Versicherung

Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung entstand zum 1. Januar 1996. Grundlage war das Landesgesetz zur Neuordnung des öffentlichen Gesundheitsdienstes und zur Errichtung des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung und des Landeskrankenhauses ­ Anstalt des öffentlichen Rechts ­ vom 17. November 1995 (Artikel 3). Mit ihm wurden das zuvor selbständige Landesamt für Jugend und Soziales und das Landesversorgungsamt zu einer oberen Landesbehörde verschmolzen. Daneben wurden die zuvor als untere Landesbehörden organisierten staatlichen Gesundheitsämter den Landkreisen übertragen und die bislang vom früheren Landesamt für Jugend und Soziales beaufsichtigten zwei Landesnervenkliniken in Andernach und Alzey und das frühere Neurologische Landeskrankenhaus in Meisenheim in die Trägerschaft einer selbständigen Landesanstalt des öffentlichen Rechts überführt.

Dem Gesetzentwurf (Landtagsdrucksache 12/6841) zufolge ermöglicht diese Maßnahme, Aufgabenfelder, die sich bisher teilweise überschnitten, künftig einheitlich und ohne Reibungsverluste wahrzunehmen. Darüber hinaus werde ein zielgerichteter und flexibler Personaleinsatz realisierbar, durch den auch Personaleinsparungen erreicht werden könnten.

Dieses Gesetz vollzog im sozialpolitischen und gesundheitspolitischen Verantwortungsbereich der Landesregierung von Rheinland Pfalz einen bedeutsamen Teilschritt zu einer Reform der Landesverwaltung, die die rheinland-pfälzische Landesregierung seit 1991 eingeleitet hatte. Es wurde ein Reorganisations- und Straffungsprozess in der Sozialverwaltung des Landes zu einem ersten Abschluss gebracht, der bereits in der Regierungserklärung vom 5. Juni 1991 angekündigt und ab 1994 unter Beteiligung aller nachgeordneten Ämter und Einrichtungen vorbereitet wurde. Der Leitgedanke des Auftrages zur Reorganisation war, dem Aufgaben- und Strukturwandel in den für die soziale Sicherung zuständigen Landesverwaltungen durch eine umfassende Neustrukturierung Rechnung zu tragen. Die Leistungsfähigkeit dieser Verwaltungen musste durch Kompetenzstraffung und Prozessoptimierung erhöht werden.

Bedeutung der Reform für die Standorte Mainz und Koblenz

Zu den Behördenstandorten Mainz und Koblenz erklärte die Landesregierung: Absatz 1 enthält die erforderlichen Regelungen zur Errichtung des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung; es wird aus den beiden bisherigen oberen Landesbehörden „Landesamt für Jugend und Soziales Rheinland-Pfalz" und „Landesversorgungsamt Rheinland-Pfalz" gebildet. Aufgrund der Verschmelzung der beiden Behörden gehen auch die dort beschäftigten Personen auf das neue Landesamt über. Die Verschmelzung bedeutet nicht, dass beide Landesämter auch örtlich zusammengelegt werden; die Aufgaben des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung sollen sowohl am Standort des bisherigen Landesversorgungsamtes Rheinland-Pfalz in Koblenz als auch am Standort des derzeitigen Landesamtes für Jugend und Soziales Rheinland-Pfalz in Mainz wahrgenommen werden, je nachdem, an welchem Standort jeweils die besseren Voraussetzungen für die Bewältigung der Aufgabeninhalte gegeben sind. Unabhängig hiervon ist es jedoch angezeigt, den Sitz des neuen Landesamtes ausdrücklich festzulegen.

Dem neu geschaffenen Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung wurde demnach der Auftrag erteilt, sowohl die Zweck-Mittel-Relation (Effizienz) des Verwaltungshandelns zu erhöhen als auch seine Wirtschaftlichkeit (Effektivität) zu verbessern. Dabei wurde dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung die Auflage erteilt, seinen Personalstand innerhalb von zehn Jahren seit seiner Errichtung um 30 Prozent zu verringern. Dies sei möglich, weil im neuen Landesamt, anders als in den beiden früheren Landesämtern, nun „Aufgabenfelder, bei denen sich bisher teilweise Überschneidungen in der Wahrnehmung ergaben, ... einheitlich und ohne Reibungsverluste wahrgenommen werden" könnten und so ein zielgerichteter und flexibler Personaleinsatz möglich werde.

In vergleichender Betrachtung zu den übrigen rheinland-pfälzischen Landesbehörden war diese personelle Einsparauflage die größte, die in den letzten zehn Jahren im Zusammenhang mit der Neuorganisation der Landesverwaltung in Rheinland-Pfalz auferlegt wurde. Allerdings war in dieser Behördenorganisation der Auftragsrückgang infolge der demographischen Entwicklung in der Kriegsopferversorgung zu berücksichtigen. Dieses personelle Einsparziel konnte das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung bereits im Jahr 2003 erfüllen. Die Effizienz der Aufgabenerfüllung sollte durch Aufgabenbündelung und -verlagerung erhöht werden.

Erprobungsphase und Dokumentation des Modernisierungsprozesses

Der Gesetzgeber sah in Artikel 3 § 1 Absatz 4 eine Überprüfung seiner Entscheidung innerhalb von sechs Jahren nach Errichtung des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung vor, die die weiteren Optionen einer Überführung der Aufgaben der Landessozialverwaltung in die staatliche innere Verwaltung oder deren Kommunalisierung offen hielt. Mit dem Bericht der Landesregierung zum Stand der Neuorganisation der Landessozialverwaltung im Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit vom 28. November 2001 (Landtagsdrucksache 14/487) konnte eine erste positive Bewertung im Sinne einer landesweiten sozialen Fachverwaltung abgegeben werden.

Der von der Landesregierung vorgegebene Modernisierungszeitraum für den Geschäftsbereich des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung endet am 31. Dezember 2005. Neben dem obigen Bericht wurde darüber hinaus im Zusammenhang mit der Personaleinsparauflage gefordert, zehn Jahre nach Errichtung des Landesamtes dem rheinland-pfälzischen Landtag einen Abschlussbericht vorzulegen. Diese Verpflichtung wurde im Zwischenbericht vom 28. November 2001 bestätigt.

Entsprechend dieser Verpflichtung ist nach Ablauf des Zehnjahreszeitraumes 1996 bis 2005 eine Schlussbilanz zu ziehen, der mit diesem Abschlussbericht nachgekommen wird. Auf die Darstellungen im Zwischenbericht vom 28. November 2001 und dem daran anschließenden ausführlichen Sachstandsbericht in Heft 13 der Schriftenreihe VORAN wird Bezug genommen.

2. Historische Hintergründe

Grundzüge der Landessozialverwaltungen

Die Vielfalt der Organisationsstrukturen der Sozialbehörden in der Länderträgerschaft oder der von den Ländern beauftragten Körperschaften weist heute kaum noch vergleichbare Grundstrukturen auf. Die nach den Grundsätzen des News-Public-Management ausgerichtete Verwaltungsmodernisierung erfasste seit den 1990er Jahren auch die Landesverwaltungen, die gemäß Artikel 84 Absatz 1 Grundgesetz (GG) die Sozialgesetze des Bundes durchzuführen haben. Die Sozialverwaltungen der Länder, zu denen neben den Behörden der Sozialhilfe auch die Behörden der Kriegsopferversorgung und -fürsorge, der Teilhabesicherung für schwerbehinderte Menschen und des öffentlichen Gesundheitswesens zählen, weisen sowohl hinsichtlich ihrer organisatorischen Gestaltung als auch in ihren Trägerschaften deutliche Unterschiede auf. Sie werden sowohl durch das föderale System der Bundesrepublik Deutschland als auch durch Aufgabenzuordnungen des Bundes und der Länder geprägt.

Heute werden Versorgungsverwaltungen in einigen Ländern als Sonderverwaltungen geführt, in anderen sind sie in die allgemeine Landesverwaltung integriert. Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen sowie Behörden der Sozial-, Kinder- und Jugendhilfe sind Teile von Landesverwaltungen oder höheren Kommunalverbänden. Behörden der Heimaufsicht sind entweder in Landesträgerschaft oder als kommunale Aufgabenbereiche organisiert. Fürsorgestellen, Gesundheits-, Integrations-, Jugend-, Sozial- oder Versicherungsämter gehören schließlich zum Aufgabenspektrum staatlicher Sonderverwaltungen oder sind in die kommunale Verwaltung eingegliedert.

Alle diese Behörden oder ihre Bereiche bilden die soziale Leistungsverwaltung in staatlicher Verantwortung ab. Sie haben die Vorsorge- oder Fürsorgeleistungen für diejenigen sicherzustellen, die aufgrund persönlicher Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen oder sozialen Entfaltung behindert sind. Die Landessozialverwaltungen kommen der staatlichen Verpflichtung für das Soziale aber auch durch Überwachungsaufgaben nach, die durch das Gesundheitsrecht über die Heilberufe und den Arzneimittelverkehr, das Betreuungsrecht, das Heimrecht und das Kinder- und Jugendhilferecht vorgegeben sind.

Dies geschieht schließlich durch Maßnahmen der Hilfe für behinderte Menschen, die bei der Feststellung einer Behinderung nach § 69 SGB IX beginnen und sich als Beteiligungs- und Aufsichtsaufgaben bei der Teilhabesicherung für diesen Personenkreis fortsetzen.

Vorgängerbehörden des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung

Das seit 1996 in dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung aufgegangene Landesamt für Jugend und Soziales bestand seit 1973 aus einem Zusammenschluss des Landessozialamts, der Hauptfürsorgestelle beim Landessozialamt, des Landesjugendamtes und des Oberversicherungsamtes. Die regionale Präsenz im Bereich der Schwerbehindertenhilfe wurde durch Außenstellen der Hauptfürsorgestelle in Koblenz und Neustadt/Weinstraße sichergestellt.

Das Landesamt für Jugend und Soziales erfuhr später weitere Aufgabenanreicherungen. Dies waren die Aufsicht über Heime für behinderte Menschen, die Wahrnehmung der Vergütungsangelegenheiten (Pflegesatzangelegenheiten) und die Geschäftsstelle der Vergütungskommission, die Bearbeitung von Approbationen und Berufserlaubnissen für Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker, Trägeraufgaben für die Landesschulen für Sinnesbehinderte, das Sozialpädagogische Fortbildungszentrum, die Bundesstiftung „Mutter und Kind ­ Schutz des ungeborenen Lebens", die Landesstiftung „Familie in Not ­ Rheinland-Pfalz" sowie die Fachaufsicht und Widerspruchsbearbeitung nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz. Der Prüfdienst der gesetzlichen Krankenversicherung und der ständige Vertreter der obersten Landesjugendbehörden bei der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft waren dem Landesamt für Jugend und Soziales organisatorisch angegliedert.

Die Vorgängerbehörden des Landesamtes für Jugend und Soziales hatten ihrerseits unterschiedliche historische Bezüge. Das Landessozialamt entstand nach In-Kraft-Treten des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) im Jahr 1964 aufgrund der Entscheidung des rheinland-pfälzischen Landesgesetzgebers, die Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe gemäß § 96 Absatz 2 Satz 1 und 2 des früheren BSHG durch eine Landesbehörde wahrnehmen zu lassen. Die ihm angegliederte Hauptfürsorgestelle, die heute teilweise durch das Integrationsamt ersetzt ist, geht auf eine gesetzliche Vorgabe der 1920er Jahre zurück. Diese staatliche Aufgabe in Länderträgerschaft entwickelte sich nach dem Ersten Weltkrieg aus der Fürsorgeverpflichtung für die Kriegsopfer und ihre Hinterbliebenen und sollte ihnen Schutz im Arbeitsleben gewährleisten. In dieser Zuordnung löste das Landessozialamt das seit 1950 bestehende Landeswohlfahrts- und -jugendamt ab, das in Rheinland-Pfalz die obere Fürsorge- und Jugendbehörde darstellte und seinen gesetzlichen Auftrag aus den Fürsorgevorschriften der 1920er Jahre herleitete.

Bundesrechtliche Vorgaben führten 1956 zur Verselbständigung des Landesjugendamtes als obere Landesbehörde. Eine Novellierung des aus dem Jahre 1922 stammenden Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes (RJWG) wies 1953 den Ländern die Bestimmung der öffentlichen Jugendhilfeträgerschaft zu, die in Rheinland-Pfalz als Landeszuständigkeit beim Landesjugendamt bestimmt wurde. Damit wurden Jugendpflege und Jugendfürsorge zusammengefasst und die Zweigliedrigkeit des Landesjugendamtes mit Landesjugendwohlfahrtsausschuss (heute Landesjugendhilfeausschuss) und Verwaltung fortgeschrieben. Diese besondere Behördenkonzeption und die Aufgabenzuweisung bestehen heute auf der Grundlage des Sozialgesetzbuches ­ Achtes Buch ­ (SGB VIII) fort.