Tageseinrichtungen

Neben den vielfältigen Fortbildungsangeboten für Erzieherinnen und Erzieher, die durch Landeszuwendungen gefördert werden, richtet das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur in Kooperation mit dem Sozialpädagogischen Fortbildungszentrum und dem Institut für schulische Fortbildung und schulpsychologische Beratung des Landes Rheinland-Pfalz jährlich eine Fachtagung zum Bildungs- und Erziehungsbereich Sprache aus, an der regelmäßig über 250 Erzieherinnen und Erzieher aus dem ganzen Land teilnehmen. Zusätzlich werden bedarfsorientiert weitere Fortbildungsangebote durchgeführt, wie beispielsweise die Fachtagungen zu den Sprachbeobachtungsinstrumenten Sismik und Seldak.

Im Rahmen der Trägerautonomie besteht darüber hinaus insbesondere für die Trägerorganisationen von Kindertagesstätten, die ja zugleich Anbieter von Fortbildungsmaßnahmen sind, die Möglichkeit, ergänzende Fortbildungsangebote zu diesem Bildungs- und Erziehungsbereich durchzuführen.

25. Auf welchen konkreten wissenschaftlichen Grundlagen basieren die derzeit zur Anwendung kommenden oder empfohlenen Maßnahmen der Sprachförderung vom ersten bis zum letzten Kindergartenjahr?

Die rheinland-pfälzische Sprachförderung baut auf Nachhaltigkeit und Kontinuität. Den grundlegenden Rahmen bilden die BEE für Kindertagesstätten, die mit den großen Trägerorganisationen, dem Landkreistag und dem Landeselternausschuss entwickelt wurden. Es werden Grundsätze mit Handlungsempfehlungen aufgezeigt, bezogen auf die zentralen von der Wissenschaft ausgewiesenen Bereiche von sprachlicher Bildung und Förderung:

­ die Förderung der allgemeinen Kommunikationsfähigkeit,

­ die Stärkung produktiver wie rezeptiver Fähigkeiten (Wortschatz, Anweisungsverständnis, grundlegende grammatikalische Strukturen),

­ die Stärkung der phonologischen Bewusstheit,

­ die Förderung der Kenntnisse der Schriftsprache allgemein sowie

­ die Hinführung und Förderung von Literacy (= Lese-/Schreibkompetenz).

Es existiert hier nicht das eine wissenschaftliche Konzept, vielmehr greifen verschiedene wissenschaftliche Bereiche ineinander und ergänzen sich. Zu nennen sind hier beispielhaft:

Die Pädagogik der frühen Kindheit, die Sprachpädagogik, die Linguistik sowie Soziolinguistik, Psycho- und Neurolinguistik, die Phonetik, Literacy, die International Vergleichende und Interkulturelle Erziehungswissenschaft, Zwei- und Mehrsprachigkeit, die Entwicklungs- und Kognitionspsychologie, der Bereich Spracherwerbsstörungen.

Entsprechend der wissenschaftlichen Empfehlungen und der Erfahrungen aus der Praxis liegen der sprachlichen Bildung und Förderung in rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten solide Standards zugrunde:

1. Sprachförderung von Anfang an: als zentrale durchgängige (Querschnitts-)Aufgabe der Kindertagesstätte.

2. Gezielte, individuelle Sprachförderung in Kleingruppen ­ in Ergänzung zur alltäglichen Sprachförderung in der Kindertagesstätte.

3. Sprachstandseinschätzung und Beobachtung sowie Dokumentation der Sprachentwicklung für die gezielte Förderung (Sismik, Seldak, Verfahren zur Einschätzung des Sprachförderbedarfs).

4. Wertschätzung und Förderung der Familien-/Herkunftssprache(n) als ein Schlüssel zur Mehrsprachigkeit und zur Interkulturalität.

5. Ermöglichung einer durchgängigen Sprach(lern)biografie durch die kontinuierliche Beobachtung und Dokumentation der Bildungsprozesse der Kinder sowie die Kooperation von Kindertagesstätten und Grundschulen.

6. Stärkung der Sprachförderkompetenz der pädagogischen Fachkräfte durch Fort- und Weiterbildungsangebote sowie durch gezielte Fachtagungen.

26. Welche kontinuierlichen und konkreten Kooperationen gibt es hinsichtlich der Sprachförderung und der Diagnostik mit welchen Partnern?

27. In welcher Weise findet ein Austausch darüber statt und wo werden die Ergebnisse zusammengefasst?

Seit vielen Jahren gibt es einen regelmäßigen Austausch und eine regelmäßige Zusammenarbeit mit dem Staatsinstitut für Frühpädagogik in München (IFP) insbesondere zu Fragen der Sprachstandserhebung und zum Bereich Literacy, mit dem Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München insbesondere zur Konzeption der alltäglichen Sprachförderung, mit Professorin Gisela Kammermeyer und Professor Hans H. Reich (beide Universität Koblenz-Landau) sowie mit Professorin Rosemary Tracy (Universität Mannheim) insbesondere zu Fragen der Sprachstandserhebung, der Ein- und Mehrsprachigkeit, mit der Universität Hamburg, u. a. Professorin Ingrid Gogolin im Bereich der sprachlichen Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, der Frankfurter Sprachwissenschaftlerin Elke Montanari sowie Professor Konrad Ehlich (Universität München) zu grundsätzlichen linguistischen Fragestellungen. Durch regelmäßige Arbeitsgespräche und -sitzungen sind wichtige Ergebnisse erzielt worden bzw. werden derzeit entsprechende Unterlagen erarbeitet. Als beispielhaft sind hier zu nennen: Die zur Verfügungstellung von Sismik und Seldak für alle Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz, die durch entsprechende Fortbildungen begleitet wurden; die Entwicklung, Evaluation und Optimierung des Verfahrens zur Einschätzung des Sprachförderbedarfs im Jahr vor der Einschulung; die Erstellung der retrospektiven Begleitstudie zu den zusätzlichen Sprachfördermaßnahmen in Rheinland-Pfalz; die jährlich stattfindende Sprachfachtagung; die trägerübergreifende Rahmenvereinbarung zum Einsatz und zur Qualifizierung von Sprachförderkräften mit einem Kompetenzprofil für die Sprachförderkräfte, einem Orientierungsrahmen zur Qualifizierung von Sprachförderkräften und dem Zertifikat Sprachförderkraft. Im Rahmen der Modellprojekte „Sprachliche Förderung in der Kita" (u. a. zusammen mit dem DJI), „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund (FörMig, u. a. zusammen mit der Universität Hamburg) und dem Modellprojekt „Entwicklung durchgängiger Sprachförderung im Kindergartenalter" (u. a. zusammen mit der Universität Koblenz-Landau) werden derzeit Konzepte und Materialien erarbeitet, die allen Kindertagesstätten für die sprachliche Bildung und Förderung zur Verfügung gestellt werden.

28. Welche Arten der Hilfestellung und Beratung stehen Erzieherinnen und Erziehern für die Diagnostik des Sprachförderbedarfs zur Verfügung?

Im Rahmen des Landesgesetzes zum Ausbau der frühen Förderung wurde in § 9 a geregelt, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Qualität der Förderung in den Einrichtungen, die in den Bedarfsplan aufgenommen werden, durch geeignete Maßnahmen sicherstellen und weiterentwickeln sollen, dies gilt insbesondere für die Sprachförderung. Es erfolgt die Beratung durch die Fachberater und Fachberaterinnen der Kindertagesstätten oder durch Fachkräfte z. B. bei den Volkshochschulen, Familienbildungsstätten, bei denen Sprachförderkräfte unter Vertrag stehen. Des Weiteren werden im Rahmen des Fortbildungscurriculums für Erzieherinnen und Erzieher, im Rahmen der jährlich stattfindenden Sprachfachtagungen des Landes sowie nun im Rahmen der speziellen Qualifizierungen für Sprachförderkräfte (Zertifikat Sprachförderkraft, siehe auch die Antwort zu Frage 29) zahlreiche Fortbildungen angeboten, die insbesondere auch das Thema „Diagnostik des Sprachförderbedarfs" behandeln.

29. Welche Eckpunkte und Inhalte enthält der Orientierungsrahmen zur Qualifizierung von Sprachförderkräften, wie soll er umgesetzt werden und in welcher Weise soll er pädagogische Fachkräfte in der Sprachförderung erreichen?

Um landesweit zu gewährleisten, dass die Sprachfördermaßnahmen auf hohem Niveau durchgeführt werden, startete im Februar 2007 das vom Ministerium für Bildung, Weiterbildung, Jugend und Kultur initiierte und geförderte Projekt für einen „Orientierungsrahmen zur Qualifizierung von Sprachförderkräften", das im Trägerverbund bestehend aus der Katholischen Erwachsenenbildung Rheinland-Pfalz, dem Verband der Volkshochschulen von Rheinland-Pfalz sowie der Evangelischen Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung getragen wird.

In Kooperation und Abstimmung mit den Spitzenorganisationen der Träger der Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz wurde eine trägerübergreifende Rahmenvereinbarung zum Einsatz und zur Qualifizierung von Sprachförderkräften entwickelt. Die Kernpunkte der Rahmenvereinbarung sind:

­ Ein Kompetenzprofil, das für die Kindertagesstätten bzw. für die Träger der Kindertagesstätten und für die Jugendämter eine wichtige Orientierung für den Einsatz und die Qualifizierung von Sprachförderkräften ist; das Kompetenzprofil ist ein grundlegender Qualitätsmaßstab;

­ der Orientierungsrahmen zur Qualifizierung von Sprachförderkräften, der als Grundlage für die Gestaltung von Fortbildungsangeboten unterschiedlichen Umfangs dient; die unterschiedlichen Träger haben damit einheitliche Kriterien für ihre Weiterbildungsangebote;

­ das Zertifikat Sprachförderkraft als Nachweis für die Eignung als Sprachförderkraft. Das Zertifikat Sprachförderkraft beinhaltet und belegt das vollständige Durchlaufen von acht Modulen nach dem Orientierungsrahmen im Umfang von acht Tagen mit je acht Unterrichtsstunden (je 45 Minuten) sowie die Bearbeitung einer Praxisaufgabe, die beim achten Tag (Präsentations-/Reflexionstag) vorgestellt wird. Die einzelnen Module können bei unterschiedlichen Fortbildungsanbietern erworben werden.

Der Orientierungsrahmen zur Qualifizierung von Sprachförderkräften legt die Inhalte der Module in folgender Weise fest:

1. Modul: Leitideen, Rahmenbedingungen und Querschnittsaufgaben der frühkindlichen Pädagogik für die sprachliche Förderung in der Kindertagesstätte

2. Modul: Wahrnehmung und Beschreibung kindlicher Sprachentwicklungsprozesse I

3. Modul: Wahrnehmung und Beschreibung kindlicher Sprachentwicklungsprozesse II

4. Modul: Beobachtung und Dokumentation von Sprache und Sprachentwicklung

5. Modul: Methodisch-didaktisches Wissen für die Sprachförderung

6. Modul: Konzeption und Durchführung von Sprachfördereinheiten

7. Modul: Dokumentation, Auswertung und Weiterentwicklung von Sprachfördereinheiten

8. Modul: Reflexions- bzw. Präsentationstag

Die Umsetzung erfolgt 2008 und 2009 zunächst im Rahmen des Projekts durch den Projektträger. Das Projekt dient der Entwicklung und Bereitstellung von Seminarmaterialien, der Koordinierung des Angebots vor Ort und der Weiterleitung von Landeszuwendungen für die Durchführung der Fortbildungsangebote. Nach Ablauf des Projekts im Herbst 2009 werden die Qualifizierungsmaßnahmen durch das Land weiter gefördert werden.

30. Wie viele pädagogische Fachkräfte sind in der Sprachförderung tätig und wie viele haben davon im vergangenen Jahr an einer Weiterbildung zur Qualitätssteigerung in der Sprachförderung teilgenommen?

Die Abrechnung und Auswertung der Sprachfördermaßnahmen des Kindergartenjahres 2006/2007 konnte noch nicht abgeschlossen werden. Zu einem aktuellen Zwischenstand der Auswertung vgl. Beantwortung von Frage 32.

31. Ist ein Ausbau der Weiterbildungsangebote geplant und wenn ja, in welcher Höhe?

Das erfolgreiche Fortbildungsprogramm für Erzieherinnen und Erzieher zum Zertifikat „Zukunftschance Kinder ­ Bildung von Anfang an" mit den beiden stark nachgefragten Modulen zum Bildungs- und Erziehungsbereich Sprache wird mit gleichbleibendem Mitteleinsatz des Landes fortgesetzt.

Ebenso werden weiterhin Fachtagungen durchgeführt werden, die einen wichtigen Beitrag zum Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Praxis leisten und gleichzeitig eine willkommene Diskussionsplattform für die pädagogischen Fachkräfte bieten.

Mit dem Qualifizierungsangebot zum Zertifikat Sprachförderkraft wird es zukünftig ein spezifisches Angebot zur Qualifizierung von Sprachförderkräften geben. Da die Umsetzung erst in diesem Frühjahr startet, können derzeit noch keine Angaben darüber getroffen werden, wie sich das Fortbildungsangebot, dessen Nachfrage und der Förderbedarf konkret entwickeln.

32. Welche Qualifizierungen wurden von den tatsächlich zum Einsatz kommenden Fachkräften auf Grundlage der bestehenden Richtlinien in die Sprachfördermaßnahmen eingebracht?

Die Qualifikation der zum Einsatz kommenden Fachkräfte (auf Basis von 776 Maßnahmen des Kindergartenjahres 2006/2007) ist in der Tabelle dargestellt:

Der Einsatz der Fachkräfte in der Sprachförderung erfolgt auf Grundlage von Ziffer 2.1.5 der Verwaltungsvorschrift „Förderung von Sprachfördermaßnahmen in Kindergärten sowie von Maßnahmen der Vorbereitung des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule" des Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend vom 28. Dezember 2005, aktualisiert am 27. Dezember 2007 (AZ. 9313-75 130-4-23). Grundlage für den Einsatz von Fachkräften in Kindertagesstätten ist die Fachkräftevereinbarung.

33. Wie gestaltet sich ein inhaltlicher Austausch zwischen externen Honorarkräften für die Sprachförderung und dem Personal der Kindertagesstätten sowie den Eltern aus und wie bewertet die Landesregierung diesen Austausch insbesondere vor dem Hintergrund des geringen Stundendeputats der Honorarkräfte?

Der inhaltliche Austausch zwischen externen Honorarkräften für die Sprachförderung und dem Personal der Kindertagesstätten sowie den Eltern erfolgt in der Regel durch die Teilnahme an Teamsitzungen, über eine Abstimmung und den Austausch mit den jeweiligen Erzieherinnen/Erziehern der Kinder, um so den Kindergartenalltag (aktuelle Themen, Spiele etc.) in die Sprachförderung zu integrieren und umgekehrt aus der Sprachförderung Rückmeldungen über die Entwicklung der Kinder zu geben, durch Gespräche mit der Leitung der Kindertagesstätte und durch Elterngespräche, in denen unter anderem wichtige Anregungen für die sprachliche Unterstützung der Kinder erfolgen.

Die Verwaltungsvorschrift „Förderung von Sprachfördermaßnahmen in Kindergärten sowie von Maßnahmen der Vorbereitung des Übergangs vom Kindergarten zur Grundschule" des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur sieht vor, dass bis zu einem Fünftel der Zeitstunden der Basisrespektive der Intensivförderung zur Vor- und Nachbereitung sowie für Kooperationsgespräche mit dem Team und dem Elterngespräch verwendet werden kann. Bisherige Rückmeldungen aus der Praxis lassen darauf schließen, dass dieser zeitliche Ansatz in Anbetracht wachsender Erfahrung und Kompetenz sowie sich einstellender Routine in der Zusammenarbeit und dem Austausch zwischen Erzieherinnen/Erziehern und Sprachförderkraft und zwischen Sprachförderkraft und Eltern den bestehenden Anforderungen gerecht wird.

34. Nach welchen Konzepten findet die Evaluation der Sprachfördermaßnahmen in Kindertagesstätten statt?

35. Plant die Landesregierung diese Konzepte weiterzuentwickeln und wenn ja, in welcher Art und Weise?

Die Landesregierung hat den Kindertagesstätten und ihren Trägern die vom Staatsinstitut für Frühpädagogik in München (IFP) entwickelten Beobachtungs- und Dokumentationsinstrumente Sismik (Sprachverhalten und Interesse an Sprache bei Migrantenkindern in Kindertageseinrichtungen) und Seldak (Sprachentwicklung und Literacy bei deutschsprachig aufwachsenden Kindern) sowie das von Frau Prof. Dr. Gisela Kammermeyer (Universität Koblenz-Landau) entwickelte Verfahren zur Einschätzung des Sprachförderbedarfs im Jahr vor der Einschulung kostenlos zur Verfügung gestellt. Mit diesen Verfahren können die Einrichtungen den Sprachstand der Kinder sowie ihre Sprachentwicklung vor Beginn und nach Ende der Sprachfördermaßnahmen einschätzen und beurteilen.

Diese Konzepte sind erprobte, evaluierte und valide Verfahren. davon mit gesonderter Sprachförderqualifikation insge- ja nein keine samt Angabe Erzieher/Erzieherin 71 % 64 % 22 % 14 % Sozialpädagogin/Sozialpädagoge bzw. Sozialarbeiter/-in 3 % 60 % 16 % 24 % Diplom-Pädagoge/Diplom-Pädagogin 4 % 79 % 9 % 12 % Lehrkraft 7 % 51 % 35 % 14 % Logopäde/Logopädin 3 % 40 % 32 % 28 % Studierende im Hauptfach mit entsprechendem Fächerbezug 3 % 35 % 65 % 0 % Sonstige 9 % 66 % 25 % 9 %