Jugendamt

Was gehört ins Klassenbuch?

Fragen nach dem zulässigen Inhalt des Klassenbuchs erreichen den LfD sehr häufig, sowohl aus der Lehrerschaft als auch von den Eltern. Die zulässigen Eintragungen in das Klassenbuch sind in den verschiedenen Schulordnungen abschließend geregelt. Als Beispiel sei § 76 Abs. 5 der Schulordnung für die öffentlichen Hauptschulen, Regionalen Schulen, Realschulen, Gymnasien, Integrierte Gesamtschulen und Kollegs (Übergreifende Schulordnung) genannt. Danach dürfen im Klassenbuch stehen:

­ Namen und Geburtsdatum der Schüler,

­ Teilnahme an Schulveranstaltungen,

­ Vermerk über unentschuldigtes und entschuldigtes Fernbleiben und über Beurlaubungen,

­ erzieherische Einwirkungen gem. § 83 Abs. 1,

­ Namen und Anschrift der Eltern,

­ Angaben zur Herstellung des Kontakts in Notfällen.

Eltern beschwerten sich über einen Eintrag ins Klassenbuch, wonach ihr Kind einem anderen ein Mäppchen entwendet und beschädigt haben soll. Es hatte, so war dem Eintrag weiter zu entnehmen, zur Wiedergutmachung einen Kleinstbetrag geleistet. Die Eltern sahen ihr Kind durch den entsprechenden Klassenbucheintrag als Dieb gebrandmarkt, obwohl die Handlung im Gerangel mit mehreren und ohne Absicht erfolgt sei.

Bei dem Eintrag handelte es sich um das Festhalten einer erzieherischen Einwirkung gem. § 83 Abs. 1 Übergreifende Schulordnung.

Danach kommen als erzieherische Einwirkungen insbesondere in Betracht: Gespräch, Tadel, Verpflichtung zur Wiedergutmachung angerichteten Schadens, Nacharbeiten von Versäumtem, Entschuldigung für zugefügtes Unrecht und Überweisung in eine andere Klasse oder in einen anderen Kurs derselben Klassen- oder Jahrgangsstufe der Schule. Der fragliche Eintrag schilderte das Verhalten des Kindes und die damit verbundene erzieherische Einwirkung, nämlich die Wiedergutmachung angerichteten Schadens. Ein solcher Eintrag ist gem. § 76 Abs. 5 Nr. 4 Übergreifende Schulordnung zulässig. Der zugrundeliegende Sachverhalt war unstreitig:

Der Schüler hatte einer Mitschülerin das Mäppchen vom Tisch weggenommen und auf einen anderen Tisch gelegt, von wo Dritte es an sich genommen und beschädigt haben. Es ist auch aus datenschutzrechtlicher Sicht vertretbar, diesen Vorgang so zusammenzufassen, wie es die Klassenlehrerin in ihrem Klassenbucheintrag getan hatte. Das Entfernen eines Gegenstands aus dem Zugriffsbereich des Berechtigten gegen dessen ausdrücklich geäußerten oder auch nur zu vermutenden Willen kann zutreffender- und zulässigerweise mit dem Begriff „entwenden" bezeichnet werden. Das Vorgehen der Schule war daher datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden.

Homepage einer Schule und Datenschutz

Die Frage, ob und welche personenbezogenen Daten auf der Homepage einer Schule veröffentlicht werden dürfen, hat den LfD auch in diesem Berichtszeitraum beschäftigt. Die Rechtslage ist eindeutig (vgl. 18. Tb., Tz. 8.1.4 und 17. Tb., Tz. 8.1.7): Vor der Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet durch eine Schule ist grundsätzlich das Einverständnis der Betroffenen hierzu einzuholen. Das gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Recht ist jedoch dann eingeschränkt, wenn der Betroffene ein Amt ausübt und in dieser Funktion die Schule auch nach außen vertritt. Über die Veröffentlichung von Daten, die ihn in dieser Funktion beschreiben, kann er nicht selbst bestimmen und hat daher in der Regel eine Veröffentlichung von Name, Funktion und Erreichbarkeit hinzunehmen. Dies betrifft z. B. den Schulleiter, den Schülersprecher oder auch den Schulelternsprecher. Ein stellvertretendes Mitglied des Schulelternbeirates ist jedoch nicht als ein solcher Funktionsträger zu bewerten.

Bei einigen Schulen besteht in dieser Hinsicht noch erhebliche Rechtsunsicherheit, wie zahlreiche Anfragen belegen. Daher wird auch in Fortbildungsveranstaltungen versucht, diese Voraussetzungen zu vermitteln.

Elternbriefe als E-Mail

Eine Schule plante, Elternbriefe per E-Mail zu verschicken. Hierbei ist Folgendes zu beachten: Sollen Elternbriefe, die an alle Eltern mit den gleichen allgemeinen Schulinformationen verteilt werden, per E-Mail verschickt werden, bestehen hiergegen grundsätzlich keine datenschutzrechtlichen Bedenken.

Soll dagegen der individuelle Kontakt mit den Eltern auf diesem Weg erfolgen (z. B. die Benachrichtigung über das Verhalten oder über Noten des Kindes), sind Maßnahmen zu treffen, die vor Kenntnisnahme der personenbezogenen Daten durch Dritte schützen (z. B. Verschlüsselung). Auch der Austausch personenbezogener Daten mit anderen Stellen wie z. B. der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion erfolgt über EPOS (Elektronische Post für Schulleitungen), also auf einem geschützten Weg.

In allen Fällen ist es aber erforderlich, dass die Eltern gegenüber der Schule ihre E-Mailadresse angeben. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Angabe freiwillig ist und die Informationen auch auf „herkömmlichem" Weg bezogen werden können. Zudem sollte das Einverständnis für den Versand von individuellen Informationen per E-Mail eingeholt werden, auch um sicherzustellen, dass die Eltern hiervon Kenntnis nehmen werden.

Hochschulen

BAföG-Empfänger im Visier

Das Bundesamt für Finanzen ist gem. § 45 d Abs. 2 EStG berechtigt, den Sozialleistungsträgern, also auch dem Amt für Ausbildungsförderung, Name, Geburtsdatum und Anschrift des Auftraggebers eines Freistellungsauftrages sowie die freigestellte Summe mitzuteilen, soweit dies zur Überprüfung des bei der Sozialleistung zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens erforderlich ist oder der Betroffene zustimmt. § 41 Abs. 4 BAföG ermächtigt die Ämter für Ausbildungsförderung Personen, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, auch regelmäßig im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin zu überprüfen, ob und welche Daten nach § 45 d Abs. 1 EStG dem Bundesamt für Finanzen übermittelt worden sind. § 41 Abs. 4 BAföG ermächtigt die Ämter für Ausbildungsförderung zu diesem Zweck Namen, Geburtsdatum und Anschrift der Leistungsempfänger an das Bundesamt für Finanzen zu übermitteln. Die gesetzlichen Grundlagen beschränken den Datenabgleich auch dann nicht, wenn eine bestimmte Summe im Freistellungsauftrag nicht überschritten wird.

Die Länder haben sich jedoch darauf verständigt, Ermittlungen nur in solchen Fällen aufzunehmen, in denen der Betrag 100,­ übersteigt. In einigen Fällen wurde von dieser Verfahrensweise abgewichen. Dabei handelte es sich, wie sich auf Nachfrage beim MWWFK herausstellte, nicht um willkürlich herausgegriffene Fälle, sondern um einen Irrtum. Dieser beruht darauf, dass in der Abfrageoption lediglich die Zahl „100" ohne Währungsangabe eingegeben wurde, das System aber 100,­ DM statt 100,­ als Auswahlkriterium nutzte. Da die gesetzliche Grundlage nicht auf einen Mindestbetrag abstellt und die Verfahren teilweise schon eingeleitet waren, konnte in diesen Fällen nicht mehr von einer Verfolgung abgesehen werden. Dies war zwar unbefriedigend für die Betroffenen, die sich schlechter gestellt sahen als andere. Datenschutzrechtlich war das Vorgehen jedoch nicht zu beanstanden.

BAföG-Akte beim Justitiar

Ein Studierender hatte beim Amt für Ausbildungsförderung an einer Hochschule einen Antrag auf BAföG-Förderung gestellt, bei dessen Bearbeitung es zu Problemen gekommen war. Die Auszahlung hatte sich dadurch verzögert. Aufgrund der Beschwerde des Betroffenen hatte das Amt für Ausbildungsförderung die Förderungsakte an den Justitiar der Hochschule weitergeleitet. Dieser hatte die Angelegenheit sodann gegenüber dem Studierenden rechtlich beurteilt. Dieser hielt die Übermittlung seiner Förderungsakte für datenschutzrechtlich unzulässig.

Das Amt für Ausbildungsförderung nimmt gem. § 41 Abs. 1 Satz 1 BAföG die zur Durchführung des BAföG erforderlichen Aufgaben wahr. Die dabei verarbeiteten Daten sind Sozialdaten im Sinne von § 67 Abs. 1 SGB X. Eine Übermittlung solcher Sozialdaten ist gem. § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X zulässig, soweit sie für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe der übermittelnden Stelle nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich ist. Aufgabe des Amtes für Ausbildungsförderung ist, wie bereits dargestellt, die Bearbeitung von BAföG-Anträgen. Kommt es in diesem Zusammenhang zu rechtlichen Schwierigkeiten oder auch Beschwerden des Antragstellers, sind diese ebenfalls zu bearbeiten. Verfügt das Amt für Ausbildungsförderung selbst nicht über geeignete Kapazitäten, kann es sich eines dritten Rechtskundigen bedienen. § 41 Abs. 1 Satz 2 BAföG ermöglicht ausdrücklich bei der Bearbeitung der Anträge die Heranziehung von zentralen Verwaltungsstellen. Das Amt für Ausbildungsförderung hatte sich entsprechend verhalten:

Es hat den Justitiar der Hochschule mit der rechtlichen Bearbeitung der Beschwerde betraut. Die Übermittlung der Förderungsakte an diesen war daher gem. § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X zulässig.

Krank zur Prüfung

Mit der Frage der datenschutzrechtlichen Bewertung der Anforderungen an Atteste wegen Prüfungsunfähigkeit hatte sich der LfD aufgrund der Nachfragen von Hochschulen, Studierenden und auch Ärzten in der Vergangenheit immer wieder zu beschäftigen (vgl. 14. Tb., Tz. 8.2.3). Viele Betroffene sehen das Arztgeheimnis verletzt, wenn das Prüfungsamt genauere Angaben zum Krankheitsverlauf fordert und sich nicht lediglich mit der Feststellung des Arztes „prüfungsunfähig" zufrieden gibt. Grundsätzlich ist das hier bekanntgewordene Vorgehen der Hochschulen datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden, da man sich in der Regel an Folgendes hält:

Im Prüfungsverfahren muss auf den Grundsatz der Chancengleichheit besonders geachtet werden. Wer im Verhältnis der Kandidaten untereinander einen rechtlichen Vorteil in dem Sinne für sich in Anspruch nehmen will, dass ein von ihm offiziell angemeldeter Prüfungstermin nicht zählen soll, obwohl er insoweit in einem Prüfungsrechtsverhältnis steht, das ihn zum Antritt zur Prüfung wie alle übrigen Kandidaten verpflichtet, hat die für die Nichtanrechnung des Prüfungstermins tragenden Gründe glaubwürdig und nachvollziehbar offenzulegen.

Im Falle des Rücktritts von der Prüfung oder des Versäumnisses hat der Prüfling hierfür triftige Gründe dem Prüfungsausschuss bzw. dem Prüfungsamt unverzüglich mitzuteilen und glaubhaft zu machen, so wie es die Prüfungsordnungen vorsehen. Dies kann insbesondere durch ein qualifiziertes Attest geschehen.

Prüfungsunfähigkeit liegt nur dann vor, wenn durch eine Beeinträchtigung des gesundheitlichen Wohlbefindens der Aussagewert einer Prüfungsleistung für die wirklichen Fähigkeiten und Kenntnisse des Prüflings erheblich eingeschränkt ist und die Prüfung damit ihren Zweck verliert, Aufschluss über die Befähigung für einen bestimmten Beruf oder für eine bestimmte Ausbildung zu geben.

Diese Voraussetzungen treffen nur auf Krankheitsbilder mit aktueller und zeitweiliger Beeinträchtigung des physischen und/oder psychischen Wohlbefindens zu.

Ob Prüfungsfähigkeit vorliegt, ist zunächst eine medizinische, aber nicht ausschließlich medizinische Frage, die abschließend von der Prüfungsbehörde zu entscheiden ist. Damit die Prüfungsbehörde zu einer solchen Entscheidung überhaupt in der Lage ist, bedarf es aber bestimmter Angaben, die in dem ärztlichen Attest vorzusehen sind:

­ Dauer der Erkrankung,

­ Termine der ärztlichen Behandlung,

­ Art und Umfang der Erkrankung unter Angabe der vom Arzt aufgrund eigener Wahrnehmung getroffenen Tatsachenfeststellungen,

­ Auswirkungen der Erkrankung auf die Prüfung.

Das ärztliche Attest muss darüber hinaus in einer auch für den Laien nachvollziehbaren Sprache verfasst sein.

Nur Vertreter der Prüfungsbehörde und die Prüfer dürfen Einblick in die eingereichten ärztlichen Atteste nehmen. Sie müssen über deren Inhalt Stillschweigen bewahren.

Wissenschaft

Genetische Vaterschaftstests

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hatten sich in ihrer Entschließung vom Herbst 2001 gegen heimliche Vaterschaftstests ausgesprochen. Die Entscheidungen des BGH (Urteile vom 12. Januar 2005 ­ XII ZR 60/03 und XII ZR 227/03), wonach Anfechtungsklagen nicht auf heimliche Vaterschaftstests gestützt werden dürfen, sowie erste Pläne des Gesetzgebers, solche Tests zu verbieten, haben die öffentliche Diskussion wieder angefacht. Das Meinungsbild ist sehr unterschiedlich: Einerseits wird gefordert, das Recht des Vaters auf Wissen um seine biologische Vaterschaft nicht zu beschneiden, andererseits soll der Persönlichkeitsschutz des Kindes nicht unnötig eingeschränkt werden.

Aufgrund der aktuellen Diskussion haben die Datenschutzbeauftragten sich erneut öffentlich geäußert: In einer gemeinsamen Presseerklärung (vgl. Anlage 16) fordern sie, Gentests ohne Wissen der Betroffenen zu untersagen.

Die heimlichen genetischen Vaterschaftstests werfen zahlreiche Fragen auf, zum Beispiel:

­ Ist die Einwilligung der Mutter erforderlich, wenn das 16-jährige Kind wissen will, ob sein Vater auch sein Erzeuger ist?

­ Wer muss einwilligen, wenn die Mutter einen Test fordert, weil sie z. B. glaubt, ihr Kind sei in der Geburtsklinik verwechselt worden?

­ Wie ist die Situation bei Adoptiveltern?

­ Wird die Familie nicht weniger belastet, wenn der Vater bei Zweifeln heimlich einen Test durchführt und das Ergebnis für sich behält?

­ Wie wird sichergestellt, dass die vorliegenden Proben auch tatsächlich von Vater und Kind stammen?

­ Wenn die Einwilligung der Mutter erforderlich ist, kann diese bei Verweigerung z. B. durch das Jugendamt ersetzt werden?

­ Reichen die bisherigen Rechtsmittel der Vaterschaftsklage aus, um die Rechte des vermeintlichen Vaters zu schützen?

­ Ist auch die Mutter Betroffene beim Gentest oder willigt sie nur in gesetzlicher Vertretung für ihr Kind ein?

­ Kann die Mutter überhaupt unbefangen im Interesse ihres Kindes handeln?

­ Wird überhaupt eine Mutter einwilligen, wenn sie durch einen Test Gefahr läuft, einen zahlenden Vater zu verlieren?

Die Beantwortung dieser und weiterer Fragen ist nicht nur Sache des Datenschutzes.

Onkologisches Nachsorgeprogramm Menschen, die an Krebs erkrankt waren, aber inzwischen tumorfrei sind, können an einem Nachsorgeprogramm teilnehmen. In dessen Rahmen können sie sich durch die Kassenärztliche Vereinigung an Untersuchungstermine erinnern lassen und ihre Gesundheitsdaten für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung stellen. Die Dokumentation des Nachsorgeprogramms übernimmt das Tumorzentrum Rheinland-Pfalz. Die Patienten erhalten einen Nachsorgepass, aus dem sich genau ergibt, wer welche Daten im Nachsorgeprogramm erhält und verarbeitet. Die Patienten willigen in die Datenverarbeitungsvorgänge mit ihrer Unterschrift im Nachsorgepass ein, so dass diese auf einer wirksamen Einwilligung der Betroffenen gem. § 5 LDSG beruhen. Änderungen bzw. Ergänzungen der Einwilligungserklärung, die aus Sicht des Tumorzentrums notwendig sind, werden von dort frühzeitig mit dem LfD abgestimmt. So wurde im Berichtszeitraum ein Passus eingefügt, wonach Patientendaten an Kliniken, bei denen der Patient in Behandlung war und von denen er zur Nachsorge angemeldet wurde, übermittelt werden dürfen zu Zwecken der Qualitätssicherung und wissenschaftlichen Auswertung. „Befehl ist Befehl"

Das ISM plante eine Ausstellung über die Polizei in der NS-Zeit. Dabei sollten auch Lebensläufe von Polizeibeamten veröffentlicht werden, die während dieser Zeit in Ausübung ihrer Tätigkeit strafbare Handlungen begangen und dennoch nach 1945 erneut Karriere im Polizeidienst gemacht hatten. Dies betraf den ehemaligen Leiter des Landeskriminalamtes und den ehemaligen Leiter der Kriminalpolizei Ludwigshafen. Die Informationen stammten teilweise aus den Personalakten der Betroffenen.