„Verwirrende Besitzverhältnisse" und mangelnde Absicherung des Betriebsgeländes der ehemaligen Firma Döss in Sprendlingen (Kreis Mainz-Bingen) nach behördlicher Stilllegung

In Presseberichten wurden die Besitzverhältnisse von Sondermüll der ehemaligen Firma „Döss" und ihrer Nachfolger von einem Vertreter der Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD Süd) als „höchst verwirrend" bezeichnet (Allgemeine Zeitung vom 31. Oktober 2001). Auch wurden Zweifel geäußert, ob das Betriebsgelände ausreichend gesichert und überwacht werde. Ein Referatsleiter der SGD Süd sagte in diesem Zusammenhang auf die konkrete Nachfrage: „Döss senior schaut regelmäßig vorbei" (vgl. DIE RHEINPFALZ vom 30. Oktober 2001).

Dem Bürgermeister von Sprendlingen war nach Presseberichten bis 29. Oktober 2001 nicht bekannt, dass noch immer Sonderabfälle auf dem Betriebsgelände der ehemaligen „Döss-Firmen" lagern.

Ich frage die Landesregierung:

1. Durch welche Umstände konnten die von einem Referatsleiter der genehmigenden Behörde (SGD Süd) als „höchst verwirrend" bezeichneten Besitzverhältnisse des Sonderabfalls bzw. der Anlage(n) entstehen?

2. Zu welchem Zeitpunkt wechselten insbesondere seit 1998 die Besitzverhältnisse bis zur Insolvenz der Nachfolgeunternehmen der Firma „Döss" mit welchen Konsequenzen hinsichtlich der genehmigungsrechtlichen Tatbestände sowie der Verantwortung für die dort lagernden Sonderabfälle?

3. Wer war bzw. ist seit 1998 Besitzer der dort lagernden Sonderabfälle?

4. Wer kann zur Finanzierung einer ordnungsgemäßen Entsorgung dieser Sonderabfälle herangezogen werden (beispielsweise der Grundstückseigentümer)?

5. Trifft es zu, dass „Döss senior regelmäßig vorbeigeschaut hat", um auf diese Weise die ausreichende Sicherung des Betriebsgeländes festzustellen?

Wenn nein: In welcher Weise und durch wen wurden das Betriebsgelände und die dort lagernden Sonderabfälle seit der Stilllegung be- bzw. überwacht?

6. Welche Informationen bzw. Anweisungen im Zusammenhang mit dem Betriebsgelände und den dort lagernden Sonderabfällen wurden seit 1998 dem Bürgermeister der Gemeinde zu welchem Zeitpunkt von den zuständigen übergeordneten Behörden übermittelt?

Das Ministerium für Umwelt und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 31. Januar 2002 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Im Rahmen der rechtlichen Bewertung der vom Fragesteller angesprochenen Besitzverhältnisse waren die zwischen der Grundstückseigentümerin und den Pächtern bzw. Anlagenbetreibern sowie der Franchise-Geberin und der Franchise-Nehmerin getroffenen ­ teilweise komplizierten und auslegungsbedürftigen ­ Regelungen zu berücksichtigen. Dabei waren zudem auf der Liegenschaft lastende Grundpfandrechte, Eigentums- und Sicherungsrechte an den sich auf dem Grundstück befindenden Abfalltransportbehältern und die dem Konkursverwalter der UTS GmbH zustehenden Befugnisse und auferlegten Verpflichtungen zu beachten.

Zu 2.: Anlagenbetreiber war zunächst die seit 1997 in UTS GmbH umfirmierte Döss GmbH. Die UTS GmbH meldete am 29. Dezember 1998 Konkurs an. Der Anlagenbetrieb wurde ab 1. April 1999 vom Konkursverwalter der UTS GmbH an die CCR Verwertungscenter Rheinhessen GmbH verpachtet. Durch Verfügung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 15. Februar 2000 wurde der Weiterbetrieb der Anlage untersagt. Seither ist die Anlage stillgelegt.

Am 4. April 2000 wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung über die CCR Verwertungscenter Rheinhessen GmbH und die als Zulieferer fungierende GRS mbH angeordnet. Die Insolvenzeröffnung wurde am 8. September 2000 mangels Masse abgelehnt. Danach hat der Konkursverwalter der UTS GmbH in Zusammenarbeit mit den Beauftragten der Grundstückseigentümerin und dem Liquidator der CCR Verwertungscenter Rheinhessen GmbH sowie in Abstimmung mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd die Notverwaltung der stillgelegten Anlage bis zur endgültigen Entsorgung der noch lagernden Restabfälle geregelt. Diese wurde im November 2001 abgeschlossen.

Änderungen in der Person des Anlagenbetreibers sind nach dem hier anzuwendenden Immissionsschutzrecht nicht genehmigungsbedürftig. Die zuständige Behörde kann allerdings bei Vorliegen der einschlägigen gesetzlichen Voraussetzungen die Anlage stilllegen und den Weiterbetrieb untersagen, wovon die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd mit ihrem Stilllegungs- und Räumungsbescheid vom 15. Februar 2000 Gebrauch gemacht hat.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass diese immissionsschutzrechtliche Untersagung die erteilte Anlagengenehmigung in ihrem Bestand unberührt lässt. Für eine Rücknahme oder einen Widerruf der Anlagengenehmigung besteht derzeit allerdings kein Anlass, zumal durch den erwähnten Bescheid vom 15. Februar 2000 die Fortführung des Anlagenbetriebs wirksam verhindert und die Rechtsgrundlage für die Räumung der Restabfälle geschaffen wurde. Zudem erlischt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG die Anlagengenehmigung, wenn die Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wurde.

Zu 3.: Bis zur Verpachtung der Anlage am 1. April 1999 waren zunächst die UTS GmbH und später ihr Konkursverwalter Besitzer der betreffenden Abfälle. Bis zur Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens am 4. April 2000 war sodann die CCR Verwertungscenter Rheinhessen GmbH Abfallbesitzer. Danach stand die Disposition über den Besitz bis zur Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 8. September 2000 dem vorläufigen Insolvenzverwalter zu und sodann dem Liquidator.

Zu 4.: Zur Finanzierung einer ordnungsgemäßen Entsorgung der betreffenden Abfälle kann neben dem Verhaltensstörer auch der Grundstückseigentümer (Zustandsstörer) in Anspruch genommen werden. Ob eine solche Inanspruchnahme zum Erfolg führt, hängt allerdings vornehmlich davon ab, ob Vermögenswerte vorhanden sind, auf die im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung wirksam zugegriffen werden kann.

Zu 5.: Ja. Der Ehemann der Grundstückseigentümerin war fast täglich auf dem Betriebsgelände anwesend, um die Funktionsfähigkeit der anlagentechnischen Einrichtungen einschließlich der Warnanlagen sowie der Schließvorrichtungen sicherzustellen und gegen unbefugten Zutritt Vorsorge zu treffen. Dies entsprach den Vereinbarungen zwischen der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, den Bevollmächtigten der Grundstückseigentümerin und dem Konkursverwalter.

Darüber hinaus haben aber auch Mitarbeiter der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd mehrfach ­ mitunter unangekündigt ­ Kontrollbegehungen durchgeführt, wobei in Einzelfällen auch die Kreisverwaltung Mainz-Bingen und die örtliche Feuerwehr hinzugezogen worden sind.

Zu 6.: Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (bzw. die frühere Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz) und die Verbandsgemeindeverwaltung Sprendlingen-Gensingen haben sich fortlaufend über wichtige ­ insbesondere den gemeindlichen Aufgabenbereich betreffende ­ Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Anlagenbetrieb informiert. Die diesbezüglich zahlreichen Unterrichtungen erfolgten schriftlich, telefonisch sowie mündlich im Rahmen von Besprechungen und Ortsterminen. Bei einem dieser Ortstermine war auch der Bürgermeister der Ortsgemeinde Sprendlingen zugegen.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Ortsgemeindeverwaltung im betreffenden Zeitraum über die jeweilige Situation auf dem Betriebsgelände informiert gewesen ist.