Strukturwandel

Tierschutzbeirat Des Landes Rheinland-Pfalz www.Tierschutzbeirat.de Jahresbericht des Tierschutzbeirates 2006

Sitzungen des Tierschutzbeirates

Im Berichtszeitraum wurden fünf Sitzungen durchgeführt, und zwar am

­ 2. Februar 2006 im Ministerium für Umwelt und Forsten,

­ 27. April 2006 im Ministerium für Umwelt und Forsten,

­ 13. Juli 2006 im Gebäude des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau e. V., Koblenz,

­ 28. September 2006 in Maria Laach (Klostergut und Naturkundemuseum),

­ 30. November 2006 auf dem Gelände der Fa. Intervet Innovation GmbH, Schwabenheim.

Über die eigentliche Sitzungstätigkeit hinaus wurden etliche Termine wahrgenommen, die im Wesentlichen den nachfolgenden, themenbezogenen Ausführungen entnommen werden können.

Tierschutzpreis 2005

Die Preisverleihung durch Frau Ministerin Conrad fand am 16. Mai 2006 im Beisein von Frau Heike Krebs und Herrn Andreas Lindig statt, die für den Tierschutzbeirat der Jury angehört hatten. Ausgezeichnet wurden eine unermüdliche Katzenschützerin sowie ein Landwirt, der seinen Milchviehbetrieb auf die tiergerechte Laufstallhaltung umgestellt hat.

Tierschutzpreis 2006

Die Jury, der wiederum Frau Krebs und Herr Lindig angehörten, tagte am 23. Oktober 2006 und entschied sich für die Aufteilung des Preises unter drei Kandidaten, nämlich zwei aktive Tierschützerinnen sowie eine Schule, die sich unter anderem dem Amphibienschutz verschrieben hat. Die Verleihung des Preises durch Frau Ministerin Conrad fand am 20. Dezember 2006 im Beisein des Vorsitzenden und mehrerer Mitglieder des Tierschutzbeirates statt. „Naturale" 2006

Die Jury für den Amateurfilmwettbewerb, der Frau Monika Arnold für den Tierschutzbeirat angehörte, tagte am Samstag, 18. November 2006 in Kusel. Der Sonderpreis des Tierschutzbeirates wurde dem Film „Eine Art Gerechtigkeit (Karlssons Traum)" von Ingrid Büttner zugesprochen, der sich mit dem unfreiwilligen Aufenthalt eines jungen Wildkaters in der Obhut des Menschen befasst.

Landeswettbewerb „Tiergerechte Haltung 2006/2007"

Der Vorsitzende des Tierschutzbeirates ist vom federführenden Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau wiederum in die Jury berufen worden. Bei einer Vorbesprechung in Emmelshausen am 4. April 2006 wurde festgelegt, dass der Wettbewerb diesmal für Milchviehhaltungen ausgeschrieben werden soll.

Anbindehaltung von Rindern

Das Thema war Gegenstand der Sitzung am 30. November 2006. Die Mitglieder des Tierschutzbeirates waren sich einig, dass diese Haltungsform, bei der bewegungsaktive Tiere praktisch stillgelegt und Sozialkontakte auf ein Minimum reduziert werden, der Vergangenheit angehören sollte. Derzeit hält aber noch ca. jeder zweite Milchviehbetrieb in Rheinland-Pfalz seine Kühe in Anbindung.

Wenngleich der Strukturwandel in der Landwirtschaft den Ausstieg beschleunigen wird, so ist das Problem nicht von heute auf morgen zu lösen.

Von Seiten der Landwirtschaft sieht man in der Aufstellung von Leitlinien, die zwar nicht rechtlich verbindlich sind, aber doch eine gewisse Signalwirkung entfalten könnten, eine Zwischenlösung.

Der Tierschutzbeirat wird das Thema nochmals aufgreifen.

Rodeoveranstaltung

Im Einklang mit der ablehnenden Haltung des Tierschutzbeirates zu bestimmten Disziplinen des Rodeos, insbesondere Einsatz des Flankengurts und „Bull Riding", hat die Kreisverwaltung Kaiserslautern im September 2006 eine geplante Veranstaltung untersagt, unterlag aber im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Neustadt.

Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts waren Vertrauensschutzgesichtspunkte, da der Betreiber über eine Erlaubnis nach § 11 Tierschutzgesetz verfügte, die nicht rechtskräftig widerrufen war.

Im Vorfeld der Veranstaltung hatte der Tierschutzbeirat gegenüber der „Rheinpfalz" Stellung genommen und Rodeoveranstaltungen als tierverachtenden Unfug bezeichnet. Sonnenschutz für Weidetiere Anlässlich der großen Hitze Anfang Juli wies der Tierschutzbeirat in einer Pressemitteilung vom 7. Juli 2006 darauf hin, dass die Weidehaltung von Rindern, Pferden und Schafen ohne Schatten einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz darstellt. Ferner wurde auf den hohen Wasserbedarf der Tiere an heißen Tagen hingewiesen.

In einem Gespräch mit dem Präsidenten und dem Geschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau e. V. am 13. Juli 2006 bestätigten die Vertreter der Landwirtschaft den nachteiligen Einfluss dieser Haltungsform und kündigten ihrerseits einen Hinweis in der „Rheinischen Bauernzeitung" an.

Alternativen zur Ferkelkastration ohne Betäubung

Mit Schreiben vom 22. Mai 2006 an Frau Ministerin Conrad, durchschriftlich an den Ministerpräsidenten sowie Herrn Minister Hering, schlug der Tierschutzbeirat der Landesregierung eine Gesetzesinitiative zum Verbot der chirurgischen Kastration ohne Betäubung vor, so wie es die Schweiz vorgemacht hat. Ziel sollte auch sein, den Alternativmethoden, insbesondere der Immunkastration mit einem synthetischen Analogon zum körpereigenen Gonadotropin Releasing Factor, einen Schub zu geben. Es sei an der Zeit, von Seiten des Gesetzgebers ein Signal zur Abschaffung der tierquälerischen betäubungslosen Kastration zu setzen, die derzeit alleine in Deutschland Jahr für Jahr an 35 Millionen Ferkeln praktiziert wird.

Dem Vorstoß vorausgegangen war eine intensive Erörterung des Themas bei der Sitzung des Tierschutzbeirates am 27. April 2006, bei der unter anderem Vertreter eines pharmazeutischen Unternehmens zu Wort kamen, welches die Zulassung eines Mittels zur Immunkastration anstrebt. Das Mittel ist in Australien bereits seit sieben Jahren erfolgreich im Einsatz.

In ihrem Antwortschreiben vom 11. Juni 2006, welches auch im Namen des Ministerpräsidenten erging, bekundete Frau Ministerin Conrad die Absicht der Landesregierung, sich für eine entsprechende Änderung des Tierschutzgesetzes einzusetzen, sobald geeignete Methoden zur Verfügung stehen. In ähnlicher Weise äußerte sich Landwirtschaftsminister Hering in seinem Schreiben vom 12. Juni 2006.

Winterlammung von Schafen

Die Stellungnahme des Tierschutzbeirates zu diesem Thema (vgl. www.tierschutzbeirat.de unter Themen) fand ihren Niederschlag in einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 7. April 2006 (2 L 430/06 KO). Es ging hierbei im so genannten Eilverfahren um den Widerspruch eines Schafhalters gegen die Anordnung der zuständigen Kreisverwaltung, mit der ihm aufgegeben worden war, bei Temperaturen unter 0° C den gebärenden Mutterschafen einen Witterungsschutz zur Verfügung zu stellen. Das Gericht lehnte den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ab und zitierte in seiner Begründung die nach seiner Auffassung überzeugenden Darlegungen des Tierschutzbeirates vom 21. Februar 2005.

Kennzeichnung von Schafen und Ziegen

Mit Schreiben vom 27. November 2006 an den Landeskontrollverband Rheinland-Pfalz, der landesweit den Vertrieb der Viehohrmarken organisiert, bemängelte der Tierschutzbeirat die derzeit im Gebrauch befindlichen Ohrmarken für Schafe und Ziegen. Diese seien zu groß und könnten daher im Innern der Ohrmuschel zu Verletzungen führen. Vorausgegangen war die Beschwerde einer Ziegenhalterin, die den Vorsitzenden auf dieses Problem aufmerksam gemacht hatte.

Der Landeskontrollverband reagierte prompt und sagte eine Prüfung von Alternativen in Form kleinerer Marken zu. Ein Vertreter der Herstellerfirma wurde bei der Ziegenhalterin vorstellig, um sich vor Ort über die Unzulänglichkeiten zu informieren.

Schlachten ohne Betäubung („Schächten")

In einem Gastbeitrag für die „Rhein-Zeitung" vom 20. Dezember 2006 machte der Vorsitzende deutlich, dass das jüngst ergangene Schächturteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig eine Einzelfallentscheidung und keinen generellen Freibrief für Moslems darstellt, ihre Opfertiere an den bevorstehenden Feiertagen des islamischen Opferfestes zu schächten.

Das Schächten sei mit erheblichen Schmerzen, Todesangst und Atemnot verbunden, den Vorschriften des Koran, welche die Unversehrtheit der Schlachttiere und die uneingeschränkte Ausblutung fordern, würde auch durch die Betäubung mit elektrischem Strom Rechnung getragen.

In ähnlicher Weise äußerte sich der Tierschutzbeirat in einer Pressemitteilung mit der Überschrift „Schächten bleibt verboten", die von mehreren Zeitungen abgedruckt wurde.

Kaninchenmast

Am 13. März 2006 besichtigte der Vorsitzende gemeinsam mit dem zuständigen Amtstierarzt einen rheinland-pfälzischen Aufzuchtund Mastbetrieb für Kaninchen. Das Thema war daraufhin Tagesordnungspunkt der Sitzung vom 27. April 2006, bei der man sich darauf verständigte, die Öffentlichkeit über die Probleme der gewerblichen Käfighaltung zu informieren.

In einer Pressemitteilung vom 31. Mai 2006 wies der Tierschutzbeirat darauf hin, dass es den ca. 25 Millionen Kaninchen, die jährlich in Deutschland gemästet und geschlachtet werden, im Regelfall nicht besser ergeht als den Käfighennen. Auch den Kaninchen werden natürliche Verhaltensweisen verwehrt, sie leiden unter der Monotonie des Käfigs. Durch die Drahtgitterböden kommt es zu schmerzhaften Verletzungen der Pfoten, das ballaststoffarme Pelletfutter verursacht Verdauungsstörungen.

Verbindliche Mindestnormen zur Sicherung eines ausreichenden Platzangebots und einer tiergerechten Gestaltung der Ställe könnten hier Abhilfe schaffen.

Pelztierhaltung

Die Berichterstattung über Aktionen militanter Tierschützer gegen Pelzgeschäfte, unter anderem in Mainz, nahm der Tierschutzbeirat Anfang Februar zum Anlass, sich in einer Pressemitteilung von solchen Aktivitäten zu distanzieren. Zugleich wurde jedoch die unbestreitbare Problematik der Pelztierhaltung und Pelzgewinnung betont. So würden Nerze in engen Drahtkäfigen gehalten und schließlich mit Gas getötet, wobei bis zur Bewusstlosigkeit durchaus 2 Minuten und mehr vergehen könnten.

Gewerbsmäßige Haltung von Wachteln

Aufgrund des Beratungsergebnisses der Sitzung am 2. Februar 2006 nahm der Tierschutzbeirat gegenüber einer Kreisverwaltung Stellung, der ein Bauantrag für eine Wachtelhaltung in Käfigen vorlag.

Sofern Wachteln nicht mit Außenklimabereich und Auslauf gehalten werden sollen, was unter Tierschutzgesichtspunkten das Optimum ist, wären doch zumindest die Voraussetzungen gemäß einer Richtlinie des Schweizer Bundesamtes für Veterinärwesen einzuhalten. Die konventionelle Haltung in nur 18 cm hohen Käfigen mit durchgängig perforiertem Boden, wie sie insbesondere in Frankreich üblich ist, sei mit dem Tierschutzgesetz nicht in Einklang zu bringen.

Straußenhaltung

Auf Anfrage einer Kreisverwaltung nahm der Vorsitzende Anfang Januar Stellung zur der geplanten Umsiedlung einer Straußenfarm aus Baden-Württemberg ins südliche Rheinland-Pfalz. Aufgrund der dortigen klimatischen Situation sei gegen das Vorhaben generell nichts einzuwenden, allerdings sei ein Erlaubnisverfahren nach § 11 Tierschutzgesetz durchzuführen, bei dem auf die Einhaltung der Mindestanforderungen gemäß der einschlägigen Gutachten zu achten sei.

Legehennen-Käfighaltung

In einer Pressemitteilung vom 15. April 2006 kritisierte der Tierschutzbeirat die Entscheidung des Bundesrates, die so genannte Kleingruppenhaltung zuzulassen. Die Elemente Sitzstange, Nest und Einstreubereich, welche in den ausgestalteten Käfigen von 800 cm² Grundfläche je Henne angebracht seien, hätten mehr eine Alibifunktion, als dass sie geeignet wären, den Hennen ein annähernd normales Verhaltensrepertoire zu gewährleisten.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2006 an den Ministerpräsidenten sowie die für Tierschutz und Landwirtschaft zuständigen Ressorts bezeichnete der Tierschutzbeirat die baldige Erhebung einer Normenkontrollklage gegen die Zulassung der ausgestalteten Käfige („Kleingruppenhaltung") als ein deutliches Signal, mit dem die Landesregierung den Hennenhaltern klarmachen könnte, dass sie gegebenenfalls in ein weder tiergerechtes noch zukunftssicheres Haltungssystem investieren würden.

Mit Pressemeldung vom 25. Oktober 2006 wies der Tierschutzbeirat unter der Überschrift „Kleingruppenhaltung ist Pseudo-Tierschutz" nochmals auf die Unzulänglichkeit dieser Haltungsform in Bezug auf das normale Verhaltensrepertoire der Hennen hin und appellierte an die Betriebsinhaber, von konventioneller Käfighaltung auf Boden- oder Freilandhaltung umzustellen.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich bekanntlich Ende 2006 entschlossen, einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht einzureichen, der die geänderte Nutztierhaltungsverordnung, soweit sie die Legehennen betrifft, zum Gegenstand hat.

Vogelgrippe Gemeinsam mit dem Deutschen Tierschutzbund und der Tierärzteschaft kritisierte der Tierschutzbeirat Anfang März 2006 die geplante Ausstrahlung einer Folge der Serie „In aller Freundschaft" in der ARD.

Der Beitrag hatte die Infektion eines Kindes durch einen Papagei zum Gegenstand und war ­ so der Tierschutzbeirat in seinem Schreiben an den Sender ­ geeignet, unbegründete Ängste zu schüren und zahlreiche Papageienbesitzer zur Abschaffung ihrer Tiere zu veranlassen. Die Folge wurde dennoch ausgestrahlt. Die ARD-Zuschauerredaktion begründete dies unter anderem damit, dass es sich um eine rein fiktive Geschichte handelte und das Kind überlebte. „Keine Panik wegen Vogelgrippe" lautete die Überschrift zu einer Pressemitteilung des Tierschutzbeirates vom 4. März 2006, mit der vor Hysterie im Umgang mit Katzen und Wildvögeln gewarnt wurde. Unter anderem wies der Tierschutzbeirat darauf hin, dass Katzen nur bei Aufnahme großer Virusmengen erkranken und dass sie ­ außer wenn die besonders hungrig sind ­ nicht zum Auffressen toter Vögel neigen.

In ähnlicher Weise äußerte sich der Vorsitzende in einem Interview mit dem Trierischen Volksfreund, welches am 6. März 2006 abgedruckt wurde.

Auch in einer Pressemeldung vom 5. April 2006, diesmal Schwäne und andere Wasservögel betreffend, mahnte der Tierschutzbeirat zur Mäßigung. Tierfreunde hatten beobachtet, wie an der Mosel Schwäne mit Knüppeln und Steinen von ufernahen Grünflächen vertrieben wurden, ein rechtswidriges und fachlich völlig unnötiges Vorgehen.