Das ProPK bietet Opfern von Straftaten Hilfe durch Information

Das „Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes"

Das „Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK)" hat verschiedene Angebote zum Thema Opferschutz für die Polizei entwickelt, die im Extrapol (speziell zur Opferschutzanwendung „VIKTIM" vgl. Unterabschnitt 2.9) oder im Internet unter www.polizei-beratung.de eingesehen werden können.

Das ProPK bietet Opfern von Straftaten Hilfe durch Information. Das Programm gibt zahlreiche Informationsmedien zu den Themen Drogen, Sexualdelikte, Gefahren im Internet, Diebstahl und Einbruch, Gewalt, Raub, Betrug, Jugendkriminalität und Medienkompetenz heraus. Unter www.polizei-beratung.de/rathilfe/opferinfo sind wichtige Aspekte, wie beispielsweise zur Sicherung von Beweismitteln oder Schadensersatzansprüchen, zum Verlauf eines Strafverfahrens sowie Tipps und Hinweise zum Schutz vor weiteren Straftaten im Internet eingestellt. Mit dem Internetauftritt soll der unmittelbare Kontakt mit der Polizei nicht ersetzt werden.

Vielmehr erhalten die Opfer mit diesem Angebot eine zusätzliche Möglichkeit, sich über ihre Rechte sowie bestehende Hilfs- und Beratungsangebote zu informieren.

Die Opferschutzanwendung „VIKTIM"

Zur Bewältigung der Folgen einer Straftat oder eines anderen schädigenden Ereignisses ist es für das Opfer wichtig, geeignete Unterstützung zu bekommen. Allerdings ist die Tätigkeit der Polizei im Bereich Opferhilfe auf die Vermittlung begrenzt. Sozialarbeit oder therapeutische Arbeit sind nicht Aufgaben der Polizei. Die Polizei hat indes aktiv mit Einrichtungen der Opferhilfe zusammenzuarbeiten und Kriminalitäts- und Unfallopfer schnell und gezielt an entsprechende Institutionen weiterzuvermitteln, wenn die Geschädigten das wünschen. Bei offensichtlich traumatisierten Opfern sollte grundsätzlich die Vermittlung an professionelle oder ehrenamtliche Einrichtungen der Opferhilfe erfolgen. Die im Extrapol eingestellte und über ProPK (vgl. Unterabschnitt 2.8) betriebene Opferschutzanwendung „VIKTIM" bietet umfangreiche Informationen für die polizeiliche Sachbearbeitung zum Thema Opferschutz. Alle Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte können unter der Rubrik Hilfseinrichtungen und Fachpublikationen nach hilfreichen Adressen und Materialien suchen. Neben den bundesweit relevanten Informationen können länder- und regionalspezifische Inhalte abgerufen werden.

3. Weitere Beratung, Betreuung und Schutz von Opfern im Allgemeinen

Beratungszentren und Rahmenkonzeption „Polizeilicher Opferschutz in Rheinland-Pfalz"

Durch die Einrichtung der Polizeilichen Beratungszentren in Rheinland-Pfalz (vgl. bereits mit Blick auf den vorbeugenden Opferschutz Abschnitt D, I. 2.8) soll den Bürgerinnen und Bürgern eine Anlaufstelle angeboten werden, in der sie sich nicht nur über Möglichkeiten der Verkehrs- und Kriminalprävention informieren, sondern auch eine Opferberatung in Anspruch nehmen können.

In den Polizeilichen Beratungszentren werden u. a. nachfolgende Aufgaben mit Bezug zum nachsorgenden Opferschutz wahrgenommen:

­ Intensivierung der Opferhilfe und Opferberatung durch Erstellung und Pflege einer Opferhilfedatei sowie der Weitervermittlung Betroffener an Fachstellen,

­ Information der Opfer über den Ablauf eines Ermittlungsverfahrens, Transparenz polizeilichen Handelns, Aufklärung über die Rechte im Strafverfahren sowie Hinweise auf weitere Rechte und bestehende Hilfsangebote,

­ kontinuierliche Netzwerkarbeit mit externen Opferhilfeeinrichtungen,

­ verhaltensorientierte Beratung zu allen Themenbereichen sowie die Beratung potenziell gefährdeter Personen oder Zielgruppen,

­ Durchführung von Vorträgen und Informationsveranstaltungen.

Die bislang durchgeführte Opferberatung der Polizei verfolgt vorrangig den verhaltensorientierten Ansatz. Demnach richtet sie sich an potenzielle Opfer, aber auch an Bürgerinnen und Bürger, die bereits Opfer einer Straftat geworden sind. Für das Jahr 2007 erfolgten Opferberatungen überwiegend in den Deliktsfeldern Raub/Diebstahl, Einbruch, Bedrohung, Belästigung, „Stalking", Sexualdelikte und Gewalt in engen sozialen Beziehungen. In gravierenden Einzelfällen erfolgte aber auch eine Betreuung von Opfern nach Tötungsdelikten, tödlichen Verkehrsunfällen und anderen schädigenden Ereignissen.

Der zeitliche Ansatz einer einzelnen Opferberatung ist abhängig vom Delikt und der Person des Opfers. In der Regel ist für eine Beratung ein Zeitansatz von 30 bis 60 Minuten zu veranschlagen. Im Einzelfall können mehrere Beratungen sowie eine Nachbetreuung in einem zeitlichen Umfang von bis zu mehreren Stunden je betreuter Person erforderlich sein.

Eine vom Landeskriminalamt erstellte Rahmenkonzeption „Polizeilicher Opferschutz in Rheinland-Pfalz" ist im Grundsatz gebilligt, wird in Detailfragen aber noch überarbeitet. Sie geht von der Prämisse aus, dass Opferschutz Aufgabe einer jeden Polizeibeamtin und eines jeden Polizeibeamten ist. In den Beratungszentren der Polizei werden „Ansprechstellen Opferschutz" eingerichtet, die vor allem die Aufgabe behördenintern verankern und für die nötige Fortbildung sorgen soll. In gravierenden Einzelfällen betreuen sie Opfer von Straftaten. Vorrangig ist aber die schnelle Vermittlung an externe Fachleute, z. B. wenn es um die Bewältigung von Traumata geht. Die Rahmenkonzeption bietet den Polizeibeamtinnen und -beamten Orientierung beim Umgang mit Opfern von Straftaten und sonstigen schädigenden Ereignissen. Sie soll kompetente Handhabe gewährleisten und ein gleichmäßiges Angebot sicherstellen.

Zeugenkontaktstellen

Als wesentlicher Beitrag zu einer bürgernahen und opferfreundlichen Justiz ist die Einrichtung eines flächendeckenden und über den Bereich der Strafgerichte hinausreichenden Netzes bürgernaher Zeugenkontaktstellen bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten des Landes in Vorbereitung. Mit den Kontaktstellen soll neben der Unterstützung von Programmen zur intensiven Zeugenbetreuung und Prozessbegleitung eine zweite Säule der Zeugenbetreuung entstehen.

Aufgabe der Zeugenkontaktstellen wird es sein, (Opfer-)Zeuginnen und (Opfer-)Zeugen auf der Grundlage möglichst einheitlicher Mindeststandards im Sinne einer „ersten Hilfe" durch Rat und Tat vor Ort sowie durch die Vermittlung erforderlicher weitergehender Hilfsangebote zu unterstützen. Durch die Unterstützung bei der Erfüllung von Zeugenpflichten dienen sie insbesondere den Interessen ratsuchender Zeuginnen oder Zeugen und der Vermeidung einer sekundären Viktimisierung von Opfern. Die Aufgaben der Zeugenkontaktstellen umfassen im Wesentlichen Hilfeleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit Verhandlungsoder Vernehmungsterminen. Im Einzelnen werden sie insbesondere folgende Hilfeleistungen anbieten:

­ „RAT" ­ Information:

­ Hinweise zu den örtlichen Gegebenheiten, Zeugenzimmern usw.,

­ allgemeine Erläuterungen

­ der Ladung,

­ des Ablaufs einer Gerichtsverhandlung oder Vernehmung sowie der Aufgaben der hierbei handelnden Personen,

­ der Rechte, Handlungsmöglichkeiten und Pflichten von (Opfer-)Zeuginnen und (Opfer-)Zeugen, einschließlich der Möglichkeiten des Täter-Opfer-Ausgleichs und des Gewaltschutzgesetzes,

­ Aufklärung über Hilfs-, Therapie- oder Betreuungsangebote, etwa von freien Trägern oder der Stiftung Rheinland-Pfalz für Opferschutz;

­ „TAT" ­ Praktische und fürsorgliche Hilfen:

­ Hilfestellungen für kindliche, gebrechliche oder körperbehinderte Personen im Rahmen der persönlichen und technischen örtlichen Gegebenheiten,

­ Vermittlung des Kontaktes zu dem zuständigen Gericht und/oder der zuständigen Dezernentin bzw. dem zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft oder ggf. eigene Kontaktaufnahme, wenn dies erforderlich ist, um Gefährdungslagen oder praktischen Problemen zu begegnen,

­ Vermeidung ungewollter Begegnungen mit Angeklagten oder anderen Verfahrensbeteiligten, soweit dies vor Ort praktikabel ist,

­ Erläuterung des Verfahrensausgangs für Zeuginnen und Zeugen mit Verständnisschwierigkeiten,

­ Hilfestellung bei der Organisation des Heimwegs für Unterstützungsbedürftige,

­ Vermittlung von Hilfsmaßnahmen oder an Hilfsorganisationen.

Die Gewährung von weitergehendem persönlichem Beistand für besonders belastete Zeuginnen und Zeugen durch Begleitung zur Hauptverhandlung oder während einer Sitzungspause soll regelmäßig besonders geschulten Personen vorbehalten bleiben. Die Zeugenkontaktstelle soll grundsätzlich zwar entsprechende Hilfsangebote vermitteln, aber nur in Ausnahmefällen selbst die Durchführung einer solchen Prozessbegleitung übernehmen.

Auch hierzu ist eine Kooperation mit Institutionen außerhalb der Justiz, namentlich mit der Polizei und Opferhilfeorganisationen, beabsichtigt.

Im Rahmen der Umsetzung des Konzepts wird ein Merkblatt erstellt, das über die Zeugenkontaktstellen, ihre Aufgaben und Erreichbarkeit informieren wird. Dieses Merkblatt soll in den Justizbehörden ausgelegt, Zeugenladungen beigefügt und den Opferhilfeeinrichtungen sowie den örtlichen Polizeidienststellen übermittelt werden. Die Konzeption sieht ferner einen behördenübergreifenden Erfahrungsaustausch der Ansprechpersonen vor, bei dem Fortbildungen im Zusammenhang mit dem Umgang mit Opferzeuginnen und Opferzeugen durchgeführt sowie Angebote freier Träger vorgestellt oder erörtert werden können.

Weitere Zeugenbetreuung und Zeugenbegleitprogramme

Nachdem im Jahr 1997 im Rahmen des Erfahrungsaustauschs auf der Ebene der Staatsanwaltschaften die Erprobung eines Zeugenbegleitprogramms für kindliche und jugendliche Opferzeuginnen und -zeugen erwogen worden war, startete Ende 1999 an zwei Standorten ein Modellversuch, der sich zunächst auf die Begleitung kindlicher und jugendlicher Opferzeuginnen und -zeugen beschränkte.

Während die Zeugenbegleitung in Frankenthal durch die Gerichtshilfe angeboten wird, ist in Mainz der Internationale Bund als ein freier Träger mit der Durchführung betraut. Im Laufe des ersten Jahres wurde das Projekt im Bedarfsfall auch für erwachsene Opferzeuginnen und -zeugen geöffnet.

Derzeit werden konzeptionelle Überlegungen zur Erweiterung entsprechender Leistungen angestellt.

Die Betreuung ist umfassender als die Unterstützung durch die Zeugenkontaktstellen. Sie erstreckt sich auf den Zeitraum vor, während und nach der Hauptverhandlung und wird von sozialpädagogisch geschulten Kräften wahrgenommen. Sie bietet nicht nur Informationen über den Ablauf einer Gerichtsverhandlung oder die Rechte und Pflichten von Zeuginnen und Zeugen. Die Zeugenbegleitungspersonen stehen ihnen im Bedarfsfall auch in der Hauptverhandlung vor Gericht bei.

Bei dem Landgericht und dem Amtsgericht in Zweibrücken ist eine Zeugenbetreuung eingerichtet, die über allgemeine Informationen hinaus auch bei der Überbrückung von Wartezeiten, ggf. in einem gesonderten Warteraum, hilft. Den Zeuginnen und Zeugen wird zur Vorbereitung auf die „eigene" Gerichtsverhandlung angeboten, zuvor an einer anderen Verhandlung als Zuschauerin bzw. Zuschauer teilzunehmen. Es kann auch ein Gerichtssaal besichtigt werden. Kindern bietet die Stelle eine altersgerechte Information zur Zeugenstellung, den formalen Abläufen und eine angemessene Unterbringung während Wartezeiten.

Unabhängig von diesen Maßnahmen bieten freie Träger weitreichende Beratungs- und Betreuungsangebote namentlich zum Schutz von Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution, von Gewalt in engen sozialen Beziehungen oder von sexueller Gewalt und sexuellem Missbrauch an (vgl. etwa die Abschnitte D, II. 4 bis 7, 12 und 13).

Zeugenschutzprogramm des Landeskriminalamts

Eine erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung ist nur möglich, wenn es den Strafverfolgungsbehörden gelingt, die für eine Verurteilung erforderlichen Beweise zu sammeln. Zeugenaussagen kommt hierbei oftmals entscheidende Bedeutung zu. Zur Erhaltung der Aussagefähigkeit und -willigkeit gefährdeter Zeuginnen und Zeugen und damit zur Sicherung des Strafverfahrens sind in Einzelfällen Maßnahmen des Zeugenschutzes erforderlich. Mit dem Inkrafttreten des Zeugenschutzharmonisierungsgesetzes im Jahre 2001 wurden erstmals bundeseinheitliche Regelungen geschaffen, die die Grundlagen für die Durchführung spezifischer Maßnahmen des Zeugenschutzes bilden (vgl. zum rechtlichen Rahmen insbesondere Abschnitt B, II. 2).

In Rheinland-Pfalz sind die Zeugenschutzdienststellen dem Landeskriminalamt und den Polizeipräsidien angegliedert. Die Entscheidung, ob eine Zeugin oder ein Zeuge in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen wird, trifft die Polizei auf der Grundlage festgelegter Kriterien im Einvernehmen mit der sachbearbeitenden Staatsanwaltschaft.

Nach den bisherigen Erfahrungen des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz sind sowohl bei der Durchführung des Zeugenschutzprogramms durch das Landeskriminalamt als auch bei der Durchführung von Zeugenschutzmaßnahmen durch die Polizeipräsidien nicht nur Personen geschützt worden, die ausschließlich Opfer von Kriminalität waren, sondern auch Zeuginnen und Zeugen, die ihrerseits Beschuldigte einer Straftat waren. Ihre Gefährdung resultierte zumeist aus der Aussagebereitschaft gegen Mittäterinnen und Mittäter. Ihr Schutz und ihre Mitwirkung bei der Überführung von besonders gefährlichen Straftäterinnen und Straftätern ist ebenfalls ein Beitrag zum Opferschutz.

Videokonferenz-Anlagen

Zur Ermöglichung von dem Opferschutz dienenden Video-Vernehmungen (vgl. Abschnitt B, I. 3.2.1) stehen Videokonferenz-Anlagen bei den Landgerichten Bad Kreuznach, Frankenthal, Kaiserslautern, Koblenz, Mainz und Trier zur Verfügung. Bei den Landgerichten in Landau und Zweibrücken sind ISDN-Anschlüsse für den Einsatz mobiler Videokonferenz-Anlagen vorhanden.

Darüber hinaus sind auch die Justizvollzugsanstalten in Frankenthal, Koblenz und Rohrbach mit Videokonferenz-Anlagen ausgestattet.

Zeugenzimmer

Bei den Landgerichten Bad Kreuznach, Frankenthal, Koblenz, Mainz, Trier und Zweibrücken sind Zimmer eingerichtet, in denen Zeuginnen und Zeugen bei Bedarf getrennt von den Angeklagten auf ihre Vernehmung warten können. Beim Landgericht Landau gibt es zwar kein spezielles Zeugenzimmer, doch kann im Bedarfsfall ein Besprechungszimmer genutzt werden. Bei den Landgerichten in Koblenz und Zweibrücken sind die Zeugenzimmer jeweils kindgerecht ausgestattet.

Das „Eltern-Kind-Zimmer" in Zweibrücken steht Kindern in Begleitung einer Aufsichtsperson zur Verfügung, die selbst von familien- oder strafrechtlichen Verfahren betroffen sind oder Beteiligte in Gerichtsverfahren begleiten. Wartezeiten können in geschützter Atmosphäre mit Spiel, Bastel- und Lesematerial überbrückt werden. Darüber hinaus bietet das „Eltern-Kind-Zimmer" Wickel- und Stillmöglichkeiten. Im Landgericht in Frankenthal steht neben zwei Zeugenzimmern ein weiterer Raum, der speziell für wartende Kinder ausgestattet ist, zur Verfügung. Zeugen(warte)räume, die zum Teil ebenfalls kinderfreundlich ausgestattet sind, gibt es außerdem bei rund der Hälfte der Amtsgerichte des Landes Rheinland-Pfalz, die nicht am Sitz eines Landgerichts eingerichtet sind.