Versicherung

Unangefochtener Spitzenreiter ist das Versicherungsgewerbe (59 Prozent). Hier lassen sich viele Aufgaben der Beschäftigten offenbar gut von zu Hause aus verrichten. Gerade für Mitarbeiter, die primär im Außendienst tätig sind, kann es sich darüber hinaus als effizient erweisen, nicht nur in der Unternehmenszentrale, sondern alternativ auch an anderer Stelle ­ beispielsweise zu Hause ­ zu arbeiten. Auch Softwareentwickler können häufig problemlos in den eigenen vier Wänden arbeiten: 39 Prozent der Betriebe aus den Bereichen Datenbankerstellung und Datenbankverarbeitung geben an, Telearbeitsplätze anzubieten.

Bei der SCHOTT AG waren von den 3 200 Mitarbeitern in Mainz im Jahr 2005 117 Telearbeiter (39 weiblich und 78 männlich).

Das Unternehmen hat mit dem Betriebsrat hierfür eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Nach dieser Vereinbarung können grundsätzlich alle unbefristet beschäftigten Mitarbeiter außerhalb der Probezeit Telearbeit beantragen. Telearbeitstauglich sind Aufgaben, die

­ im Wesentlichen im häuslichen Bereich durchzuführen sind,

­ eine ständige Anwesenheit des Mitarbeiters im Betrieb während der individuellen Arbeitszeit nicht erfordern,

­ und deren Arbeitstempo ist nicht durch den Arbeitsprozess bestimmt ist.

Die Mitarbeiter müssen folgende Eignungskriterien erfüllen: Selbstdisziplin, hohe Eigenständigkeit, Planungs- und Organisationstalent, ausgeprägtes Selbstbewusstsein, kommunikative Fähigkeiten, technisches Verständnis im Umgang mit EDV. Daneben ist eine positive Einstellung der Führungskraft und des Mitarbeiters erforderlich. Dazu gehört prinzipiell, dass Telearbeit für beide Seiten freiwillig ist.

Die Motive der Mitarbeiter für Telearbeit hat die SCHOTT AG in folgender Grafik erfasst (in %, Mehrfachnennungen möglich):

Die Verteilung der Arbeitszeit nach der Anzahl der Arbeitstage, in denen pro Woche zu Hause gearbeitet wird, zeigt folgende Übersicht:

Bei der Bewertung ihres Telearbeits-Modells geht die SCHOTT AG davon aus, dass

­ Telearbeit kein geeignetes Mittel ist, um kurzfristig Kosten einzusparen,

­ das eigentliche Potenzial auf Dauer in der besseren Nutzung der Humanressourcen und der Optimierung von Prozessen liegt,

­ Telearbeit ein wichtiger Baustein zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist,

­ nur eine erweiterte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unter Einbeziehung auch nicht monetärer Elemente (Flexibilität, Zeit) umfassend die Auswirkungen von Telearbeit berücksichtigt und dass

­ die bei SCHOTT eingeschätzte Steigerung der Arbeitseffizienz von ca. 15 % nach zwei Jahren die Anfangskosten und die laufenden Kosten kompensiert und ab dem 3. Jahr zu einem zusätzlichen Nutzen führt.

Auch im mittelständischen Software-Unternehmen SHD Holding GmbH, ist ­ wie der Geschäftsführer in der Anhörung darlegte

­ die Arbeitszeit äußerst flexibel. Jahres-Arbeitszeitkonten seien eingeführt, u. a. um Überstunden zu vermeiden. Das Unternehmen habe darauf verzichtet, die Arbeitszeit (39 Stunden pro Woche) per Stempeluhr zu erfassen. Die Entlohnung sei eine stark erfolgsund leistungsabhängige Entlohnung.

Neben der Teilzeit gebe es auch Telearbeitsplätze, das sei in Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) selbstverständlich. Die Produktivität sei oft wesentlich höher als bei der Arbeit im Büro.

Die Telearbeit in der Landesverwaltung wird vom Land aktiv gefördert. Einen entsprechenden Antrag hatte der Landtag bereits 1998 einstimmig verabschiedet.

Mini- und Midijobs

Die so genannten Mini- und Midijobs betreffen sowohl die flexiblen Beschäftigungsverhältnisse als auch den Niedriglohnbereich (dazu näher unten unter 5.4).

Zum 1. April 2003 wurden durch das Zweite Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt die Abgaben für geringfügige Beschäftigung neu geregelt. Die für Arbeitnehmer versicherungsfreien Verdienstmöglichkeiten wurden erweitert. Ein so genannter Minijob ist nach § 8 SGB IV eine geringfügig entlohnte Beschäftigung, bei der das Arbeitsentgelt im Monat 400 EUR nicht übersteigt. Bei Minijobs hat allein der Arbeitgeber folgende Pauschalabgaben vom Arbeitsentgelt zu leisten: 11 % Krankenversicherung (bei Haushaltsjobs 5 %), 12 % Rentenversicherung (bei Haushaltsjobs 5 %), 2 % Steuer (oder Abwicklung über Steuerkarte), also 25 % insgesamt.

Bei Entgelten zwischen 400 und 800 EUR, den so genannten Midijobs (§ 20 SGB IV), zahlen Arbeitnehmer ermäßigte Sozialversicherungsbeiträge. Diese steigen je nach Höhe des Entgelts prozentual bis zum vollen Satz (bei 800 EUR) an (Gleitzone). Arbeitgeber zahlen die üblichen Beitragsanteile.

Nach den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit kamen in Rheinland-Pfalz 2003 auf 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 21 ausschließlich geringfügig und 6,5 im Nebenjob geringfügig Beschäftigte.499) 17 % derer, die einen Nebenverdienst haben, haben zusätzlich einen Teil- oder Vollzeitjob. Minijobs und Midijobs sind ­ vor allem aufgrund der Nachfrage nach Teilzeit ­ eine Domäne der Frauen. Wenn Männer Teilzeit arbeiten, arbeiten sie überwiegend geringfügig (70 %). Das sind in der Regel die unter vierundzwanzigjährigen und die über sechzigjährigen Männer. Insbesondere Schüler und Studenten stellen bundesweit 14 % aller Mini-Jobber, Rentner weitere 13 %.

Im produzierenden Gewerbe gibt es kaum geringfügige Beschäftigung. Schwerpunkte sind das Reinigungsgewerbe und die Gastronomie sowie kleine Betriebe bis fünf Arbeitnehmer: Hier sind 29 % der geringfügig Beschäftigten beschäftigt, aber nur 11,4 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Bundesweit bezog jeder achte ausschließlich geringfügig Entlohnte zusätzlich Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Die Entwicklung der Minijobs ist sehr dynamisch. Gleichzeitig nimmt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ab.

Die Bundesagentur für Arbeit kann noch nicht abschätzen, inwieweit es sich um Verdrängungseffekte handelt. Es gibt offenbar dabei Unterschiede zwischen einzelnen Branchen. 502) Auf jeden Fall findet zwischen geringfügiger Beschäftigung und sozialversiche rungspflichtiger Beschäftigung eine erhebliche Fluktuation in beide Richtungen statt.

Minijobs haben nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit zu einer Verringerung der Schwarzarbeit geführt, vor allem im Bereich der privaten Dienstleistungen, etwa der hauswirtschaftlichen Beschäftigung.

Der DGB ist der Ansicht, dass Minijobs keine Brücken in den ersten Arbeitsmarkt sind. Offenbar wechselten nur 10 % der Minijobber in eine reguläre Beschäftigung. 441 000 Minijobbern, die diesen Sprung schafften, stünden 437 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber, die ­ umgekehrt ­ aus einer regulären Beschäftigung in einen Minijob zurückfallen. Im Übrigen verdrängten Minijobs reguläre Beschäftigung. Auch Professor Mitschke ging davon aus, dass durch Mini- und Midijobs entsprechende sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verloren gingen. Es fände lediglich ein Austausch zwischen erstem, zweitem und drittem Arbeitsmarkt statt, und zwar unter erheblichen Einbußen an Effizienz.

Der DGB bestätigt, dass vorwiegend Frauen in Minijobs tätig sind, vor allem im Einzelhandel. Insbesondere im Lebensmittelfacheinzelhandel sei geringfügige Beschäftigung zur dominanten Beschäftigungsform avanciert.

Praxisbeispiele für lokale Netzwerke und die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen

Lokale Netzwerke

In der Anhörung in der 18. Sitzung am 13. Januar 2005 kamen auch die Möglichkeiten lokaler Netzwerke in der Arbeitsmarktpolitik zur Sprache.

Die Vertreterin von ARBEIT & LEBEN gGmbH nannte als Ziel lokaler Netzwerke, die breit gestreuten Ressourcen zu bündeln, die zum Abbau von Arbeitslosigkeit erforderlich sind. Die Akteure vor Ort müssten in einen aktiven Tauschprozess eintreten, bei dem alle profitierten. Das sei nicht immer leicht, weil diese stets auch legitime eigene Interessen verfolgten, die nicht automatisch mit dem gemeinsamen Ziel des Netzwerks einhergingen.