Der TäterOpferAusgleich TOA 71 Der TOA im allgemeinen Strafverfahren. Der TOA wird im Gesetz etwa in § 46 a Abs

Im Übrigen sind in einem Strafverfahren ­ gleichgültig, gegen wen es sich richtet ­ bekannt werdende Tatsachen, die Maßnahmen des Vormundschafts- oder des Familiengerichts erfordern können, diesen mitzuteilen, soweit nicht schutzwürdige Interessen der Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung das Schutzbedürfnis der Minderjährigen oder das öffentliche Interesse an der Übermittlung überwiegen (Nr. 31 MiStra; vgl. § 35 a des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit [FGG] und § 70 des Jugendgerichtsgesetzes [JGG]).

In Strafsachen, die eine erhebliche Gefährdung von Minderjährigen erkennen lassen, sowie in Jugendschutzsachen (vgl. hierzu Abschnitt B, I. 9.1.1) werden dem Jugendamt Ort und Zeit der Hauptverhandlung mitgeteilt (Nr. 35 Abs. 4 MiStra).

In Strafsachen gegen Personen, die in Heimen, Kindertagesstätten, Kindergärten oder ähnlichen Einrichtungen mit erzieherischen Aufgaben betraut sind, sieht Nr. 27 MiStra bestimmte Mitteilungen vor, wenn die Personen an einer privaten Einrichtung der genannten Art oder ­ ohne in einem Arbeitnehmer- oder Beamtenverhältnis zu stehen ­ an einer der genannten öffentlichen Einrichtungen tätig sind (hinsichtlich Strafsachen gegen Personen in einem Beamten- oder Richter-, Arbeitnehmer- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst sehen Nr. 15 und Nr. 16 gesonderte Regelungen vor).

Es sind, soweit es sich um einen Verbrechensvorwurf handelt,

­ der Erlass und der Vollzug eines Haft- oder Unterbringungsbefehls,

­ die Erhebung der öffentlichen Klage,

­ Urteile,

­ der Ausgang des Verfahrens, wenn eine Mitteilung nach den vorbenannten Punkten zu erfolgen hatte, mitzuteilen (Nr. 27 Absatz 1 Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 16 Absatz 1 MiStra).

In wegen eines Vergehens geführten Strafsachen ist grundsätzlich entsprechend zu verfahren, wenn der Tatvorwurf auf eine Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung des Dienstes bzw. des Berufes zu beachten sind, oder er in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung hervorzurufen (Nr. 27 Absatz 1 Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 16 Abs. 2 MiStra). Die für die Entgegennahme dieser Mitteilungen zuständige Stelle ist in Rheinland-Pfalz das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung.

Die Mitteilungen ermöglichen es dem zuständigen Adressaten, im Interesse der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu prüfen, ob und ggf. welche Maßnahmen zu ergreifen sind.

7. Der Täter-Opfer-Ausgleich (TOA)

Der TOA im allgemeinen Strafverfahren

Der TOA wird im Gesetz (etwa in § 46 a Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 153 a Abs. 1 S. 2 Nr. 5 StPO) als das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, definiert. Im Rahmen des Strafverfahrens ist die Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktschlichtung mit Hilfe einer neutralen Vermittlerin bzw. eines neutralen Vermittlers von besonderer Bedeutung. Der TOA bietet den Opfern sowie den Täterinnen und Tätern unter Anleitung einer erfahrenen Konfliktschlichterin oder eines erfahrenen Konfliktschlichters die Möglichkeit, eine auf ihre Situation zugeschnittene Auseinandersetzung mit der Tat und ihren Folgen zu führen. Die Strafprozessordnung sieht die Einschaltung einer den TOA durchführenden Stelle im Rahmen des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft oder das Gerichts gesetzlich vor (vgl. § 155 b StPO).

Der erfolgreiche Täter-Opfer-Ausgleich ist ein „Paradebeispiel" für eine sogenannte „win-win"-Situation, eine Situation also, von der beide Seiten, Täterin bzw. Täter und das Opfer, profitieren. Der TOA bietet eine rasche und unkomplizierte Möglichkeit, eine Genugtuung für das erlittene Unrecht zu erhalten. Missverständnisse zwischen beiden Seiten können namentlich mit Hilfe der Vermittlerinnen und Vermittler ausgeräumt, Konflikte bereinigt, künftige Auseinandersetzungen vermieden und Ängste abgebaut werden.

Für die Täterin oder den Täter bedeutet der TOA zunächst, Verantwortung für das begangene Unrecht zu übernehmen. Er bietet der Täterin bzw. dem Täter zudem ein geeignetes Forum, die Situation des Opfers zu verstehen, Opferempathie zu entwickeln und zu zeigen, sich dem Opfer zu stellen und etwa durch eine Entschuldigung oder Ausgleichsleistungen auch sein Gewissen zu erleichtern. Bei der Täterin bzw. dem Täter können Denkprozesse angestoßen und gefördert werden, die einer künftigen Rückfälligkeit vorbeugen, was sowohl potenziellen Opfern als auch den Täterinnen und Tätern zugutekommt. Schließlich ­ und dies wird für die Täterinnen und Täter in der Regel von entscheidender Bedeutung sein ­ eröffnet der TOA die Möglichkeit eines günstigeren Verfahrensausgangs. Je nach Lage des Falls kann das Verfahren statt mit einer Anklage oder einer Verurteilung mit einer Einstellung ggf. unter weiteren Auflagen enden. Im Falle einer Verurteilung greift ein Strafmilderungsgrund.

Von der Frieden stiftenden Wirkung eines TOA profitieren schließlich nicht nur die unmittelbar Beteiligten, sondern auch die Allgemeinheit, weil künftige Auseinandersetzungen und langwierige gerichtliche Verfahren vermieden oder abgekürzt werden können.

Ein TOA in einem möglichst frühen Stadium des Strafverfahrens ist gerade unter Opferschutzgesichtspunkten vorzugswürdig. Allerdings gilt auch: Für einen TOA ist es nie zu spät. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht sollen daher in jedem Stadium des Verfahrens die Möglichkeiten prüfen, einen Ausgleich zwischen der oder dem Beschuldigten und der oder dem Verletzten zu erreichen (§ 155 a S. 1 StPO). In geeigneten Fällen sollen sie zudem darauf hinwirken, dass ein solcher Ausgleich zustande kommt (§ 155 a S. 2 StPO). Sie können einer von ihnen hierzu beauftragten Stelle zur Durchführung eines TOA oder einer Schadenswiedergutmachung die hierfür erforderlichen personenbezogenen Daten und unter Umständen auch die Akten übermitteln (§ 155 b StPO).

Zwar hat ein Täter-Opfer-Ausgleich in aller Regel Vorteile sowohl für die Täterin oder den Täter als auch für das Opfer. Allerdings darf die Eignung eines Falles für den TOA nie gegen den ausdrücklichen Willen der oder des Verletzten angenommen werden (§ 155 a S. 3 StPO). Die Opferbelange genießen also oberste Priorität. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es gerade für schwer traumatisierte Opfer oftmals eine erhebliche psychische Belastung darstellt, sich mit der Täterin oder dem Täter auseinanderzusetzen oder gar einen Ausgleich zu vereinbaren. Dies gilt in besonderem Maße für die Opfer schwerwiegenderer Delikte.

Die Möglichkeiten des TOA sind aber keineswegs auf den Bereich der Bagatellkriminalität beschränkt. Ein TOA ist grundsätzlich auch in Fällen der mittleren und schwereren Kriminalität in Betracht zu ziehen. Den gesetzlichen „Anker" hierfür bietet § 46 a Nr. 1 StGB. Hiernach kann das Gericht die Strafe mildern und unter bestimmten Voraussetzungen sogar von Strafe absehen, wenn der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutmacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt. Auch aus § 46 Abs. 2 StGB ergibt sich, dass die Gerichte bei der Strafzumessung das Bemühen, einen Ausgleich mit der oder dem Verletzten zu erzielen, zu berücksichtigen haben.

Die Anwendung des TOA wird hier unter besonderer Berücksichtigung der zugrunde liegenden Tat sowie der Persönlichkeiten von Täterin bzw. Täter und Opfer sehr behutsam geschehen müssen. Getragen wird die Regelung von dem Gedanken, dass eine Aussöhnung zwischen den Konfliktparteien regelmäßig dazu beitragen wird, die nicht selten vorhandenen Ängste des Opfers vor künftigen Begegnungen mit der Täterin oder dem Täter weitgehend auszuräumen. Somit kann ein TOA auch im Bereich schwerer Kriminalität Perspektiven für beide Seiten eröffnen.

Als vorteilhaft kann sich in diesem Kriminalitätsfeld die Durchführung eines TOA im Zwischenverfahren erweisen. Ein TOA nach Anklageerhebung bis zur Hauptverhandlung bietet folgende Vorteile:

­ die Ermittlungen sind abgeschlossen, sodass dem TOA ein konkreter und ausermittelter Sachverhalt zugrunde gelegt werden kann,

­ der Angeschuldigte könnte unter dem „Damoklesschwert" der Anklage schon im eigenen Interesse eher zu einer Mitwirkung an einem TOA motiviert werden,

­ in der Hauptverhandlung können die bis dahin erbrachten Leistungen und Bemühungen bei der Strafzumessung sowie der Frage, ob eine Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht kommt, berücksichtigt werden (ohne dass auf bloße Versprechungen des Angeschuldigten hin, etwa im Wege einer Bewährungsauflage einen Schadensausgleich herbeizuführen, gebaut werden müsste),

­ das Ausnutzen der bis zur Hauptverhandlung vergehenden Zeit kann Verfahrensverzögerungen vermeiden,

­ das Opfer kann schon vor Abschluss des Verfahrens eine Wiedergutmachungsleistung erfahren,

­ bestehende Ängste des Opfers, insbesondere vor einer Konfrontation mit dem Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung, können durch die Vermittlung einer Mediation abgebaut werden.

Aus diesen Gründen wirbt die Landesregierung bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten, TOA-Maßnahmen auch in diesem Stadium zu veranlassen (vgl. Abschnitt D, II. 17.4).

Schließlich kann ein TOA auch mit oder sogar nach dem Urteil zum Tragen kommen. So kann das Gericht einer Verurteilten oder einem Verurteilten im Falle einer Verwarnung mit Strafvorbehalt aufgeben, sich zu bemühen, einen Ausgleich mit der oder dem Verletzten zu erreichen oder sonst den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen (§ 59 a Abs. 2 Nr. 1 StGB). Hierzu sowie zu der Möglichkeit des Gerichts, einer oder einem Verurteilten im Falle der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zur Bewährung die Weisung zur Schadenswiedergutmachung zu erteilen (§ 56 b Abs. 2 Nr. 1 StGB), wird auf die Ausführungen unter Abschnitt B, I. 10.3 Bezug genommen. Zu der Frage der Durchführung eines TOA im Strafvollzug wird auf die Ausführungen unter Abschnitt D, II. 17.4 verwiesen.

Der TOA im Jugendstrafverfahren

Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) sieht für den TOA im Jugendstrafverfahren modifizierte Regelungen vor, die sowohl für Jugendliche als auch für nach Jugendstrafrecht zu beurteilende Heranwachsende (§ 109 Abs. 2 JGG) gelten. Zentrale Bedeutung hat die mit einem Urteil zu erteilende Weisung nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 JGG, sich um einen Ausgleich mit dem Verletzten zu bemühen.

Das Gericht kann das Verfahren aber auch nach Anklageerhebung mit einer entsprechenden Weisung einstellen, wenn es eine Entscheidung durch Urteil für entbehrlich hält und die oder der Jugendliche geständig ist (§ 47 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 45 Abs. 3 S. 1 und § 10 Abs. 1 Nr. 7 JGG).

Der TOA erlangt zudem Bedeutung bei der Frage einer Einstellung im Rahmen der Diversion gemäß § 45 JGG. Nach § 45 Abs. 3 S. 1 JGG kann der Jugendrichter einer oder einem jugendlichen Beschuldigten auf Anregung der Staatsanwaltschaft eine entsprechende Weisung erteilen. Voraussetzung ist, dass die oder der Jugendliche geständig ist und die Staatsanwaltschaft die Erhebung einer Anklage für nicht geboten erachtet. Wird die Weisung erfüllt, sieht die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung ab (§ 45 Abs. 3 S. 2

JGG). Hält die Staatsanwaltschaft weder die Beteiligung des Gerichts nach § 45 Abs. 3 JGG noch die Erhebung einer Anklage für erforderlich, so sieht sie von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist (§ 45 Abs. 2 S. 1 JGG). Dabei steht einer erzieherischen Maßnahme das Bemühen der oder des Jugendlichen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, ausdrücklich gleich (§ 45 Abs. 2 S. 2 JGG).

Mit dem Gemeinsamen Rundschreiben des Ministeriums der Justiz, des Ministeriums des Innern und für Sport und des Ministeriums für Soziales und Familie vom 31. Juli 1987 hat Rheinland-Pfalz als erstes Bundesland die Diversionsstrategie eingeführt. Sie soll die Möglichkeit fördern, in geeigneten Fällen bei Straftaten Jugendlicher und Heranwachsender, auf die Jugendstrafrecht anzuwenden ist, in einem abgekürzten Verfahren durch staatsanwaltschaftliche Entscheidung von der Verfolgung abzusehen. Dabei soll der Erziehungsgedanke des Jugendgerichtsgesetzes durch eine der Straftat alsbald folgende und der Persönlichkeit der oder des Beschuldigten angemessene Reaktion gestärkt werden. In der Diversionsstrategie ist ausdrücklich festgelegt, dass das Jugendamt in seiner Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft bei der Frage, ob als Voraussetzung für ein Absehen von der Verfolgung weitere erzieherische Maßnahmen vorgeschlagen werden, einem möglichen Täter-Opfer-Ausgleich stärkere Beachtung zu schenken hat.

Schließlich kommt ein TOA auch bei der Verurteilung zu einer Jugendstrafe auf Bewährung in Betracht. Einer oder einem zu einer Jugendstrafe auf Bewährung Verurteilten kann die Weisung erteilt werden, sich um einen Ausgleich mit der oder dem Verletzten zu bemühen (§ 23 Abs. 1 S. 4 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 7 JGG).

Daneben kennt das Jugendstrafrecht die Auflage, sich persönlich bei dem Opfer der Tat zu entschuldigen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 JGG).

Eine solche Auflage kann auch als Bewährungsauflage erteilt werden (§ 23 Abs. 1 S. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 2 JGG).

8. Die Stellung des Opfers bei Einstellung eines Verfahrens

Allgemeines:

Die Strafprozessordnung regelt verschiedene Möglichkeiten, ein Ermittlungs- bzw. Strafverfahren mit einer Einstellung zu erledigen.

Zum besseren Verständnis der für Opfer relevanten Besonderheiten erfolgt ein kurzer Überblick über die wichtigsten Einstellungsarten.

So hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einzustellen, wenn keine Straftat vorliegt oder eine solche nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit (d. h. einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung) nachweisbar ist (§ 170 Abs. 2 StPO). Bei Privatklagedelikten stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein, wenn kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung vorliegt, und verweist den Antragsteller bzw. die Antragstellerin auf den Privatklageweg (§§ 374, 376 StPO).

Eine Einstellung des Verfahrens ist unter bestimmten Voraussetzungen mangels öffentlichen Interesses an einer Strafverfolgung möglich, wenn die Schuld der Täterin bzw. des Täters als gering anzusehen wäre (§ 153 StPO). Sie ist auch zulässig, wenn das bestehende öffentliche Interesse an der Strafverfolgung durch die Erfüllung von Auflagen beseitigt werden kann (§ 153 a StPO). Für das Jugendstrafverfahren sehen die §§ 45, 47 JGG besondere Regelungen vor. Eine Einstellung ist ferner unter bestimmten Voraussetzungen bei im Ausland begangenen Straftaten (§ 153 c StPO) oder wenn die oder der Beschuldigte ausgeliefert oder ausgewiesen wird (§ 153 b StPO) möglich. Ein Ermittlungs- bzw. Strafverfahren kann auch eingestellt werden, wenn die oder der Beschuldigte oder Angeklagte bereits anderweitig bestraft worden ist oder eine Bestrafung wegen anderer Taten zu erwarten ist und eine weitere Strafverfolgung in dem gegenständlichen Verfahren daneben nicht mehr beträchtlich ins Gewicht fallen würde (§ 154 StPO). Darüber hinaus kann die Strafverfolgung auf bestimmte Teile einer Tat oder einzelne bei einer Tat begangene Gesetzesverletzungen beschränkt werden, wenn die übrigen abtrennbaren Teile oder begangenen Gesetzesverletzungen für die zu erwartende Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fallen würden (§ 154 a StPO). Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine Einstellung des Verfahrens, weil die strafprozessuale Tat als solche ­ wenn auch nur beschränkt auf ihre wesentlichen Teile ­ weiter verfolgt wird. Hat die Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung wegen der Tat die Strafverfolgung hinsichtlich eines zur Nebenklage berechtigenden Delikts gemäß § 154 a StPO beschränkt, so bleibt die Zulässigkeit einer Nebenklage davon unberührt (vgl. Abschnitt B, I. 9.2).

Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Staatsanwaltschaft befugt von der Verfolgung einer Straftat abzusehen, wenn die Täterin bzw. der Täter selbst Opfer einer Erpressung oder Nötigung wegen dieser Tat geworden ist (§ 154 c Abs. 1 StPO). Darüber hinaus kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung eines von dem Opfer einer Nötigung oder Erpressung begangenen Vergehens absehen, wenn dieses Vergehen durch die Anzeige der Nötigung bzw. Erpressung seitens des Opfers bedingt bekannt wird (§ 154 c Abs. 2 StPO). Diese Möglichkeit dient namentlich dazu, den Fällen Rechnung tragen zu können, in denen zur Prostitution gezwungene Menschenhandelsopfer befürchten müssen, bei einer Strafanzeige gegen ihre Peiniger ihrerseits wegen Verstößen gegen das Aufenthaltsrecht belangt zu werden. Den Opfer soll mithin die Anzeigeerstattung und damit der Ausstieg aus demütigenden Zwangsgefügen erleichtert werden.

Der Staatsanwaltschaft ist schließlich eine Einstellung des Verfahrens erlaubt, nachdem sie der Anzeigeerstatterin oder dem Anzeigeerstatter eine Frist zur Klärung einer entscheidungserheblichen Vorfrage in einem zivilrechtlichen Verfahren oder einem Verwaltungsstreitverfahren gesetzt hat und diese Frist fruchtlos verstrichen ist (§ 154 d StPO). Letztlich soll die Staatsanwaltschaft von der Anklageerhebung wegen des Vorwurfs der Beleidigung oder der falschen Verdächtigung absehen, solange wegen der dem Vorwurf zugrunde liegenden behaupteten oder angezeigten Handlung ein Strafverfahren anhängig ist (§ 154 e StPO).