Haushaltsjahr Investitionsausgaben Einnahmen aus Zuweisungen für Investitionen

38 2.6.2 Kernhaushalt und Landesbetriebe

Bei der Berechnung der verfassungsrechtlichen Kreditobergrenze werden im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ab dem Jahr 2001 neben dem Kernhaushalt auch die Landesbetriebe einbezogen. Betrachtung sollte allerdings nicht außer Acht bleiben, dass die außerplanmäßige Zuordnung der Zuführungen an den Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung Rheinland-Pfalz zu den Investitionsausgaben zu einer Erhöhung der Kreditobergrenze um 180 Mio. führte. Ohne diese haushaltssystematische Änderung hätte die Differenz zur Kreditobergrenze nur 66 Mio. betragen. Die Verfassungsgrenze konnte nur eingehalten werden, weil Vermögen

- allein im Bereich des Wohnungsbaues im Wert von 389 Mio. - veräußert wurde).

Nach der Haushaltsplanung 2008 liegt die Netto-Kreditaufnahme bei weiteren Vermögensveräußerungen lediglich um 136 Mio. unter der verfassungsrechtlichen Kreditobergrenze. Dabei sollte allerdings berücksichtigt werden, dass für die als Globalhaushalte veranschlagten Technische Universität Kaiserslautern und Universität Trier sowie Fachhochschulen Kaiserslautern und Mainz nachschüssige Zahlungen vereinbart wurden). Ohne diese verzögerte Zahlungsweise wären für den Haushaltsausgleich höhere Kreditaufnahmen einzuplanen gewesen. Darüber hinaus trug die Qualifizierung der Zuführungen an den Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung Rheinland-Pfalz als Darlehen zu einer Erhöhung der Kreditobergrenze allein im Kernhaushalt um 302 Mio. bei. Ob die nach der Steuerschätzung vom November 2007 bei den Steuern und allgemeinen Finanzzuweisungen erwarteten Mehreinnahmen von etwa 600 Mio. kassenwirksam werden, bleibt abzuwarten). Gleiches gilt für die Prognosen bis 2011, nach denen die Steuereinnahmen um etwa 450 Mio. pro Jahr über den Ansätzen der Finanzplanung liegen).

Die verfassungsrechtliche Kreditobergrenze ist zu kürzen, da in den Investitionsausgaben nicht anrechenbare Zinszuschüsse (2001: 46 Mio.) enthalten sind.

In der verfassungsrechtlichen Kreditobergrenze sind Investitionsschlüsselzuweisungen von 16,5 Mio. enthalten, die das Jahr 2003 betreffen (Schreiben des Ministeriums der Finanzen vom 5. Dezember 2003 - Landtagsvorlage 14/2803 -). 27)

In der Übersicht über die "Krediteinnahmen und Investitionsausgaben 2006 als Konzernbetrachtung" ist eine Unterschreitung von 247 Mio. ausgewiesen. Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat nach Drucklegung der Haushaltsrechnung 2006 Änderungen aus dem Bereich des ehemaligen Landesbetriebs "Straßen und Verkehr" gemeldet.

Der Rechnungshof hat in den Jahresberichten der vergangenen Jahre regelmäßig auf die geringe Wirksamkeit der verfassungsrechtlichen Kreditobergrenze hingewiesen. Diese Einschätzung wird u. a. auch vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Jahresgutachten 2006/07)32 sowie vom Bundesverfassungsgericht)33 geteilt. An der Revisionsbedürftigkeit der geltenden verfassungsrechtlichen Regelungen sei - so das Bundesverfassungsgericht - gegenwärtig kaum noch zu zweifeln. Die staatliche Verschuldungspolitik in der Bundesrepublik habe in den seit der Finanz- und Haushaltsreform 1967/69 vergangenen nahezu vier Jahrzehnten praktisch durchgehend einseitig zur Vermehrung der Schulden beigetragen. Das Regelungskonzept des Artikels 115 Abs. 1 habe sich als verfassungsrechtliches Instrument rationaler Steuerung und Begrenzung staatlicher Schuldenpolitik in der Realität nicht als wirksam erwiesen. Notwendig sei die Entwicklung von Mechanismen, die für gegebene Verschuldungsspielräume den erforderlichen Ausgleich über mehrere Haushaltsjahre sicherstellen.

Zur Verbesserung der Wirksamkeit hat der Rechnungshof vorgeschlagen, den Investitionsbegriff restriktiver zu fassen)35 und Veräußerungserlöse, Darlehensrückflüsse sowie die aus zweckgebundenen Einnahmen finanzierten Investitionsausgaben bei der Berechnung der verfassungsrechtlichen Kreditobergrenze auszugliedern. Außerdem sollte auch der Werteverzehr (Abschreibungen) als negative Investition berücksichtigt werden.

Im Rahmen der zurzeit diskutierten Modelle) sollte ein pragmatischer Lösungsansatz gefunden werden, um das von der Verfassung vorgegebene Ziel, einer übermäßigen Staatsverschuldung vorzubeugen, zu erreichen). 32)

Nach Auffassung des Sachverständigenrats habe sich Artikel 115 GG, auch wenn er prinzipiell sinnvoll sei, nicht als wirksame Verschuldungsgrenze erwiesen. Er sollte deshalb durch eine engere Fassung des Investitionsbegriffs geschärft werden (BundestagsDrucksache 16/3450 S. 281 und S. 308). Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034).

Der Landtag hat im Rahmen des Entlastungsverfahrens für das Jahr 2001 die Landesregierung aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass das von der Verfassung vorgegebene Ziel einer Begrenzung der Kreditfinanzierung verwirklicht und eine Präzisierung des Investitionsbegriffs unter Wahrung der Vergleichbarkeit der Haushalte des Bundes und der Länder erreicht wird (Drucksache 14/2320 und Plenarprotokoll 14/52 S. 3513). Dieser Beschluss wurde vom Landtag im Entlastungsverfahren für das Jahr 2002 bekräftigt (Drucksache 14/3240 und Plenarprotokoll 14/76 S. 5091). 36)

Die Diskussionen in der Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen reichen u. a. von einem Neuverschuldungsverbot bis zur Begrenzung der Kreditaufnahme auf maximal die Hälfte der Investitionsausgaben, von einer engeren Fassung des Investitionsbegriffs bis zu einer Orientierung an den Referenzwerten nach dem Vertrag von Maastricht (Obergrenzen: 3 % für das Verhältnis zwischen dem geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizit und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen und 60 % für das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schuldenstand und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen) oder einer Anlehnung an die in der Schweizer Bundesverfassung seit dem Jahr 2001 enthaltene so genannte "Schuldenbremse", die in wirtschaftlichen Normalzeiten eine Haushaltsfinanzierung durch Kredite nicht erlaubt. Der Bund favorisiert ein Modell, demzufolge der Etat über den Konjunkturzyklus hinweg auszugleichen ist.

37)

Mehrere Länder haben zwischenzeitlich in ihren Haushaltsordnungen einen Ausgleich des Haushalts grundsätzlich ohne Kreditaufnahmen vorgegeben, vgl. § 18 Abs. 1 der Haushaltsordnungen von Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg.