Integration
Er betreibt demnach auch keine wissenschaftliche Analyse bzw. keine Erforschung von Ursachen und soziologischen Hintergründen des Rechtsextremismus. Des Weiteren ist es speziell im Hinblick auf den Phänomenbereich extremistisch motivierter Gewalt nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, Fall- und Querschnittsanalysen auf der Grundlage der polizeilichen Kriminalstatistik zu erstellen. Die vom Verfassungsschutz gewonnenen Beobachtungsergebnisse können daher stets nur ein Ausschnitt des komplexen gesellschaftlichen Problemfeldes Jugendliche und Rechtsextremismus bzw. rechtsextremistische Gewalt sein.
Thomas Beckmann, Fanprojekt Mainz e. V.
Die Arbeit des Fanprojektes findet auf der Basis des nationalen Konzepts Sport und Sicherheit statt. Kernpunkt des Auftrages für die Fanprojekte ist das Eindämmen von Gewalt aufgrund eines handlungsorientierten Arbeitsansatzes. Das Konzept sieht vor, dass die Fanprojektmitarbeiter an der Lebenswelt der Fußballfans teilnehmen und durch ihre professionelle distanzierte Position sowie ihre soziale und pädagogische Kompetenz Verhaltensalternativen anbieten sollen. Die Fanprojektarbeit soll zur Minderung von Gewalt in jeglicher Form und zum Abbau extremistischer Orientierung beitragen. Sie soll auf die Integration jugendlicher Mainz 05 Anhänger in die Fanszene hinwirken und die Ausgrenzung jugendlicher Fußballfans vermeiden helfen.
Das Ziel ist die Gewaltprävention, das Hinführen zu gewaltfreien Konfliktlösungen mit der Perspektive, längerfristig Selbstregulierungsmechanismen zu etablieren, welche auf Toleranz und Akzeptanz des anderen aufbauen. Die Mitarbeiter des Fanprojekts fungieren als das oft fehlende Bindeglied zwischen Fans einerseits und den jeweils relevanten gesellschaftlichen Institutionen und deren Vertretern andererseits. Sie vermitteln die Position der Fans, indem sie sich für sie einsetzen und versuchen mehr Verständnis und Engagement für diese Art der Jugendkultur zu wecken. Gleichzeitig erarbeiten sie, nicht zuletzt durch ihre kontinuierliche Präsenz, das Vertrauen, das sie benötigen, um deviantes Verhalten im inneren Kreise der Fanszene wirksam thematisieren zu können.
Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche im Alter von 14 bis 27 Jahren.
Grundsätzlich gilt im Zusammenhang von präventiver Arbeit mit Fußballfans, dass nur langfristig angelegte Projekte Erfolgschancen beinhalten. Eine sich demokratisch verstehende Jugendarbeit hat ihre Aktionen dabei an den Partizipationsmöglichkeiten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu orientieren. Auch wenn die Verhinderung bzw. Reduzierung von Gewalttätigkeiten und rassistischer, nationalistischer und rechtsextremistischer Orientierungen eine wichtige Zielsetzung des Fanprojekts ist, orientiert sich die praktische Arbeit an dem „Fanalltag" der Zielgruppe Fußballfans. Durch fußballzentrierte Angebote, vor allem auch für jüngere Fans, sollen positive Aspekte des „Fan-Seins" in den Mittelpunkt gerückt werden. Fußball gemeinsam mit den Gästefans erleben und feiern kann gerade bei jüngeren Fans einen Teil dazu beitragen, dass gewaltbereite Hooligangruppierungen ihren Idolcharakter verlieren. Ein weiterer wichtiger Arbeitsbereich des Fanprojekts ist die Durchführung sportpädagogischer Maßnahmen sowie das Zurverfügungstellen eines eigenen Clubraumes für Fußballfans. Durch die Bereitstellung von sozialen Räumen, durch die Unterstützung in Alltagsnöten und bedrückenden Lebenssituationen sollen die entwickelten Aktivitäten quasi als „Nebenprodukt" auch dazu führen, dass weniger sich selbst und andere gefährdende Gewaltakte vorkommen.
Stefan Glaser, jugendschutz.net 269) jugendschutz.net ist 1997 von den Jugendministern der Bundesländer gegründet worden und ist sofern eine gemeinsame Stelle aller Bundesländer. Sie hat den Auftrag, sich um den Jugendschutz im Internet zu kümmern, die Wahrung des Jugendschutzes dort voranzutreiben, in diesem Medium mehr Kontrolle auszuüben, gleichzeitig aber auch Möglichkeiten zu suchen, Jugendschutzbestimmungen umzusetzen. Hauptbereich der Arbeit ist der Pornografiebereich, weil er das größte Problem im Internet darstellt. Dazu kommt der Bereich der Gewaltdarstellung und der Bereich Rechtsextremismus im Internet.
Das Rechtsextremismusprojekt bei jugendschutz.net erprobte in den vergangenen Jahren verschiedenste Möglichkeiten, dem Rechtsextremismus im Internet wirksam entgegenzutreten. Seit Juni 2001 erreichten die Mitarbeiter die Entfernung von mehr als 500 unzulässigen Web-Angeboten.
Zusätzlich führten sie über 100 medienpädagogische Workshops durch, erstellten Handreichungen für Pädagogen und leisteten so einen Beitrag zur Förderung einer kompetenten Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus im Web. Diese Doppelstrategie von gezielten Gegenmaßnahmen und der Förderung von Medienkompetenz wurde auch im Jahr 2004 fortgesetzt.
Die kontinuierliche Beobachtung der für Jugendliche relevanten rechtsextremen Web-Szene ist Grundlage der Projektarbeit. Sie gewährleistet, dass gegen neue Angebote schnell vorgegangen und auf Änderungen angemessen reagiert werden kann. Im vergangenen Jahr ist es gelungen, das Monitoring weiter zu systematisieren und vertiefte Erkenntnisse über die Struktur des rechtsextremen Angebotsspektrums zu gewinnen. jugendschutz.net verstärkte 2004 seine internationalen Aktivitäten gegen Rassismus im Netz und forcierte die Zusammenarbeit mit ausländischen Meldestellen und transnationalen Organisationen. Das Problem rechtsextremer Propaganda im Internet kann nur grenzüberschreitend gelöst werden. Auf Grundlage von EU-Beschlüssen gegen Rassismus im Internet unternimmt jugendschutz.net dauerhafte Anstrengungen, diese auch praktisch durchzusetzen. Im Jahr 2002 gründete jugendschutz.net das International Network Against Cyber Hate (INACH) als Zusammenschluss aktiver Initiativen gegen Rechtsextremismus im Netz.
268) Vgl. Protokoll der 18. Sitzung der Enquete-Kommission 14/3 „Jugend und Politik" am 22. Juni 2005, Teil II, S. 13 bis 16 und Vorlage EK 14/3-81.
269) Vgl. Protokoll der 18. Sitzung der Enquete-Kommission 14/3 „Jugend und Politik" am 22. Juni 2005, Teil II, S. 17 bis 20 und Vorlage EK 14/3-88.
II. Fragen an die Anzuhörenden
1. a) Wie schätzen Sie die aktuelle Lage der politisch extremen, insbesondere der rechtsextremen, Jugendszene ein und wie veränderte sich die extreme politische Szene seit 1990 in Rheinland-Pfalz?
Ministerialdirigent Reiner Kuhn, Leiter der Abteilung 6 „Verfassungsschutz" des Ministeriums des Innern und für Sport
Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland haben rechtsextremistische Gruppierungen es zwar mit unterschiedlicher Intensität, aber dennoch stetig versucht, Einfluss auf die Zielgruppe Jugend zu nehmen, so um neue Anhänger bzw. Mitstreiter unter jungen Menschen zu gewinnen. Über lange Perioden waren sie relativ erfolglos. Weder gelang beispielsweise den rechtsextremistischen Parteien in größerem Umfang eine Integration von Jugendlichen noch konnte über lange Zeit von der Existenz einer spezifischen Jugendszene innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums gesprochen werden. Schon frühzeitig konnten allerdings in bestimmten rechtsextremistischen Gruppierungen vergleichsweise verstärkt Jugendliche beobachtet werden, so insbesondere in der sich seit den 70er-Jahren entwickelnden Neonaziszene. Charakteristisch für diese Gruppierungen war bereits damals eine stärkere Betonung des Aktionismus im Verhältnis zum theoretisch-ideologischen Diskurs.
Eine Zäsur trat mit Beginn der 90er-Jahre ein. In der rechtsextremistischen Szene hat es nach den Beobachtungen des Verfassungsschutzes seitdem, gemessen an der vorausgegangenen Entwicklung, ausgeprägtere altersspezifische Verschiebungen gegeben. Nach wie vor wird sie zwar insgesamt von Personen dominiert, die das Jugendalter bereits hinter sich gelassen haben.
Teile des rechtsextremistischen Spektrums verzeichnen allerdings seit Anfang der vorausgegangenen Dekade einen verstärkten Zulauf junger Menschen. Weniger spiegelt sich dies im Bereich etablierter Organisationsformen wider. Rechtsextremistische Parteien wie die DVU oder REP scheinen nach wie vor kaum reizvoll für junge Menschen zu sein. Anders sieht es bei der NPD aus. Sie hat es zumindest in den östlichen Bundesländern in den letzten Jahren geschafft, mehr jüngeren Nachwuchs zu rekrutieren. Ein Grund hierfür dürfte der junge Menschen ansprechende vielfältige, öffentlichkeitswirksame Aktionismus sein, den die Partei entfaltet und weniger deren politisch-inhaltliche Arbeit.
Im Gegensatz zu den rechtsextremistischen Parteien gibt es seit einigen Jahren insbesondere in der (rechtsextremistischen) Skinheadszene einen verstärkten Zulauf junger Menschen. Den Schwerpunkt innerhalb der rechtsextremistischen Skinheadszene stellt heute bundesweit die Altersgruppe der 15- bis 20-Jährigen. Dabei handelt es sich weit überwiegend um Männer. Das Einstiegsalter liegt in einzelnen Fällen unter 15 Jahren.
Das Selbstverständnis und Auftreten dieser Bewegung ist vorrangig von Szene-typischem Aktionismus geprägt, während die Ideologie oft nur in vagen Ansätzen oder in Form von provokativen Phrasen zu Tage tritt. Dies mag auch ein Grund sein, warum sich Skinheads in aller Regel nicht in die aus ihrer Sicht überkommenen, einschränkenden Strukturen einer rechtsextremistischen Partei integrieren lassen. Insofern hat sich mit der rechtsextremistischen Skinheadszene in den letzten Jahren eine spezifische, jugendgerechte Form des Rechtsextremismus etabliert. Man kann auch von einer subkulturell geprägten Strömung innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums sprechen.
Die bundesweite rechtsextremistische Skinheadszene ist weitgehend unstrukturiert. In Rheinland-Pfalz sind Teile der rechtsextremistischen Skinheadszene in „Kameradschaften" organisiert.
Rechtsextremistische Skinheads repräsentieren heute den weit überwiegenden Teil des rechtsextremistischen Gewaltpotentials.
Dieses Potential umfasst nicht ausschließlich Gewalttäter, sondern auch Rechtsextremisten, bei denen Anhaltspunkte für Gewaltbereitschaft gegeben sind.
In Zahlen ausgedrückt spiegelt sich Folgendes wider: Das rechtsextremistische Gewaltpotential umfasst im Jahre 1991 bundesweit noch etwa 4 200 Personen; im Jahre 2002 wurde mit ca. 10 700 Personen der vorläufige Höchststand erreicht. Die Steigerung betrug zwischen 1991 und 2002 demnach ca. 155 %. Der geographische Schwerpunkt des rechtsextremistischen Gewaltpotentials liegt in Ostdeutschland. Während dort nur etwa 20 % der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland lebt, hält sich in ostdeutschen Bundesländern ca. 45 % der rechtsextremistischen Gewaltszene auf.
In Rheinland-Pfalz weicht die Landesentwicklung von der bundesweiten in zwei Punkten ab. Zum einen ist das rechtsextremistische Gewaltpotential seit Anfang der 90er-Jahre hier relativ konstant geblieben; es umfasst ca. 100 Personen. Zudem setzt es sich im Gegensatz zum übrigen Bundesgebiet hier hälftig also zu jeweils 50 Personen aus rechtsextremistischen Skinheads sowie aus Neonazis zusammen und nicht überwiegend aus Skinheads, wie auf das gesamte Bundesgebiet bezogen. Die etwa 50 rechtsextremistischen, militanten Skinheads, die wir aktuell in Rheinland-Pfalz zählen, sind neonazistisch ausgerichtet und Teil einer etwa 400 Personen umfassenden Szene, der auch unpolitische Skinheads angehören, sowie solche, bei denen (noch) nicht von rechtsextremistischen Ansätzen oder kohärenten rechtsextremistischen Weltbildern gesprochen werden kann. Dieses diffuse Umfeld ist in den vergangenen Jahren allerdings angewachsen. Im Jahre 1993 waren es noch etwa 250 Personen landesweit.
Dieses Spektrum ist bemerkenswert, weil Teile davon eine latente Neigung zu Gewalt erkennen lassen und zudem die permanente Gefahr des Abgleitens Einzelner in den Rechtsextremismus besteht.
Die rechtsextremistischen Skinheads treten in Rheinland-Pfalz wie in den Vorjahren vor allem in der Vorderpfalz sowie in den Großräumen Koblenz/Westerwald und Zweibrücken/Westpfalz auf. Ein Teil von ihnen ist in so genannten Kameradschaften organisiert.
Es kann nicht übersehen werden, dass rechtsextremistische bzw. entsprechend motivierte Gewalt überwiegend von jungen Menschen ausgeht, wie durch ein vergleichsweise höheres Maß an latenter Gewaltbereitschaft (unter jugendlichen Rechts
extremisten) oder durch entsprechende Taten dokumentiert wird. Einer Statistik des Bundesamtes für Verfassungsschutz (veröffentlicht 1998) kann entnommen werden, dass der Anteil rechtsextremistischer Gewalttäter im Alter von 16 bis 20 Jahren bezogen auf den Zeitraum von 1993 bis 1996 bei durchschnittlich 61 % lag.
In einer Statistik des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen wurden bezogen auf den Zeitraum 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2000 insgesamt 250 rechtsextremistische Straftäter dargestellt, die der Skinheadszene zuzuordnen sind. Unter den 250
Skinheads war die Altersgruppe 14 bis 20 Jahre mit fast 63 % vertreten. Der Anteil von Frauen unter den Tatverdächtigen belief sich auf weniger als 4 %. Kriminaldirektor Herbert Klein, Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz, Abteilung „Politisch motivierte Kriminalität/Terrorismus" 270)
Das Landeskriminalamt (LKA) beschäftigt sich mit dem Thema unter dem Aspekt Strafverfolgung. In Rheinland-Pfalz gab es im Jahr 2000 610 Straftaten. In dem schwer aufklärbaren Bereich wurde eine Aufklärungsquote von deutlich über 40 % erreicht. Der Anteil der Gewaltdelikte liegt bei rund 5 %. Dies sind zumeist Körperverletzungsdelikte. Der Anteil der männlichen Tatverdächtigen liegt in der rechten Szene bei 90 %, in der linken Szene bei 70 %; dort ist der weibliche Anteil signifikant höher. 60 % aller Tatverdächtigen im Altersspektrum von 14 bis 21 Jahren bewegen sich im rechten Bereich. Zu den Tatumständen gehören zumeist Alkohol, gruppendynamische Prozesse und Musik.
Bei der rechten Klientel nimmt das LKA in der Altersstufe von 14 bis 21 ein eher episodenhaftes Verhalten wahr, das heißt, die Fluktuation der Tatverdächtigen ist dort sehr hoch. Die rechte Szene nutzt neue Organisationsformen. Dort ist man z. B. sehr flexibel in der Organisation von so genannten Kameradschaften.
In der linken Szene verzeichnet das LKA seit mehreren Jahren rückläufige Fallzahlen. In Rheinland-Pfalz gab es zuletzt 40 Straftaten. Der Schwerpunkt liegt bei Sachbeschädigungen. Der Anteil der jugendlichen Straftäter ist deutlich geringer; hier gibt es weniger ein episodenhaftes Verhalten als eher eine verfestigte Meinung.
Dr. Lutz Neitzert, Musik- und Mediensoziologe 271)
Anders als es die (Medien)Konjunkturen des Themas „Rechtsextremismus" der Öffentlichkeit suggerieren, hat sich die Szene seit 1990 durchaus kontinuierlich und stetig entwickelt, also nicht im auf und ab. Ihre Basis hat sich verbreitert und ihre landesweite Vernetzung ist mittlerweile abgeschlossen. Weiße Flecken existieren in der „braunen" Geographie nicht mehr. Im Jahr 2005 findet jeder verführbare Jugendliche, anders als noch 1990, problemlos einschlägig aktive Gruppierungen und rührige Ansprechpartner vor Ort. Zudem haben sich die Organisations-, Produktions- und Vertriebsstrukturen immer weiter professionalisiert.
Was der Szene hierzulande anders als in unseren europäischen Nachbarländern noch fehlt, das ist eine hinreichend medientaugliche Galionsfigur.
Analysiert man die Erfolge der NPD bei Heranwachsenden, so reüssiert die Partei nicht zuletzt damit, dass sie seit etwa Mitte der 90er-Jahre konsequent und vor allem alltagstauglich konkret auf Jugendarbeit setzt und dabei jedes Defizit staatlicher oder kirchlicher Jugendpflege oder -infrastruktur sofort versucht, mit eigenen Angeboten zu füllen. Die Situation in den neuen Bundesländern stellt ein für die Rechten erobertes Feld dar.
Nicht ungefährlicher als die Präsenz vor allem der NPD auf parteipolitischer Ebene und deren Schulterschluss mit den so genannten Freien Kameradschaften als informelleres Sammelbecken für Jugendliche mit einer Parteien-Allergie erscheint jedoch eine andere Entwicklung der letzten Jahre zu sein, die sich weitestgehend im Windschatten der Medien und damit auch der öffentlichen Wahrnehmung vollzogen hat und mit zunehmender Virulenz vollzieht. Es hat eine Differenzierung in sehr unterschiedlichen Szenen mit sehr unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung, sehr unterschiedlicher Ästhetik, sehr unterschiedlichem Habitus und, daraus folgend, jeweils sehr unterschiedlicher Klientel stattgefunden.
Vor allem ist es gelungen, in bereits etablierten per se unpolitischen Subkulturen wie Neofolk, Darkwave, Gothic, Industrial,
Neue Deutsche Härte, Blackmetal und anderen Fuß zu fassen. Damit ist eine wesentliche Ausweitung sowohl des soziokulturellen Vorfeldes als auch eine Vervielfältigung der Zugangswege einhergegangen.
Während also der Blick der Medien und auch der Politik noch immer fast ausschließlich auf das skandal- und schlagzeilenträchtige „Bestiarium" der militanten Neonazi-Szene oder auf (noch) sporadische Wahlerfolge von NPD oder DVU fokussiert ist, haben sich jenseits davon Vertreter einer „Neuen Rechten" aufgemacht, gewissermaßen atmosphärisch wirkend, antidemokratische Konzepte völlig neu und als selbsternannte Avantgarde zeitgemäßer zu verpacken. Den historischen Nationalsozialismus, den hält man in jenen Kreisen für einen vor allem an seinen zu ungebildeten Protagonisten und deren primitiver Umsetzung des Ideals gescheiterten ersten Versuch, eine faschistische Gesellschaftsordnung als Gegenentwurf zur parlamentarischen Demokratie auf deutschem Boden zu verwirklichen.
270) Protokoll der 18. Sitzung der Enquete-Kommission 14/3 „Jugend und Politik" am 22. Juni 2005, Teil II, S. 6 bis 8.
271) Protokoll der 18. Sitzung der Enquete-Kommission 14/3 „Jugend und Politik" am 22. Juni 2005, Teil II, S. 9 bis 12 und Vorlage EK 14/3-86.