Ressourcen zur Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität in Rheinland-Pfalz

Die größte Abteilung der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern mit Sonderaufgaben ist die Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen, die gebietsmäßig für den gesamten Bezirk des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken, also nicht nur den Landgerichtsbezirk Kaiserslautern, zuständig ist. Pro Jahr werden in dieser Abteilung rund 2 600 Wirtschaftsstrafsachen von elf Staatsanwältinnen und Staatsanwälten und einem Oberamtsanwalt, die noch von zwei Wirtschaftsreferenten und einer Wirtschaftsfachkraft unterstützt werden, bearbeitet.

Die Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Koblenz ist für den gesamten Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz und deshalb zusätzlich auch für die Bearbeitung von Wirtschaftsstrafsachen aus den Landgerichtsbezirken Bad Kreuznach, Mainz und Trier zuständig.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist die Personalausstattung bei der Staatsanwaltschaft in Kaiserslautern und in Koblenz jeweils im Bereich der Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen, bei den zuständigen Kammern der Landgerichte sowie bei den zuständigen Polizeidienststellen?

2. Wie stellt sich das Arbeitspensum bei den Zentralstellen für Wirtschaftsstrafsachen in Kaiserslautern und Koblenz (bezogen auf die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und Wirtschaftsreferenten) und bei den Gerichten (bzgl. der einzelnen Richterinnen und Richter) im Vergleich zu anderen Kriminalitätsbereichen dar?

3. Halten die Staatsanwaltschaften, die Gerichte und das Justizministerium die Verfahrensdauer und die Personalausstattung für angemessen und wie begründen sie ihre Auffassung?

4. Wie viele Staatsanwälte, Wirtschaftsreferenten und Polizeibeamte sind mit den beiden Korruptionsverfahren Hafenbetriebe Ludwigshafen und Militärflughafen Ramstein beschäftigt?

5. Welche absehbaren Auswirkungen auf die Verfahrensdauer und die Art der Erledigung (z. B. Verjährung) anderer Straftaten im Bereich der Wirtschaftskriminalität werden die Ermittlungstätigkeiten in den o. g. Korruptionsverfahren haben?

Das Ministerium der Justiz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 9. August 2005 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: Welche Straftaten als Wirtschaftsstrafsachen einzustufen sind, ist in § 74 c des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) abschließend aufgeführt. So sind beispielsweise Steuerstrafsachen stets „Wirtschaftsstrafsachen" (§ 74 c Absatz 1 Nr. 3 GVG). Straftaten des Betruges, des Computerbetruges, der Untreue, des Wuchers, der Vorteilsgewährung, der Bestechung und des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sind es dann, soweit „zur Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind" (§ 74 c Abs. 1 Nr. 6 GVG).

Dies vorausgeschickt, gilt für den Bereich der Justiz Folgendes:

Bei der Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen der Staatsanwaltschaft Koblenz ­ zuständig für ca. 2,6 Mio. Einwohner ­ sind zwei Oberstaatsanwälte einschließlich des Leiters der Zentralstelle, zehn Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, ein Oberamtsanwalt, zwei Wirtschaftsreferenten und 1,5 Wirtschaftsfachkräfte beschäftigt.

In der Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern ­ zuständig für ca. 1,4 Mio. Einwohner ­ arbeiten zwei Oberstaatsanwälte einschließlich des Leiters der Zentralstelle, neun Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, ein Oberamtsanwalt, zwei Wirtschaftsreferenten und eine Wirtschaftsfachkraft.

Beim Landgericht Koblenz und beim Landgericht Kaiserslautern sind jeweils zwei erstinstanzliche Wirtschaftsstrafkammern eingerichtet. Diese Kammern sind zugleich auch mit allgemeinen Strafsachen befasst. Auf die Wirtschaftsstrafsachen entfallen beim Landgericht Koblenz 5,0 und beim Landgericht Kaiserslautern 5,1 richterliche Arbeitskraftanteile.

Für die personelle Ausstattung der für die Bearbeitung von Wirtschaftsstrafsachen zuständigen Polizeidienststellen gilt Folgendes:

Die Bearbeitung von Wirtschaftsstrafsachen obliegt im Bereich der Polizei beim Landeskriminalamt je nach Ausformung des Sachverhalts dem Dezernat 41 (Wirtschaftskriminalität/Korruption), dem Dezernat 42 (Umweltkriminalität/Umwelttechnik) oder dem Dezernat 55 (Finanzermittlungen) und bei den Polizeipräsidien den Kommissariaten K 14 (Wirtschaftskriminalität).

Sofern Korruptionsdelikte dem Bereich der Wirtschaftsstraftaten zuzuordnen sind, erfolgt die Sachbearbeitung beim Landeskriminalamt im Dezernat 41 (Wirtschaftskriminalität/Korruption) und bei den Polizeipräsidien in den Kommissariaten Wirtschaftskriminalität (K 14).

Diese Dienststellen weisen folgende Besetzung auf:

­ Im Jahre 2004 gingen bei der Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern 5 662 neue Verfahren ein, bei der Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Koblenz waren es 4 701. Eine rein zahlenmäßige Betrachtung ist indessen ­ wie eingangs ausgeführt ­ nur bedingt aussagekräftig, da die Arbeitsbelastung der Dezernentinnen und Dezernenten der Zentralstellen maßgeblich geprägt ist durch zahlenmäßig relativ wenige, allerdings sehr arbeitsintensive Großverfahren. Der Leitende Oberstaatsanwalt in Koblenz hält die Arbeitsbelastung der Zentralstellen insoweit mit der anderer Abteilungen für vergleichbar, der Leitende Oberstaatsanwalt in Kaiserslautern für eher darüber hinausgehend.

­ Vor den erstinstanzlichen Wirtschaftsstrafkammern sind regelmäßig komplexe und umfangreiche Verfahren zu verhandeln, die neben einer aufwändigen Vorbereitung häufig auch mehrere Verhandlungstage zur Durchführung der Hauptverhandlung erfordern. Derartige Umfangsverfahren führen zu deutlichen Belastungsschwankungen. Auf die Dauer entspricht die Belastungssituation bei den Wirtschaftsstrafkammern aber derjenigen bei den für allgemeine Strafsachen zuständigen Kammern.

Nach Einschätzung der gerichtlichen Praxis ist die Personalausstattung angemessen. Im Rahmen der bereits dargestellten Schwankungen sei eine zeitgerechte Bearbeitung der Wirtschaftsstrafsachen möglich.

Diese Einschätzungen teile ich.

Zu Frage 4: Beide Verfahren werden von jeweils einem Dezernenten der Staatsanwaltschaft geleitet, wobei die in beiden Fällen überdurchschnittlich umfangreiche Pressearbeit dem Leitenden Oberstaatsanwalt obliegt.

Neben dem im Rahmen der allgemeinen polizeilichen Aufbauorganisation zur Bekämpfung von Wirtschaftsstraftaten und Korruptionsdelikten eingesetzten Personal (vgl. Antwort zu Frage 1) werden zur Bearbeitung bestimmter Ermittlungsverfahren Ermittlungsgruppen, Arbeitsgruppen bzw. Sonderkommissionen eingerichtet, wobei sich Zahl und Zusammensetzung des Personals am Bedarf des Einzelfalls orientieren.

Für die in Rede stehenden Verfahren gilt insoweit Folgendes:

Im Ermittlungsverfahren „Hafenbetriebe Ludwigshafen" ist eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden, in der gegenwärtig vier Mitarbeiter eingesetzt sind. Weiterhin sind hier zwei Beamte der Steuerfahndung tätig. Bei der Durchführung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen erfolgt darüber hinaus eine der jeweiligen Lage angepasste personelle Verstärkung der Arbeitsgruppe.

Im Ermittlungsverfahren „Militärflughafen Ramstein" sind derzeit drei Polizeibeamte eingesetzt. Sofern die Ermittlungen einen höheren Personalansatz erfordern, ist ebenfalls eine personelle Verstärkung vorgesehen.

Zu Frage 5: Die Zentralstellen für Wirtschaftsstrafsachen bearbeiten eine Reihe von Umfangsverfahren. Dies ist bei der Personalausstattung berücksichtigt. Welche Auswirkungen die beiden in der Kleinen Anfrage angesprochenen Verfahren auf die Gesamtzahl der bei den Zentralstellen für Wirtschaftsstrafsachen bearbeiteten Verfahren haben werden, ist nicht hinreichend sicher abschätzbar. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.