Drittens. Das Rechnungsprüfungsamt ist aber weder für die Ahndung von Straftaten noch von Disziplinarverletzungen zuständig

Die Weisungen, auch durch die Stadtverordnetenversammlung insgesamt, beschränken sich ausdrücklich nur auf den äußeren Dienstbetrieb und dürfen nicht die Prüfungen als solche betreffen.

Drittens: Das Rechnungsprüfungsamt ist aber weder für die Ahndung von Straftaten noch von Disziplinarverletzungen zuständig. Soweit das Rechnungsprüfungsamt und sein Leiter in den Berichten hierzu sehr pointierte Aussagen getroffen haben, empfiehlt es sich, die Formulierungen zu überdenken. Das Rechnungsprüfungsamt darf auch nicht die Kommunalaufsicht oder die überörtliche Gemeindeprüfung mobilisieren. Wenn es sich in seiner Arbeit behindert fühlt, hat es sich an die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bremerhaven zu wenden.

Viertens: Der Stadtverordnetenvorsteher als Bindeglied zwischen Rechnungsprüfungsamt und Stadtverordnetenversammlung und den von ihr beauftragten Ausschüssen darf den Kontakt zwischen Rechnungsprüfungsamt und Stadtverordnetenversammlung nicht unterbinden. Vielmehr ist er gesetzlich verpflichtet, Prüfberichte und Schreiben des Rechnungsprüfungsamtes der Stadtverordnetenversammlung und an die von ihr beauftragten Ausschüsse weiterzuleiten.

Fünftens: Mit der Fertigstellung und Aushändigung der Prüfberichte an den Magistrat und den Oberbürgermeister geht das weitere Verfahren, insbesondere die Weiterleitung an die Gremien, in dessen Verantwortungsbereich über. Es existiert keine Aufsicht des Rechnungsprüfungsamtes. Allerdings kann sich das Rechnungsprüfungsamt für den Fall, dass seine Berichte nicht weitergeleitet werden, an die ihm vorgesetzte Stadtverordnetenversammlung wenden.

Sechstens: Akteneinsichtsgesuche des Rechnungsprüfungsamtes bei Ermittlungsverfahren sind durch den Dienstvorgesetzten, also den Oberbürgermeister, zukünftig weiterzuleiten, soweit diese die Aufgabe des Rechnungsprüfungsamtes berühren.

Siebtens: Der Ausschuss hat festgestellt, dass der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes pflichtwidrigerweise zwei Akten aus privater Veranlassung anfordern ließ. Der gegen ihn erhobene disziplinarrechtliche Vorwurf ist inzwischen jedoch für sich genommen wegen der langen Verfahrensdauer verjährt.

Es könnte höchstens sein, dass sich aus den weiter erhobenen Vorwürfen eine Verjährungsunterbrechung ergibt, wobei ich bereits eingangs darauf hingewiesen habe, dass ein Teil der Vorwürfe wie die Nichtanerkennung des Stadtverordnetenvorstehers als Dienstvorgesetzter sich durch das Gutachten von Herrn Professor Pottschmitt als nicht stichhaltig erwiesen hat.

Jetzt sind noch so maßgebliche Vorwürfe im Raum wie die unberechtigte Antragstellung auf Erstattung von Telefonkosten. Ob dies die Einleitung und Durchführung eines disziplinarrechtlichen Vorermittlungsverfahrens rechtfertigt, wird der Vorermittlungsführer nach seinem Bekunden noch in diesem Monat abschließend bewerten.

Mit der Einleitung der disziplinarrechtlichen Vorermittlungen rechtfertigt sich auch die Nichtbeförderung des Leiters des Rechnungsprüfungsamtes zum 1. Oktober 1999. Eine unzulässige Einflussnahme auf die unabhängige Rechnungsprüfung kann daher durch die Einleitung der disziplinarrechtlichen Vorermittlung selbst nicht gesehen werden.

Achtens: Der Ausschuss konnte nicht abschließend klären, ob der Verlauf und die Dauer des Disziplinarverfahrens jedoch geeignet waren, eine unzulässige Einflussnahme auf den Leiter des Rechnungsprüfungsamtes anzunehmen. Die zeitlichen Abläufe und die Art der Erweiterung des Verfahrens sind zumindest ungewöhnlich. Es ließ sich kein Beleg finden, wonach die Handelnden mit der Dauer des Disziplinarverfahrens subjektiv, also für sich gewollt, eine Einflussnahme auf das Rechnungsprüfungsamt oder seine Amtsführung beabsichtigten.

Neuntens: In Verkennung der Rechtslage ging der Stadtverordnetenvorsteher Artur Beneken, SPD, davon aus, Vorgesetzter des Leiters des Rechnungsprüfungsamtes zu sein. Vor diesem Hintergrund beschloss der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss auf seinen Vorschlag hin die Dienstanweisung vom 31. Januar 2001, die in wesentlichen Punkten nach dem Gutachten von Professor Pottschmidt rechtlich nicht haltbar ist. Der Ausschuss vermochte aber darin letztlich keine unzulässige Einflussnahme zu sehen.

Zehntens: Die Vertragsentwürfe vom 19. und 21. September 2000 bewertet der Untersuchungsausschuss ihrem Inhalt nach als Versuch der unzulässigen Einflussnahme auf das Rechnungsprüfungsamt.

Wäre die Vereinbarung zustande gekommen, so hätte sie die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamtes erheblich beeinträchtigt. Der Ausschuss hat es jedoch in seiner Bewertung offen gelassen, ob der Vorgang im Übrigen vor dem Hintergrund der langwierigen und erheblichen Konflikte zwischen dem Magistrat und dem Stadtverordnetenvorsteher einerseits und dem Leiter des Rechnungsprüfungsamtes anderseits zu rechtfertigen war, weil der Ausschuss hier zu keiner mehrheitlichen Auffassung gelangt ist.

Elftens: Ein wesentliches Ergebnis der Ausschussarbeit ist durch den Landesgesetzgeber, also durch uns hier als Bremische Bürgerschaft, umzusetzen.

Dem Rechnungsprüfungsamt ist die Möglichkeit einzuräumen, im Rahmen seiner Prüftätigkeit Einsicht in Personalakten zu nehmen. Dabei ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen zu beachten.

Meine Damen und Herren, der Untersuchungsausschuss hat sich bemüht, in seiner achtmonatigen Tätigkeit Hintergründe und Auswege für die beste hende Konfliktlage zwischen dem Leiter des Rechnungsprüfungsamtes in Bremerhaven und dem Stadtverordnetenvorsteher sowie dem Magistrat zu finden. Wir haben mit dem vorliegenden Bericht, wie ich finde, eine geeignete Grundlage geschaffen, dass Magistrat und Rechnungsprüfungsamt zukünftig in der notwendigen vertrauensvollen Zusammenarbeit wieder zueinander finden können.

Als Untersuchungsausschussvorsitzender kann ich sagen, dass sich unsere Arbeit dann gelohnt hat, wenn diese von uns vorgelegten Handlungsmaßstäbe in Bremerhaven zur Umsetzung gelangen und damit eine unabhängige, weisungsfreie, gesetzlich zulässige Rechnungsprüfung in Bremerhaven wieder stattfindet. ­ Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Präsident Weber: Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Schildt.

Abg. Schildt (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der von den Grünen initiierte Untersuchungsausschuss Rechnungsprüfungsamt Bremerhaven hatte den Auftrag festzustellen, ob es eine unzulässige Einflussnahme auf die Funktion und Amtsführung des unabhängigen Rechnungsprüfungsamtes der Stadtgemeinde Bremerhaven gibt. Für uns lässt sich schon jetzt feststellen, diese Einflussnahme gab es nicht.

Es wäre besser gewesen, dieser Untersuchungsausschuss hätte von Anfang an Herrn Professor Pottschmidt um ein Gutachten für das Rechtsverhältnis zwischen Magistrat, Stadtverordnetenversammlung und dem Rechnungsprüfungsamt gebeten, das Ergebnis abgewartet, es nach Bremerhaven geschickt und die dortigen Stellen aufgefordert, sich auf die Grundlage dieses Gutachtens einzustellen. Dagegen gab es den Kollegen Manfred Schramm, der sich als Genmanipulator versuchte. Er blies eine Mücke zum Elefanten auf, ein Elefant, der im Laufe des Untersuchungsausschusses wieder auf Mückengröße zurückgeschrumpft wurde!

Ich betone noch einmal, dass wir keine unzulässige Einflussnahme auf die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamtes feststellen konnten. Vielmehr haben wir ein Rechnungsprüfungsamt erlebt, das von einem Amtsleiter geleitet wird, der in dem Umgang mit anderen Personen eine klassische Fehlbesetzung ist.

Im Mittelpunkt der Ausschussarbeit stand dann auch immer das Handeln des Amtsleiters und standen nicht so sehr die Probleme des Rechnungsprüfungsamtes, das heißt, zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Amtes und der Stadtverwaltung gab und gibt es eine konstruktive Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit zwischen dem 1997 eingestellten Leiter des Rechnungsprüfungsamtes und dem Magistrat der Stadt Bremerhaven war von Anfang an als problematisch und konfliktbeladen zu bezeichnen.

Der Untersuchungsausschuss hat einige der Konflikte zwischen dem Leiter des Rechnungsprüfungsamtes und den Organen der Stadt Bremerhaven beleuchtet. Dabei ging es zunächst nur darum, den Hintergrund eines Vergleichsvertragsentwurfes aus dem September 2000 in den Kontext der Ereignisse zu stellen. Nur dieser Vergleichsvertragsentwurf war es, den die Grünen zum Anlass nahmen, den Untersuchungsausschuss einzuberufen. Wir dagegen wollten die gesamte Geschichte beleuchten, weil wir meinten und auch heute noch der Meinung sind, dass eine Bewertung, ob es eine unzulässige Einflussnahme auf die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamtes gegeben hat, nicht isoliert erfolgen kann, sondern nur im Zusammenhang der Ereignisse unter Berücksichtigung der Vorgeschichte geschehen kann.

Tatsache ist, dass aus dem Kontext Gerissenes unwahr sein kann. Bei diesen Untersuchungen zeigte sich, dass der Vergleichsvertragsentwurf eine lange Vorgeschichte hat, die aus den beinahe permanenten Querelen zwischen dem Leiter des Rechnungsprüfungsamtes und den Organen der Stadt Bremerhaven bestand. Dabei war es einerlei, welcher politischen Couleur diese Organe und die Vertreter waren. Der neue Leiter des Rechnungsprüfungsamtes wurde sehr bald von allen Verantwortlichen in der Verwaltung als querulatorisch, so der ehemalige Oberbürgermeister Richter, empfunden, und die Kontakte wurden auf ein Minimum begrenzt. Dabei spielte es eben keine Rolle, ob die Verantwortlichen Mitglieder der SPD sind, der FDP oder der CDU waren.

Die Probleme, die es mit dem Leiter des Rechnungsprüfungsamtes gab, spiegeln sich in allen Aussagen der Zeugen im Rahmen der öffentlichen Zeugenvernehmung wider. Das waren neben Oberbürgermeister Richter, FDP, Bürgermeister Niederquell, CDU, sowie der Präsident des Rechnungshofes, Herr Spielhoff, ohne Parteizugehörigkeit. So sagte Herr Richter, FDP, Zitat aus der öffentlichen Beweisaufnahme: Es zeigte sich für mich dann in relativ kurzer Zeit, dass seine Auffassung ­ er spricht von Herrn Mattern ­ von der Ausübung seiner Pflicht nicht so sehr viel ­ wie soll ich sagen ­ mehr davon geprägt war, dass das Rechnungsprüfungsamt so eine Art Superbehörde ist und das, was seine persönlichen oder amtlichen Wünsche sind, doch zu befolgen sei, in jedem einzelnen Fall. Herr Richter führt weiter aus: Ich sehe das Rechnungsprüfungsamt als eine Behörde mit einem besonderen Auftrag, das ist ja auch festgelegt, aber doch als Bestandteil der öffentlichen Verwaltung. Es gibt natürlich aufgrund der rechtlichen Gegebenheiten und auch aufgrund der Aufgabenstellung eine Sonderstellung, eine Position, die dem Rechnungsprüfungsamt Vollmachten gibt, die andere Ämter gewiss nicht haben. Von daher kommt eine größere Verantwortung auf das Rechnungsprüfungsamt zu, aber es setzt das Rechnungsprüfungsamt nicht an eine quasi judikative Stelle. So das Zitat von Herrn Oberbürgermeister a. D. Richter!

Ähnlich äußerte sich der Noch-Bürgermeister Niederquell, CDU: Es gab gelegentlich Unmutsäußerungen einzelner Magistratsmitglieder über die Art der Prüfberichte, über die Schärfe der Prüfberichte, über die Maßlosigkeit der Anwürfe, es gab Unzufriedenheit über den immer währenden Hinweis auf Disziplinar- und Strafverfahren, selbst bei meines Erachtens nicht sonderlich relevanten Themen. So das Zitat von Herrn Niederquell!

Ich will noch den Präsidenten des Rechnungshofes Bremen, Herrn Spielhoff, zitieren aus der öffentlichen Beweisaufnahme: Die Ausgangslage war für mich so ein bisschen eigenartig, dass es eine Einrichtung gibt, die im Grunde, und den Eindruck hat Herr Mattern manchmal erweckt, in der Weise unabhängig ist, dass es überhaupt niemanden gibt, der ihm sagen kann, während, und das habe ich Herrn Mattern auch ein paar Mal gesagt, der Rechnungshof, wenn der etwas machen muss, der muss immer eine Kollegiumsentscheidung machen. Der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes ist in seiner Weise unabhängig, dass überhaupt niemand da sein soll, der ihm unter Umständen irgendetwas sagen kann. Abschließend ein Zitat von Herrn Spielhoff: Wie 1,80 DM Fotokopierkosten nicht eingezogen worden sind? Dann fasst der Magistrat noch einen Beschluss darüber, dass darauf nicht geantwortet werden soll.

Da muss ich Herr Spielhoff, glaube ich, sagen, da ist irgendetwas nicht in Ordnung. (Beifall bei der SPD) Herr Spielhoff, ich habe doch noch ein Zitat von Ihnen, und ich zitiere: So gibt es eben reihenweise, im Grunde jeder Vorgang, da kann man jeden Vorgang im Grunde nehmen, wo man sich sagt: Sind die eigentlich noch normal? In die Richtung des Nordens jetzt von mir gezeigt! Die Streitereien etwa um den Vertreter von Herrn Mattern, wenn er da eine Fortbildungsanweisung von Herrn Mattern rückgängig gemacht hat, dann da eine neue Anweisung zu machen, da muss der Oberbürgermeister Briefe schreiben, da werden irgendwelche Leute eingeschaltet, die das rechtlich prüfen, welche Rechte hat eigentlich der Vertreter des Leiters des Rechnungsprüfungsamtes! Soweit die Zitate der Vertreter, die als Zeugen in unserem Ausschuss waren!

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, an den Zitaten und gerade auch an dem Zitat von Herrn Spielhoff, der nun nicht im Geruch steht, in die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamtes eingreifen zu wollen, welche Probleme es mit dem Amtsleiter des Rechnungsprüfungsamtes gab und immer noch gibt. Man kann es auch so formulieren: Der Amtsleiter des Rechnungsprüfungsamtes hat mit Kanonen auf Spatzen geschossen und dabei auch vielfach über das Ziel hinausgeschossen. Wohin er geschossen hat, kann ich Ihnen nicht sagen.

Im Ergebnis hat jedenfalls eine unerbittliche Inquisition, sein ständiger Ruf nach Disziplinar- und Strafverfahren dazu geführt, dass viele Mitarbeiter in der Verwaltung sich geradezu kriminalisiert fühlten. Ich füge an, dass man aufpassen muss mit dem, was man behauptet. Die Verwaltung der Stadtgemeinde Bremerhaven in Gänze hat ein Anrecht darauf, für sich wahrgenommen zu werden und nicht durch den Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, wie es die Zeugen sagten, kriminalisiert zu werden.

(Beifall bei der SPD ­ Abg. Borttscheller [CDU]: Wer hat den denn ausgesucht?)

Wenn ich das so sage, weil ich hier Kopfschütteln sehe, ging es fast nie um die sachliche Kompetenz des Rechnungsprüfungsamtsleiters. Es ging um seine Konsequenzen, die er als Judikative forderte, strafrechtlich und disziplinarrechtlich vorzugehen.

Man muss die Verwaltung verstehen, dass doch keiner mehr etwas tut, wenn er sofort die Schelte von einem bekommt, der meint, er müsse es besser wissen.

Fazit zu diesem Sachkomplex: Dem Magistrat ist nach all dem vorzuwerfen, dass er der Amtsführung des Leiters des Rechnungsprüfungsamtes so lange tatenlos zugesehen hat und auf die rechtlich sicher zulässige Umsetzung dieses ungeeigneten Mitarbeiters verzichtet hat. Für die Umsetzung ist es nicht erforderlich, dass sich der entsprechende Beamte disziplinarrechtlicher Vergehen schuldig gemacht hat. Es reichen vielmehr, darüber hat uns Herr Professor Pottschmidt informiert, anhaltende Querelen im Amt aus.

An der Existenz anhaltender Querelen zwischen dem Leiter des Rechnungsprüfungsamtes und dem Magistrat ist nach den genannten Ergebnissen der Beweisaufnahme nicht im Geringsten zu zweifeln.

Die Nichtumsetzung des Leiters des Rechnungsprüfungsamtes ist insofern als unzulässige Einflussnahme zu qualifizieren.