In diesen Fällen stellt der Ausgleichsbetrag nach § 154 Abs

Abschläge auf Ablöse- oder Ausgleichsbeträge sind unzulässig. Die Gemeinden sind zur Erhebung in der im BauGB vorgesehenen Höhe verpflichtet. Außerdem verstößt es gegen Haushaltsrecht, wenn Gemeinden auf die Ausschöpfung der eigenen Einnahmemöglichkeiten verzichten und stattdessen Fördermittel in Anspruch nehmen.

4. Anwendung des § 155 BauGB

Anrechnungen

Nach § 155 Abs. 1 BauGB sind auf den Ausgleichsbetrag anzurechnen:

- die durch die Sanierung entstandenen Bodenwerterhöhungen, die bereits in einem anderen Verfahren berücksichtigt worden sind,

- die Bodenwerterhöhungen des Grundstücks, die der Eigentümer zulässigerweise durch eigene Aufwendungen bewirkt hat,

- die Bodenwerterhöhungen des Grundstücks, die der Eigentümer beim Erwerb als Teil des Kaufpreises zulässigerweise bereits entrichtet hat.

In diesen Fällen stellt der Ausgleichsbetrag nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht den vom Eigentümer erhebbaren Ausgleichsbetrag dar.

Die Gemeinden gaben für insgesamt 22 Sanierungsgebiete und 188 Grundstücke an, Anrechnungen vorgenommen zu haben.

Überwiegend beschränkten sich die Anrechnungen auf Einzelfälle.

Eine Gemeinde räumte den Eigentümern einen pauschalen Nachlass auf den Ausgleichsbetrag in Höhe von 10 % der von den Eigentümern jeweils getätigten Aufwendungen für Maßnahmen an ihren Gebäuden ein.

Eine pauschale Anrechnung oder eine Anrechnung von Aufwendungen für Maßnahmen an Gebäuden ist nicht zulässig. Außerdem wirken sich Maßnahmen an einem Gebäude nicht auf den Bodenwert des dazu gehörigen Grundstücks aus, weil für die Ermittlung des Ausgleichsbetrags der Bodenwert des unbebauten Grundstücks maßgebend ist und daher dessen Bebauung außer Betracht bleibt.

Verzicht auf die Festsetzung und Erhebung von Ausgleichsbeträgen Gemeinden können aufgrund der sog. Bagatellklausel des § 155 Abs. 3 BauGB von der Festsetzung von Ausgleichsbeträgen absehen, wenn eine geringfügige Bodenwerterhöhung gutachtlich ermittelt worden ist und der Verwaltungsaufwand für die Erhebung des Ausgleichsbetrags in keinem Verhältnis zu den möglichen Einnahmen steht 275).

Darüber hinaus kann nach § 155 Abs. 4 BauGB im Einzelfall von der Erhebung ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten geboten ist. Die Freistellung kann auch vor Abschluss der Sanierung erfolgen.

Ein öffentliches Interesse besteht nur dann, wenn der Erlass des Ausgleichsbetrags geeignet ist, die Ziele und Zwecke der jeweiligen Sanierungsmaßnahme zu fördern. Das Verständnis der Erlassregelung des § 155 Abs. 4 Satz 1 Alternative 1- BauGB wird maßgeblich durch die Funktion des Ausgleichsbetrags als Abschöpfung der den Grundstückseigentümern zugute kommenden Wertsteigerungen bestimmt. Danach ist der zu Lasten der Gemeinde - im Fall eines Überschusses nach § 156a BauGB zu Lasten der Eigentümer im Sanierungsgebiet - wirkende Erlass eines Ausgleichsbetrags nur gerechtfertigt, wenn

- der begünstigte Eigentümer als „Kompensation" einen Beitrag zur Förderung der mit der Sanierung verfolgten Ziele und Zwecke leistet und

- diese Ziele auf andere Weise nicht erreicht werden können 276).

Nur unter diesen Voraussetzungen und nicht schon aus sonstigen im öffentlichen Interesse liegenden Gründen darf die Erhebung des Ausgleichsbetrags unterbleiben.

Nach den Angaben der Gemeinden wurden Freistellungen aus Gründen des öffentlichen Interesses in zehn Sanierungsgebieten für insgesamt 51 Grundstücke ausgesprochen. In folgendem Fall lagen die o. a. Voraussetzungen nicht vor.

Eine private Bildungseinrichtung erwarb innerhalb eines Sanierungsgebiets ein Baugrundstück und errichtete dort ein Lehrgebäude. Die Gemeinde erhob für die sanierungsbedingte Bodenwerterhöhung des Grundstücks keinen Ausgleichsbetrag. Sie begründete dies damit, dass die Bildungseinrichtung ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Gemeinde sei und der Verzicht im Hinblick auf dieses öffentliche Interesse geboten sei.

Das öffentliche Interesse, das eine Freistellung vom Ausgleichsbetrag im Einzelfall rechtfertigen kann, muss aus den Zielen und Zwecken der Sanierungsmaßnahme hergeleitet werden. Die Sanierungsziele der Gemeinde waren in einem Bebauungsplan festgelegt. Dieser sah für das von der Bildungseinrichtung für die Bebauung erworbene Grundstück, das einen im Zuge der Sanierung großzügig hergerichteten innerstädtischen Platz begrenzte, eine Blockrandbebauung mit Ladenlokalen im Erdgeschoss und eine Nutzung als "Sondergebiet Läden" vor. Die schulische Nutzung stimmte mit diesen Festsetzungen nicht überein. Auch die von der Gemeinde beabsichtigte „urbane Belebung" des Platzes wurde nicht erreicht. Aus diesen Gründen lag auch kein öffentliches Interesse im Sinne des Sanierungsrechts an der Freistellung vom Ausgleichsbetrag vor. Das allgemeine Interesse der Stadt an der Bildungseinrichtung als Wirtschaftsfaktor kann nicht durch den Verzicht auf den Ausgleichsbetrag gefördert werden.

5. Preisvorschriften des § 153 BauGB

Ausgleichsbeträge beim Verkauf von Grundstücken zum Neuordnungswert Gemeinden veräußern häufig in Sanierungsgebieten gelegene eigene Grundstücke oder Grundstücke des Sanierungsvermögens. Eine Veräußerung zum Neuordnungswert im Sinne von § 153 Abs. 4 BauGB soll sicherstellen, dass sanierungsbedingte Bodenwerterhöhungen frühzeitig und vollständig in das Sanierungsvermögen zurückfließen.

Grundstücke wurden zum Neuordnungswert verkauft, ohne dass die Gemeinden die Käufer auf die spätere Erhebung von Ausgleichsbeträgen hinwiesen. Sie vertraten die Auffassung, dass die Veräußerung zum Neuordnungswert die Erhebung eines Ausgleichsbetrags ausschließe.

Die Ausgleichsbetragspflicht wird durch eine Veräußerung zum Neuordnungswert grundsätzlich nicht berührt. Nach § 155 Abs. 1 Nr. 3 BauGB sind jedoch die Bodenwerterhöhungen, die der Eigentümer beim Erwerb des Grundstücks als Teil des Kaufpreises bereits entrichtet hat, auf den später zu erhebenden Ausgleichsbetrag anzurechnen.

Der Anrechnungsbetrag ist nicht zwangsläufig identisch mit der im Neuordnungswert enthaltenen sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung. Tritt nach der Veräußerung z. B. durch eine Modifizierung der Sanierungsziele eine Veränderung der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung ein, kann nach der Anrechnung ein zu erhebender Ausgleichsbetrag verbleiben oder auch ein Erstattungsanspruch des Grundstückseigentümers gegenüber der Gemeinde entstehen.

Im Interesse der Rechtsklarheit sollten die Gemeinden die Erwerber in den notariellen Kaufverträgen auf das Fortbestehen der Ausgleichsbetragspflicht hinweisen.

Ein mit dem Kauf verbundener Ablösevertrag kann frühzeitig für Sicherheit bei der Gemeinde und dem Eigentümer sorgen. Zur Deckung von Kosten der Sanierungsmaßnahme kann auch bei der Veräußerung von Grundstücken mittels einer Ablösungsvereinbarung ein den Neuordnungswert insoweit überschreitender Verkaufspreis vereinbart werden.

Preisprüfung Veräußerungen von Grundstücken in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten bedürfen der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde 277). Ergibt eine Preisprüfung nach § 153 Abs. 2 BauGB, dass der vereinbarte Gegenwert für das Grundstück den sanierungsunbeeinflussten Grundstückswert überschreitet, stellt dies eine wesentliche Erschwerung der Sanierung im Sinne des § 145 Abs. 2 BauGB dar. Die Genehmigung ist dann zu versagen 279).

Einige Gemeinden führten die gesetzlich vorgeschriebenen Preisprüfungen nicht durch. Manchen war die Bedeutung der Preisprüfung für die Ausgleichsbetragserhebung nicht bekannt.

Die Preisprüfung trägt zur Absicherung der Ausgleichsbetragsregelung bei, indem sie

- frühzeitig Vergleichspreise für die spätere Ermittlung des Ausgleichsbetrags und hier insbesondere des Anfangswerts liefert,

- die Preisstabilität im Sanierungsgebiet gewährleistet,

- verhindert, dass Verkäufer ungerechtfertigte Vorteile aus den von der Allgemeinheit finanzierten Werterhöhungen erzielen.

Eine Gemeinde erteilte eine sanierungsrechtliche Genehmigung ohne Preisprüfung, weil die Vertragsparteien den Kaufpreis nicht nach Boden- und Gebäudewert aufgeteilt hatten.

Die Preisprüfung beschränkt sich nicht auf Grund und Boden. Sie erstreckt sich vielmehr auf den für das Grundstück einschließlich einer vorhandenen Bebauung vereinbarten Gegenwert. Dies soll vermeiden, dass zur Umgehung der Preisprüfung Preisbestandteile, die nicht im Bodenwert enthalten sein dürfen, auf den Wertanteil des Gebäudes verlagert werden 281). Einer Kaufpreisprüfung steht daher eine Zusammenfassung des Boden- und des Gebäudewerts nicht entgegen.

Zahlreiche Gemeinden führten die Preisprüfung nicht mit der gebotenen Sorgfalt durch. Oft wurde die Angemessenheit der Kaufpreise nur grob geschätzt. Nur wenige Gemeinden prüften die Preise anhand grundstücksbezogener Gutachten.

Bei Grundstücksveräußerungen unter Dritten enthielten teilweise weder die den Gemeinden vom jeweils beauftragten Notar übermittelten Kaufverträge noch die sanierungsrechtlichen Genehmigungen der Gemeinden einen Hinweis auf die Ausgleichsbetragspflicht des Grundstückseigentümers. Im Rahmen der späteren Ausgleichsbetragserhebung kann dies zu Irritationen bei den Käufern, zu Widersprüchen und damit zu Verwaltungsmehraufwand führen.

Es wird empfohlen, in der sanierungsrechtlichen Genehmigung auf die Ausgleichsbetragspflicht hinzuweisen und dem Erwerber des Grundstücks die Ablösung des Ausgleichsbetrags in der gesetzlich zulässigen Höhe anzubieten.

6. Gutachtliche Wertermittlungen

Qualitätssicherung Gemeinden müssen die Ausgleichsbeträge auf der Grundlage von Wertermittlungen für die sanierungsbedingten Bodenwerterhöhungen festsetzen. Nach § 193 Abs. 1 BauGB können sie entsprechende Gutachten bei den zuständigen Gutachterausschüssen beantragen. Im Zuwendungsrecht sind durch einen Gutachterausschuss oder einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Grundstücksbewertung erstellte Wertermittlungen eine Förderungsvoraussetzung 282). Die Grundsätze der Verkehrswertermittlung nach der Wertermittlungsverordnung finden Anwendung.

Die Qualität der Wertgutachten war sehr unterschiedlich. In einigen Fällen konnte das Ergebnis der Wertermittlung nicht oder nur unzureichend nachvollzogen werden. Qualitätsstandards für die Erstellung der Gutachten fehlten. Im Einzelnen wurde Folgendes festgestellt:

- Lange Zeitspannen - in einigen Fällen mehr als drei Jahre - zwischen der Beantragung und der Ausfertigung der Gutachten waren teilweise auf Unklarheiten in den von den Gemeinden zur Verfügung gestellten Unterlagen oder auf die verspätete Vorlage dieser Unterlagen zurückzuführen.

- Bei einigen Gutachten konnte das Ergebnis der Wertermittlung nicht oder nur unzureichend nachvollzogen werden.

Bei der Anwendung des Niedersachsen-Modells 283) betraf dies beispielsweise die Art und die Klassifizierung der städtebaulichen Missstände sowie die Art und die Bewertung der zur Beseitigung der Missstände durchgeführten Maßnahmen.

- Bei zonalen Gutachten waren die Beschaffenheit und die Eigenschaften des zugrunde gelegten Einheitsgrundstücks oder des Bodenrichtwertgrundstücks nicht immer nachvollziehbar spezifiziert.

- Die Gutachten waren insgesamt sehr heterogen gestaltet. Manche waren sehr ausführlich, andere bestanden nur aus einer Seite.

- Mindestens ein Gutachterausschuss reduzierte den ermittelten Betrag unzulässigerweise um einen sog. Unsicherheitsabschlag.