Stand der Umsetzung des Nationalen Pandemieplans vom Juli 2005 in Rheinland-Pfalz

Der Teil III des Nationalen Pandemieplans vom Juli 2005 enthält einen Aktionsplan von Bund und Ländern, der für eine mögliche Influenzapandemie vorsorgen soll. Er sieht verschiedene Maßnahmen vor, die in die Zuständigkeit der Länder und Gemeinden fallen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Überprüfungen und Anpassungen der Katastrophenpläne bezüglich ihrer Pandemietauglichkeit wurden in Rheinland Pfalz vorgenommen?

2. Wie wird das nötige infektionsepidemiologische Fachwissen in den Krisenstäben sichergestellt?

3. In welchen Kreisen des Landes bestehen örtliche Pandemiepläne entsprechend den Empfehlungen des Nationalen Pandemieplans?

4. Welche Planungen existieren für die ambulante Versorgung im Pandemiefall, insbesondere wie wird die Verteilung von antiviralen Mitteln und Impfstoffen sichergestellt?

5. Welchen Personengruppen soll angesichts der begrenzten Vorräte von antiviralen Arzneimitteln bei Therapie bzw. Prophylaxe Priorität eingeräumt werden?

6. Werden Krankenhäuser speziell für die Behandlung von Influenzaerkrankten ausgewiesen und bestehen Konzepte für die Krankenhäuserzum Management einer Pandemiesituation?

7. Wie wird die dezentrale Information der Bevölkerung im Falle einer Influenzapandemie sichergestellt?

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheithat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 16. März 2006 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit hat den Kreisverwaltungen und den Verwaltungen der kreisfreien Städte im Mai 2005 Empfehlungen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in Form eines Rahmen-, Alarm- und Einsatzplans (RAEP Seuchen) zur Verfügung gestellt und sie aufgefordert, die vorhandenen Katastrophenschutzpläne anzupassen. Im Dezember 2005 hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit auch allen rheinland-pfälzischen Krankenhäusern entsprechende Rahmenempfehlungen an die Hand gegeben.

In Rheinland-Pfalz liegt die Zuständigkeit für die Umsetzung der regionalen Planungen bei den Kreisverwaltungen und den Verwaltungen der kreisfreien Städte. Auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes haben die Gesundheitsämter ­ in Abstimmung mit allen Beteiligten der medizinischen Versorgung und des Katastrophenschutzes ­ die Planungen zu koordinieren.

Die Koordination der Vorbereitungsmaßnahmen, soweit sie die Gesundheitsbehörden des Landes betreffen, erfolgt in den Amtsärzte-Dienstversammlungen. Seit der Veröffentlichung des Nationalen Pandemieplans im Frühjahr 2005 wurden vier entsprechende Veranstaltungen durchgeführt, zuletzt am 3. März 2006.

Dort wurde den Gesundheitsämtern der rheinland-pfälzische Pandemieplan ­ Empfehlungen zur Umsetzung des Nationalen Pandemieplans in Rheinland-Pfalz ­ vorgestellt. Als erstes Bundesland konnte Rheinland-Pfalz damit ein umfassendes Konzept vorlegen, das fachlich mit den Vertretern der Landesärztekammer, der Landesapothekerkammer, der Kassenärztlichen Vereinigung, des rheinland-pfälzischen Fachbeirates Infektionsepidemiologie und des Landesverbandes der Ärzte für öffentliches Gesundheitswesen abgestimmt wurde. Bei der Erarbeitung haben darüber hinaus Vertreter der Krankenhausgesellschaft und der Krankenhäuser mitgewirkt sowie das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung und das Landesuntersuchungsamt.

Zu 2.: In der Frühphase einer Pandemie wird beim Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit ein Lagezentrum Gesundheit eingerichtet. Von hier aus werden die erforderlichen antiepidemischen Maßnahmen eingeleitet und koordiniert. Das Lagezentrum wird von Fachberatern und dem Koordinierungsstab Krisenmanagement-Land unterstützt.

Ein entsprechendes Lagezentrum wird dann auch beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung eingerichtet, das fachlich vom Landesuntersuchungsamt beraten wird. Dort wird die Abstimmung mit den Stäben der Kreisverwaltungen und den Verwaltungen der kreisfreien Städte sichergestellt.

Die Amtsärzte der Gesundheitsämter sind die medizinischen Fachberater in den Krisenstäben der Landkreise und kreisfreien Städte.

Sie verfügen über das erforderliche infektionsepidemiologische Fachwissen. Neben dem allgemeinen Weiterbildungsangebot für die Amtsärzte werden auch die oben genannten Amtsärzte-Dienstversammlungen zur Vermittlung aktueller Fachinformationen genutzt. Bereits seit dem Jahr 2001 besteht darüber hinaus ein passwortgeschütztes Forum auf der Homepage des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung, zu dem die Gesundheitsämter Zugang haben. Dort sind die allgemeinen Fachinformationen und aktuellen Veröffentlichungen eingestellt und es werden hier auch alle relevanten Tagesmeldungen zu bedeutsamen Infektionsgeschehen, wie zum Beispiel der Vogelgrippe, hinterlegt. Darüber hinaus werden den Gesundheitsämtern die Informationen des Robert Koch-Institutes vom Landesuntersuchungsamt tagesaktuell per Mailverteiler zur Verfügung gestellt.

Zu 3.: In allen Gesundheitsämtern des Landes Rheinland-Pfalz wurde zeitgleich mit der Veröffentlichung des Nationalen Pandemieplans mit den örtlichen Planungen begonnen.

Der Planungsstand, soweit es die Gesundheitsbehörden betrifft, wird beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zusammengeführt und regelmäßig aktualisiert.

Die Gesundheitsämter haben dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zuletzt zum Jahresende 2005 über den Umsetzungsstand in ihren Zuständigkeitsbereichen berichtet. Danach wurde in allen Kreisen des Landes mit der Umsetzung des Nationalen Pandemieplans begonnen.

Mit der Vorstellung und Weitergabe der Empfehlungen zur Umsetzung des Nationalen Pandemieplans in Rheinland-Pfalz verfügen die Gesundheitsämter nunmehr über ein mit den wesentlichen Partnern des Gesundheitswesens in Rheinland-Pfalz abgestimmtes Konzept, das sie in die Lage versetzt, ihre örtlichen Maßnahmen weiterzuentwickeln.

Zu 4.: Für Rheinland-Pfalz wurde unter Federführung der Kassenärztlichen Vereinigung ein Rahmenkonzept für ein Stufenmodell entwickelt, das eine Einbindung aller niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in die Versorgung vorsieht. Dies dürfte für alle Patientinnen und Patienten von erheblichem Vorteil sein.

Dieses Konzept sieht vor, dass zunächst in allen Hausarzt-, Internisten- und Kinderarzt-Praxen „Sprechstundenkernzeiten" eingerichtet werden, in denen ausschließlich Personen mit akuten respiratorischen Erkrankungen behandelt werden sollen. Diese Kernzeiten sollen in allen Praxen gleich geregelt sein und über Aushänge, Mitteilungsblätter und in der Presse bekannt gemacht werden.

Sobald bestimmte Kapazitäten überschritten werden, ist vorgesehen, weitere Arztgruppen mit in die Versorgungsverpflichtung aufzunehmen.

Zur Entlastung des ambulanten Versorgungssystems werden „Mobile Ärzteteams", die die Hausbesuchstätigkeit unterstützen und „Fieberambulanzen", die besonders die Versorgung außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten sicherstellen, eingerichtet. Hierzu sollen mit Hilfe der Landesärztekammer in erster Linie freiwillige Helferinnen und Helfer mobilisiert werden.

Gemeinsam mit der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz und mehreren im rheinland-pfälzischen Raum tätigen pharmazeutischen Großhändlern wurde für die von der Landesregierung bevorrateten Medikamente ein Logistikmodell entwickelt, das die Steuerbarkeit der Medikamentenströme sicherstellt und eine Abgabe in allen Apotheken des Landes vorsieht. Dies betrifft alle vom Land bevorrateten Medikamente für alle prioritären Personengruppen.

Sobald ein entsprechender Pandemieimpfstoff von den Herstellern produziert sein wird, wird die Zuteilung der Impfstoffe über das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern erfolgen.

Die beruflich besonders exponierten Personenkreise ­ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen und der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ­ werden durch die betriebsärztlichen Dienste geimpft. Der öffentliche Gesundheitsdienst wird diese Impfaktionen koordinieren und gegebenenfalls unterstützen.

Die Risikogruppen in der Allgemeinbevölkerung und die restliche Allgemeinbevölkerung werden in Reihenimpfungen durch die Gesundheitsämter geimpft, zum Beispiel in Gemeinschaftseinrichtungen und/oder in den bereits für die Pockenimpfungen geplanten Massenimpfstätten. Hierzu laufen derzeit noch weitere Abstimmungen auf Bund-Länderebene.

Zu 5.: Ziel der Prioritätensetzung ist eine Medikamentenverteilung, die den höchsten Nutzen für die Minderung der Morbidität und Mortalität in der Allgemeinbevölkerung verspricht und daneben die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung und der öffentlichen Infrastruktur sicherstellt.

Der Nationale Pandemieplan empfiehlt daher eine prioritäre Behandlung folgender Risikogruppen:

­ Personen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko (dazu zählen voraussichtlich insbesondere ältere Personen und Personen mit Vorerkrankungen wie Asthma, Herzerkrankungen und Stoffwechselerkrankungen).

­ Bevorratung für Einsatzkräfte im Bereich öffentliche Sicherheit und Ordnung und im Gesundheitswesen.

Diesen Personengruppen soll auch in Rheinland-Pfalz Priorität bei der therapeutischen Versorgung mit antiviralen Arzneimitteln eingeräumt werden.

Empfehlungen zur medikamentösen Prophylaxe werden vom Robert Koch-Institut herausgegeben. Diese betreffen insbesondere Personengruppen des Gesundheitswesens, die infolge der Behandlung von erkrankten Personen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

Zu 6.: Grundsätzlich ist es Planungsaufgabe der Gesundheitsämter, die erforderlichen Bettenkapazitäten im jeweiligen Zuständigkeitsbereich sicherzustellen. Auf der gesetzlichen Grundlage des Infektionsschutzgesetzes und des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (LBKG) sind darüber hinaus alle Partner im Gesundheitswesen verpflichtet, zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen.

Im Dezember 2005 wurden daher vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit die Empfehlungen zur Erstellung von Krankenhaus-Alarm- und Einsatzplänen um die Empfehlungen zur Vorbereitung auf die Behandlung von Infektionskrankheiten ergänzt und den Krankenhausträgern zugeleitet. Sie sollen der Unterstützung der Krankenhäuser bei ihren notwendigen Planungen dienen und zeigen die erforderlichen Maßnahmen auf, wie geschützte Infektionsbereiche geschaffen werden können und welche Maßnahmen zum Patienten- und Personalschutz zu treffen sind. Die Krankenhausträger stellen den Gesundheitsämtern die in ihren Einrichtungen zu ermittelnden Daten für deren Planungen zur Verfügung.

Nur in wenigen rheinland-pfälzischen Regionen ist die Planung von den im Nationalen Pandemieplan definierten „Schwerpunktkrankenhäusern" sinnvoll. Daher sind im Dezember 2005 alle Krankenhäuser aufgefordert worden, entsprechende Planungen in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern zu entwickeln. Der Planungsstand wird beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zusammengeführt und regelmäßig aktualisiert.

Zu 7.: Unter der fachlichen Federführung des Robert Koch-Instituts wird eine nationale Medien- und Informationsstrategie entwickelt sowie Merkblätter zu allgemeinen Verhaltens- und Hygienemaßnahmen vorbereitet. Die auf nationaler Ebene abgestimmte Vermittlung infektionshygienischer und antiepidemischer Maßnahmen ist im Fall einer Pandemie von besonderer Bedeutung.

Im Pandemiefall liegt die Federführung der Pressearbeit bei der Pressestelle des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit. Sie wird den kommunalen Pressestellen die verfügbaren Informationen zeitnah zur Verfügung stellen, damit auch auf dieser Ebene jederzeit eine aktuelle, abgestimmte Medienarbeit möglich ist.

Zur Vorbereitung einer reibungslosen Kommunikation zwischen den Behörden und gegenüber der Öffentlichkeit wird von der Landesregierung ein Projekt zur Risikokommunikation entwickelt, in das auch die Pressestellen der Kreisverwaltungen und der Verwaltungen der kreisfreien Städte eingebunden werden.