Denkmalschutz- und -pflegegesetz

Mit dem Denkmalschutz- und -pflegegesetz (DSchPflG) vom 23. März 1978 beschritt der rheinland-pfälzische Gesetzgeber Neuland. Seine Regelungen haben sich in mehr als neunundzwanzigjähriger Praxis weitgehend bewährt. Zirka 13 000

Kulturdenkmäler konnten bislang durch Verwaltungsakt oder Rechtsverordnung wirksam geschützt und so in aller Regel vor Zerstörung und Beschädigung bewahrt werden. Die Sicherung der Unverwechselbarkeit unserer Umwelt erhielt dadurch bedeutende Impulse. Zahllose denkmalpflegerische Erhaltungsmaßnahmen waren von großer wirtschaftlicher Bedeutung für das örtliche mittelständische Handwerk und die Arbeitsplatzsicherung. Europäische und internationale Übereinkommen, wie das Übereinkommen zum Schutz des architektonischen Erbes Europas vom 3. Oktober 1985 (BGBl. 1987 II S. 623) sowie das revidierte Europäische Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes vom 16. Januar 1992 (BGBl. 2002 II S. 2709), gaben neue Impulse. Zugleich bestätigten sie den vom Landesgesetzgeber seit 1978 eingeschlagenen Weg.

Ein im November 1994 von der Landesregierung vorgelegter Referentenentwurf zur Änderung des Denkmalschutz- und -pflegegesetzes berücksichtigte diese europäischen und internationalen Vorgaben. Als Ergebnis des damaligen Anhörverfahrens der Organisationen und Verbände war allerdings festzustellen, dass die Vereinfachung des denkmalrechtlichen Schutzverfahrens, d. h. die Ablösung des seit 1978 geltenden verwaltungsaufwändigen Schutzverfahrens durch untergesetzlichen Akt (Verwaltungsakt, Rechtsverordnung) zugunsten eines unmittelbaren Schutzes aller unbeweglichen Kulturdenkmäler kraft Gesetzes, seinerzeit wegen der damals noch nicht vollständigen Erfassung der Kulturdenkmäler teilweise auf Vorbehalte stieß (vgl. Landtagsdrucksache 12/7362 vom 29. September 1995). Daher wurde seit Anfang 1996 eine systematische Schnellerfassung (Denkmalliste) der noch nicht in aktuellen Verzeichnissen (Denkmaltopografien) enthaltenen Kulturdenkmäler durchgeführt. Diese Erfassung durch das Landesamt für Denkmalpflege ist zwischenzeitlich abgeschlossen worden.

Ein Mindestschutz aller Kulturdenkmäler und Funde kraft Gesetzes ist unverzichtbar. Die Pflicht zur Erhaltung und Pflege nach § 2 DSchPflG wurde von den Gerichten für sämtliche Kulturdenkmäler (also auch die noch nicht förmlich geschützten) ausdrücklich bestätigt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Juni 1985, Az. 8 A 67/84, DÖV 1985, 923 = AS 19, 379), der Schutz der Funde im dritten Abschnitt des Denkmalschutz- und -pflegegesetzes in dieser Form nie infrage gestellt. Bei der Inschutznahme der Kulturdenkmäler nach § 8

DSchPflG hat sich jedoch herausgestellt, dass der Verwaltungsaufwand verringert werden muss und nach den Erfahrungen in den anderen Bundesländern ohne Verlust an rechtsstaatlicher Qualität auch verringert werden kann. Daher soll der Schutz kraft Gesetzes generell auf sämtliche unbeweglichen Kulturdenkmäler ausgedehnt werden. Dies dient zugleich der Deregulierung des Schutzverfahrens. Trotz des bei Abgrenzungsfragen zur Klarstellung nach wie vor sinnvollen Schutzverfahrens soll der Schutz per se künftig nicht mehr da14 von abhängig sein, dass die Kulturdenkmaleigenschaft durch untergesetzlichen Akt in jedem einzelnen Falle zuvor festgestellt wurde. Zugleich wird damit kraft Gesetzes die durch den zu langsamen Gesetzesvollzug bestehende unterschiedliche Behandlung der bisher rund 13 000 geschützten gegenüber der weitaus überwiegenden Zahl der noch nicht förmlich geschützten Kulturdenkmäler beseitigt. Somit werden die Vorzüge des bisherigen Verfahrens, die es in dieser Besonderheit mit der Pflicht zur Erhaltung nach § 2 DSchPflG nur in Rheinland-Pfalz gab, durch die Vorzüge des generellen Schutzes kraft Gesetzes ergänzt, wie er inzwischen in der großen Mehrzahl der Bundesländer besteht. Rechtliche Bedenken gegen den Schutz kraft Gesetzes bestehen nach dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 25. März 1999 (VerfGH 35/97) nicht.

Neu aufgenommen werden sollen Regelungen wie § 5 Abs. 6 betreffend die so genannten Kulturstätten als auf Dauer in Schutz genommene, erlebbare archäologische oder erdgeschichtliche Erscheinungsformen und § 21 Abs. 3 betreffend das so genannte Verursacherprinzip, nach dem Bauherren und Investoren, durch deren Vorhaben archäologisch wertvolle Funde und Befunde zerstört werden, im Rahmen des Zumutbaren für die hierdurch verursachten Kosten der zuvor erforderlichen archäologischen Rettungsgrabungen herangezogen werden können. Das Gesetz soll damit an die europäische Entwicklung angepasst werden.

Mit Rücksicht auf den Vorlagebeschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Januar 1991 (Az. 1 A 10294/89, DVBl 1992, 47) und die darauf ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1999 (1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226) sollen der neu gefasste § 13 Abs. 2 sowie die gleichfalls angepasste Regelung des § 31 aufgenommen werden. Das Gericht kam zu der Auffassung, dass § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2, wonach bei Entscheidung über den Abbruch eines geschützten Kulturdenkmals die privaten Belange des Denkmaleigentümers nicht zu berücksichtigen seien, auch unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Eingriffe in das Eigentum des Denkmaleigentümers ermöglichen kann und deshalb ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung des angemessenen Ausgleichs verfassungswidrig ist (ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums ­ Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des Grundgesetzes). Den bisherigen § 31 sah es hierfür nicht als ausreichend an. Im Hinblick auf die Weiterentwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung stellt daher die Neufassung der Genehmigungstatbestände für Eingriffe in Kulturdenkmäler sowie die Neugestaltung der Ausgleichspflicht einen weiteren Kernpunkt der Novelle dar.

Die Aufgaben des Landesamtes für Denkmalpflege sind mit Errichtung der Generaldirektion Kulturelles Erbe auf diese übergegangen. Dies findet in § 25 Abs. 3 seinen Niederschlag.

Weitergehende Organisationsänderungen sind nach den bisherigen guten Erfahrungen nicht erforderlich. Die vorgesehenen, überwiegend verfahrensrechtlichen Änderungen sollen insgesamt zu einem rationelleren Einsatz der vorhandenen personellen und sächlichen Mittel insbesondere bei den unteren Denkmalschutzbehörden führen.

Begründung - Die Landesregierung beabsichtigt nach fünf Jahren eine retrospektive Gesetzesfolgenabschätzung durchzuführen, wenn entsprechende Erfahrungen vorliegen.

Die Gleichstellungsverträglichkeitsprüfung hat ergeben, dass das Gesetzesvorhaben keine unterschiedlichen Auswirkungen auf die spezifische Lebenssituation von Männern und Frauen hat.

Die Prüfung im Hinblick auf die Betroffenheit des Konnexitätsprinzips hat ergeben, dass dieses von dem Gesetzentwurf nicht tangiert wird. Es werden keine neuen Aufgaben auf die Kommunen übertragen, insbesondere auch nicht durch die Einführung des Verursacherprinzips in § 21 Abs. 3. Von der nach dieser Regelung begründeten etwaigen Kostentragungspflicht werden sie nicht in ihrer Eigenschaft als Kommunen betroffen, sondern höchstens in ihrer Eigenschaft als Grundstückseigentümer oder Bauherr, genauso wie jeder andere potenzielle private Investor auch.

Im Rahmen des Anhörverfahrens wurden die kommunalen Spitzenverbände nach § 129 der Gemeindeordnung und § 72 der Landkreisordnung beteiligt (vgl. § 28 der Gemeinsamen Geschäftsordnung ­ GGO ­). Daneben lag der Gesetzentwurf gemäß § 29 GGO dem Landesverband der Haus-, Wohnungsund Grundstückseigentümer Rheinland-Pfalz (Haus & Grund), der AG der Grundbesitzer in Rheinland-Pfalz und Saarland, der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, der AG der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz, der AG der Industrie- und Handelskammern Rheinland-Pfalz, der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz, dem Rheinischen Verein für Denkmalpflege, der deutschen Burgenvereinigung, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland, dem Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland, der Archäologischen TrierKommission, dem Landesbeirat für Denkmalpflege, der Gesellschaft für die Prüfung der Umweltverträglichkeit, dem Katholischen sowie dem Evangelischen Büro, dem Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen, dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und dem Landesrechnungshof vor.

Dabei wurden im Wesentlichen die nachfolgenden Anregungen und Bedenken vorgetragen, denen nicht entsprochen werden konnte:

­ Der Verband Haus & Grund lehnt bei grundsätzlichem Begrüßen der Aufnahme einer Zumutbarkeitsdefinition in § 2 deren Einzelheiten ab.

Diese basieren jedoch auf der Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des OVG Rheinland-Pfalz; an ihnen ist daher festzuhalten.

­ Der BUND weist darauf hin, dass in § 3 der Schutzgrund der „wissenschaftlichen Erforschung und Dokumentation" nicht gleichberechtigt, sondern nur nachrangig neben dem Hauptgrund der „Erhaltung und Pflege" steht, und schlägt die Ersetzung des Wortes „oder" durch das Wort „und/ oder" vor. Die vorgeschlagene Formulierung ist wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes im Gesetzestext nicht zulässig.

­ Die AG der Grundbesitzer und die AG der Industrie- und Handelskammern kritisieren die Präzisierung des Umgebungsschutzes in § 4 als zu erheblicher Rechtsunsicherheit führende Ausweitung von Schutztatbeständen.

Schon bisher ist die Umgebung im Sinne des § 5 Abs. 2 der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO) nach§ 13Abs. 2 DSchPflG geschützt; die Aufnahme in § 4 dient nur der sprachlichen Klarstellung und Zusammenfassung. An ihr ist daher festzuhalten. Darauf wird in der Begründung noch einmal ausdrücklich hingewiesen.

­ Die kommunalen Spitzenverbände wandten sich zunächst ebenso wie der Verband Haus & Grund, die AG der Grundbesitzer und die AG der Industrie- und Handelskammern gegen die Einführung des Prinzips der gesetzlichen Unterschutzstellung unbeweglicher Kulturdenkmäler in den §§ 8 und 10, das sie als zu rechtsunsicher betrachteten. Die kommunalen Spitzenverbände forderten seinerzeit die Einführung der konstitutiven Wirkung der Eintragung in die Denkmallisten, die ständige Fortschreibung der Listen, die Publizität der Aufnahme in die Topografien und Listen und ihre Beteiligung im Rahmen der Listenerstellung. Der Verband Haus & Grund kritisiert das neue System darüber hinaus grundsätzlich, da er den gesetzlichen Schutz aller Kulturdenkmäler als reine staatliche Machterweiterung betrachtet. Die AG der Industrieund Handelskammern sah darin eine Art Beweislastumkehr, die zumindest eine Verpflichtung zur Begründung gegenüber dem Eigentümer erfordere. Die vier genannten Angehörten schlugen zunächst vor, es beim bisherigen Schutzsystem zu belassen. Aufgrund weiterführender Gespräche haben jedoch inzwischen mit Schreiben vom 14. Oktober 2004 der Landkreistag Rheinland-Pfalz und der Städtetag Rheinland-Pfalz, mithin die beiden kommunalen Spitzenverbände, die die von der Änderung primär betroffenen unteren Denkmalschutzbehörden vertreten, ihre grundsätzliche Zustimmung zu diesem Kernanliegen des Gesetzentwurfs erklärt. Der seine Bedenken aufrecht erhaltende Verband Haus & Grund wünscht für den Fall der Umstellung die Verbindung der Listenaufnahme mit einer umfassenden Begründung, wie dies auch der Landesbeirat für Denkmalpflege und die Architektenkammer als grundsätzliche Befürworter der Systemumstellung vorschlagen.

Die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit des neuen Schutzsystems ist durch die inzwischen abgeschlossene Listenerfassung aller bekannten Denkmäler des Landes sowie durch in den §§ 8 und 10 getroffene weit reichende Vorkehrungen (Informationspflicht gegenüber den betroffenen Eigentümern; Feststellungsanspruch über die Denkmaleigenschaft für Zweifelsfälle) ausreichend gewährleistet. Das System verspricht große Verwaltungserleichterungen und hat sich inzwischen in der großen Mehrheit der anderen Bundesländer bewährt. Es wird deshalb an der Neuregelung festgehalten.

Allerdings wird dem Informationsanliegen insoweit Rechnung getragen, als dass im Rahmen der Unterrichtung über die Eintragung in die Denkmalliste nach § 10 Abs. 2 die Eigentümer auf ihre Möglichkeiten nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und § 8 Abs. 3 hingewiesen werden. Der Wunsch nach ausführlicher Begründung der Benachrichtigung über die Denkmaleigenschaft kann nicht erfüllt werden, weil er faktisch auf das Erfordernis der Verwaltungsaktsqualität und damit der Beibehaltung des bisherigen Einzelaktschutzsystems hinausliefe, die erwarteten Verfahrenserleichterungen verhinderte und so dem mit der Systemumstellung angestrebten Zweck entgegenstünde.