Tatverdächtigenzahlen

Aufgrund der Erfassungsmodalitäten der PKS ist aus den Tatverdächtigenzahlen kein Rückschluss auf die genaue Anzahl der von diesen Personen jeweils begangenen Straftaten möglich. Die PKS ermöglicht nur Aussagen darüber, ob sich die Person legal oder illegal in der Bundesrepublik Deutschland aufhielt bzw. aufhält.

Bei nichtdeutschen Tatverdächtigen, die sich legal hier aufhalten, wird in der PKS der Anlass ihres Aufenthalts den nachfolgenden Kategorien zugeordnet:

­ Stationierungsstreitkräfte und deren Angehörige,

­ Tourist/Durchreisender,

­ Student/Schüler,

­ Arbeitnehmer,

­ Gewerbetreibender,

­ Asylbewerber,

­ Sonstige.

Obwohl diese Differenzierung keine detaillierte Aussage zur Verweildauer der ermittelten Tatverdächtigen ermöglicht, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich Touristen und Durchreisende nur kurzfristig hier aufhalten, während Studenten, Schüler, Arbeitnehmer, Gewerbetreibende sowie Asylbewerber längere Zeit oder gar auf Dauer in der Bundesrepublik Deutschland leben.

Allerdings liegen keine Zahlen darüber vor, wie viel Asylsuchende sich tatsächlich insgesamt im Laufe eines Jahres in Rheinland Pfalz aufgehalten haben, weil keine Verlaufsstatistik geführt wird. Die Zahl erhöht sich durch Neuanträge oder Zuzüge infolge von Zuweisungen und Umverteilungen. Gleichzeitig verringert sie sich auch durch Ablehnung von Anträgen, Ausreisen, Fortzüge, durch Verteilungen, freiwillige Ausreisen vor Abschluss des Verfahrens und sonstige Verfahrenserledigungen. Deshalb ist eine Aussage zur Kriminalitätsbelastung dieser Personengruppe nicht möglich.

Nichtdeutschen Tatverdächtigen wurden, wie im Berichtszeitraum 1997/1998, am häufigsten

­ Straftaten gegen das Ausländer- und Asylverfahrensgesetz,

­ Ladendiebstähle,

­ Körperverletzungen,

­ Erschleichen von Leistungen und

­ Urkundenfälschungen zur Last gelegt.

1999 wurden etwa 69 % und 2000 etwa 66 % aller nichtdeutschen Tatverdächtigen dieser Delikte beschuldigt.

Extremistisch motivierte Kriminalität:

Rechtsextremismus:

Im Jahre 2000 wurden bundesweit etwa 50 900 (1999: 51 400) Rechtsextremisten gezählt, davon waren ca. 2 200 Neonazis. Das Spektrum der militanten Rechtsextremisten umfasste Ende 2000 bundesweit etwa 9 700 Personen (1999: 9 000). Der Anstieg der Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten resultiert aus einem Zuwachs in der rechtsextremistischen Skinhead-Szene.

In Rheinland-Pfalz gehörten Ende 2000 etwa 1 900 Personen (1999: 1 900) dem rechtsextremistischen Spektrum an, davon waren ca. 50 militante Neonazis und ca. 50 militante rechtsextremistische Skinheads.

Bundesweit waren im Jahre 2000 15 951 (1999: 10 037) Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund zu verzeichnen. Die Zahl der Gewalttaten stieg 2000 auf 998 an (1999: 746).

Die Anzahl von Straftaten mit erwiesenem bzw. zu vermutendem rechtsextremistischen Hintergrund stieg 2000 auf 610 Delikte an (1999: 352 Straftaten). Die in diesen Zahlen enthaltenen Gewalttaten (ohne Sachbeschädigungen) stiegen von 24 auf 37. In Rheinland-Pfalz wurden 2000 sieben jüdische Friedhöfe u. a. durch Umwerfen und Besprühen von Grabsteinen geschändet (1999: zwölf).

Aus Sicht des Verfassungsschutzes gibt es nach wie vor keine rechtsextremistische Gruppe, die im Sinne des § 129 a Strafgesetzbuch als terroristische Vereinigung angesehen werden kann. Bislang sind auch keine festen rechtsterroristischen Strukturen erkennbar.

Gleichwohl waren auch in den Jahren 1999 und 2000 ernst zu nehmende Hinweise auf rechtsterroristische Planungen von Einzeltätern oder isolierten Kleingruppen festzustellen, wie z. B. die anhaltende szeneinterne Gewaltdiskussion sowie erneute Waffenund Sprengstofffunde im Bundesgebiet außerhalb von Rheinland-Pfalz, so im Juni 2000 bei Mitgliedern der „Skinheads Sächsische Schweiz" (SSS) in Sachsen.

Von den in Rheinland-Pfalz geschätzten 350 Skinheads, bei denen es sich nicht in allen Fällen um Extremisten handelt, werden weiterhin etwa 50 als neonazistisch ausgerichtet eingestuft, die schwerpunktmäßig in der Vorderpfalz und in den Großräumen Koblenz/Westerwald und Zweibrücken/Westpfalz agieren. Im Bereich der Region Westerwald bestehen Kontakte zur Skinheadszene nach Hessen und Nordrhein-Westfalen; im Bereich der Vorderpfalz unterhält die rechtsextremistische Skinheadszene Verbindungen zu „autonomen Kameradschaften" in Baden-Württemberg. In den Jahren 1999 und 2000 kam es anlässlich von Weinund Volksfesten in Rheinland-Pfalz erneut zu Provokationen durch rechtsextremistisch beeinflusste Skinheads.

Skinheadmusik, Konzerte und „Fanzines" (abgeleitet vom englischen fan-magazine) sind nach wie vor entscheidende Elemente für Zusammenhalt und Motivation dieser Szene (in Rheinland-Pfalz erschien das Fanzine „Rheinsturm" aus dem Raum Koblenz).

Seit mehreren Jahren befindet sich die Skinhead-Musikszene im Aufwärtstrend. Sowohl die Zahl der rechtsextremistischen Skinhead-Bands als auch die Produktion rechtsextremistischer Tonträger haben kontinuierlich zugenommen. Zugleich sind weiterhin eine Kommerzialisierung und eine Zunahme der Zahl der Vertreiber rechtsextremistischer Skinheadmusik festzustellen. In Rheinland-Pfalz wurden in den Jahren 1999 und 2000 die Gruppen „Feldzug" und „United Blood" aus dem Raum Bad Dürkheim bekannt, die öffentlich allerdings nicht in Erscheinung traten. Die Zahl rechtsextremistischer Skinhead-Konzerte war zwischen 1995 (35) und 1998 (128) bundesweit stark steigend. Im Jahre 1999 fanden 105 und im Jahr 2000 noch 76 Konzerte statt. Dazu kamen 2000 allerdings 40 Konzerte (1999: 27) rechtsextremistischer „Liedermacher", an denen auch Skinheads teilnahmen. Der in den letzten Jahren zu beobachtende starke Anstieg von Skinhead-Konzerten scheint somit vorerst gestoppt zu sein.

Die geringere Zahl der Konzertveranstaltungen dürfte zum Teil auch auf das Verbot der Skinheadgruppierung „Blood & Honour" am 14. September 2000 zurückzuführen sein, die in der Vergangenheit als Organisator größerer Skinheadkonzerte bundesweit in Erscheinung trat.

Auftritte von Skinhead-Bands fanden in den Jahren 1999 und 2000 auch in Rheinland-Pfalz statt, so u. a. am 4. April 1999 in Monzingen, am 17. Juli 1999 in Warmsroth bei Stromberg, am 29. Januar 2000 in Rehborn/Kreis Bad Kreuznach, am 18. März 2000 in Zweibrücken-Wattweiler und am 14. Oktober 2000 in Zweibrücken-Bubenhausen. An den Konzerten in Rheinland-Pfalz nahmen teilweise bis zu 800 Besucher teil; Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten wurden dabei nicht bekannt.

In den Jahren 1999 und 2000 führten die Behörden in mehreren Bundesländern erneut zahlreiche Exekutivmaßnahmen gegen Vertreiber und Produzenten rechtsextremistischer Skinheadmusik durch. So durchsuchte die Polizei zuletzt am 14. Juni 2000 auch in Rheinland-Pfalz 21 Wohnungen. Dabei stellte sie CDs mit rechtsextremistischem Liedgut sowie T- und Sweat-Shirts mit rechtsextremistischen Symbolen sicher.

Wegen des beachtlichen kommerziellen Erfolges dürften sich die Verbreiter rechtsextremistischen „Liedgutes" sowie die Veranstalter von Konzerten von Exekutivmaßnahmen auf Dauer jedoch nicht abschrecken lassen.

Ende 2000 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 60 neonazistische Organisationen mit etwa 2 200 Mitgliedern (1999: 49 Organisationen mit etwa 2 200 Mitgliedern). In Rheinland-Pfalz waren es 1999 und 2000 ca. 50 überwiegend organisierte Neonazis.

In der Neonaziszene in Rheinland-Pfalz ist insbesondere die „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) zu nennen. Die Neonazi-Aktivistin Ursula MÜLLER aus Mainz-Gonsenheim nahm weiter das Amt als

1. Vorsitzende der HNG wahr und betreute inhaftierte Gesinnungsgenossen.

Das Internet ist als weltweites Computernetz inzwischen zu einem äußerst wichtigen Propagandainstrument für die Rechtsextremisten geworden. Während es 1996 noch 32 Homepages deutscher Rechtsextremisten bzw. rechtsextremistischer Organisationen im Internet gab, waren es Ende des Jahres 2000 etwa 800. Weltweit wird die Zahl rechtsextremistischer Hompages nach Angaben des Simon Wiesenthal Centers in Los Angeles auf ca. 3 000 geschätzt.

Die NPD ist gegenwärtig die aggressivste rechtsextremistische Partei in Deutschland. Unter der Leitung des seit 1994 amtierenden Parteivorsitzenden Udo VOIGT band die NPD verstärkt Neonazis und Skinheads in die Parteiaktivitäten ein.

Mit der Einbeziehung dieses Personenkreises in ihr Konzept der „Drei-Säulen-Strategie" („Kampf um die Straße", „Kampf um die Köpfe" und „Kampf um die Parlamente") verfolgt die Partei das Ziel, sich durch Aufmärsche und Großveranstaltungen öffentlichkeitswirksam darzustellen und dadurch Mitglieder zu gewinnen.

Der Mitgliederbestand stieg bis Ende 2000 auf 6 500 (1999: 6 000) Parteiangehörige an, davon 250 im Landesverband Rheinland-Pfalz. Bundesweit sankt der Altersdurchschnitt von früher 45 auf nunmehr 39 Jahre.

Auch die NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten" (JN) baute ihren Mitgliederbestand im Jahr 2000 auf ca. 500 Personen aus (1999: 350), davon gleich bleibend ca. 30 Mitglieder in Rheinland-Pfalz.

1999 führte die NPD bundesweit 54 Demonstrationen durch. Im Jahr 2000 veranstaltete die NPD mehr als 60 Demonstrationen, davon zwei in Ludwigshafen am Rhein (am 29. Januar 2000 mit ca. 120 Teilnehmern und am 1. Mai 2000 mit ca. 300 Teilnehmern).

Das verstärkte öffentliche Auftreten der NPD, die Öffnung der Partei für Neonazis und Skinheads sowie die Wahl ehemaliger Führungskader aus der Neonaziszene in den Parteivorstand und nicht zuletzt die große Zahl der NPD-Mitglieder, die strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, veranlassten die Bundesregierung, den Bundestag und den Bundesrat, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf ein Verbot der NPD zu stellen.

Linksextremismus Personen- oder objektbezogene Anschläge der „Roten Armee Fraktion" (RAF) wurden 1999/2000 nicht bekannt. Die RAF hatte im April 1998 ihre Auflösung erklärt. Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder ist die Organisation nicht mehr existent.

Die mutmaßlichen RAF-Mitglieder Ernst Volker STAUB und Daniela KLETTE wurden bei einem 1999 in Duisburg verübten Raubüberfall auf einen Geldtransport einwandfrei als Täter identifiziert. Ob es sich dabei um die Weiterführung der RAF oder das Entstehen einer terroristischen Vereinigung handelt, die mit den Mitteln der RAF ihren Lebensunterhalt bestreitet, ist noch unklar.

1999 wurde in Berlin ein mutmaßliches Mitglied der „Revolutionären Zellen" (RZ) festgenommen. Das Kammergericht Berlin verurteilte den Angeklagten im Dezember 2000 zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Auf ihn fand die Kronzeugenregelung Anwendung, da er durch umfassende Aussagen zur Identifizierung und Festnahme weiterer RZ-Mitglieder beigetragen hatte.