Leistungsberechtigte

In einigen Fällen wurden Leistungen ohne die Anrechnung von Vermögen bewilligt, obwohl dessen Wert höher war als der geschützte kleinere Barbetrag. Hatten Leistungsberechtigte Grundeigentum, auch als Miteigentümer, wurden der Wert und die Verwertbarkeit häufiger nicht hinreichend geprüft. Wurde Vermögen innerhalb der Ausschlussfrist des § 41 Abs. 4 SGB XII an Dritte übertragen, war nicht in allen Fällen dokumentiert, ob der Anspruch auf Leistungen ausgeschlossen war. Bei Lebensversicherungen fehlten Ermittlungen zu Rückkaufwert und Verwertbarkeit.

Hausgrundstücke:

In 31 Fällen waren Leistungsberechtigte nach Aktenlage Eigentümer eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung, ohne dass geprüft wurde, ob das Vermögen der Verwertungspflicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII unterlag.

Von der Pflicht zur vorrangigen Verwertung sind nach der genannten Vorschrift nur angemessene Hausgrundstücke ausgenommen. Die Angemessenheitskriterien im Einzelnen ergeben sich aus SHR 90.11.2 f. Danach muss ein geschütztes Hausgrundstück bestimmte Grenzen hinsichtlich der Wohn- 229) und ggf. der Grundstücksfläche einhalten.

Verfügt der Leistungsberechtigte über Wohneigentum, muss geprüft und nachvollziehbar dokumentiert werden, dass dieses die Angemessenheitskriterien erfüllt und daher von der Verwertungspflicht ausgenommen ist. Anderenfalls sind die Leistungen der Grundsicherung einzustellen oder nur als Darlehen zu gewähren.

Kraftfahrzeuge Leistungen der Grundsicherung wurden gewährt, ohne dass Hinweisen auf eine Kraftfahrzeughaltung durch den Leistungsberechtigten nachgegangen oder Datenabgleiche mit der jeweiligen Kraftfahrzeugzulassungsstelle durchgeführt wurden. Einzelne Verwaltungen maßen Kraftfahrzeugen, die älter als zehn Jahre waren, grundsätzlich keinen Vermögenswert bei.

Kraftfahrzeuge sind vorrangig einzusetzendes Vermögen, wenn nicht im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, die die Haltung als notwendig erscheinen lassen. Ihre Veräußerung kann Leistungsberechtigten dann zugemutet werden, wenn Erlös oder Wert des Fahrzeugs zusammen mit sonstigem Geldvermögen den nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII geschützten kleineren Barbetrag übersteigen. Auch bei älteren Fahrzeugen kann nicht ohne Weiteres vom Fehlen eines Marktwertes ausgegangen werden.

Durch einen regelmäßigen jährlichen Datenabgleich mit der Kraftfahrzeugzulassungsstelle ist sicherzustellen, dass Leistungsberechtigte nicht über ein verwertungspflichtiges Kraftfahrzeug verfügen.

Dies gilt nicht zuletzt auch deshalb, weil die mit der Kraftfahrzeughaltung regelmäßig verbundenen Kosten Zweifel an der grundsätzlichen Hilfebedürftigkeit eines Antragstellers begründen und daher auch aus diesem Grunde eine Versagung von Sozialhilfeleistungen rechtfertigen können. Insoweit obliegt es dem Antragsteller, die Zweifel durch Nachweis der monatlichen Aufwendungen und ihrer konkreten Deckung auszuräumen.

Nach § 91 Satz 1 SGB XII sollen Personen, die über einzusetzendes Vermögen verfügen, Leistungen der Grundsicherung darlehensweise gewährt werden, wenn der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder eine Härte bedeuten würde. Die Entscheidung hierüber sowie über die einzelnen Modalitäten des Darlehens kann durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß § 53 ff. SGB X getroffen werden (SHR 10.05.3). Die Art der Regelung hat maßgeblichen Einfluss auf die Durchsetzung der Rückforderung (vgl. SHR 10.05.4 ff.).

Ein Darlehen ist grundsätzlich angemessen zu sichern, z. B. durch Bestellung eines Pfandrechts (Hypothek), durch Bürgschaft oder Sicherungsübereignung (SHR 10.05.9). Lehnt derjenige, der das Vermögen einzusetzen hat, den Abschluss des Darlehensvertrags oder eine angemessene Sicherung des Darlehens ab, besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen der Grundsicherung (vgl. SHR 91.06).

Um eine rechtssichere Abwicklung des Darlehens sicherzustellen und spätere Forderungsausfälle zu vermeiden, sollten im Zuge der Bewilligungsentscheidung alle hierfür notwendigen Regelungen getroffen und angemessene Sicherheiten gefordert werden. Bei einer darlehensweisen Gewährung ohne entsprechende vertragliche Absicherung ist dies nachzuholen.

8. Prüfung von Unterhaltsansprüchen

In nahezu 100 geprüften Fällen hatten die Verwaltungen keine Unterhaltsüberprüfungen vorgenommen. Hierfür relevante Tatsachen waren häufig nicht ermittelt worden. Dies galt etwa für Personalien geschiedener Ehegatten, Scheidungsurteile oder Hinweise auf Unterhaltsansprüche. Daten von Kindern oder Eltern der Leistungsberechtigten wurden oft im Antragsverfahren nicht abgefragt, weil Verwaltungen ohne weiteres davon ausgingen, dass deren jährliches Gesamteinkommen unter 100.000 lag.

Unterhaltsansprüche gegenüber getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten (§§ 1361, 1569, 1586 a BGB) sowie gegen Väter von Kindern nicht miteinander verheirateter Eltern (§ 1615 l BGB) gehen auf den Träger der Sozialhilfe über (§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Sie sind daher grundsätzlich zu berücksichtigen (SHR 43.03.7).

Im Unterschied dazu gehen Unterhaltsansprüche von Leistungsberechtigten der Grundsicherung gegenüber ihren Kindern und Eltern zwar nicht auf den Träger der Sozialhilfe über (§ 94 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XII). Gleichwohl können sie einen Anspruch auf Grundsicherung ausschließen, wenn das Einkommen der Unterhaltsverpflichteten die Einkommensgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII von 100.000 jährlich überschreitet (SHR 43.03.6). Die gegenteilige Vermutung nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB XII kann von der Verwaltung widerlegt werden. Hierzu können von den Leistungsberechtigten Angaben gefordert werden, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen zulassen.

Voraussetzung hierfür ist aber die Kenntnis der Unterhaltspflichtigen. Aus diesem Grund sind in jedem Fall die erforderlichen Personalien zu erfassen.

9. Leistungen der Grundsicherung in Einrichtungen

Bei stationärer Unterbringung des Leistungsberechtigten kommt neben Leistungen der sogenannten Haupthilfe, insbesondere Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege, auch die Grundsicherung in Betracht. Die Leistungen der Grundsicherung für die stationäre Hilfe sind in den Bewilligungsbescheiden gesondert aufzunehmen.

Der Ermittlungs- und Prüfungsumfang bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung in Einrichtungen unterscheidet sich grundsätzlich nicht von dem bei der Grundsicherung außerhalb von Einrichtungen.

Allerdings ergaben sich im Rahmen der Prüfung einige besondere Problemschwerpunkte des Verwaltungsvollzugs.

Einkommen aus entgeltlicher Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen

Bei der Berechnung des Betrags, der aus dem Einkommen stationär betreuter, in einer WfbM entgeltlich beschäftigter Personen zu entrichten ist, akzeptierten die Verwaltungen abweichend von der gesetzlichen Regelung den Abzug eines pauschalen Grundfreibetrags von 61,36 je Monat durch die Einrichtungsträger. Dies führte in den Jahren 2005 bis 2008 bei den örtlichen Trägern der Sozialhilfe in Rheinland-Pfalz zu geschätzten Mehraufwendungen zwischen 160.000 und 350.000 jährlich. Schätzungsgrundlage sind die vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz veröffentlichten Zahlen, die allerdings in den Jahren 2005 und 2006 unvollständig waren, so dass noch höhere Mehraufwendungen nicht auszuschließen sind.

Für Leistungsberechtigte der Grundsicherung, die in einer WfbM gegen Entgelt beschäftigt sind, ist bei der Einkommensanrechung ein Achtel des Eckregelsatzes (ab Juli 2008: 43,88) zuzüglich 25 % des diesen Betrag übersteigenden Einkommens abzusetzen (§ 41 Abs. 1, i. V. m. § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII).

Der Abzug eines über ein Achtel des Eckregelsatzes hinausgehenden Grundfreibetrages von 61,36 durch die Einrichtungsträger beruht auf dem Rundschreiben des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung Nr. 09/2005 vom 10. Februar 2005. Die Regelung ist zwischenzeitlich durch Aufnahme in die Sozialhilferichtlinien (SHR 82.16.5) auch auf Leistungsberechtigte außerhalb von Einrichtungen ausgedehnt worden obwohl es hierfür an einer Weisungsbefugnis des zuständigen Ministeriums gegenüber den örtlichen Trägern der Sozialhilfe fehlt.

Die durch Verwaltungsanweisungen vorgegebene Erhöhung der Grundfreibeträge für das Einkommen in einer WfbM entgeltlich beschäftigter Leistungsberechtigter der Grundsicherung verstößt gegen Bundesrecht und führt im Ergebnis zu einer im Hinblick auf § 31 SGB I unzulässigen freiwilligen Leistung.

Aufgrund der Gesetzesbindung der Verwaltung und ihrer Pflicht zu wirtschaftlichem Handeln sind das Landesamt und die örtlichen Träger der Sozialhilfe gehalten, ausschließlich eine gesetzeskonforme Bestimmung der Freibeträge vorzunehmen.

Beitragseinstufung freiwillig Kranken- und Pflegeversicherter

Die geprüften Verwaltungen übernahmen auch für die überwiegend bei der AOK oder einer Ersatzkasse versicherten rd. 450 Leistungsberechtigten der Grundsicherung in Einrichtungen abweichend von gesetzlichen und satzungsrechtlichen Regelungen bemessene Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (vgl. Nr. 4.4.1). Die hierdurch verursachten Mehraufwendungen beliefen sich bei den geprüften Verwaltungen (ausgenommen die Stadt Mainz) auf rund 140.000 jährlich.

Der nach den Regelungen des SGB V und den jeweiligen Satzungen der Krankenkassen für die Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens maßgebende notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen 238) betrug bis zur Regelsatzerhöhung ab Juli 2007 höchstens 818,92 und lag damit nur geringfügig über der Mindestbeitragsbemessungsgrenze (vgl. Fußnote 203).

Aufgrund einer Vereinbarung mit der AOK vom Dezember 2001 war ab dem Jahr 2005 eine Beitragsbemessungsgrundlage von 1.084,88, ab Juli 2008 von 1.103,72 anzuwenden. Für Versicherte in Ersatzkassen galt die unter Nr. 4.4.1 beschriebene Vereinbarung.

Die Vereinbarungen führten bis 2008 zu jährlichen Mehraufwendungen von 530 für jeden in der AOK versicherten Leistungsberechtigten sowie von 430 bei Versicherung in einer Ersatzkasse.