Auszubildenden

Im Gespräch wurde wieder deutlich, dass die Schule eine extrem wichtige Rolle spielt ­ auch bei der Vorbereitung auf das Berufsleben. Hier gab es von den Jugendlichen viel Kritik: Sie wünschen sich mehr Praktika und eine engere Kooperation von Schule und Betrieb. Da die Berufsbilder oft nicht gut genug vorgestellt würden, ergriffen gerade Hauptschüler oft „einfach so irgendeinen Beruf", in dem sie sich dann nicht wohl fühlten.

Die Jugendlichen wünschen sich grundsätzlich mehr Dialog mit Politikerinnen und Politikern und äußerten den Wunsch, zum Ende der Enquete- Kommission eingeladen zu werden, um über die Ergebnisse informiert zu werden.

i) Ausbildung bei Rasselstein GmbH Rasselstein startet keine Projekte an sich, aber die Firma investiert viel Zeit und Engagement in ihre Auszubildenden. Dies wurde auch in den Gesprächen mit den Auszubildenden deutlich, die nicht den Eindruck machten, als seien sie gestellt oder vorher ausgesucht worden.

Bei dem Gespräch mit den Jugendlichen standen primär die Fragen nach ihrer Ausbildung im Vordergrund. Der Grund könnte darin liegen, dass es für die Jugendlichen vorrangiger und wichtiger ist, sich um ihre Ausbildung und damit um ihre berufliche Zukunft zu sorgen.

Partizipation findet im Rahmen der Ausbildung statt und wird von den Jugendlichen eher indirekt wahrgenommen.

II. Schlussfolgerungen 257)

a) Betrieb/Ausbildung

1. Jugendliche/Auszubildende sind bei ihrem politischen Engagement eher zögerlich, da sie sich primär um ihre berufliche Zukunft sorgen.

2. Demokratische Partizipation von Auszubildenden in außerbetrieblichen Projekten sind die Ausnahme und werden selten von den Betrieben angestoßen. Die Möglichkeiten der betrieblichen Mitbestimmung müssen viel stärker genutzt werden.

3. Vor allem im Rahmen der Ausbildung wird eine mögliche Beteiligung in gesellschaftlichen Projekten verstärkt unter „Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten" gesehen. Dies gilt sowohl für die Arbeitgeber wie auch für die jugendlichen Arbeitnehmer.

4. Junge Menschen, die sich außerhalb ihres Ausbildungsbetriebes engagieren, werden zwar freigestellt, was jedoch nicht ausreichend von den Betrieben unterstützt wird.

5. Partizipation in den Betrieben wird teilweise von der Angst der Auszubildenden um ihren Job behindert.

6. Ein Grund für die zurückhaltende Beteiligung ist, dass Engagement von Seiten der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als „überflüssiger" Kostenfaktor angesehen wird.

7. Zusammenarbeit von Betrieben mit Vereinen, gesellschaftlichen Institutionen und Organisationen in partizipativen Projekten sind äußerst selten.

8. Ein Einblick in mögliche Beteiligungsformen gerade in kleinen Betrieben war aufgrund kaum bekannter Beispiele nicht möglich. Es ist zu vermuten, dass partizipative Projekte in kleinen Betrieben noch weniger stattfinden.

9. Dort, wo Beteiligungsprojekte erfolgreich in den Berufsalltag integriert werden, wird der Nutzen für den Betrieb erkannt.

Wirtschaftliche Bedenken können so oft zerstreut werden.

10. Partizipation von Jugendlichen/Auszubildenden in den besuchten Betrieben ist eher ziel- und ergebnisorientiert und hat keine politische Dimension im Sinne von unseren „Best-Practice-Vorstellungen".

b) Berufsbildende Schule

1. In der berufsbildenden Schule hat sich gezeigt, dass angebotene Beteiligungsprojekte gut angenommen werden und erfolgreich verlaufen. Den Jugendlichen/Auszubildenden wird somit Selbständigkeit und Verantwortungsgefühl vermittelt.

2. Berufsbildende Schulen müssen den jungen Menschen den Nutzen von Beteiligung und den Sinn von Beteiligungsformen näher bringen. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Lehrbetrieben ist notwendig. In der Berufsschule müssen Möglichkeiten von politischem Engagement deutlich und erfahrbar gemacht werden, damit sie auch in allen späteren Lebenslagen in Betracht gezogen werden.

3. Die berufsbildenden Schulen müssen verstärkt die Themen Beteiligung, Mitbestimmung und Demokratie in den Unterricht aufnehmen. Auch muss die Bildung und Arbeit von Schülerinnen- und Schülervertretungen an den berufsbildenden Schulen gefördert werden.

257) Vgl. Vorlage EK 14/3-59.

c) Universität

1. Etablierte Beteiligungsformen in den Hochschulen sind oft einseitig und wirken auf Außenstehende wenig produktiv. Dies wirkt auf viele Studierende wenig motivierend.

2. Hier stellt sich die Frage, ob die an der Universität angebotenen traditionellen Beteiligungsformen noch zeitgemäß sind:

Trotz des großen Engagements einzelner Studierender bleibt die allgemeine Beteiligung der Studierenden ­ beispielsweise bei Wahlen ­ gering. Vielen erscheint die Arbeit des AStA oder StuPA sogar unattraktiv, zu wenig zielorientiert und teilweise kontraproduktiv.

3. Viele Studierende engagieren sich in der Organisation von gemeinsamen Freizeitaktivitäten und Projekten mit starkem Erlebnischarakter. Der Spaß und die Möglichkeit, mit Freunden seine Zeit zu verbringen, stehen hier im Vordergrund.

4. Demgegenüber steht eine erhöhte Zahl von Partizipationsprojekten, die fast immer in einem direkten Zusammenhang mit der fachlichen Qualifikation der Studierenden stehen. Die Beteiligung in solchen Projekten erfolgt meist aus pragmatischen Beweggründen. Gesellschaftlicher Nutzen wird hier zielorientiert mit einem Zuwachs an berufsvorbereitender und fachspezifischer Qualifikation verbunden.

5. Je konkreter Studierende von Aktionen oder Entscheidungen betroffen sind und/oder je praxisorientierter diese sind, desto mehr wird ein Engagement und Interesse erkennbar, Beispiel: „Communicate!", „Eudaimonia" oder die Arbeit der Fachschaften.

6. Das Zeitbudget für Engagement wird durch den Zwang zum Nebenverdienst, an den Hochschulen auch durch „verschulte" Bachelor-Master-Studiengänge und Studiengebühren bzw. -konten immer geringer.

7. Das Studienangebot an den Hochschulen muss derart ausgestaltet sein, dass es einen freien Zeitkorridor gibt, in dem keine Pflichtveranstaltungen stattfinden („studentische Stunde"). Auch Dozentinnen und Dozenten müssen verstärkt dazu angehalten werden, das Engagement von Studierenden zu fördern.

8. Wichtig ist, dass die Dozentinnen und Dozenten/Professorinnen und Professoren das Engagement von Studierenden dadurch fördern, dass sie Partizipation in ihren Veranstaltungen ermöglichen und andere Beteiligungsprojekte positiv herausstellen.

d) Allgemein

1. Der Übergang von der Schule zu Ausbildung und Studium bedeutet oftmals einen Bruch im Engagement. Junge Menschen müssen sich in dieser Phase neu orientieren. Erfolg und Druck im Rahmen der Ausbildung und des Studiums, oftmals auch durch einen Nebenjob, verhindern, dass zusätzlich noch ein politisches Engagement aufgenommen wird.

2. Politikerinnen und Politiker sollten dem geäußerten Wunsch von Auszubildenden und Studierenden nachkommen, indem sie zu allen Beteiligten den direkten Kontakt aufnehmen und pflegen sowie gemeinsam nach Strategien für mehr Partizipation suchen.

3. Politik und politische Arbeit muss vermehrt an den Hochschulen und Betrieben vorgestellt werden. Sachverhalte müssen dabei verständlich erklärt und in den Zusammenhang mit der Betroffenheit der jungen Menschen gebracht werden.

4. Entscheidungsfindungsprozesse müssen einfacher und transparenter, Entscheidungen klarer und die Entscheidungsvermittlung ehrlicher werden.

5. Problemlösungen müssen im Fokus, Ideologien und parteipolitisch motivierter Streit im Hintergrund stehen.

6. Etablierte Politik muss für junge Engagierte Schnittstellen und Interaktionsmöglichkeiten schaffen. Es müssen gemeinsame Strategien entwickelt werden.

7. Die Möglichkeiten der Mitbestimmung in Betrieben und Hochschulen müssen stärker wahrgenommen und gefördert werden.

VII. Zusammenfassung über die Vor-Ort-Besuche zu den Themenschwerpunkten „Demokratische Mitbestimmung/Gremienarbeit", „Jugendbildung/Aktivierung zur Eigeninitiative" und „Jugendtreffs/Freizeitarbeit" am 10. März 2005 und 14. April 2005 258)

I. Zusammenfassung über die Vor-Ort-Besuche zum Themenschwerpunkt „Demokratische Mitbestimmungen/Gremienarbeit"

1. Allgemeiner Teil

a) Projektbeschreibung

aa) Jugendparlament Kaiserslautern

Seit März 1997 gibt es in Kaiserslautern ein Jugendparlament. Das Gremium ist eine unabhängige und überparteiliche kommunale Jugendvertretung. Die Stadt hat ihren jungen Einwohnern im Alter zwischen 13 und 17 Jahren ein Forum geschaffen, über das sie lokalpolitische Themen aufgreifen und beeinflussen können. Wahlberechtigt sind alle Jugendlichen, die in der Stadt Kaiserslautern wohnen, mindestens die siebte Klasse besuchen und das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Maximal 38 stimmberechtigte Mitglieder umfasst das Parlament. Diese sind für zwei Jahre gewählt und haben das Recht, Anfragen und Anträge an den Stadtrat bzw. seine Ausschüsse zu richten. Umgekehrt ist das Jugendparlament aufgerufen, zu Fragen, die ihm Vertreter des Stadtrates antragen, Stellung zu nehmen. Das Jugendparlament Kaiserslautern besteht aus 21 Mitgliedern.

bb) Jugendbeirat der Stadt Neuwied

Der Jugendbeirat der Stadt Neuwied ist eine Jugendvertretung gemäß § 56 b der Gemeindeordnung. Er hat ein Antragsrecht an den Stadtrat, Rederecht im Rat und in den Ausschüssen und eine eigene Satzung. Initiiert wurde er durch einen Antrag auf Einrichtung einer Jugendvertretung im Stadtrat. Nach einer Befragung der Kinder und Jugendlichen in Neuwied bildete sich eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Jugendbeirates und zur Formulierung einer Satzung. Diese Satzung wurde im Stadtrat beschlossen. Wahlen zum Jugendbeirat fanden in den Jahren 2000, 2002 und 2004 statt. Zielgruppe sind Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren. Der Jugendbeirat der Stadt Neuwied besteht aus 23 Mitgliedern.

b) Gespräch mit den Jugendlichen

Die Jugendlichen machen bei dem Jugendparlament bzw. Jugendbeirat mit, weil sie die Interessen der Jugendlichen vertreten wollen und aktiv die Zukunft gestalten wollen, indem sie nicht nur meckern, sondern auch handeln. Sie wollen politische Erfahrungen sammeln, Einblicke in politische Abläufe bekommen und politische Macht sinnvoll für Jugendliche nutzen. Nette Leute zu treffen, die Erweiterung des eigenen Horizonts und Spaß zusammen mit Freunden zu erleben sind weitere Gründe, warum die Jugendlichen bei der Jugendvertretung und dem Jugendbeirat mitmachen.

Den Jugendlichen macht die Beteiligung an der Jugendvertretung bzw. an dem Jugendbeirat Spaß. Die Idee kam von den Jugendlichen und von den Erwachsenen aus der lokalen Politik.

Das Jugendparlament Kaiserslautern versteht sich als Interessenvertretung der Jugendlichen in Kaiserslautern. Es fördert die Interessen der Jugendlichen auf politischer Ebene, führt verschiedene Initiativen und Veranstaltungen durch und soll eine Möglichkeit für die Jugend der Stadt Kaiserslautern sein, sich mit ihrer Stadt zu identifizieren. Das Jugendparlament soll die Möglichkeit bieten, demokratische Beteiligung zu erlernen. Mit der Einrichtung des Jugendparlamentes reagierte die Stadt auf den Wunsch ihrer jungen Bürger. Eine Befragung ergab, dass sich 85 Prozent der jungen Menschen ein solches Forum wünschten. Mit dem Jugendparlament verfolgt die Stadt das Ziel, die politische Willensbildung ihrer jungen Bürger zu stärken und sie für eine aktive gesellschaftliche Mitverantwortung zu gewinnen. Die Jugendlichen haben über das Parlament die Möglichkeit, ihre Interessen gegenüber der Stadt zu artikulieren und durchzusetzen.

Der Jugendbeirat der Stadt Neuwied setzt sich für die Interessen der Jugendlichen ein. Es finden Sitzungen, Arbeitsgruppen und Beratungen mit den Fraktionen statt. Die Mitglieder des Jugendbeirats nehmen an jugendrelevanten Ausschusssitzungen teil, stellen Anträge an den Stadtrat, tauschen sich mit anderen Jugendvertretungen aus und betreiben eine intensive Öffentlichkeitsarbeit.

Auf die Frage „Was klappt gut?" antworteten die Mitglieder des Jugendparlaments in Kaiserslautern, dass sie sich aktiv und gestalterisch in der Stadt betätigen können. Sie erhalten Unterstützung von der Stadtverwaltung und anderen beratenden Mitgliedern. Das Jugendparlament als Institution wurde nicht nur erhalten, sondern sogar etwas ausgebaut. Der Bekanntheitsgrad konnte gesteigert werden. Die Mitglieder des Jugendbeirats der Stadt Neuwied führen bei der Beantwortung der Frage an, dass die Beratung in den Sitzungen und der Kontakt mit den erwachsenen Politikern gut funktioniert. Erfolge sind bei einigen An258) Grundlage ist die Zusammenfassung der Berichtsbogen über die Vor-Ort-Besuche zum Themenschwerpunkt „Demokratische Mitbestimmung/Gremienarbeit" ­ Vorlage EK 14/3-89, die Zusammenfassung der Berichtsbogen über die Vor-Ort-Besuche zum Themenschwerpunkt „Jugendbildung/Aktivierung zur Eigeninitiative" ­ Vorlage EK 14/3-93 und die Zusammenfassung der Berichtsbogen über die Vor-Ort-Besuche zum Themenschwerpunkt „Jugendtreffs/Freizeitarbeit" ­ Vorlage EK 14/3-98.