Ist bekannt ob bereits in den Herkunftsfamilien der Frauen Suchterfahrungen

Auch die Fachklinik Altburg ermöglicht die gemeinsame Aufnahme von Familien und alleinerziehenden Elternteilen mit Säuglingen und Kindern im Vorschulalter. Es erfolgt eine kontinuierliche Paar- und Familientherapie ergänzend zum individuellen Behandlungsplan. Ein wesentliches Ziel ist die Wiederherstellung einer tragfähigen und verantwortungsvollen Eltern-Kind-Beziehung. Es bestehen Kooperationen mit öffentlichen Kindergärten und Krabbelgruppen.

Die Fachklinik Altenkirchen bietet bis zu 20 Therapieplätze für Frauen an, die mit ihren Kindern im Vorschul- und Schulalter (bis zum 12. Lebensjahr) eine Therapie absolvieren wollen. Die Kinder leben mit ihren Müttern in den Gruppen. Der ganztags geöffnete Kindergarten hält Wickelraum und Babybad, Aufenthalts- und Spielräume, Teeküche, Krabbelraum mit kindgerechter Ausstattung und ein Therapiezimmer für Einzelförderung vor. Für die Kinder stehen auch im Freiluftbereich geräumige Spielmöglichkeiten zur Verfügung.

12. Ist bekannt, ob bereits in den Herkunftsfamilien der Frauen Suchterfahrungen bzw. -erkrankungen vorliegen?

Studien über Suchterkrankungen in der Herkunftsfamilie suchtkranker Frauen liegen der Landesregierung nicht vor. Allerdings zeigen Studien, dass Männer mit einem alkoholabhängigen Vater mehr als doppelt so häufig eine Alkoholabhängigkeit entwickeln als Männer ohne abhängigen Vater. Besonders belastet scheinen die jungen Erwachsenen aus einer suchtbelasteten Familie zu sein, bei denen beide Eltern suchtkrank waren oder bei denen ein suchtkranker Elternteil seine Abhängigkeit nicht erfolgreich bewältigen konnte.

13. Gibt es einen Zusammenhang von Suchterkrankungen und psychischen Erkrankungen?

Die Zahl der Menschen mit einer Komorbidität von psychischen Störungen und Störungen durch Substanzkonsum (Doppeldiagnosepatientinnen und -patienten) hat in den letzten Jahren im medizinischen und psychosozialen Versorgungssystem zugenommen. Mit dem Begriff Doppeldiagnosepatientinnen und -patienten wird eine sehr heterogene Patientengruppe bezeichnet (z. B. chronische Schizophrenie und Polytoxikomanie einschließlich Heroin; Borderline Persönlichkeitsstörung und Alkoholabhängigkeit; leichte Depression und Benzodiazepinmissbrauch), für deren verschiedene Komorbiditätsmuster unterschiedliche Ätiologiemodelle gefunden und Therapiemodelle entwickelt werden. Die Behandlung der betroffenen Menschen ist für Fachleute des ambulanten und stationären Bereichs diagnostisch wie therapeutisch gleichermaßen anspruchsvoll.

Die Größenordnung und die Komplexität des Zusammenhangs von Suchterkrankungen und psychischen Erkrankungen kann am Beispiel der Alkoholabhängigkeit kurz dargestellt werden. Zirka 30 bis 60 Prozent der Frauen und 20 bis 40 Prozent der Männer mit einer Alkoholabhängigkeit leiden an einer komorbiden psychischen Störung. Nach einer Erhebung der Allgemeinen Hospitalgesellschaft liegt bei rund 50 Prozent der in soziotherapeutischen Einrichtungen lebenden chronisch mehrfach beeinträchtigten suchtkranken Menschen eine psychiatrische Nebendiagnose vor. Zu den häufigsten komorbiden psychischen Störungen bei einer Alkoholabhängigkeit gehören Angststörungen, affektive Störungen, unipolare Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Abhängigkeiten von anderen psychotropen Substanzen. Dabei kann sich die Alkoholabhängigkeit sekundär entwickeln, also Folge einer inadäquaten Problembewältigung der psychischen Störung sein (z. B. Trinken, um Angstsymptome zu beseitigen) oder die komorbide Erkrankung kann Folge des Alkoholkonsums sein.

Andere Untersuchungen machen deutlich, dass bei drogenabhängigen Menschen die Prävalenzrate für psychische Störungen im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung erhöht ist. Beispielweise belegen Studien, dass die psychiatrische Komorbidität bei manifest abhängigen Cannabiskonsumenten sehr hoch ist und bis zu 70 Prozent betragen kann.

14. Existieren Einrichtungen, die suchtkranken Mädchen und Frauen Übernachtungsmöglichkeiten bieten?

Die Notschlafstellen der städtischen Drogenberatungsstellen in Mainz und Ludwigshafen bieten suchtkranken Frauen die Möglichkeit, kurzfristig ein Übernachtungsangebot in Anspruch zu nehmen. Die Notschlafstellen stehen auch wohnungslosen suchtkranken Frauen offen. Der Zeitraum der Übernachtungsdauer ist in Mainz auf maximal acht Wochen, in Ludwigshafen auf 150 Tage pro Jahr begrenzt. Die zur Verfügung stehenden Notschlafstellen werden in der Regel zu einem Fünftel von Frauen genutzt (Mainz rund 17 Prozent/Ludwigshafen rund 20 Prozent). Zudem verfügt die Suchtberatungsstelle des Diakonischen Werks in Neustadt über zwei Notschlafstellen für obdachlose suchtkranke Frauen.

Suchtkranken Frauen steht auch die niedrigschwellige Übergangseinrichtung für drogenabhängige Menschen „Cleantime" in MayenKürrenberg zur Verfügung. Die Kapazitäten der Einrichtung wurden aktuell von 18 auf 23 Plätze erweitert. „Cleantime" hat in den Jahren 2006 bis 2008 insgesamt 74 suchtkranke Frauen aufgenommen, was einem Anteil von 16 Prozent entspricht.

15. Wie ist das Bildungsniveau von suchtkranken Mädchen und Frauen?

16. Welche Berufsausbildung haben suchtkranke Mädchen und Frauen?

Daten zum höchsten erreichten Schulabschluss und zur Erwerbssituation suchtkranker Mädchen und Frauen werden in den Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe erhoben.

Nach den Daten der Deutschen Suchthilfestatistik 2006 ist von folgenden schulischen Qualifikationen der Klientinnen und Klienten in der ambulanten Suchtkrankenhilfe auszugehen.

Tabelle 17

Schulabschluss (Angaben in Prozent)

Weitere Angaben zur schulischen Ausbildung und zur Erwerbssituation können der Basisdokumentation 2007 des Fachverbandes Sucht e. V. (siehe Tabelle 18 und 19) entnommen werden. Bei Betroffenen mit der Hauptdiagnose Opiatabhängigkeit sind die Anteile der Erwerbslosen noch deutlich höher (56 Prozent bei den Männern/63 Prozent bei den Frauen). Für den stationären fachklinischen Bereich weist die Deutsche Suchthilfestatistik folgende Arbeitslosenquoten aus:

­ Hauptdiagnose Alkohol ­ 48 Prozent der Männer und 36 Prozent der Frauen;

­ Hauptdiagnose Opiatabhängigkeit ­ je 58 Prozent für Männer und Frauen.

IV. Prävention und Hilfeangebote für suchtkranke Frauen im Land

1. Welche Hilfeangebote im Land richten sich speziell an suchtkranke Frauen?

4. Welche stationären und ambulanten Einrichtungen stehen zur Bekämpfung ihres Suchtverhaltens im Land zur Verfügung?

Grundsätzlich stehen alle ambulanten Angebote der Suchtkrankenhilfe in Rheinland-Pfalz suchtkranken Frauen zur Verfügung.

Suchtkranke Frauen und weibliche Angehörige von Suchtkranken können in Rheinland-Pfalz die Angebote der 44 aus Landesmitteln geförderten Suchtberatungsstellen und der 17 Außenstellen sowie die 152 Plätze in den 16 bestehenden betreuten Wohngruppen und die Maßnahmen zur beruflichen Integration der Arbeitsprojekte für Suchtkranke in Anspruch nehmen.

Seit 1996 bestehen in Anbindung an die örtlichen Suchtberatungsstellen fünf gesonderte Projekte für frauenspezifische Suchtberatung in Trier, Neustadt, Landau, Speyer und Worms. Diese Stellen mit einem frauenspezifischen Beratungsangebot werden mit einem erhöhten Personalkostenzuschuss von bis zu 70 Prozent durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen gefördert. Eine aktuelle Umfrage des Ministeriums hat ergeben, dass darüber hinaus in weiteren Suchtberatungsstellen spezifische Maßnahmen für suchtkranke Frauen durchgeführt werden (z. B. spezielle Gruppen zum Bereich „Kinder aus suchtkranken Familien", spezifische Frauengruppen, Therapiegruppen nur für Frauen, Frauenprojekte, Seminare für behandelte suchtkranke Frauen mit ihren Kindern etc.).

In Rheinland-Pfalz stehen in 15 Fachkliniken für eine Entwöhnungsbehandlung insgesamt 1 231 Plätze für die medizinische Rehabilitation suchtkranker Frauen und Männer zur Verfügung. In der Fachklinik für suchtkranke Frauen in Altenkirchen werden 62

Plätze vorgehalten. Nach einer aktuellen Umfrage des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen bieten darüber hinaus fünf der gemischtgeschlechtlichen Fachkliniken spezifische Angebote für Frauen an (eigenständige Stationen für Frauen sowie für Mütter mit ihren Kindern, indikative Gruppen, spezifische Behandlungskonzepte etc.). Die Niedermühle in Odernheim, eine Einrichtung der Jugendhilfe für stark suchtgefährdete und -abhängige Jugendliche, hält sechs der 41 Plätze für Mädchen vor.

Die 438 Plätze in den soziotherapeutischen Wohnheimen für chronisch mehrfach beeinträchtige alkoholkranke Menschen stehen Frauen wie Männern gleichermaßen zur Verfügung.

Mit dem Projekt „JobKom" in Landau besteht seit 2002 ein spezifisches Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekt für suchtkranke Frauen mit Kindern, das durch die konzeptionelle Ausgestaltung dem besonderen Bedarf und der Problemlage der Zielgruppe Rechnung trägt. Das Projekt bietet pro Jahr insgesamt 50 Teilnehmerinnen die Möglichkeit einer beruflichen (Re-)Integration.

Suchtkranke Frauen sind häufig mit einer Reihe von zusätzlichen Problemen (Arbeitslosigkeit, Scheidung, Überschuldung, Wohnungslosigkeit, Gewalt) belastet. Den Betroffenen stehen bei der Bewältigung dieser Probleme die jeweils zuständigen Einrichtungen und Institutionen, zum Beispiel die Arbeitsverwaltung, das Sozialamt, die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, Frauenhäuser, psychiatrische Fachkliniken, die sozialen Beratungsstellen und die spezifischen Angebote, die im Rahmen des Projekts „Rheinlandpfälzisches Interventionsprojekt gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen (RIGG)" entwickelt wurden, zur Verfügung.