Wohnhaus

Diese Durchschnittswerte gelten überwiegend auch noch heute für die freiwilligen Feuerwehren. Wenn auf der Basis dieser Durchschnittswerte die Einsatzgrundzeit von acht Minuten von den Gemeinden beim Bilden der Ausrückebereiche für die örtlichen Feuerwehreinheiten eingehalten wird, kann damit die Hilfsfrist von 17 Minuten eingehalten und somit auch wirksame Hilfe eingeleitet werden.

Verlängerung der Einsatzgrundzeit?

Was geschähe nun, wenn die Einsatzgrundzeit wesentlich über acht Minuten auf 15 oder 20 Minuten ausgedehnt werden würde und somit die erforderliche Hilfsfrist von 17 Minuten nicht eingehalten werden könnte? In den meisten Fällen wäre keine erfolgreiche Menschenrettung durch die Feuerwehr mehr möglich. In der Regel könnte dann die Feuerwehr lediglich die Leichen der Betroffenen bergen, die bereits vor dem Eintreffen der Einsatzkräfte an einer Kohlenstoffmonoxyd-Vergiftung gestorben sind; die Anzahl der Brandtoten würde sich also deutlich erhöhen. In Großbritannien mit einer hauptberuflichen Feuerwehrorganisation und einer Einsatzgrundzeit auf dem Land von 20 Minuten gibt es beispielsweise in den ländlichen Bereichen viermal so viel Brandtote wie in Deutschland. Ein Schadenfeuer könnte in der Regel nicht mehr vor dem „Feuerübersprung" auf seinen Entstehungsort begrenzt werden. Mit dem Totalverlust einer Wohnung oder gar eines Wohnhauses müsste dann grundsätzlich gerechnet werden. Die mit Pressluftatmern vorgehenden Angriffstrupps der Feuerwehr würden in verstärktem Maß einer Gefährdung durch den „Feuerübersprung" ausgesetzt werden, da sie erst kurz vor diesem kritischen Zeitpunkt des Durchzündens an den Brandherd gelangen würden. Bei einem Vollbrand wäre öfters mit dem Versagen der einzelnen Bauteile und der Gesamtkonstruktion hinsichtlich Feuerwiderstand und Standsicherheit zu rechnen. Dabei würden die Einsatzkräfte gegebenenfalls auch durch Einsturz bedroht werden.

Bei einer willkürlichen Verlängerung der Einsatzgrundzeit würde auch das aus dem abwehrenden und vorbeugenden Brandschutz bestehende Gesamtsystem Brandschutz aus dem Gleichgewicht geraten. Durch die Verlängerung der Einsatzgrundzeit könnte auch die Auflösung örtlicher Feuerwehreinheiten rechtlich eingeleitet werden. Diese Auflösung hätte wiederum eine stärkere Belastung der größeren, so genannten „Stützpunktfeuerwehren" zur Folge, die personell tagsüber auch nicht mehr so stark besetzt sind wie vor dreißig Jahren. Diese stärkere Belastung wiederum würde zu einer Überlastung der dortigen freiwillig-ehrenamtlichen Helfer und letztlich zu deren „Ausbluten" führen, sodass die Einstellung hauptberuflicher Kräfte unvermeidlich wäre. Bereits heute kann es bei ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen, die wegen Einsätzen häufiger die Arbeitsstelle verlassen müssen, teilweise zu Probleme mit ihren Arbeitgebern kommen.

Die durch die Einstellung von hauptamtlichen oder hauptberuflichen Einsatzkräften entstehenden Personalkosten würden die jetzigen Gesamtkosten für den Brandschutz in Rheinland-Pfalz bei weitem übersteigen. Bei einer hauptberuflichen Feuerwehrorganisation wie in Großbritannien ergäbe sich ein Personalbedarf von etwa 4 000 Feuerwehrbeamten und somit Personalkosten in Höhe von rund 200 Mio. Euro. Derzeit können die Personalkosten im Feuerwehrbereich auf ungefähr 35 Mio. Euro geschätzt werden.

Somit würden sich die Personalkosten fast versechsfachen!

Einsatzgrundzeit und Hilfsfrist in andern Ländern

Eine Einsatzgrundzeit analog der rheinland-pfälzischen Definition findet sich nur in Hessen und Thüringen wieder. Nach § 2 des Hessischen Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz ist die Gemeindefeuerwehr so aufzustellen, „dass sie in der Regel zu jeder Zeit und an jedem Ort ihres Zuständigkeitsbereichs innerhalb von zehn Minuten nach der Alarmierung wirksame Hilfe einleiten kann." Die Definition der Einsatzgrundzeit in Thüringen entspricht der Definition in Rheinland-Pfalz, allerdings beträgt das Zeitfenster wie in Hessen zehn Minuten. Diese Verlängerung ist durch die schnellere Alarmierung durch die flächendeckend vorhandenen Integrierten Leitstellen in Hessen und Thüringen begründet.

In anderen Ländern sehen die Brandschutzgesetze oder die dazu erlassenen Verordnungen unterschiedlich definierte Zeitspannen für die Bemessung des Brandschutzes vor. Exemplarisch sei hier die Vollzugsbekanntmachung vom 28. August 1998 zum Bayerischen Feuerwehrgesetz zitiert. Dort heißt es unter Punkt 1.1. Hilfsfrist: „Um ihre Aufgaben im abwehrenden Brandschutz erfüllen zu können, müssen die Gemeinden ihre Feuerwehren so aufstellen und ausrüsten, dass diese möglichst schnell Menschen retten sowie Schadenfeuer begrenzen und wirksam bekämpfen können. Hierfür ist es notwendig, dass grundsätzlich jede an einer Straße gelegene Einsatzstelle von einer gemeindlichen Feuerwehr in höchstens zehn Minuten nach Eingang der Brandmeldung bei der Alarm auslösenden Stelle (Hilfsfrist) erreicht werden kann."

Die Dispositionszeit, also die Zeit, welche in der alarmierenden Stelle zwischen Notrufeingang und Alarmierung der Einsatzkräfte vergeht, wird bei der bayerischen Definition ausdrücklich mit berücksichtigt. Das Ende der Bemessungszeitspanne, die hier als Hilfs frist bezeichnet wird, wird durch das Eintreffen an der Einsatzstelle markiert. Wie bereits ausgeführt wurde, stellt die rheinlandpfälzische FwVO jedoch auf das Einleiten wirksamer Hilfe ab. An diesem Beispiel soll deutlich werden, dass aufgrund unterschiedlicher Definitionen und auch durch verschiedene, teilweise sogar widersprüchliche Begriffsbestimmungen ein Vergleich der Einsatzgrundzeiten bzw. Hilfsfristen zwischen den einzelnen Ländern kaum möglich ist.

Ausblick:

Die Verlängerung der Einsatzgrundzeit auf deutlich mehr als acht Minuten ist aus den dargelegten Gründen fachlich nicht vertretbar. Nach dem abgeschlossenen Aufbau von Integrierten Leitstellen in Rheinland-Pfalz (nicht vor 2012!) kann jedoch davon ausgegangen werden, dass flächendeckend die Feuerwehren innerhalb von ein bis zwei Minuten (bisher maximal vier Minuten) alarmiert werden können. Durch diese Verkürzung der Alarmierungszeit kann sich ­ unter Beibehaltung der Hilfsfrist von 17 Minuten und einer gleich bleibenden Ausrückezeit ­ die Anfahrtszeit dementsprechend theoretisch um zwei bis drei Minuten verlängern. Langfristig könnte dann der Verordnungsgeber die Einsatzgrundzeit auf zehn Minuten erweitern, wie dies in Hessen und Thüringen der Fall ist. Dort existieren aber heute bereits als unabdingbare Voraussetzung hierfür flächendeckende Leitstellennetze.

10. Wie viele Einsätze hatten die rheinland-pfälzischen Feuerwehren in den Jahren seit 2001 zu verzeichnen?

Um die langfristige Entwicklung der Einsatzzahlen besser darzustellen, gibt die nachfolgende Tabelle einen Überblick über die Einsatzentwicklung der Jahre 1999 bis 2004, aufgeschlüsselt nach Brandeinsätzen und Hilfeleistungseinsätzen.

Während sich die Zahl der Hilfeleistungseinsätze auf einem nahezu konstanten Niveau von rund 24 000 Einsätzen pro Jahr bewegt, ist in den letzten beiden Jahren ein Anstieg der Brandeinsätze zu verzeichnen. In den davor liegenden Jahren ereigneten sich durchgehend etwas mehr als 12 000 Brandeinsätze pro Jahr. Inwieweit sich diese Entwicklung fortsetzt, kann erst auf Basis der statistischen Daten der Folgejahre überprüft werden.

11. Welche Qualitätsstandards gibt es bei der Ausbildung von freiwilligen Feuerwehrangehörigen, und wie werden diese in Rheinland Pfalz sichergestellt?

Grundsätzliche Aussagen zu Standards im Feuerwehrwesen erfolgen in der Antwort zu Frage II. 7, die bezüglich der Ausbildungsstandards wie folgt ergänzt werden:

Die Aus- und Fortbildung im Brand- und Katastrophenschutz wird als dreistufiges Verbundsystem zwischen den einzelnen Aufgabenträgern durchgeführt, beginnend mit der örtlichen Standardausbildung der Gemeinden, der überörtlichen Kreisausbildung bis hin zur zentralen Ausbildung an der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule (LFKS) des Landes. Die Ausbildung der freiwilligen Feuerwehren auf der Gemeinde-, Kreis- und Landesebene wird in den bundeseinheitlichen Feuerwehrdienstvorschriften geregelt.

Hierin werden die Kompetenzen und Lernziele festgelegt, die eine Feuerwehreinsatzkraft für die Wahrnehmung einer bestimmten Funktion benötigt. Hinzu kommen weitere Vorgaben aus rheinland-pfälzischen Regelwerken, wie beispielsweise der Führungsdienstrichtlinie Rheinland-Pfalz oder dem Gefahrstoffkonzept, welche auf die Besonderheiten unseres Landes mit überwiegend ländlichen Strukturen eingehen.

Für die Standort- und Kreisausbildung hat sich seit nahezu 30 Jahren das Aus- und Fortbildungskonzept für so genannte Multiplikatoren bewährt, welches in diesem Jahr fortgeschrieben und den anstehenden Bedürfnissen der Ausbildung angepasst wurde. Dieses Konzept stellt sicher, dass die überwiegend ehrenamtlichen Ausbilder auf kommunaler Ebene nicht nur fachlich, sondern auch methodisch didaktisch vorbereitet und fortgebildet werden. Da die Standort- und Kreisausbildung der Grundstock der Feuerwehrausbildung ist, auf den die späteren Lehrgänge der LFKS aufbauen, werden hier nicht nur die Mindestanforderungen der Feuerwehrdienstvorschrift erfüllt, sondern die Ausbilder auch in Fragen der Menschenführung und Rhetorik speziell geschult. Die jeweiligen Leiter der Kreisausbildung werden jährlich in einem Seminar mit den aktuellen Änderungen vertraut gemacht und fortgebildet.

Die LFKS stellt für die Standort- und Kreisausbildung lehrgangsbezogene Ausbilderhefte zur Verfügung, die es dem ehrenamtlichen Ausbilder erlauben, die Feinlernziele umzusetzen. Für den Unterricht bietet die LFKS aktuelle Foliensätze und für die Teilnehmer entsprechende Lernunterlagen. Durch diese Maßnahmen wird sichergestellt, dass in allen Landkreisen ein einheitlicher Ausbildungsstandard erreicht wird. Zur Qualitätssicherung erfolgt auch ein ständiger Austausch zwischen den Leitern der Kreisausbildung und der LFKS sowie zwischen den 19 Feuerwehrschulen der Länder, sodass ein weitestgehend gleiches Ausbildungsniveau erreicht werden kann.

Die Umsetzung der Lernzielvorgaben der Feuerwehrdienstvorschriften erfolgt an der LFKS durch 24 Lehrkräfte, die dem gehobenen oder höheren feuerwehrtechnischen Dienst angehören oder, aufgrund der Aufgabenwahrnehmung als Katastrophenschutzschule, als Angestellte eine vergleichbar hohe Qualifizierung erfahren haben. Neben dieser grundlegenden Qualifizierung der Lehrkräfte wird besonderer Wert auf ehrenamtliche Tätigkeit der Lehrenden in freiwilligen Feuerwehren oder anderen Hilfsorganisationen gelegt, um sicherzustellen, dass sich die Ausbildung stets an der Realität orientiert. Nicht zuletzt wird bei der Wahrnehmung ehrenamtlicher Funktionen unmittelbar an der Basis stichprobenartig festgestellt, ob Einsatzkräfte nach Besuch eines Lehrganges auch tatsächlich mit neuen Aufgaben betraut werden können. Ergänzt werden diese Feststellungen durch viele Kontakte bei Vorträgen und anderen Gelegenheiten bei den örtlichen Feuerwehreinheiten. Die fachliche Fortbildung erfolgt im Rahmen von Fachtagungen und Lehrgangsbesuchen. Nach der intensiven Einbindung der LFKS in die Vorbereitung und Durchführung der Gefahrenabwehrmaßnahmen zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006, was auch als praxisnahe Fortbildung der Lehrkräfte zu werten ist, soll der vorhandene Kontakt zu speziell für Feuerwehren bestehenden Prüfungsinstituten innerhalb der Europäischen Union intensiviert werden, um das dortige Wissen zu nutzen und die Lernerfolgskontrollen noch wirkungsvoller zu gestalten.

Die Einführung von „e-learning" in Form des „blended-learning" in der Aus- und Fortbildung der Feuerwehren durch die LFKS eröffnet neue wirkungsvolle Möglichkeiten zu einer lernzeit- und lernniveauoptimierten Ausbildung der Einsatzkräfte. Ab dem nächsten Jahr kann der interessierte Teilnehmende eines „blended-learning"-Lehrganges die Lernzeit und die Stoffmenge bekommen, die notwendig ist, um das angestrebte Lernziel zu erreichen. Diese Entwicklung ist um so notwendiger, da ein definiertes Bildungsniveau in den Lehrgängen der LFKS aufgrund der Ehrenamtlichkeit nicht zu realisieren ist. Um diesem Projekt von Anfang an das entsprechend notwendige Qualitätsniveau zu geben, erfolgt die Umsetzung in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Wissensmedien der Universität Koblenz-Landau, welches auch „e-learning"-Projekte für die Ganztagsschulen durchgeführt hat.

So erfolgt eine wissenschaftliche Begleitung in pädagogischer und informationstechnischer Hinsicht. Im Rahmen einer Evaluation werden Benchmarks entwickelt werden, um computerunterstütztes Lernen mit den derzeitigen Präsenzunterrichten qualitativ vergleichen zu können.

12. Wie viele Feuerwehrangehörige werden jährlich an der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule Rheinland-Pfalz (LFKS) ausgebildet?

LFKS-Jahresübersicht 1995 bis 2004

Der Rückgang der angebotenen Lehrgänge und der Teilnehmerzahlen in den Jahren 1998 und 1999 ist auf die schrittweise Schließung der Außenstellen der LFKS und den Neubau und Umzug der LFKS nach Koblenz-Asterstein zurückzuführen.

In den letzten beiden Jahren wurden im Durchschnitt 260 Lehrgänge von der LFKS angeboten, die durchschnittlich von über 4 500 Teilnehmern besucht wurden.

13. Ist die LFKS ausgelastet, gibt es Leerläufe oder einen Ausbildungsstau?

Das Lehrgangsprogramm umfasst rund 70 verschiedene Lehrgänge und Seminare, die mit bedarfsbezogener Häufigkeit angeboten werden. Dabei liegt die Bedarfsabdeckung in den vergangenen Jahren zwischen 43 % und 47 %, das heißt knapp 50 % der Anmeldungen können berücksichtigt werden. Nachdem mit Inbetriebnahme der neuen LFKS im Jahr 1999 auch mit der Fortbildung von Führungskräften begonnen wurde, ist zu beobachten, dass der Bedarf von hauptsächlich eintägigen Seminaren mit 25 % abgedeckt werden kann.

Schwere Unfälle von Feuerwehrleuten in anderen Bundesländern haben dazu geführt, dass eine intensivere Fortbildung von Einsatzkräften bei der Brandbekämpfung im Innenangriff notwendig ist. Dies erfolgt in der im Jahr 2000 von der Landesregierung geschaffenen Feuerlöschübungsanlage an der LFKS. Dort wird derzeit nur eine Bedarfsdeckung von rund 50 % erreicht.

Insgesamt ist an der LFKS über die nächsten Jahre kein Leerlauf erkennbar. Die Bedarfsabdeckung von 50 % ist mit der anderer Feuerwehrschulen vergleichbar. Im Rahmen der Schwerpunktausbildung von Führungskräften im Jahr 2003 konnte im Übrigen festgestellt werden, dass eine Reihe von kommunalen Aufgabenträgern mehr Feuerwehrangehörige zu Lehrgängen angemeldet hatten, als sie dann tatsächlich entsenden konnten.

14. Welche weiteren Möglichkeiten zur Aus- und Fortbildung von Feuerwehrangehörigen bestehen in Rheinland-Pfalz?

Die LFKS in ihrer Funktion als Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule sowie die Standort- und Kreisausbildung bieten aus Sicht der Landesregierung die notwendige Aus- und Fortbildung für die Feuerwehren zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages. Ergänzt wird dies durch spezielle Seminare der Kommunalakademie Rheinland-Pfalz für Wehrleiterinnen und -leiter sowie spezieller Angebote des Landesfeuerwehrverbandes Rheinland-Pfalz e. V. (LFV), wie z. B. das Fahrsicherheitstraining.