ESL-Milch, Frischmilch und H-Milch

Die sogenannte ESL-Milch („Extended Shelf Life"-Milch) wird seit einiger Zeit in Konkurrenz zu Frischmilch und H-Milch angeboten. Die ESL-Milch wird hergestellt, indem entweder Rohmilch für wenige Sekunden auf bis zu 127° C erhitzt oder zuerst filtriert und anschließend wie Frischmilch bei maximal 75° C pasteurisiert wird. Diese Milch verliert bis zu zehn Prozent ihrer Vitamine; bei Lagerung gehen weitere Vitamine verloren. Der Frischmilchgeschmack bleibt bei der aufwendigeren Methode erhalten. ESLMilch wird im Handel mit beispielsweise „extra frisch" oder „extra langer Frischegenuss" beworben, da bisher keine Kennzeichnungspflicht besteht.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Landesregierung der aktuelle Marktanteil von ESL-Milch?

2. Welche Produktionsmethode zur ESL-Milchverarbeitung wird im Land nach Kenntnis der Landesregierung derzeit hauptsächlich angewandt?

3. Wie hoch ist nach Kenntnis der Landesregierung hierbei der Anteil von ESL-Milch an der Gesamtmilchproduktion im Land?

4. Inwiefern ist nach Ansicht der Landesregierung die Annahme wahrscheinlich, dass ESL-Milch herkömmliche Frischmilch am Markt verdrängen könnte?

5. Unterstützt die Landesregierung eine einheitliche Kennzeichnungspflicht für ESL-Milch, um den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine eindeutige Unterscheidung zu herkömmlicher, pasteurisierter Frischmilch zu ermöglichen?

6. Wie beurteilt die Landesregierung die derzeitige Entwicklung bezüglich der ESL-Milch im Hinblick auf Landwirtschaft und Molkereien in Rheinland-Pfalz?

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 25. März 2009 wie folgt beantwortet:

Zu den Fragen 1 und 3: Die in Deutschland erzeugte Konsummilch unterteilt sich zu 72 % in ultrahocherhitzte Milch (H-Milch) und 28 % pasteurisierte Milch (Frischmilch). Der Anteil der ESL-Milch (Extended-Shelf-Life-Milch) an der pasteurisierten Milch wird nach der Marktordnungswaren-Meldeverordnung statistisch nicht erfasst. Marktexperten schätzen den Wert bundesweit auf ca. 80 %.

Der Anteil der ESL-Milch an der Gesamtmilchproduktion in Rheinland-Pfalz kann nicht berechnet werden, da statistische Daten nicht zur Verfügung stehen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Konsumverhalten in Rheinland-Pfalz mit dem bundesweiten Bild weitgehend übereinstimmt.

Zu Frage 2: ESL-Milch wird in Rheinland-Pfalz ausschließlich nach dem Verfahren „Instanterhitzung durch direkte Dampfinjektion" hergestellt.

Nach einer regenerativen Vorwärmung auf 80° C erfolgt die direkte Erhitzung mittels Dampfinjektion in Sekundenbruchteilen auf bis zu 127° C. Durch die anschließende Entspannungskühlung wird die hinzugefügte Wassermenge wieder entzogen., 21.April 2009

Zu Frage 4: Das Kaufverhalten der Verbraucher hat in den letzten drei Jahren zu einem sprunghaften Anstieg des Absatzes von ESL-Milch geführt. So wurden vor drei Jahren noch rund 80 % klassisch pasteurisierte und lediglich 20 % ESL-Milch nachgefragt. Dies hat sich, wie in der Antwort zu den Fragen 1 und 3 ausgeführt, inzwischen umgekehrt. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, ist nicht auszuschließen, dass die ESL-Milch die traditionell hergestellte, pasteurisierte Frischmilch auf Dauer vom Markt verdrängen könnte.

Zu Frage 5: Die Landesregierung spricht sich für eine einheitliche Kennzeichnung für ESL-Milch aus, die im Interesse der Konsumenten rasch umgesetzt werden sollte.

Sie begrüßt die Selbstverpflichtung der Wirtschaft, nach der die Konsummilchhersteller sich verpflichten, künftig klassische Konsummilch mit dem Zusatz „traditionell hergestellt" und ESL-Milch mit dem Zusatz „länger haltbar" auf der Packung zu kennzeichnen. Dabei soll bei ESL-Milch das Mindesthaltbarkeitsdatum von höchstens 24 Tagen ab der Produktion nicht überschritten werden. Diese Selbstverpflichtung wurde Ende Januar 2009 auf Grundlage entsprechender Erörterungen zwischen dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem Hauptverband des Deutschen Einzelhandels und dem Milchindustrie-Verband geschlossen.

Zu Frage 6: Der Erfolg der rheinland-pfälzischen Molkereiwirtschaft ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass diese ständig auf aktuelle Verbrauchertrends reagiert und das Produktportfolio deutlich an der nationalen und internationalen Nachfrage ausrichtet. Da die Konsumenten sich beim Kauf von pasteurisierter Milch zunehmend für ESL-Milch entscheiden, ist davon auszugehen, dass die rheinland-pfälzischen Molkereien ihr Produktsortiment marktgerecht dieser Entwicklung anpassen.

Die Landesregierung befürwortet diese Unternehmensstrategie, da die damit einhergehenden vergleichsweise guten Milchauszahlungspreise sich positiv auf die Einkommen der Milchvieh haltenden Betriebe in Rheinland-Pfalz auswirken.