Zweifel an der Erfüllung von Auflagen zur Begrenzung von Luftschadstoffen bei einem Spanplattenwerk in Kaisersesch (Kreis Cochem-Zell)

Im Rahmen einer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragten Ausschuss-Berichterstattung zu der Verbrennung schadstoffbelasteter Althölzer in einem Spanplattenwerk in Kaisersesch hatte die Landesregierung am 15. Februar 2005 einen Genehmigungsbescheid genannt, wonach „nur gering belastete Holzabfälle und Schleifstaub der Altholzkategorien A I u. A II aus der Fertigung für die Feuerungs- und Trocknungsanlagen" zulässig seien. Bekanntlich lagerten auf dem Firmengelände zum damaligen Zeitpunkt rund 3 000 Kubikmeter behördlich beanstandetes Holz einer auswärtigen Zulieferfirma, das in Schadstoffkategorie A IV einzustufen war und als Sonderabfall zu entsorgen gewesen wäre (vgl. u. a. Wochenspiegel, Ausgabe Mayen, Cochem vom 2. Februar 2005). Unabhängig von den damals eingeleiteten staatsanwaltlichen Ermittlungen prüfe, nach Auskunft der Ministerin, die SGD Nord, inwieweit die Festlegungen im Genehmigungsbescheid von 1989 zur Begrenzung von luftverunreinigenden Stoffen durch den Altholzeinsatz dem neuesten Stand entsprechen und erforderlichenfalls eine nachträgliche Anordnung erlassen werden müsse.

Jüngeren Pressemeldungen ist demgegenüber zu entnehmen, dass umfangreiche Mengen dieser belasteten Althölzer zur Verbrennung gelangt sein müssen. Dies gehe aus zwei gutachterlichen Stellungnahmen hervor, die wegen ihrer beabsichtigten Verwendung in der staatsanwaltschaftlichen Anklageschrift nicht öffentlich zugänglich seien. Sinngemäß könne davon gesprochen werden, dass die ermittelten Daten auf einen bedeutsamen Schadstoffausstoß durch Anlagen der Firma hindeuteten. Schadstoffe seien auch in der näheren und weiteren Umgebung des Firmengeländes freigesetzt worden (Wochenspiegel, Ausgabe Mayen, Cochem vom 4. Januar 2006).

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Maßnahmen haben welche zuständigen Behörden zu welchem Zeitpunkt unternommen, um sicherzustellen, dass die beanstandeten Hölzer der Schadstoffkategorie A IV einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt werden?

2. Welche Mengen des beanstandeten Holzes wurden seit Anfang 2005 in welcher Weise entsorgt?

Angabe bitte als Tabelle: Zeitpunkt der Verbringung/Menge/Anlage, der das beanstandete Holz zugeführt wurde.

3. Welche nachträglichen Anordnungen zur Begrenzung von luftverunreinigenden Stoffen wurden für welche Anlagen des Spanplattenwerks zwischenzeitlich erteilt?

4. Welche Kontrollmessungen auf welche luftverunreinigenden Stoffe wurden seit Bekanntwerden der missbräuchlichen Verbrennung von belasteten Althölzern seit 2003 durch wen vorgenommen?

5. Hält die Landesregierung eine kontinuierliche Messung von luftverunreinigenden Stoffen in der Umgebung der Anlage für erforderlich?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wie beurteilt die Landesregierung den Umstand, dass offenbar in der näheren und weiteren Umgebung des Firmengeländes eine gutachterlich festgestellte bedeutsame Schadstoffbelastung und damit eine gesundheitliche Gefahr für Anwohner besteht, zuständige Behörden allerdings unter Verweis auf § 353 d (Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen) von Abwehrmaßnahmen bzw. einer Aufklärung der Anwohner Abstand nehmen?

Das Ministerium für Umwelt und Forstenhat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 21. März 2006 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: Unmittelbar nach Kenntnis der Durchsuchungsergebnisse vom Januar 2005 wurde von der Kreisverwaltung Cochem-Zell als untere Immissionsschutz- und Abfallbehörde die weitere Verbrennung der beanstandeten Hölzer untersagt und ihre Entsorgung als A IVAltholz veranlasst.

Zu Frage 2: Die Entsorgung des beanstandeten Altholzes seit Anfang 2005 erfolgte nach Aufzeichnungen der Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland-Pfalz mbH (SAM) über zwei rheinland-pfälzische Altholzverwertungsbetriebe wie folgt:

Zu Frage 3: Mit Anordnung vom 2. Juni 2005 wurde festgelegt, dass Holz (Holzstaub, Holzspäne, stückiges Holz und Rinde) als Brennstoff in den Spänetrocknern, in der Kesselfeuerung sowie in der Thermoölanlage nur zum Einsatz kommen darf, wenn es folgenden Anforderungen gerecht wird:

­ naturbelassenes Holz bzw. naturbelassenes oder lediglich mechanisch bearbeitetes Altholz entsprechend der Altholzkategorie A I gemäß Altholzverordnung oder

­ verleimtes, gestrichenes, beschichtetes, lackiertes oder anderweitig behandeltes Altholz ohne halogenorganische Verbindungen in der Beschichtung und ohne Holzschutzmittel (Altholzkategorie A II gemäß Altholzverordnung), soweit es keine Schwermetalle in der Beschichtung enthält.

Mit Anordnung vom 28. Dezember 2005 wurden Vorgaben bezüglich des Schwermetall-, des organischen Chlor- und des Fluorgehaltes sowie des Gehaltes an polychlorierten Biphenylen (PCB) und Pentachlorphenol (PCP) der als Brennstoff eingesetzten Althölzer getroffen.

Mit Anordnung vom 28. Februar 2006 wurde dem Spanplattenwerk vorgegeben, an den relevanten Feuerungsanlagen Dioxin-Emissionsmessungen durchzuführen.

Zu Frage 4: Unabhängig von den derzeit laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hinsichtlich einer illegalen Verbrennung von belastetem Altholz wurden im Zeitraum vom Oktober 2001 bis März 2003 durch das damalige Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht im Auftrag der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord) Staubniederschlagsmessungen durchgeführt. Eine Überschreitung der zulässigen Staubimmissionswerte konnte nicht festgestellt werden.

Im Februar 2005 wurden durch eine anerkannte Messstelle nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz Emissionsmessungen für die Luftschadstoffe Kohlenmonoxid, Stickstoffoxide, Gesamtkohlenstoff sowie Gesamtstaub im Abgas der relevanten Emissionsquellen durchgeführt. Die Emissionsmessungen ergaben keine Überschreitung der zulässigen Grenzwerte.

Zurzeit erfolgen auf Veranlassung der SGD Nord weitere Bodenuntersuchungen durch Sachverständige sowie immissionsseitige Schwebstaub- und Staubniederschlagsmessungen durch das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (LUWG).

Zu Frage 5: Seit dem 1. Februar 2006 werden über eine Messdauer von mindestens einem Jahr die Schwebstaubkonzentration sowie die Staubniederschläge im Hinblick auf die Schwermetall- und Dioxinbelastung durch das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (LUWG) gemessen. Die Messungen erfolgen an Stellen der nächsten Wohnbebauung mit den mutmaßlich höchsten Belastungen. Über eine Fortsetzung der Messung wird nach Auswertung der Messergebnisse entschieden.

Zu Frage 6: Nach den Ergebnissen der den Behörden vorliegenden Gutachten und Messberichte liegt eine gesundheitliche Gefahr für die Bevölkerung von Kaisersesch und Umgebung nicht vor. Die relevanten Daten sowohl des Ergebnisses der Beprobung von naturbelassenem Holz durch das Institut Fresenius am 12. Oktober 2005 als auch des Gutachtens des Instituts für Umwelttechnik vom 28. November 2005 wurden von der SGD Nord bewertet und der Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz am 19. Januar 2006 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft bekannt gegeben.