Verkehrssicherungspflicht und haftungsrechtliche Verantwortlichkeit bezüglich Bahnanliegergrundstücken

Mehrere durch Bergrutsch verursachte Unfälle entlang der Mittelrhein-Bahnstrecke in den letzten Monaten haben bei gemeindlichen und privaten Anliegern der Bahnstrecke, insbesondere Oberliegern, die Frage nach der Verkehrssicherungspflicht entlang von Bahnstrecken und der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit nach aufgetretenen Bergrutschen und dadurch verursachten Bahnunfällen aufkommen lassen.

Ich frage deshalb die Landesregierung:

1. Wer hat und wie gestaltet sich die Verkehrssicherungspflicht an Grundstücken entlang von Bahnstrecken?

2. Wie gestaltet sich haftungsrechtlich die Verantwortlichkeit in Bezug auf An- bzw. Oberlieger von Bahnstrecken, von deren Grundstücken ein Bergrutsch mit Unfallfolge ausgehen kann?

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 26. März 2002 wie folgt beantwortet:

Zu Fragen 1 und 2: Grundsätzlich muss jeder Grundstückseigentümer dafür Sorge tragen, dass die Nutzung des Grundstücks in einer Weise erfolgt, dass Dritte nicht Schaden nehmen oder keine sonstigen nachteiligen Wirkungen von dem Grundstück ausgehen (Verkehrssicherungspflicht). Den Grundstückseigentümer trifft demnach keine Verantwortlichkeit, wenn die Gefahren nicht durch seine Nutzung, sondern allein durch das Wirken von Naturgewalten verursacht sind, wie z. B. Felssturz bei Verwitterung, Geröllabgang nach Unwetter. Gelangt jedoch Gestein oder Geröll nicht ausschließlich durch das Wirken von Naturkräften auf eine darunter liegende Bahnstrecke, sondern ist sein Sturz auf eine von Menschenhand vorgenommene Veränderung des Hanggrundstücks oder auf dessen wirtschaftliche Nutzung zurückzuführen, wie z. B. Verstärkung des Regenwasserablaufs durch Hangabschrägung, ist für solche Auswirkungen der Eigentümer des Hanggrundstücks verantwortlich.

Unabhängig davon obliegt die Verkehrssicherungspflicht für Bahnstrecken im Eigentum des Bundes der DB Netz AG. Die Verkehrssicherungspflicht des Eisenbahnunternehmers hat zum Inhalt, Verkehrsteilnehmer vor den Gefahren zu schützen, die ihnen aus dem Zustand des Verkehrswegs bei zweckgerechter Benutzung drohen. Der verkehrssicherungspflichtige Eisenbahnunternehmer muss nicht nur einschreiten, wenn tatsächlich Hindernisse auf die Bahnstrecke gelangt sind, sondern er ist auch verpflichtet, Vorsorge gegen Gefahren zu treffen, die aus der besonderen Lage der Bahnstrecke infolge daneben liegender Steilhänge, Vertiefungen oder Wasserläufe drohen, z. B. durch Errichtung von Zäunen und den Bau von Gräben.