlich weniger Dosis appliziert werden konnte als durch die durchschnittliche natürliche Strahlenbelastung bei einem eintägigen Aufenthalt in der Gegend von Birkenfeld, war eine Ausstattung der Arbeiter mit Dosimetern nicht notwendig und ist daher auch nicht erfolgt. Die Mitarbeiter der ausführenden Firma trugen beim Abkippen des Materials keine Dosimeter. Ein Zusammenhang zwischen den bei einzelnen Bauarbeitern aufgetretenen Beschwerden und den Verfüllarbeiten besteht nicht. Nach dem Bericht des staatlichen Gewerbearztes, der acht Beschäftigte der bauausführenden Firmen untersucht hat, von denen einige über Krankheitssymptome berichtet hatten, ergaben sich keine Hinweise auf eine Strahlenerkrankung.

Des Weiteren stellte er fest, dass aus strahlenschutzärztlicher Sicht keine weiteren Maßnahmen erforderlich sind.

Zu Frage 4: Im Hinblick auf die während der Bauarbeiten und nach deren Abschluss gemessenen Dosisleistungswerte waren bei den durchgeführten Erdarbeiten keine Strahlenschutzmaßnahmen für die auf dem Gelände der Landessammelstelle eingesetzten Mitarbeiter erforderlich. Das gilt auch für das Personal der Fremdfirmen.

Zu Frage 5: Da der Einbau des mit Haldensand vermischten Erdreichs gegen keine einschlägigen Vorschriften verstoßen hat, sind keine rechtlichen Konsequenzen zu ziehen.

Der Vollständigkeit halber wird mitgeteilt, dass eine von der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach veranlasste, gemeinsam mit der Landessammelstelle und dem Gewerbeaufsichtsamt Idar-Oberstein vorgenommene Überprüfung am 28. Juni 2005 ergab, dass weder in den Containern noch in dem Bereich, in dem das Material eingebaut wurde, erhöhte Werte festgestellt wurden. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft liegt keine radiologische Gefährdung vor. Die Staatsanwaltschaft wird das Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Stoffen einstellen.