Fördermittel

24. Inwieweit liegen der Landesregierung in diesem Zusammenhang insbesondere Erkenntnisse bezüglich der Beeinträchtigung von Fließgewässern durch den Einsatz von Turbinenantrieben vor?

Der Landesregierung liegen Ergebnisse von Forschungsvorhaben, Modellrechnungen und Messungen zu den Auswirkungen des Aufstaus von Mosel und Saar vor. Diese bestätigen die negativen Auswirkungen eines Aufstaus auf die Eutrophierung und den Sauerstoffhaushalt der gestauten Gewässer, wobei jedoch deutliche Entlastungen der Gewässer durch eine konsequente Abwasserreinigung möglich sind. Hinzuzufügen ist, dass der Aufstau von Mosel und Saar nicht vorrangig zur Nutzung der Wasserkraft, sondern im Hinblick auf die Schiffbarmachung der Gewässer erfolgt.

Zur Bewertung der ökologischen Beeinträchtigungen durch Ausleitungskraftwerke wurde der „Leitfaden zur Ermittlung des ökologisch begründeten Mindestdurchflusses in Ausleitungsstrecken" erarbeitet und 1999 zur Anwendung eingeführt. Er wurde im Oktober 2001 durch die „Empfehlung zur Ermittlung von Mindestabflüssen in Ausleitungsstrecken von Wasserkraftanlagen und zur Festsetzung im wasserrechtlichen Vollzug" der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser ersetzt; im Übrigen wird auf die Antwort zu Fragen 38 und 39 verwiesen.

Das Landesamt für Wasserwirtschaft Rheinland-Pfalz hat den morphologischen Zustand aller rheinland-pfälzischen Fließgewässer von mehr als einem Meter Breite in der landesweiten Strukturgütekartierung erfasst. Für rund 10 000 km Bäche und Flüsse wurden, unterteilt in 100-m-Abschnitte, 25 Struktureigenschaften erfasst und bewertet. Dazu zählten u. a. auch alle Querbauwerke und Rückstaubereiche. Die Bewertung erfolgt in Strukturgüteklassen von eins (unverändert) bis sieben (vollständig verändert), bezogen auf einen natürlichen, ökologisch intakten Gewässerzustand, und umfasst auch die ökologischen Beeinträchtigungen der Wasserkraftanlagen. Die rheinland-pfälzische Strukturgütekarte wurde im Februar 2001 veröffentlicht.

Die Fischereireferate der damaligen Bezirksregierungen Trier und Koblenz sowie die Berufsfischereivereinigung Rhein-Mosel e. V. haben im Jahr 1993 über mehrere Monate hinweg mit Hilfe einer Großreuse am Turbinenauslauf der Staustufe Fankel die turbinenbedingten Fischereischäden in der Mosel untersucht. Der nach den Ergebnissen ermittelte Gesamtschaden in Mosel und Saar wurde auf mindestens 245 420,­ Euro pro Jahr geschätzt. Die daraufhin vertraglich gegründete „Aalschutz-Initiative Rheinland-Pfalz/RWE Energie AG" nennt zwar namentlich nur den Aal als Schutzziel, steht aber für einen ganzheitlichen Ansatz eines Schutzkonzeptes für alle betroffenen Fischarten. Die vertraglich vereinbarten Zahlungen des RWE werden je zur Hälfte für Sofortmaßnahmen und Forschungsvorhaben eingesetzt.

Im Zuge der Erstellung des Fischartenkatasters wurden u. a. die ökomorphologischen Veränderungen infolge Wasserkraftnutzung erfasst, wobei vertiefte Untersuchungen an Wied, Nette, Lahn, Salm, Kyll, Ahr, Queich, Nahe, Glan, Sieg, Sauer, Our und Saynbach einschließlich der meisten Nebenbäche durchgeführt werden.

1986 wurde von der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins im Rahmen des „Aktionsprogramms Rhein" ein „Ökologisches Gesamtkonzept für den Rhein" verabschiedet, in dem das Programm „Lachs 2000" einen Schwerpunkt darstellt. Rheinland-Pfalz war an diesem Programm mit der Sieg, dem Saynbach und der Lahn beteiligt. Insbesondere für die Lahn sind ökomorphologische und fischereibiologische Untersuchungen durchgeführt worden.

Das Ziel des Programms „Lachs 2000" wird durch die Ergebnisse des „Ökologisch begründeten Sanierungskonzeptes für den rheinland-pfälzischen Teil der Lahn" unterstützt. Dieses Sanierungskonzept wurde vom Land mit eigenen Mitteln durchgeführt, nachdem der Bund sich geweigert hatte, ein im Verbandforschungsvorhaben „Modellhafte Erarbeitung ökologisch begründeter Sanierungskonzepte für kleine Fließgewässer" laufendes Projekt im hessischen Lahnabschnitt auf die gesamte Lahn auszuweiten.

Einzeluntersuchungen, so z. B. an der Wasserkraftanlage Scheuerfeld (Sieg), zu den Auswirkungen des Turbinenbetriebes und der Effizienz der Fischauf- bzw. -abstiegseinrichtungen sind im Zuge wasserrechtlicher Genehmigungsverfahren durchgeführt worden.

25. Ist es richtig, dass seitens des Wirtschaftsministeriums Fördermittel für Wasserkraftanlagen vor und vorbehaltlich einer noch zu erteilenden wasserrechtlichen Genehmigung und einer damit verbundenen Umweltverträglichkeitsprüfung vergeben werden?

26. In welcher Höhe und in wie vielen Fällen wurden derartige Förderzusagen ggf. erteilt?

27. Würde die Landesregierung der Ansicht zustimmen, dass man in einem solchen Verfahren eine Präjudizierung des weiteren Verfahrens sehen kann und damit eine Druckausübung auf die Genehmigungsbehörden ermöglicht wird?

28. Wenn nein, warum wird dann ggf. so verfahren?

29. Wenn ja, sind derartige Wirkungen so gewollt?

30. Sind ihr entsprechende Fälle bekannt oder vorgetragen worden?

Im Zeitraum der Jahre 1990 bis 2001 wurden vom damaligen Ministerium für Wirtschaft und Verkehr und jetzigen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Landeszuschüsse in Höhe von 4,7 Mio. DM für die Errichtung, Erweiterung und Reaktivierung von insgesamt 57 Wasserkraftanlagen, davon 56 Anlagen im Zeitraum 1990 bis 1997, bewilligt.

In Einzelfällen wurden auch Zuschüsse vor Erteilung einer wasserrechtlichen Genehmigung zugesagt. Dies erfolgte, um dem Investor vor dem Einstieg in ein umfangreiches Genehmigungsverfahren die notwendige finanzielle Planungssicherheit zu geben. Der Beirat für Landespflege hat diese Vorgehensweise im Zusammenhang mit einer Wasserkraftanlage an der Prüm kritisiert. Die Landesregierung sieht jedoch in der Vorgehensweise keine Präjudizierung hinsichtlich des weiteren Genehmigungsverfahrens. Es handelt sich aber um zwei von einander unabhängige Verfahren.

Grundsätzlich wird dem Investor empfohlen, sich frühzeitig mit der Genehmigungsbehörde über die zu beachtenden Randbedingungen abzustimmen.

Eine vollständige Erhebung, in wie vielen Fällen eine derartige Förderzusage erteilt wurde, würde aufgrund der großen Zeitspanne einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand voraussetzen. Es sind zwei Fälle bekannt, die Reaktivierung und Erweiterung einer Wasserkraftanlage an der Prüm und eine Neuerrichtung an der Gay. Für die Anlage an der Prüm mit einem beantragten Investitionsvolumen in Höhe von 3,2 Mio. DM und einer Förderzusage in Höhe von rund 688 000,­ DM wurde später die ausstehende Genehmigung erteilt. Für eine Neuerrichtung an der Gay mit einem Investitionsvolumen von 2,7 Mio. DM und einer Förderzusage in Höhe von rund 320 000,­ DM wurde keine wasserrechtliche Genehmigung erteilt.

33. In welcher Form und inwieweit werden Bedenken hinsichtlich der ökologischen Verträglichkeit von Wasserkraftanlagen in die entsprechenden Genehmigungsverfahren einbezogen?

34. In welchem Umfang und in welchen und wie vielen Fällen und aus welchen Gründen wurde und wird auf Planfeststellungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfung im Zusammenhang mit der Genehmigung von Wasserkraftanlagen verzichtet?

35. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Reaktivierung alter, ungenutzter Wasserrechte zur Errichtung neuer Wasserkraftanlagen die Gewässerstruktur erheblich verändert?

36. Ist in solchen Fällen ein Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich?

Die Errichtung von Wasserkraftanlagen stellt einen Gewässerausbau gemäß § 31 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) dar. Dieser Gewässerausbau bedarf gemäß § 31 Abs. 2 WHG in Verbindung mit dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung der Planfeststellung und der Umweltverträglichkeitsprüfung durch die jeweils zuständige Wasserbehörde, mit Ausnahme der in § 31 Abs. 3 WHG genannten Fälle.

Die Reaktivierung alter und ungenutzter Wasserrechte stellt in der Regel einen Eingriff in den vorhandenen Gewässerzustand dar.

Dabei wird die Gewässerstruktur je nach Anlagentyp und örtlicher Situation unterschiedlich stark beeinträchtigt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die zur Ausübung des Wasserrechts erforderlichen Anlagen nicht mehr oder nur noch teilweise vorhanden sind und wiederhergestellt werden müssen.

Da die Reaktivierung alter, ungenutzter Wasserrechte normalerweise mit umfangreichen Baumaßnahmen verbunden ist, handelt es sich auch hier in der Regel um einen Gewässerausbau nach § 31 WHG, der den bereits genannten Verfahrensregeln unterliegt.

37. Wie beurteilt die Landesregierung das Verhältnis von ökologischem Nutzen und Schaden durch Wasserkraftanlagen in Relation zur Größenordnung bzw. Leistungskraft der Anlage?

Eine pauschale Korrelation zwischen ökologischem Nutzen und Schaden einer Wasserkraftanlage in Abhängigkeit von der Größenklasse ist aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Randbedingungen für jedes Gewässer und jede Anlage sowie die große Varianz der Berechnungsmethoden (z. B. zur Monetarisierung der Auswirkungen) nicht möglich. Insofern wird nochmals die Bedeutung einer einzelfallbezogenen Abwägung hervorgehoben.

Es ist davon auszugehen, dass bei der Zulassung von Neuanlagen an naturnahen Gewässern in aller Regel die ökologischen Beeinträchtigungen in keinem Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Nutzen und den positiven Auswirkungen auf die Klimaschutzziele stehen. Bei bestehenden Anlagen oder der Reaktivierung von Standorten mit meist schon vorgeschädigten Gewässerstrecken besteht hingegen die Möglichkeit, über die Zulassungsverfahren Auflagen zu formulieren, die eine ökologische Verbesserung entsprechend den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie herbeiführen können.

38. Welche Vorgaben oder Empfehlungen gibt es seitens der Landes im Zusammenhang mit der Genehmigung von Wasserkraftanlagen?

39. Welchen Inhalts sind diese, und wie reagiert die Landesregierung auf die vorgetragene Kritik an einem sog. Leitfaden hierzu?

Die Genehmigung von Wasserkraftanlagen erfolgt entsprechend den Vorgaben des WHG, des Landeswassergesetzes und des Verwaltungsverfahrensgesetzes. In den Abwägungsprozess der Wasserbehörde gehen auch die fachtechnischen Stellungnahmen zur Frage der Mindestwasserführung in der Ausleitungsstrecke ein.

Um diese Stellungnahme auf einer fachlich fundierten Grundlage zu erstellen, wurde im Juni 1999 der „Leitfaden zur Ermittlung des ökologisch begründeten Mindestdurchflusses in Ausleitungsstrecken" durch das Ministerium für Umwelt und Forsten eingeführt. Auf der Grundlage dieses rheinland-pfälzischen Leitfadens hat die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) die „Empfehlungen zur Ermittlung von Mindestabflüssen in Ausleitungsstrecken von Wasserkraftanlagen und zur Festsetzung im wasserrechtlichen Vollzug" erarbeitet, die nach Zustimmung durch die Umweltministerkonferenz eingeführt worden sind.

Die Empfehlung der LAWA unterscheidet zwischen dem so genannten Biotopabflussansatz, der im Wesentlichen dem rheinlandpfälzischen Verfahren entspricht, und dem statistischen, so genannten ökohydrologischen Ansatz. Die LAWA empfiehlt, den Mindestabfluss zunächst mit Hilfe des Biotopabflussansatzes zu ermitteln.

Die Umweltverbände kritisieren, dass die mit dem rheinland-pfälzischen Verfahren ermittelten Wassermengen zu niedrig seien, während der Wert den Kraftwerksbetreibern zu hoch ist. Da das rheinland-pfälzische Verfahren aber über die LAWA bundesweit anerkannt und zum Beispiel das Oberverwaltungsgericht Koblenz die Festlegung der Mindestwasserführung entsprechend dem rheinland-pfälzischen Leitfaden bestätigt hat, sieht die Landesregierung die Kritik an dem Verfahren als gegenstandslos an.

Die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und die dort gestellten Anforderungen bestätigen die von der Landesregierung verfolgte Strategie.