Lohnstruktur in Rheinland-Pfalz

Aufgrund der aktuellen Diskussion über Mindest- oder Kombilöhne frage ich die Landesregierung:

1. In wie vielen aktuell gültigen Tarifverträgen finden sich Bruttotariflöhne bis7,50 Euro in der Stunde (bitte einzelne Tarife, Tätigkeiten und Löhne aufführen)?

2. Welche Tarifverträge sind in Rheinland-Pfalz allgemeinverbindlich?

3. In welchen Branchen bestehen keinerlei Tarifverträge, weil z. B. keine Tarifvertragsparteien mehr da sind?

4. Welche Erkenntnisse über besonders niedrige Löhne oder Dumpinglöhne liegen der Landesregierung vor?

5. In welchen Branchen finden sich solche Niedriglöhne besonders häufig?

6. In welchen Regionen existieren Lohnspiegel?

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. Mai 2007 wie folgt beantwortet:

Zu 2.: In Rheinland-Pfalz sind derzeit 15 Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt. Nach Wirtschaftsbereichen aufgeteilt, handelt es sich um folgende Tarifverträge:

­ Keramische Industrie und Glasveredelung, rheinland-pfälzische Regierungsbezirke Koblenz und Trier sowie kreisfreie Städte Mainz und Worms, Landkreise Alzey-Worms und Mainz-Bingen

­ Lohnrahmen-Tarifvertrag vom 15. Januar 1990, allgemeinverbindlich ab 15. April 1991,

­ Gehaltsrahmen-Tarifvertrag vom 15. Januar 1990, allgemeinverbindlich ab 15. April 1991.

­ Brot- und Backwarenindustrie, Rheinland-Pfalz

­ Tarifvertrag über die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit vom 5. August 1980, allgemeinverbindlich ab 1. November 1981.

­ Bäckerhandwerk, Nordrhein-Westfalen sowie rheinland-pfälzische Regierungsbezirke Koblenz und Trier

­ Tarifvertrag über die Einführung der Fünf-Tage-Woche vom 1. Mai 1981, allgemeinverbindlich ab 1. Juli 1982,

­ Manteltarifvertrag einschließlich Protokollnotiz vom 21. August 2006, allgemeinverbindlich ab 29. März 2007.

­ Baugewerbe, Rheinland-Pfalz

­ Lohn-Tarifvertrag einschließlich Ausbildungsvergütungen vom 6. Oktober 2005, allgemeinverbindlich ab 1. September 2005.

­ Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk, Rheinland-Pfalz, Saarland

­ Akkord-Tarifvertrag vom 20. Januar 1998, allgemeinverbindlich ab 16. Juni 1998 in Rheinland-Pfalz beziehungsweise 1. Juli 1998 im Saarland.

­ Einzelhandel, Rheinland-Pfalz

­ Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen vom 22. Juni 1993, allgemeinverbindlich ab 13. November 1993,

­ Tarifvertrag zur Entgeltfortzahlung vom 20. Juni 1997, allgemeinverbindlich ab 8. Oktober 1997.

­ Hotel- und Gaststättengewerbe, Rheinland-Pfalz

­ Mantel-Tarifvertrag mit Protokollnotizen vom 22. November 1994, in der Folge der Protokollnotiz vom 8. Dezember 1998, allgemeinverbindlich ab 13. April 1999.

­ Friseurhandwerk, rheinland-pfälzische Handwerkskammerbezirke Rheinhessen, Koblenz, Trier

­ Tarifvertrag über Jubiläumszuwendungen vom 7. Juli 1982, in der Folge des Wieder-Inkraftsetzungs-Tarifvertrags vom 11. April 1991, allgemeinverbindlich ab 1. August 1991.

­ Friseurhandwerk, Bereich der rheinland-pfälzischen Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd mit Ausnahme der Städte Mainz und Worms sowie der Landkreise Mainz-Bingen und Alzey-Worms (Handwerkskammerbezirk Pfalz)

­ Entgelt-Tarifvertrag vom 11. Juni 2001, allgemeinverbindlich ab 1. August 2001,

­ Tarifvertrag über Ausbildungsvergütungen vom 11. Juni 2001, allgemeinverbindlich ab 1. August 2001.

­ Wach- und Sicherheitsgewerbe, Rheinland-Pfalz und Saarland

­ Mantelergänzungstarifvertrag vom 27. Juni 2006, allgemeinverbindlich ab 29. März 2007,

­ Entgelttarifvertrag ausschließlich Ausbildungsvergütungen vom 27. Juni 2006, allgemeinverbindlich ab 1. Juli 2006, jedoch § 2 Abschnitte VII und VIII allgemeinverbindlich ab 29. März 2007. Von der Allgemeinverbindlicherklärung ausgenommen ist § 2 Abschnitt VI.

Zu 3.: Die Arbeitseinkommen der überwiegenden Mehrheit der abhängig Beschäftigten werden nach wie vor durch Tarifverträge festgelegt. So werden durch Flächen- und Firmentarifverträge in Westdeutschland rund 70 Prozent und in Ostdeutschland rund 55 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfasst.

Seit Mitte der 90er Jahre ist allerdings ein spürbarer Rückgang der Tarifbindung zu verzeichnen. Laut IAB-Panel sank die Tarifbindung im Westen von 76 auf 68 Prozent der Beschäftigten und im Osten von 63 auf 53 Prozent. Zwar ist der abnehmende Trend zum Stillstand gekommen, dennoch ist festzustellen, dass für 30 Prozent der Beschäftigten im Westen und für 45 Prozent der Beschäftigten im Osten heute keine unmittelbar wirksamen Tarifverträge bestehen.

Weder in Rheinland-Pfalz noch bundesweit werden Übersichten darüber geführt, in welchen Branchen keine Tarifverträge bestehen.

Besonders stark betroffen von diesem tarifvertragslosen Zustand sind der unternehmensnahe und der allgemeine Dienstleistungssektor, wo im Westen bis zu 60 Prozent der Beschäftigten nicht von Tarifverträgen erfasst sind und sich die Situation im Osten noch problematischer gestaltet. Die abnehmende Tarifbindung verdichtet die Schwierigkeiten bei der Bekämpfung von Niedriglöhnen.

In Rheinland-Pfalz besteht beispielsweise im Friseurhandwerk Rheinland-Rheinhessen und im Sanitärhandwerk Rheinland-Rheinhessen ein tarifloser Zustand.

Zu 4.: Ausländische Beschäftigte stellen nur einen kleinen Anteil der Niedriglohnempfängerinnen und -empfänger. Niedriglohnempfänger sind überwiegend Frauen. Daneben ist der überwiegende Anteil der Niedriglohnempfängerinnen und -empfänger 30 Jahre und älter.

Sehr viele der Niedriglohnempfängerinnen und -empfänger besitzen eine abgeschlossene Berufsausbildung (Quelle: WSI).

Zu 5.: Im Bereich der Niedriglohnjobs ist der Dienstleistungssektor besonders häufig vertreten. Dies gilt auch für Rheinland-Pfalz. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

Neben den in der Antwort zu Frage 1 genannten Branchen gibt es Hinweise in verschiedenen Publikationen, dass auch in der Papier-, Keramik-, Leder- und Textilindustrie Niedriglöhne gezahlt werden. Das kann auch für Rheinland-Pfalz bestätigt werden.

Zu 6.: Unter dem Begriff des Lohnspiegels ist ein von der Europäischen Union unterstütztes Projekt zu verstehen, das als kostenlose Online-Auskunft über tatsächliche Einkommen in allen Branchen und Berufen in neun europäischen Ländern informiert. In Deutschland wird der Lohnspiegel vom Deutschen Gewerkschaftsbund und seinen Gewerkschaften getragen und wissenschaftlich vom WSITarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung begleitet. Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern werden damit Informationen zum durchschnittlichen Verdienst in einzelnen Berufen zur Verfügung gestellt beziehungsweise Anhaltspunkte dafür gegeben, welche Bezahlung vom Arbeitgeber erwartet oder verlangt werden kann. Die Internetseite ist unter www.lohnspiegel.de abrufbar. Die Tariflöhne und -gehälter sind nach Berufen sortiert. Spezielle Tariflöhne oder -gehälter für Rheinland-Pfalz sind jedoch sehr wenige ausgewiesen.