Fluglärmbelastung in der Ortsgemeinde Hütschenhausen

Am 1. September 2005 ist die neue Start- und Landebahn auf dem Militärflughafen Ramstein in Betrieb genommen worden, wodurch auch eine Veränderung der Flugroute eingetreten ist. Bei der bisherigen Flugroute wurde insbesondere der Ortsteil Katzenbach überflogen, nunmehr überfliegen die aus Richtung Westen landenden Flugzeuge die Ortsteile Hütschenhausen und Spesbach in niedriger Höhe und verursachen dadurch eine erhebliche Lärmbelästigung und Beeinträchtigung der Bewohner. Durch die Verlagerung der Rhein-Main-Airbase nach Ramstein wird auch die Zahl der Flugzeugbewegungen erheblich zunehmen.

Der Gemeinderat Hütschenhausen hat in einer Resolution vom Betreiber des Flugplatzes Ramstein die schon während der Planung des Flugshafenausbaus in Aussicht gestellten entlastenden Maßnahmen eingefordert.

Ich frage die Landesregierung:

1. Sind der Landesregierung die veränderten Fluglärmbelastungen in den Ortsteilen Hütschenhausen und Spesbach in ihrem vollen Ausmaße bekannt?

2. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die oben angeführten Fluglärmbelastungen zu verringern?

3. Welche Maßnahmen erachtet die Landesregierung für notwendig und möglich, um die Beeinträchtigungen der Bürgerinnen und Bürger der o. a. Ortsteile zu vermindern respektive erträglich zu gestalten?

4. Was hat die Landesregierung bislang getan, um die Fluglärmbelastung in Hütschenhausen und Spesbach so gering wie möglich zu halten?

5. Ist die Landesregierung bereit, sich für eine adäquate finanzielle Entschädigung der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner einzusetzten, damit zumindest der Wertverlust der Grundstücke und Anwesen kompensiert wird?

Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 24. Oktober 2005 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Ja.

Sämtliche Planunterlagen zum Ausbauvorhaben haben einschließlich der vorgesehenen An- und Abflugbereiche und deren lärmphysikalischen Auswirkungen im Rahmen des Anhörungsverfahrens gem. 10 Abs. 4 Satz 2 LuftVG in 17 Verbandsgemeinde- und zwei Stadtverwaltungen öffentlich ausgelegen. Die von den beteiligten Kommunen, von Verbänden und Bürgern erhobenen Einwendungen wurden u. a. in mehreren öffentlichen Veranstaltungen mündlich erörtert.

Mit der Inbetriebnahme der Start- und Landebahn Süd steht der US-Airbase Ramstein die in der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung vom 11. Juni 2003 vorgesehene neue, um 4° südlich verschwenkte Haupt-Start- und -Landebahn voll zur Verfügung. Die bisherige Start- und Landebahn (Nord) übernimmt nach Abschluss der anstehenden Sanierung die Funktion einer Reserve-Runway.

Die vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in mehreren Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bestätigte Anordnung von Haupt- und Reservebahn bewirkt hinsichtlich der Belastung durch Fluglärm eine deutliche Entlastung des Stadtzentrums Kaiserslautern sowie im Westen der Ortslagen von Ramstein-Miesenbach, Katzenbach und Weilerbach.

Dagegen werden bei der regelmäßig vorherrschenden Windrichtung Westen der nördliche Randbereich der Stadt Kaiserslautern, bei Ostwindlage dagegen die Ortslagen Spesbach und Hütschenhausen bei Landeanflügen stärker als bisher belastet.

Für Hütschenhausen und Spesbach kommt hinzu, dass seit der Inbetriebnahme der Südbahn nach Angaben der US-Luftstreitkräfte mit insgesamt 17 Kalendertagen allein im September 2005 außergewöhnlich häufig sowie länger andauernd Wetterlagen mit Ostwind vorherrschten. Diese bedingten flugtechnisch notwendigerweise jeweils Landeanflüge aus Richtung Westen über diese Ortslagen.

Die neue militärstrategische Funktion der Airbase Ramstein als zentrale Fracht- und Transport-Drehscheibe der US-Luftstreitkräfte in Europa erfordert einen Mischbetrieb sowohl von Sicht-(VFR) als auch von Instrumenten-An- und -Abflügen (IFR).

Für die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Flugrouten und Flugkorridore enthält die luftverkehrsrechtliche Ausbaugenehmigung in Abschnitt A II 1.5 bis 1.10 (S. 7 ff.) detaillierte Auflagen und Anordnungen. Diese beruhen auf den nationalen und internationalen Vorgaben der Verfahrensberechnung.

IFR-An- und Abflugverfahren (z. B. mittels Instrumentenlandesystem ­ ILS ­) müssen danach, um eine sichere Anbindung an das nationale/internationale Flugroutennetz sowie Präzisionsanflüge unter Allwetterbedingungen zu gewährleisten, auf festen, dem nationalen und internationalem Regelwerk entsprechenden Flugrouten erfolgen. Die IFR-Verfahren sind vom Nutzer zu erstellen.

Sie werden vor der Veröffentlichung vom Amt für Flugsicherheit der Bundeswehr (AFSBw) sowie von der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) nach zuvor durchzuführender Flugvermessung genehmigt.

An- und Abflüge nach Sichtflugregeln (VFR) sind elementarer Bestandteil militärischen Fliegens. Die jeweiligen An- und Abflugkorridore folgen ebenfalls dem national und international geltenden Regelwerk. Sie sind vom Nutzer unter Berücksichtigung der örtlichen Infrastruktur und der flugzeugtypischen Erfordernisse zu berechnen und werden ebenfalls von AFSBw und DFS nach erfolgter Flugvermessung unter Priorität der Flugsicherheit genehmigt.

Die Anordnungen der Ausbaugenehmigung für Ramstein beruhen insbesondere hinsichtlich der Lärmschutzmaßnahmen des Weiteren darauf, dass die Nordbahn (bisherige Hauptbahn) künftig lediglich noch 10 % des Flugverkehrs und insoweit nur noch Reservefunktion für die neue Hauptbahn übernehmen soll (B V 1; S. 26).

Gleiches gilt für die Verteilung der Flugbewegungen auf die Startrichtungen in einem Verhältnis von 10 % in Startrichtung Ost und 90 % in Startrichtung West gemäß dem amtlichen Gutachten des Deutschen Wetterdienstes vom Februar 2002 über die klimatologischen Verhältnisse an der US-Airbase Ramstein (C III 5.1; S. 27, 110).

Ferner enthält die Genehmigung spezifische betriebliche Auflagen zur Reduzierung des Bodenlärms, etwa durch zeitliche, örtliche und quantitative Begrenzungen von Triebwerksprobeläufen (A II 2.6; S. 13). Augrund der spezifischen Zuständigkeiten der militärischen und zivilen Fachstellen des Bundes bzw. der US-Luftstreitkräfte sind der Landesregierung daher keine unmittelbaren Möglichkeiten gegeben, auf spezifische Flugverfahren und damit zusammenhängende Fluglärmbelastungen Einfluss zu nehmen.

Dessen ungeachtet befindet sich die Landesregierung u. a. über den für das Verlegungsprojekt beauftragten Landeskoordinator in ständigem Austausch mit den jeweiligen Stellen der US-Luftstreitkräfte und des Bundes. Dabei werden die flugtechnischen, betrieblichen und fliegerischen Vorgaben sowie Möglichkeiten erörtert, um ­ im Rahmen der militärischen Erfordernisse ­ insbesondere bei VFR-An- und -Abflugverfahren direkte Überflüge der Ortslagen im unmittelbaren Umfeld der Airbase nach Möglichkeit zu vermeiden.

Zudem haben die US-Luftstreitkräfte ­ auf freiwilliger Basis ­ mit den Anliegergemeinden bereits seit Jahren eine gemeinsame Lärmschutzkommission eingerichtet. In der Kommission werden ­ so zuletzt am 14. Oktober 2005 ­ aktuelle Probleme sowie Beschwerden aus der Bevölkerung erörtert.

Davon unabhängig unterliegen die von den US-Luftstreitkräften eingesetzten Flugzeuge einem ständigen technischen Erneuerungsprozess. Dies gilt für das bereits in der Phase II laufende Modernisierungsprogramm für Antriebsturbinen beim Typ C 5 („Galaxy") sowie für den vollständigen Ersatz veralteter und lautstarker Maschinen wie z. B. des Typs C 9 („Nightingale") und C 141 („Starlifter"), der in Ramstein am 30. September 2005 endgültig außer Dienst gestellt wurde. Letztere wurden durch den vermehrten Einsatz von Maschinen des hochmodernen und leisen Typs C 17 („Globemaster") ersetzt.

Bereits in der Phase der Antragstellung hat sich die Landesregierung gegenüber den Partnern des Verlegungsprogramms energisch für die Ausweisung eines ausreichenden Lärmschutzprogramms für die Wohngebiete im Umfeld der Airbase eingesetzt. Dementsprechend sieht die Genehmigung neben betrieblichen Vorgaben einen umfangreichen Katalog von Schallschutzauflagen für ausgewiesene Wohnbereiche und besondere sensible Einrichtungen vor (A II 2.1 bis 2.6; S. 10 ff.).

Die Festlegung der Schutzgebietsgrenzen sowie die gewählte Berechnungsmethode hat das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 24. März 2005 unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „eher großzügig" und „um etwa durchschnittlich 3 dB(A) günstiger für das Anliegen der Betroffenen" beurteilt.

Die Schallschutzmaßnahmen umfassen den Einbau von Schallschutzfenstern und -türen, Lüftungsgeräten sowie erforderlichenfalls eine Dachinnendämmung. Gezahlt werden in bestimmten Fällen auch Entschädigungen für die eingeschränkte Nutzbarkeit von Außenbereichen wie Balkone, Terrassen und Hausgärten.

Insgesamt werden die Kosten für Schallschutz auf 33,7 Mio. geschätzt. Diese werden z.T.über die Ergänzungsvereinbarung vom 16. Februar 2005 (Landesgesetz vom 12. Mai 2005 ­ GVBl. S.151) finanziert. Das Schallschutzprogramm wird von den Anwohnern sehr gut in Anspruch genommen. Bisher wurden mehr als 1 900 Anwohner und Eigentümer persönlich im Projektbüro Schallschutz beraten. Insgesamt hat das Projektbüro bisher 1,65 Mio. an Erstattungsgeldern und Entschädigungen bewilligt.

Eine Wertminderungsentschädigung sieht die Genehmigung dagegen nicht vor, weil „diese bereits durch die freiwilligen durchgeführten oder im Verwaltungsvollzug befindlichen Entschädigungsleistungen des Bundes" abgegolten sind. Bei diesen Leistungen wurden in der Umgebung des Flugplatzes Ramstein Grundstückseigentümer entschädigt, deren Grundstücke in einem Bereich lagen, der von einem Dauerschallpegel von mehr als 77 dB(A) und gleichzeitig von 20 Lärmereignissen von 100 dB(A) und mehr pro Tag betroffen waren.

Den geleisteten Entschädigungen lag damit eine erheblich größere Belastung durch Fluglärm zugrunde als sie im Ausbauzustand zu erwarten ist.