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Reduzierung der Verkehrsverstöße im Lkw-Verkehr dürfte nur dadurch zu erreichen sein, dass die Sanktion für den Unternehmer höher ist, als der mit dem Verstoß erwirtschaftete Gewinn.

Der Senat hält daher eine Verschärfung der Bußgeldvorschriften sowohl im Fahrpersonalgesetz ­ hier besonders bei Verstößen, die die Unternehmer zu verantworten haben ­ als auch bei Verstößen gegen die Ladungsund Fahrzeugsicherheit sowie eine Erhöhung des Verfolgungsdrucks für erforderlich, da er in direkter Relation zu bestimmten Unfallkategorien steht.

Auf Vorschlag der Länder soll im Rahmen der Novellierung des Fahrpersonalgesetzes, die aufgrund der Einführung von digitalen Kontrollgeräten bei Neufahrzeugen ab 2004 erforderlich ist, eine differenzierte Bußgeldandrohung nach Unternehmen und Fahrern erfolgen.

§ 8 Abs. 2 des Fahrpersonalgesetzes sieht derzeit vor, dass die Ordnungswidrigkeit, z. B. der Verstoß gegen die Lenk- und Ruhezeitbestimmungen, mit einer Geldbuße bis zu 5.000 geahndet werden kann. Die Bußgeldsumme soll zukünftig bei Verstößen durch Unternehmer in Anlehnung an die Bußgeldandrohung im Arbeitszeitgesetz 15.000 betragen. Bei Fahrerverstößen soll es bei der jetzigen Höchstsumme von 5.000 verbleiben.

Die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten durch die zuständigen Gewerbeaufsichtsämter der Länder erfolgt seit vielen Jahren nach einheitlichen Richtlinien (Bußgeldkatalogen), die bei Fahrerverstößen jeweils die Hälfte der Geldbuße bei Unternehmerverstößen vorsehen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der angestellte Fahrer nicht über Gebühr für Verstöße bestraft wird, die der Unternehmer anordnet oder duldet und von denen ausschließlich er einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt.

Hinsichtlich der Verstöße gegen die Ladungs- und Fahrzeugsicherheit wird zwischen den Ländern zurzeit die Frage erörtert, ob eine generelle Anhebung der Regelsätze für Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften vorgenommen werden sollte. Davon wären auch Verstöße gegen Ladungsvorschriften oder fahrzeugtechnische Mängel erfasst. Bremen steht diesem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber. Die Einzelheiten müssen ­ soweit sich die Länder und der Bund verständigen ­ noch erarbeitet werden; fest steht aber, dass in vielen Bereichen die Regelsätze in Deutschland hinter den Bußgeldsätzen benachbarter europäischer Staaten zurückbleiben.

13. Wie gestalten sich in der Praxis die Kontrollen ausländischer Lkw, und welche Sanktionen sind bei den genannten Verstößen möglich?

Bei den Kontrollen ausländischer Lkw-Fahrer werden die gleichen Standards wie bei den deutschen angewendet. Verkehrsverstöße werden lediglich nach anderen gesetzlichen Bestimmungen (Überladungen, Länge von Fahrzeugen) geahndet, da ein ausländischer Kfz-Führer nicht gegen die Vorschriften der (Bau- und Betriebsvorschriften) verstoßen kann.

Hier werden die Verstöße über den § 23 Straßenverkehrs-Ordnung sonstigen Pflichten des Fahrzeugführers verfolgt.

Die Akzeptanz der Vorschriften durch die ausländischen Verkehrsteilnehmer ist wegen der im europäischen Vergleich deutlich geringeren Ahndungsätze nicht von nachhaltiger Wirkung. Daher sollten die Ahndungssätze an die der europäischen Nachbarstaaten angepasst werden.

Bei festgestellten Verstößen (Technik des Lkw) oder bei Verstößen gegen die Sozialvorschriften wird grundsätzlich bis zur Behebung der festgestellten Mängel die Weiterfahrt untersagt.

Die Möglichkeiten der Sicherheitsleistung nach § 132 der Strafprozessordnung in Verbindung mit § 46 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten bei Verkehrsteilnehmern, die in der Bundesrepublik Deutschland keinen festen Wohnsitz haben, wird regelmäßig genutzt, da Rechtshilfeabkommen mit anderen europäischen Staaten (ausgenommen Österreich) nicht bestehen.

14. Welche Maßnahmen können nach Auffassung des Senats getroffen werden, um Verkehrsunfälle von abbiegenden Lkw mit Fußgängern und Radfahrern zu vermeiden?

Die von der Frage aufgeworfene Problemstellung ist seit Jahren bekannt und wird von Bund und Ländern bundesweit diskutiert.

In einem ersten Schritt wurden in Bremen Lichtsignalanlagen ­ LSA (sofern vorhanden) an Straßenkreuzungen und Einmündungen so geschaltet, dass Fußgänger bzw. Fahrradfahrer einen gewissen Vorlauf bei der Grünphase haben.

Ein weiterer ­ allerdings nur auf europäischer Ebene zu realisierender ­ Lösungsansatz wäre die Verbesserung der technischen Ausstattung von Lkw und Bussen, die den Lkw- oder Busfahrer in die Lage versetzt, das Umfeld seines Fahrzeugs besser überblicken zu können. Dieser Lösungsansatz wird seit 2001 von der Kommission der EU verfolgt.

Am 7. Januar 2002 hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten für die Typengenehmigung von Rückspiegeln, von zusätzlichen Systemen für indirekte Sicht und von mit solchen Einrichtungen ausgestatteten Fahrzeugen sowie zur Anpassung der Richtlinie 70/156/EWG vorgelegt. Ziel des Vorschlags ist die Vergrößerung des für die Fahrer von Lkw und Bussen indirekt einsehbaren Bereichs und Verkleinerung des toten Winkels im Nahbereich der vorgenannten Fahrzeuge. Die jüngsten tragischen Ereignisse in Bremen offenbaren die besondere Dringlichkeit der Umsetzung dieser Richtlinie. Der Senat wird sich soweit möglich über den Bundesrat für eine Beschleunigung des Verfahrens einsetzen.

Als kurzfristige Problemlösung kommt nach Auffassung der Polizei Bremen und der Ortspolizeibehörde Bremerhaven derzeit nur eine offensive Öffentlichkeitsarbeit in Betracht, bei der die Öffentlichkeit mit der besonderen Konfliktsituation konfrontiert wird. Hierbei sollte die Öffentlichkeit insbesondere auf die derzeit beschränkten Möglichkeiten eines Lkw- oder Busfahrers, das Umfeld seines Fahrzeugs uneingeschränkt zu überblicken, hingewiesen werden. Fahrradfahrern und Fußgängern sollte deutlich gemacht werden, dass sie sich in dieser besonderen Konfliktsituation nicht in jedem Fall auf den Vertrauensgrundsatz (jeder Verkehrsteilnehmer hält sich an die Verkehrsvorschriften) verlassen.

Aus diesem Grund plant die Polizei zusammen mit den Medien kurzfristig eine Initiative, bei der auf die Problematik (auch aus Sicht des Lkw-Fahrers) hingewiesen werden soll.

15. Inwieweit hat der Senat Erkenntnisse darüber, wie oft im Jahr 2002 das Überschreiten der gebotenen Höchstgeschwindigkeit auf Bundesautobahnen in Bremen zur Verursachung von Unfällen führte?

Bremen: Überhöhte Geschwindigkeit gehört zu den Hauptunfallursachen.

Im Jahr 2002 ereigneten sich auf Bundesautobahnen im bremischen Bereich 241 Verkehrsunfälle, die auf eine nicht den Verkehrsverhältnissen angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen sind. Lediglich bei einem Verkehrsunfall (A 27, Höhe Kilometer 69,2) wurde als Unfallursache Nicht angepasste Geschwindigkeit bei gleichzeitiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ermittelt. Bei allen anderen Unfällen wurde Nicht angepasste Geschwindigkeit in anderen Fällen ermittelt. dieser Verkehrsunfälle waren Unfälle mit Personenschaden.

Bremerhaven:

Die örtliche Untersuchung der Verkehrsunfälle auf der BAB A 27 im Bereich der Gemarkung Bremerhaven obliegt der Polizeiinspektion Cuxhaven (Niedersachsen). Nach Mitteilung der örtlich zuständigen Dienststelle haben sich auf diesem Teilstück der BAB A 27 im Jahr 2002 insgesamt 180

Verkehrsunfälle ereignet, von denen 51 auf eine nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen sind. In wie vielen dieser Fälle ein Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit unfallursächlich war, lässt sich dort allerdings nicht nachvollziehen.

16. Wie viele mobile und ortsfeste Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen gibt es in Bremen und Bremerhaven, und inwieweit haben diese Geräte Einfluss auf die Verbesserung der Verkehrssicherheit?

Bremen:

Für die Überwachung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit stehen der Polizei Bremen derzeit insgesamt 29 mobile Geschwindigkeitsmessgeräte (zwei Lichtschrankengeräte, ein Radargerät, ein Videoüberwachungsgerät Leica XV 2, 25 Lasergeschwindigkeitsmessgeräte Laserpatrol) und eine stationäre Geschwindigkeitsüberwachungsanlage ­ GÜA ­ auf der BAB A 1 zur Verfügung.

Der gezielte Einsatz von mobilen Geschwindigkeitsüberwachungsgeräten hat zweifellos Einfluss auf das Verkehrsverhalten der Verkehrsteilnehmer.

Ein Indiz hierfür dürften die rückläufigen Unfallzahlen im Bereich der Hauptunfallursache Geschwindigkeit sein, die sich im Zeitraum von Januar bis September 2003 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 13,5 Prozent reduziert haben. Auch in den Vorjahren wurde nach Erhöhung des Kontrolldrucks bereits eine deutliche Senkung der Unfallzahlen festgestellt.

Bremerhaven:

Im Bereich der Ortspolizeibehörde Bremerhaven wird von der Verwaltungspolizei ein Radarmesswagen mit dem Geschwindigkeitsmessgerät Traffipax eingesetzt.

Die Schutzpolizei Bremerhaven verfügt über insgesamt drei Lasermessgeräte, die zur gezielten Geschwindigkeitsüberwachung verwendet werden. Darüber hinaus ist hier noch ein ESO-Lichtschranken-Messgerät vorhanden, dessen Einsatz aus technischen Gründen allerdings stark eingeschränkt ist.

Derzeit wird auf dem BAB-Zubringer Überseehäfen in Richtung Unfallbrennpunkt BAB-Anschlussstelle eine ortsfeste Geschwindigkeitsüberwachungsanlage (GÜA) eingerichtet.

Die Überwachung der Hauptunfallursache Geschwindigkeit durch die Polizei ist aus Sicht der Ortspolizeibehörde Bremerhaven eine unabdingbare Maßnahme zur Reduzierung von Verkehrsunfällen. Hinsichtlich des Wirkungsbereichs der mobilen Überwachungsanlagen Traffipax und Lasermessgerät ist davon auszugehen, dass eine intensive und für den Verkehrsteilnehmer örtlich nicht vorhersehbare Überwachung generell das Geschwindigkeitsniveau im öffentlichen Verkehrsraum und somit auch Anzahl und Schwere der Verkehrsunfälle reduzieren dürfte.

Die Einrichtung der ortsfesten Überwachungsanlage am BAB-Zubringer Überseehäfen dürfte das Geschwindigkeitsniveau in diesem Bereich deutlich senken und damit zu einer Entschärfung des dort befindlichen örtlichen Unfallbrennpunkts führen. Generell wird die Wirksamkeit ortsfester Anlagen zur Geschwindigkeitskontrolle auf einen Bereich von etwa 500

Meter vor und 500 Meter hinter dem Standort der Anlage festgelegt (Meewes: Mobile und ortsfeste Geschwindigkeitsüberwachung; HUK Verband, Köln).

17. Wie oft und mit welchen Schwerpunkten wurden in Bremen und Bremerhaven im Jahre 2002 Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt?

Bremen:

Die Dienststellen der Verkehrsabteilung der Polizeidirektion Bereitschaftspolizei/Sondereinsatz haben auf den Straßen und Autobahnen der Stadtgemeinde Bremen im Jahre 2002 484 Geschwindigkeitsmessungen ­ mobil ­ (Radar, Lichtschranke, Laser) durchgeführt; dabei wurden 39.952 Verstöße geahndet. Dazu kommen ca. 1.000 Verkehrskontrollen mit dem Lasermessgerät (Laserpatrol) der Reviere und der Wache der Bereitschaftspolizei in der Stephanitorstraße mit einem Anteil von 10.617 Verstößen.

Wesentliche Grundlage der Überwachungsmaßnahmen sind die Verkehrsunfälle mit den Ursachen Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und nicht angepasste Geschwindigkeit. Die Auswahl der Messorte (unfallbelastete Straßen, Wohnbereiche und Orte mit besonderer Gefährdung von z. B. Kindern und Senioren) erfolgt unter Berücksichtigung des Verkehrsunfalllagebildes der Polizei Bremen.

Mit der stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlage (GÜA) auf der BAB A 1 wurden im Jahre 2002 ca. 28.620 Verstöße festgestellt und geahndet.

Bremerhaven:

Im Jahr 2002 sind von der Schutzpolizei und der Verwaltungspolizei in Bremerhaven 558 Geschwindigkeitskontrollen mit dem Überwachungssystem Traffipax sowie 128 Kontrollen mit dem Lasermessgerät durchgeführt worden.

Die Geschwindigkeitsüberwachung erfolgt insbesondere an Unfallbrennpunkten, auf Straßen, wo die Verkehrssicherheit durch permanente Geschwindigkeitsüberschreitungen beeinträchtigt, im Bereich von Kindergärten und Schulen sowie an Örtlichkeiten, hinsichtlich derer sich Bürger (meist Anwohner) über zu hohe gefahrene Geschwindigkeiten beschweren.