Nachhaltigkeit

So sind ältere Menschen nicht auf die Funktion als „Humankapital" zu beschränken, sondern auch in ihren eigenen Bedürfnissen anzuerkennen. Es sind beispielsweise auch altersgerechte Wohnungen und die Entwicklung entsprechender Formen des Zusammenlebens (z. B. Wohngemeinschaften älterer Menschen) zu berücksichtigen. Weiterhin soll die Infrastruktur für ein bürgerschaftliches Engagement geschaffen werden33.

- Gerade die Geschlechtergerechtigkeit bzw. „Gender Mainstreaming" ist als umfassende Querschnittsaufgabe aufzunehmen. So sind die relevanten Indikatoren möglichst nach Geschlecht zu unterscheiden sowie an den jeweils unterschiedlichen Lebensrealitäten (z. B. hinsichtlich Ressourcen wie Zeit, Geld, Zugang, Teilhabe etc.) von Frauen und Männern zu orientieren. Dafür ist auch vermehrt die abweichende Risiko- / Problemwahrnehmung von Frauen aufzunehmen sowie die herrschende technik-, wachstums- und nutzungsorientierte Sichtweise kritisch zu überdenken. Das bedeutet auch, dass sich die Geschlechtergerechtigkeit nicht auf die Aktivierung des Erwerbspotenzials von Frauen reduzieren darf.

· Die Ausführungen der Nachhaltigkeitsstrategie zur Bildung sollen über die berufliche Qualifizierung hinaus auch die menschliche Reife bzw. das Sozialkapital beinhalten35. Bildung und Forschung für Nachhaltigkeit sind gezielt zu fördern36.

· Die quantitativen Zielwerte der NNS sind ein wesentliches Element zur Ausrichtung und Kommunikation der Politik hinsichtlich der Nachhaltigen Entwicklung37. Unter bestimmten Bedingungen können die Zielvorgaben als Referenzwerte für Rheinland-Pfalz oder zumindest als Ausgangspunkt einer Diskussion herangezogen werden. Hierbei sind aber stets der spezifische Kontext und die politischen Gestaltungsmöglichkeiten des Landes zu berücksichtigen.

Beispielsweise ergibt die rein rechnerische Umsetzung des bundesdeutschen Ziels zur Begrenzung der Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlung und Verkehr auf 30 Hektar pro Tag zwar einen Wert für Rheinland-Pfalz. Demnach müsste Rheinland-Pfalz die tägliche Flächeninanspruchnahme auf 1,7 ha (bezogen auf die Fläche) oder auf knapp 1,5 ha (bezogen auf die Einwohner) bis 2020 reduzieren.

Diese Rechnung wäre aber nur gültig, wenn alle Länder den gleichen Bedingungen unterliegen. Da für Rheinland-Pfalz eine andere Ausgangssituation herrscht, können die obigen Werte lediglich einen Impuls für eine eingehende Diskussion im Land geben, dürfen jedoch nicht unbedacht übernommen werden.

Kernthemen zur Nachhaltigen Entwicklung in Deutschland aus wissenschaftlicher Sicht

Im Rahmen eines breit angelegten Verbundprojekts der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren konnten wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte für Deutschland herausgearbeitet werden. Die zugrunde liegende Systematik löst sich vom Drei-Säulen-Modell und stellt vielmehr ein integratives Konzept auf38: 33 Siehe Rat für Nachhaltige Entwicklung: Schwerpunkte der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 2004.

34 Siehe Genanet: Stellungnahme zum Fortschrittsbericht 2004 der Bundesregierung zur Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie; Genanet ­ Leitstelle Geschlechtergerechtigkeit und Nachhaltigkeit.

Das Schulgesetz von Rheinland-Pfalz bestimmt hierzu in Abschnitt 1, § 1 sinngemäß, dass Bildung die berufliche Qualifikation fördern soll. Dieser Auftrag ist eingebettet in den Gesamtauftrag, die Anlagen des jungen Menschen, die Erweiterung seiner Fähigkeiten zu fördern, ihn auf die Wahrnehmung von Rechten und Pflichten in Staat und Gesellschaft vorzubereiten und zur Erfüllung von Aufgaben in Staat, Gesellschaft und Beruf befähigen."

38 Coenen, Reinhard; Grunwald, Armin (Hrsg.): Nachhaltigkeitsprobleme in Deutschland ­ Analyse und Lösungsstrategien; Berlin 2003 (Global zukunftsfähige Entwicklung ­ Perspektiven für Deutschland, Bd. 5).

· Zuallererst ist die menschliche Existenz zu sichern. Dies ist eine Forderung zum Schutz der grundlegenden Aspekte menschlichen Daseins wie Gesundheit, Grundversorgung und selbstständiger Existenzsicherung. Ebenso sind die weltweiten Umweltnutzungsmöglichkeiten gerecht zu verteilen und die global herrschenden extremen Einkommens- und Vermögensunterschiede auszugleichen.

· Gleichfalls ist das gesellschaftliche Produktivpotenzial zu erhalten. Dieses Potenzial umfasst das Naturkapital genauso wie das Sach-, Human- und Wissenskapital. Umstritten ist aber, ob das Kapital insgesamt oder jede Kapitalart alleine zu sichern und auszubauen ist.

· Schließlich sind die Entwicklungs- und Handlungsmöglichkeiten der Gesellschaft zu bewahren.

Dazu müssen mehrere Aspekte erfasst werden, insbesondere:

- die Chancengleichheit in Bildung, Beruf und bei der Information,

- die Partizipation,

- die Kultur (dies umfasst das kulturelle Erbe, die Vielfalt der Kultur und die Kulturfunktion der Natur),

- die sozialen Ressourcen.

Auf Basis dieses integrativen Konzepts konnten 15 Handlungsbereiche für Deutschland ermittelt werden, denen Indikatoren zugeordnet sind (siehe Abbildung 15).

Die obige Zusammenstellung der Defizite stellt eine ausdifferenziert begründete Bewertung der Herausforderungen für Deutschland dar, geeignete Zielwerte werden in der Literatur ausführlich genannt. Einige der vorgestellten Vorschläge werden in der Nachhaltigkeitsstrategie für Rheinland-Pfalz berücksichtigt.

Insbesondere finden sich die vier Aktivitätsfelder ähnlich im zentralen Nachhaltigkeitsbereich „Nachhaltiges Leben führen" in Kapitel 4 wieder.