Untersuchungsgefangene

Nach Absatz 2 Satz 2 können die Bestimmungen für junge Untersuchungsgefangene ausnahmsweise über das 24. Lebensjahr hinaus angewendet werden, wenn dies im Hinblick auf die voraussichtlich nur noch geringe Dauer der Untersuchungshaft zweckmäßig erscheint.

Zu § 67 Vollzugsgestaltung Wesentliches Element bei der Gestaltung des Untersuchungshaftvollzugs an jungen Untersuchungsgefangenen ist nach Absatz 1 die Erziehung. Die jungen Untersuchungsgefangenen werden in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit unterstützt und angeleitet. Damit sind sowohl der Erwerb als auch die Einübung nicht vorhandener, nicht hinreichend ausgeprägter oder nicht angewandter Fähigkeiten und Fertigkeiten gemeint, durch welche sie lernen, ihre eigenen Chancen und Pflichten wahrzunehmen und anderen Respekt entgegenzubringen. Wegen der Unschuldsvermutung darf die Erziehung im Gegensatz zum Landesjugendstrafvollzugsgesetz nicht auf die Auseinandersetzung mit den Tatvorwürfen gerichtet sein, die der Inhaftierung zugrunde liegen.

Bildungs-, Beschäftigungs- und Freizeitmöglichkeiten haben schon im Vollzug der Untersuchungshaft große Bedeutung.

Zusätzlich sollen den jungen Untersuchungsgefangenen nach Absatz 2 sonstige entwicklungsfördernde Hilfestellungen angeboten werden, die auf den noch bestehenden Erziehungsbedarf Rücksicht nehmen. Hierunter sind Maßnahmen zu verstehen, die auch innerhalb der in der Regel kurzen Zeit der Untersuchungshaft sinnvoll durchgeführt werden können oder längerfristige Maßnahmen vorbereiten, etwa Konfliktbewältigungstraining oder kurzfristige therapeutische Maßnahmen. Die Maßnahmen haben grundsätzlich nur Angebotscharakter. Die Anstalt hat aber darauf hinzuwirken, dass von den Angeboten Gebrauch gemacht wird. Besonderheiten bei minderjährigen Untersuchungsgefangenen ergeben sich aus § 71 Abs. 2.

Nach Absatz 3 können die nach diesem Gesetz möglichen Beschränkungen minderjährigen Untersuchungsgefangenen auch im Hinblick auf eine Gefährdung ihrer Entwicklung auferlegt werden. Während Rechte der volljährigen Untersuchungsgefangenen nur aus Gründen der Verfahrenssicherung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt eingeschränkt werden können, ist dies bei minderjährigen Untersuchungsgefangenen auch zur Abwehr von Gefahren für eine positive Persönlichkeitsentwicklung möglich. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sind solche Maßnahmen, die über den Zweck der Untersuchungshaft hinausgehen, nur zulässig, wenn sie dringend geboten sind.

Zu § 68 Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter Absatz 1 konkretisiert die Verpflichtung aus § 6 Abs. 2 dahingehend, dass die Anstalt insbesondere mit für junge Untersuchungsgefangene besonders wichtigen Institutionen eng zusammenzuarbeiten hat. So können Erfahrungswissen ausgetauscht und Hilfen gemeinsam organisiert und koordiniert werden.

Die Einbeziehung der Personensorgeberechtigten nach Absatz 2 ergibt sich aus ihrem Elternrecht nach Artikel 6 Abs. 2 des Grundgesetzes. Eine Einbeziehung unterbleibt, soweit diese etwa mangels Erreichbarkeit der Personensorgeberechtigten nicht möglich ist oder eine verfahrenssichernde Anordnung entgegensteht.

Zu § 69 Ermittlung des Förder- und Erziehungsbedarfs, Maßnahmen.

Der Förder- und Erziehungsbedarf der jungen Untersuchungsgefangenen ist nach der Aufnahme unter Berücksichtigung ihrer Persönlichkeit und ihrer Lebensverhältnisse zu ermitteln. Neben bedeutsamen äußeren Umständen soll insbesondere festgestellt werden, welche Stärken und Schwächen, welche Ressourcen und Defizite die jungen Untersuchungsgefangenen haben und wie sie selbst ihre Entwicklung und Perspektiven sehen. Auch zur schulischen und beruflichen Situation, zur Intelligenz, zum emotional-affektiven Zustand und zum sozialen Umfeld sollen Feststellungen getroffen werden. Dabei muss der Tatvorwurf außer Betracht bleiben.

Absatz 2 regelt das Verfahren zur Entscheidung über die Erziehungs- und Fördermaßnahmen. Danach müssen an der Erziehung maßgeblich beteiligte Bedienstete an einer Konferenz teilnehmen. Dadurch wird sichergestellt, dass keine wesentlichen Informationen unberücksichtigt bleiben. Die beabsichtigten Maßnahmen werden mit den jungen Untersuchungsgefangenen besprochen, um ihre Mitwirkungsbereitschaft zu fördern.

Absatz 3 schafft die Rechtsgrundlage, zur Ermittlung des Förder- und Erziehungsbedarfs personenbezogene Daten auch ohne Mitwirkung der Betroffenen zu erheben. Dies kann insbesondere dann notwendig sein, wenn die jungen Untersuchungsgefangenen nicht selbst über die erforderlichen Informationen verfügen oder begründete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben bestehen. Um den Eingriff in Persönlichkeitsrechte gering zu halten, ist diese Möglichkeit jedoch beschränkt auf Personen und Stellen, die entweder bereits Kenntnis von der Inhaftierung haben oder Aufgaben der Jugend- oder Jugendgerichtshilfe wahrnehmen.

Zu § 70 Unterbringung Absatz 1 ermöglicht die Unterbringung der jungen Untersuchungsgefangenen in Wohngruppen, wie sie bereits im Jugendstrafvollzug praktiziert wird. Der Wohngruppenvollzug erfordert geeignete und zweckentsprechend ausgestattete Räumlichkeiten.

Nach Absatz 2 kann die gemeinschaftliche Unterbringung bei Bildung, Arbeit und Freizeit über § 12 Abs. 3 hinaus aus den genannten Gründen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Die Zwei-Wochen-Frist soll es der Anstalt ermöglichen, sich vor einer gemeinschaftlichen Unterbringung ein Bild von der Persönlichkeit neu aufgenommener junger Untersuchungsgefangener zu machen.

Zu § 71 Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit Absatz 1 gewährleistet für schulpflichtige Untersuchungsgefangene eine dem allgemein- oder berufsbildenden Unterricht an öffentlichen Schulen entsprechende Ausbildung.

Die nicht schulpflichtigen, aber noch minderjährigen Untersuchungsgefangenen können nach Absatz 2 zur Teilnahme an Bildungs- oder Fördermaßnahmen verpflichtet werden.

Auch volljährige junge Untersuchungsgefangene weisen nicht selten erhebliche Bildungsdefizite auf. Deshalb soll auch ihnen nach Absatz 3 die Teilnahme an Bildungs- oder Fördermaßnahmen ermöglicht werden. Da ein allgemeiner Erziehungsauftrag des Staates für diese Personengruppe nicht besteht, haben die Maßnahmen Angebotscharakter.

Die Verweisung in Absatz 4 stellt klar, dass jungen Untersuchungsgefangenen, die weder Bildungs- noch Förderangebote wahrnehmen, nach Möglichkeit Arbeit oder sonstige Beschäftigung angeboten werden soll.

Zu § 72 Besuche, Schriftwechsel und Telefongespräche:

Die Absätze 1 und 2 erweitern die Besuchsmöglichkeiten für die jungen Untersuchungsgefangenen und stellen sie so den Jugendstrafgefangenen gleich.

Die Absätze 3 bis 5 enthalten jugendspezifische Einschränkungsmöglichkeiten der Außenkontakte.

Absatz 6 stellt Beistände nach § 69 JGG bei Besuchen, Schriftwechsel und Telefongesprächen Verteidigerinnen und Verteidigern gleich.

Zu § 73 Freizeit und Sport:

Die Freizeit ist neben der Ausbildungs- oder Arbeitszeit und der Ruhezeit eigenständiger Teil des Tagesablaufs in der Anstalt. Die meisten jungen Untersuchungsgefangenen wissen nichts Sinnvolles mit ihrer Freizeit anzufangen. Absatz 1 Satz 1 verpflichtet daher die Anstalt, geeignete Angebote zur Freizeitgestaltung vorzuhalten, damit die jungen Untersuchungsgefangenen eigene positive Neigungen und Begabungen entwickeln können. Wegen der Unschuldsvermutung können die jungen Untersuchungsgefangenen aber nicht zur Teilnahme an den Freizeitangeboten verpflichtet werden, sind jedoch durch die Anstalt zur Teilnahme und Mitwirkung zu motivieren.

In Absatz 2 wird entsprechend § 41 Abs. 2 und § 42 Abs. 2 LJStVollzG die Zulassung eines eigenen Fernsehgerätes und elektronischer Medien auch davon abhängig gemacht, dass erzieherische Gründe nicht entgegenstehen.

Absatz 3 hebt die besondere Bedeutung des Sports für junge Untersuchungsgefangene hervor. Er greift den entsprechenden Gedanken des § 39 LJStVollzG auf und verpflichtet die Anstalt, ein Mindestangebot von zwei Stunden wöchentlich vorzuhalten.

Zu § 74 Besondere Sicherungsmaßnahmen Junge Untersuchungsgefangene werden bei besonderen Sicherungsmaßnahmen nach § 49 Abs. 3 den Jugendstrafgefangenen gleichgestellt und somit gegenüber den übrigen Untersuchungsgefangenen privilegiert.

Zu § 75 Erzieherische Maßnahmen, Disziplinarmaßnahmen:

Die Reaktionsmöglichkeiten der Bediensteten auf Pflichtverstöße der jungen Untersuchungsgefangenen können in drei Stufen erfolgen: Auf der ersten Stufe wird im Rahmen einer einvernehmlichen Konfliktregelung ein erzieherisches Gespräch mit den jungen Untersuchungsgefangenen geführt. Auf der zweiten Stufe werden sogenannte erzieherische Maßnahmen und auf der dritten Stufe Disziplinarmaßnahmen gegen die jungen Untersuchungsgefangenen angeordnet.

Nach Absatz 1 Satz 1 sollen Konflikte ­ auf der ersten Stufe ­ dadurch gelöst werden, dass auf Pflichtverstöße der jungen Untersuchungsgefangenen unmittelbar erzieherisch reagiert wird. Als Reaktion auf die Pflichtverletzung ist nach Satz 1 mit den jungen Untersuchungsgefangenen unverzüglich ein erzieherisches Gespräch zu führen.

Reicht das erzieherische Gespräch nicht aus, können ­ auf der zweiten Stufe ­ nach Satz 2 möglichst dieselben Bediensteten, die das Gespräch mit den jungen Untersuchungsgefangenen geführt haben, weitere Maßnahmen anordnen, die geeignet sind, den jungen Untersuchungsgefangenen ihr Fehlverhalten bewusst zu machen. Diese erzieherischen Maßnahmen sind von Disziplinarmaßnahmen zu unterscheiden. Den erzieherischen Maßnahmen geht im Gegensatz zu den Disziplinarmaßnahmen kein förmliches Verfahren voraus. Dies hat den Vorteil, dass die Bediensteten auf die Verfehlung zeitnah und flexibel reagieren können. Die erzieherischen Maßnahmen sind eine Reaktion auf leichtere Pflichtverletzungen und haben grundsätzlich eine geringere Eingriffsintensität. Dies lässt sich anhand der in Satz 3 genannten Beispiele ablesen, für die eine zeitliche Beschränkung bis zu einer Woche vorgesehen ist, während entsprechende Disziplinarmaßnahmen für bis zu zwei Monate verhängt werden können. Die Aufzählung in Satz 3 ist nicht abschließend. Weitere, nicht in Satz 3 genannte erzieherische Maßnahmen sind z. B. Platzverweise, Fernsehverbote oder der Ausschluss von gemeinsamen Veranstaltungen. Die erzieherischen Maßnahmen haben als belastende Maßnahmen verhältnismäßig zu sein.

Erzieherische Maßnahmen können nur von solchen Bediensteten angeordnet werden, die gemäß Absatz 2 von der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter hierzu ermächtigt sind.

Eine solche Ermächtigung kann für einen bestimmten Personenkreis generell, aber auch für einzelne Personen, die z. B. eine bestimmte Veranstaltung beaufsichtigen, ausgesprochen werden.

Die erzieherischen Maßnahmen sollen nach Absatz 3 im Zusammenhang mit der Verfehlung stehen, weil damit den jungen Untersuchungsgefangenen eher erkennbar wird, warum ihnen eine beschränkende Maßnahme auferlegt wird, und sie idealerweise zum Nachdenken und zur Abkehr von ihrem Fehlverhalten veranlasst werden.

Absatz 4 betont die Subsidiarität des Disziplinarrechts. Er bestimmt, dass Disziplinarmaßnahmen nur angeordnet werden können, wenn erzieherische Maßnahmen nach Absatz 1 nicht ausreichen, um den jungen Untersuchungsgefangenen das Unrecht ihrer Handlungen zu verdeutlichen. Damit ist klargestellt, dass nach Möglichkeit eine positiv motivierende Einwirkung auf die jungen Untersuchungsgefangenen im Vordergrund steht, dass aber die für einen geordneten Betrieb erforderlichen Verhaltensregeln auch der Flankierung durch Sanktionen bedürfen, welche die Anstalt selbst verhängen kann. Disziplinarmaßnahmen sind das letzte Mittel vollzuglicher Sanktionen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist ­ gegebenenfalls unter Einbeziehung angeordneter besonderer Sicherungsmaßnahmen ­ zu berücksichtigen.

Gemäß Absatz 5 dürfen als Disziplinarmaßnahme weder ein Verweis ausgesprochen noch die zugewiesene Arbeit oder Beschäftigung entzogen werden. Darüber hinaus dürfen die Maßnahmen nach § 61 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4 Halbsatz 1 sowie Nr. 5 nur für die Dauer von bis zu zwei Monaten verhängt werden. Die Verhängung von Arrest ist nur bis zur Dauer von zwei Wochen zulässig.

Zu § 76 Gliederung, Räume Absatz 1 setzt die Trennungsgrundsätze nach § 11 organisatorisch um. Danach wird die Untersuchungshaft grundsätzlich in gesonderten Abteilungen zu vollziehen sein. Eine Abteilung ist ein räumlich abgetrennter Unterbringungsbereich in einem Hafthaus.

Nach Absatz 2 sind für unterschiedliche Aktivitäten Gruppenund Gemeinschaftsräume vorzuhalten (soziales Training, Freizeit etc.). Für die Freizeit sind insbesondere Räume für Sport erforderlich. Sinnvoll sind kleinere Räume, die mit Sportgeräten ausgestattet sind, sowie eine Sporthalle für Mannschaftssport. Die Räumlichkeiten sollten durch Außenspielfelder ergänzt werden. In der Anstalt ist die erforderliche Anzahl von Besuchsräumen vorzuhalten.

Zu § 77 Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung.

Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen den §§ 145 und 146 StVollzG und § 99 LJStVollzG.

Zu § 78 Arbeitsbetriebe, Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung:

Nach Absatz 1 sollen Arbeitsbetriebe und Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung vorgehalten werden. Damit werden die organisatorischen Folgerungen aus der Regelung zur Arbeit und Bildung (§ 24 Abs. 2 und 3) gezogen.

Absatz 2 eröffnet die Option einer Übertragung der Beschäftigung sowie der Bildungsangebote auf private Einrichtungen und Betriebe. Die notwendige Aufsicht über die Untersuchungsgefangenen obliegt der Anstalt.

Zu § 79 Anstaltsleitung:

Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter ist für die Ausgestaltung des Vollzugs und die Organisation der Anstalt verantwortlich. Sie oder er steuert die Anstalt durch Organisation, Führung der Bediensteten, Aufsicht und Controlling. Sie oder er ist insbesondere für die konzeptionelle Ausrichtung und Fortentwicklung der Anstalt verantwortlich. Sie oder er hält und fördert den Kontakt zu anderen Anstalten des Landes, berücksichtigt die Interessen des Gesamtvollzugs und wirkt an der Lösung anstaltsübergreifender Fragen mit.

Darüber hinaus vertritt die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter die Anstalt nach außen und repräsentiert sie in der Öffentlichkeit.

Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann Aufgaben, auch der Vertretung der Anstalt nach außen, auf andere Be51 dienstete delegieren. In der Regel geschieht dies durch den Geschäftsverteilungsplan. Die beauftragten Bediensteten arbeiten insoweit im Auftrag der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters. Eine Übertragung ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn das Gesetz einzelne Aufgaben ausdrücklich der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter zuweist; in diesem Fall wird allerdings eine besonders sorgfältige Prüfung erfolgen müssen.

Absatz 2 entspricht § 156 Abs. 1 StVollzG und § 101 Abs. 2 LJStVollzG.

Zu § 80 Bedienstete

Die Aufgabe nach § 2 kann nur erfüllt werden, wenn die Anstalt angemessen mit Personal ausgestattet wird. Allgemein gültige Festlegungen sind hierbei nicht möglich. Die erforderliche Personalausstattung muss individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Anstaltssituation und Klientel festgelegt werden.

Zu § 81 Seelsorgerinnen und Seelsorger

Die Bestimmung entspricht § 157 StVollzG und § 103 LJStVollzG.

Zu § 82 Medizinische Versorgung

Die Bestimmung entspricht weitgehend § 158 StVollzG und ist inhaltsgleich mit § 104 LJStVollzG.

Zu § 83 Mitverantwortung der Untersuchungsgefangenen

Die Bestimmung entspricht § 160 StVollzG und § 107 LJStVollzG.

Zu § 84 Hausordnung

Die Bestimmung entspricht § 161 Abs. 1 und 2 StVollzG und § 108 LJStVollzG.

Zu § 85 Aufsichtsbehörde

Die Bestimmung entspricht § 151 Abs. 1 Satz 1 StVollzG und § 109 LJStVollzG.

Zu § 86 Vollstreckungsplan

Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen § 152 Abs. 1 StVollzG und ist inhaltsgleich mit § 110 LJStVollzG.

Zu § 87 Beirat

Die Bestimmung entspricht den §§ 162 bis 165 StVollzG und § 111 LJStVollzG.

Zu § 88 Verarbeitung personenbezogener Daten:

Durch die entsprechende Anwendung der Bestimmungen des Landesjugendstrafvollzugsgesetzes wird der Umfang des Gesetzes sinnvoll begrenzt. Insofern bedarf es keiner redaktionellen Klarstellung des in § 88 Abs. 4 und § 94 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LJStVollzG verwendeten Begriffs „Vollzug einer Jugend- oder Freiheitsstrafe"; hier ist der Vollzug der Untersuchungshaft gemeint.

Nummer 1 berücksichtigt, dass sich auch im Vollzug der Untersuchungshaft das Erfordernis von Mitteilungen für voll zugsfremde Zwecke und Informationsübertragungen für wissenschaftliche Zwecke ergeben kann. Ersteres gilt beispielsweise, soweit die entsprechend anwendbare Vorschrift des § 89 Abs. 4 LJStVollzG unter anderem eine Übermittlungsbefugnis für Zwecke der Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht sowie für Gnadenentscheidungen vorsieht. Damit berücksichtigt die Regelung die Fallgestaltung, dass in Untersuchungshaft befindliche Gefangene aufgrund einer früheren Verurteilung der Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht unterstehen und bezüglich dieser Verurteilung ein Gnadenverfahren anhängig sein kann. Im Interesse der kriminologischen Forschung, die für eine Weiterentwicklung des Untersuchungshaftvollzuges unverzichtbar ist, lässt der Entwurf auch Auskünfte und Akteneinsicht für wissenschaftliche Vorhaben zu. Mit der die Regelungen des § 89 Abs. 4 und § 97 Abs. 2 Satz 2 LJStVollzG einschränkenden Maßgabe, dass nach diesen Bestimmungen zulässige Übermittlungen bei einem erkennbaren, schutzwürdigen Interesse der Betroffenen unterbleiben müssen, wird der im Vollzug der Untersuchungshaft geltenden Unschuldsvermutung Rechnung getragen. Die Entscheidung, dass im Einzelfall eine Mitteilung unterbleibt, kann die Anstalt entweder auf die Art der Information oder auf die Rechtsstellung der betroffenen Untersuchungsgefangenen stützen. Beide Voraussetzungen können, müssen aber nicht kumulativ vorliegen.

Hinsichtlich der Mitteilung des Anstaltsaufenthaltes von Untersuchungsgefangenen sieht Nummer 2 eine teilweise von § 89 Abs. 5 Satz 1 und 2 LJStVollzG abweichende, bereichsspezifische Regelung vor. Zum einen ist die Angabe eines voraussichtlichen Entlassungszeitpunktes im Hinblick auf den noch ungewissen Verfahrensausgang nicht möglich. Zum anderen sind keine Auskünfte über die Vermögensverhältnisse der betroffenen Untersuchungsgefangenen zur Durchsetzung von Ansprüchen „im Zusammenhang mit der Straftat" (§ 89 Abs. 5 Satz 2 LJStVollzG) zuzulassen, weil für die Untersuchungsgefangenen die Unschuldsvermutung gilt. Die in § 89 Abs. 5 Satz 3 und 4 LJStVollzG geregelten Anhörungspflichten gelten dagegen auch für Untersuchungsgefangene. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass durch die Verweisung in Nummer 2 lediglich die Befugnis der Anstalt zur Auskunftserteilung an Dritte geregelt wird, es jedoch im Einzelfall zur Wahrung berechtigter Interessen der betroffenen Untersuchungsgefangenen geboten sein kann, von einer Mitteilung abzusehen. Die Entscheidung hat die Anstalt nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen.

Bei einer nicht nur vorläufigen Einstellung des Verfahrens, einer unanfechtbaren Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens oder einem rechtskräftigen Freispruch legt Nummer 3 eine zeitnahe Löschung fest und gewährt den betroffenen Untersuchungsgefangenen das Recht, eine Benachrichtigung derjenigen Stellen zu verlangen, die gemäß § 89 Abs. 5 Satz 1 LJStVollzG von ihrer Inhaftierung Kenntnis erhalten haben. Eine entsprechende Mitteilung über den Verfahrensausgang darf jedoch nur erfolgen, wenn dies von den betroffenen Untersuchungsgefangenen beantragt wird. Würde sie automatisch erfolgen, könnten die über die Inhaftierung informierten Stellen aus dem Unterbleiben einer derartigen Mitteilung zwangsläufig darauf schließen, dass eine Verurteilung erfolgt sein muss. Die Untersuchungsgefangenen sind auf ihr Antragrecht hinzuweisen.

Nummer 4 trägt den Besonderheiten des Untersuchungshaftvollzugs Rechnung.

Für die Erteilung von Auskunft und die Gewährung von Akteneinsicht an die Betroffenen nach Nummer 5 gelten die in § 95 LJStVollzG genannten Grundsätze entsprechend. Dass die Informationsübermittlung unterbleiben muss, soweit sie den Zweck der Untersuchungshaft gefährdet, ergibt sich aus § 95 Abs. 4 LJStVollzG. Gleichwohl erscheint ein gesonderter Hinweis in diesem Gesetz zur Umsetzung angezeigt. In der Praxis wird diese Einschränkungsmöglichkeit indes nur ausnahmsweise in Betracht kommen, weil im Regelfall die Gefangenenpersonalakten und die übrigen Unterlagen der Anstalt keine den Untersuchungszweck gefährdenden Informationen enthalten.

Zu § 89 Verwaltungsvorschriften:

Die Bestimmung ermächtigt das für den Strafvollzug zuständige Ministerium zum Erlass der notwendigen Verwaltungsvorschriften, insbesondere des Vollstreckungsplans (§ 86).

Zu § 90 Einschränkung von Grundrechten:

Die Bestimmung entspricht dem Zitiergebot nach Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes.

Zu § 91 Änderung des Landesjugendstrafvollzugsgesetzes:

Durch § 91 wird das Landesjugendstrafvollzugsgesetz um eine Ermächtigung des für den Strafvollzug zuständigen Ministeriums zum Erlass von Verwaltungsvorschriften ergänzt. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den in § 110 LJStVollzG geregelten Erlass des Vollstreckungsplans sinnvoll. Wegen sich ständig ändernder Gefangenenzahlen erweist sich regelmäßig seine Anpassung an diesen Umstand als notwendig. Dies und die geringe gesamtpolitische Bedeutung des Vollstreckungsplans erfordert keine Befassung des Ministerrats (Artikel 110 Abs. 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz).

Zu § 92 Inkrafttreten:

Als Zeitpunkt des Inkrafttretens sieht das Gesetz den 1. Januar 2010 vor.