Beifall bei der CDU Wir haben Erfolge und Misserfolge das ist eben auch noch einmal gesagt worden

Die kleinen haben davon nichts abbekommen, und deswegen geht es ihnen jetzt auch nicht gut.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben Erfolge und Misserfolge, das ist eben auch noch einmal gesagt worden. Man kann ganz genau sehen, wovon die Erfolge hier in Bremen abhängen. Wir haben seit drei Jahren überproportionales Wachstum, das immer über dem der Bundesrepublik liegt und immer in der Spitzengruppe der Bundesländer, an zweiter, dritter oder vierter Stelle.

Das sagt mir, wir machen eine bessere Politik als die anderen. Das ist doch ganz klar!

(Beifall bei der CDU)

Das freut mich auch, und darüber können wir auch alle froh sein, dass wir das machen. Das ist doch besser, als Letzter zu sein wie in Europa, wo wir an letzter Stelle herumgammeln.

Dann haben wir natürlich Insolvenzen. Es ist eine schlimme Zahl, da die Insolvenzen Arbeitsplätze kosten. Das hat natürlich auch etwas mit Rahmenbedingungen zu tun. Aber ich bin jetzt wiederum stolz, dass wir eine gute Existenzgründungsinitiative haben, bei der wir unter dem Strich 300 Unternehmen mehr haben als im letzten Jahr. Das zeigt, dass wir versuchen, auch gegenzusteuern, so schlimm die Sache mit den Insolvenzen ist. Man wünscht es keinem Unternehmen, niemandem, dass es insolvent wird, dass dort Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.

Man kann da auch regional etwas tun, indem man eine besondere Förderung macht und so versucht, einen Ausgleich zu schaffen. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Rahmenbedingungen insgesamt stimmen müssen. Deswegen, finde ich, ist es eine ganz richtige Entscheidung gewesen, diese Aktuelle Stunde zu dem jetzigen Zeitpunkt hier einzubringen.

(Beifall bei der CDU) Vizepräsident Ravens: Als Nächster erhält das Wort Herr Senator Hattig.

Senator Hattig: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bremen ist nicht Berlin, aber Berlin wirkt auf Bremen ein.

(Abg. Frau Hammerström [SPD]:

Und ohne Berlin wird das nichts!)

Das Thema ist nach Ursache und Wirkung sehr umfangreich. Ich bemühe mich um eine konzentrierte und analytische Gedankenführung und widerstehe auch der Möglichkeit, politische Bewertungen vorzunehmen, soweit nicht unvermeidbar, da die politische Bewertung, zumal in Wahlkampfzeiten, nicht unbedingt eine Zwillingsschwester der Erkenntnis ist. Herr Präsident, ich erlaube mir, mit Ihrer Genehmigung zu zitieren: Seit über zwei Jahren befindet sich die deutsche Wirtschaft in einer Quasi-Stagnation. Mehr und mehr treten hausgemachte Ursachen in den Vordergrund. So die Bundesbank in ihrem letzten Monatsbericht, die sachliche Feststellung einer sachlichen Behörde!

Zu der heutigen Situation: Wir befinden uns in einem weltweiten Wettbewerb und haben uns angewöhnt, dies Globalisierung zu nennen. Was heißt Globalisierung eigentlich? Alle Informationen sind jederzeit an jedem Ort verfügbar, weltweite Kapitalströme innerhalb weniger Minuten verändert. Logistisch ist nahezu jeder Platz der Welt heute in überschaubarer Zeit erreichbar. Wir haben eine zunehmende europäische Integration, und das heißt vor allen Dingen Osterweiterung. Das verändert den Wettbewerb. Das sind Chancen und Risiken, Chancen, wenn wir in der Lage sind, die Risiken zu beherrschen.

Noch ein Hinweis: Das Jammern hilft nicht weiter.

Die Grünen ­ Abg. Frau Hammerström [SPD]: Genau!)

Das Jammern ist keine unternehmerische Klagemauer, um den Blickwinkel einzuengen, aber wer das Röntgenbild betrachtet, jammert nicht, sondern praktiziert eine unabdingbare Voraussetzung zur Gesundung.

Der Blick nach innen gewandt! Fakten: Deutschland hat seit längerem ein geringeres Wirtschaftswachstum als der Durchschnitt der europäischen Länder. Die Staatsverschuldung nimmt zu, die Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrags können nicht eingehalten werden. Deutschland hat eine steigende Arbeitslosigkeit, gegenwärtig gut 4,6 Millionen. Für den Februar wird eine steigende Tendenz prognostiziert. Wissenschaftler berechnen die reale Arbeitslosigkeit höher. Gering Qualifizierte ohne Abschluss machen über 40 Prozent der Arbeitslosen in Deutschland aus. An der Gesamtzahl der Beschäftigten beträgt diese Zahl nur 15 Prozent. Das Thema der Ausbildung ist impliziert.

Die Systeme der sozialen Sicherung, vor allen Dingen Gesundheit und Rente, sind in diesem Umfang nicht mehr zu finanzieren. Die Staatsquote hat fast 50 Prozent erreicht. Der Anteil Deutschlands am Welthandel ist innerhalb nur eines Jahrzehnts von über zehn Prozent auf acht Prozent gesunken. Das sind die Fakten, ihre Sprache ist unmissverständlich.

Reformen sind das Gebot der Stunde. Nahezu ausnahmslos stellen Gutachter wie etwa der Sachverständigenrat dies fest. Die heutigen wirtschaftlichen Probleme in Deutschland sind struktureller Natur, sie sind hausgemacht. So wünschenswert ein konjunktureller Aufschwung wäre und so wünschenswert er ist, er löst nicht die Probleme. Nach jedem Konjunkturaufschwung, das können Sie nachlesen, hat sich der Arbeitslosensockel nach oben bewegt.

Wir kennen unseren Zustand, aber wir handeln nicht. Wir sehen das Röntgenbild, aber wir schließen die Augen. Stattdessen, ich vereinfache, warten wir auf einen Konjunkturaufschwung, möglichst aus den USA, mit denen wir uns ja sonst, jedenfalls im Augenblick, schwer tun. Einen Großteil der Probleme verschieben wir nach hinten, auf die Jüngeren. Wir erhöhen zum Beispiel die Beitragsbemessungsgrenzen bei Renten- und Krankenversicherungen und gleichzeitig ihre Beitragssätze und verringern die Leistungen. Ein Dreißigjähriger, der heute für die spätere Rente zahlt, erreicht allenfalls 60 Prozent des heutigen Leistungsniveaus, verglichen mit einem heutigen Rentner, wenn er dies überhaupt erreicht. Die Rente ist sicher tabuisiert das Nachdenken, wie so manche andere Begrifflichkeit in diesen Tagen.

Wenn man unsere Probleme auf einen einfachen Nenner bringt, ist das die Antwort: Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen. Es wird eine Leistungsfähigkeit simuliert, die wir nicht haben, die das bisherige System nicht mehr hergibt. Wirtschaft und Gesellschaft einschließlich der demographischen Entwicklung haben sich verändert. Die Systeme sind aber nicht verändert worden, nicht angepasst oder wenn, nur unzureichend. Was also kann man tun?

Auch hier eine konzentrierte Antwort: entweder die Einnahmen steigern oder die Ausgaben senken!

Betrachten wir die Einnahmenseite des Staates!

Die Abgabenquote in Deutschland hat heute europaweit Alleinstellungscharakter. Die Abgabenquote aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen stieg im Schnitt auf fast 50 Prozent, für viele wesentlich höher. Ein Fünftel, beginnend mit einem Einkommen von 48 573 Euro, zahlt mehr als zwei Drittel der Steuern. Noch einmal, weil dieser Satz wichtig ist: 20 Prozent zahlen 67 Prozent der Steuern! Die Quelle dafür ist das Bundesfinanzministerium. Die Schattenwirtschaft macht heute etwa 16,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus, jedermann weiß, warum das so ist.

Man könnte an dieser Stelle eine Menge kommentieren, ich unterlasse das. Die Konsequenz heißt: keine Steuererhöhungen. Das ist ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft. Im Übrigen, Steuererhöhungen sind die Schulden und damit die Probleme von morgen, und was noch wichtiger ist, sie verhindern die Einsicht und damit die Reformen.

Zur Ausgabenseite des Staates! Die aktuellen Probleme und die damit verbundenen Kosten existieren nicht erst seit heute. Alle Parteien haben seit den sechziger Jahren daran mitgewirkt, wenngleich die letzten Jahre die Bedingungen dramatisch verschlechtert und sich die Konsequenzen eminent verdeutlicht haben.

Bei einem Staatshaushalt von 247 Milliarden ist der größte Posten mit 90 Milliarden die Sozialausgabe.

Das sind 37 Prozent des Gesamthaushalts. Seit Ende der sechziger Jahre hat eine große Koalition aller Parteien den Staatseinfluss immer weiter ausgedehnt, die Staatsquote von damals 37 Prozent ist mittlerweile bei fast 50 Prozent gelandet. Die Abgabenquote aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen stieg im Schnitt ebenfalls auf fast 50 Prozent. Der Staatshaushalt ist enorm angestiegen. Die Staatsverschuldung erreicht heute einen Betrag von 1,2 Billionen, das sind 1200 Milliarden, das sind viereinhalb Jahreshaushalte!

Es wurde und wird umverteilt auch und vor allem zu Lasten der Eigeninitiative. Diese hohen Kosten der Sozialsysteme wiederum stehen in einem direkten Bezug zu den Lohnnebenkosten, zu der Einnahmenseite. Woher kommen die hohen Nebenkosten?

Sie kommen aus der Anbindung der Kosten für die Sozialsysteme an die Löhne. Löhne sind Kosten, immer höhere Löhne verstärken den Zwang zur Produktivität und damit ohne entsprechendes Wachstum zu einer Reduzierung von Arbeitsplätzen. Die Konsequenz sind eine weiter steigende Arbeitslosigkeit, Fehlbeträge in den Sozialkassen und damit wiederum weiter steigende Ausgaben, meine Damen und Herren, ein Teufelskreis!

(Abg. Frau Hammerström [SPD]:

Ein Seminar!)

Es besteht immer wieder Anlass, an einige Grundsätze der Wirtschafts- und Arbeitspolitik zu erinnern.

Wie entstehen Arbeitsplätze? Durch Investitionen!

Wer investiert? Der Unternehmer! Wann tut er das?

Wenn die Investition sich rechnen lässt und der Unternehmer dem Standort und den politischen und wirtschaftlichen Bedingungen, Rahmenbedingungen vertraut! Vertrauen heißt nichts anderes, als berechenbar zu sein. Sitzung am 20. 2. 035330 entwicklung und das wirtschaftliche Wachstum. Sie müssen reduziert werden.

Reform im Gesundheitssystem, Reform in der Zinn hat neulich hier einen Vortrag gehalten und einen, wie ich finde, interessanten Hinweis gegeben: Die Höhe der Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist der Anspruchslohn in der niedrigen Tarifgruppe. Das heißt, je enger die zusammen sind, umso weniger werden wir Arbeitsplätze für einfache Arbeiten finden. Notwendig sind weitere Reformen der gesetzlichen Rentenversicherung.

Ein weiterer Punkt ist der Arbeitsmarkt: Er ist kein Markt! Dieser Begriff ist bereits ein Euphemismus. Das kann er in einem umfänglichen Sinn auch nicht sein.

Flexibilisierungen sind notwendig, hier sind die Tarifvertragsparteien und der Gesetzgeber gleichermaßen aufgefordert. Öffnungsklauseln und das Günstigkeitsprinzip, Möglichkeiten befristeter Arbeitsverträge, der Kündigungsschutz sind in der Diskussion.

Die CDU hat mit Friedrich Merz klare Position bezogen. Ich stimme dem zu.

(Abg. Frau Hammerström [SPD]:

Das ist ja nett! ­ Abg. Frau Berk [SPD]: Spricht er jetzt für den Senat oder für die CDU?) Soll ich in diese Zustimmung auch Herrn Clement einbeziehen?

In diesem Zusammenhang ein Wort zu den Rahmenbedingungen! Meine Damen und Herren, da der Mensch anschaulich veranlagt ist, habe ich Ihnen das Arbeitsgesetzbuch mitgebracht.

(Abg. Frau Hammerström [SPD]:

Das ist aber schön!)

Auf 802 Seiten stehen hier nur Gesetze und Verordnungen. Darf ich Ihnen vorlesen, welche Gesetze das sind?

(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/

Nun lassen Sie mich doch freundlicherweise ausreden!

Die Erkenntnisbereitschaft setzt Informationen voraus. Wir haben eine Fülle von Gesetzen, und diese Gesetze müssen beachtet werden. Große Unternehmen können diese Lasten inhaltlich und kostentechnisch vielleicht noch tragen, ein Handwerksmeister mit zehn Beschäftigten kann das nicht. Er wendet seine persönliche Freizeit auf, ohnehin knapp bemessen, sonntags und abends. Auf der anderen Seite eine Bürokratie ohne Existenzsorgen mit einem Hang, zumindest gelegentlich, sich zu einem Selbstzweck zu entwickeln!

Zusammengefasst: Wir kennen die Fakten. Wir haben kein Einnahmenproblem, wir haben ein Ausgabenproblem. Steuererhöhungen sind aus den dargelegten Gründen nicht möglich. Die unvermeidliche Konsequenz: Leistungsansprüche werden zu senken sein, wie beim Staat so auch bei den Einzelnen. Die Probleme sind zu komplex, um einfache Antworten zu geben, sie sind auch kaum möglich. Die Probleme sind aber so groß, dass wir keine weitere Zeit verlieren dürfen. Die notwendigen Reformen müssen jetzt angefasst werden.

Was heißt das? Summarisch ausgedrückt, der Staat muss sich zurücknehmen, wir müssen seine Aufgaben neu definieren, das ist möglich und notwendig, und wir, das sind vor allen Dingen die beiden Volksparteien. Sich zurückzunehmen bedeutet für den Staat, es muss gespart werden. Die Leistungen sind zu überprüfen und neu zu definieren. Einsparungen sind zu nutzen, um die Abgabenquote zurückzuführen. Nur so können nachhaltige Wachstumskräfte wieder freigesetzt werden. In diesem Kontext muss man zwei Sätze sagen: Konjunkturprogramme erhöhen, das haben wir alles hinter uns, die Verschuldung, sind Strohfeuer, führen zu Mitnahmeeffekten und kommen so zeitversetzt, dass sie in der unmittelbaren Wirkung vergessen werden können.

Bei der Nachfrage und höheren Löhnen erlaube ich mir doch, darauf hinzuweisen: Wozu haben denn die Lohnerhöhungen der letzten Jahre geführt? Ganz sicher nicht zu einer Nachfrage! Es handelt sich um Scheinlösungen. Ich will auf diesen wissenschaftlichen Diskurs hier nicht weiter eingehen.

(Unruhe bei der SPD und beim Bündnis 90/

Warum handeln wir nicht? Ich wende diese Betrachtung in das allgemein Politische. Die Parteien taktieren. Ist das Fingerzeigen auf die Politiker damit begründet? Gesellschaft und Politik sind in einem wechselseitigen Verhältnis. Wenn man es spitzer ausdrücken will: Die Gesellschaft hat die Politiker, die zu ihr passen! Die Gesellschaft will es bequem, die Politiker handeln entsprechend. Wasche mir den Pelz, aber mache mich nicht nass, eine verständliche menschliche Reaktion, aber sie führt uns nicht weiter.

In diesem Zusammenhang ein wichtiger Hinweis:

Der Sozialstaat wurde geschaffen, um die Fehlfunktion des Arbeitsmarktes zu korrigieren und mehr soziale Gerechtigkeit herzustellen, als es der Markt vermag. Das war, das ist und bleibt uneingeschränkt richtig. Der Sozialstaat in der heutigen Verfassung trägt aber seinerseits zu den sichtbaren Defekten des Arbeitsmarktes bei. Ich erlaube mir, einen Satz Ludwig Erhards zu zitieren: Zu sozial ist unsozial. Entschieden werden muss jetzt. Dabei hat jede Regierung, wer immer auch sie bildet, eine Bringschuld.