Dr Ulrich von Deesen Leiter des Bereiches Umwelt Gesundheit und Sicherheit Klimaschutzbeauftragter der BASF Ludwigshafen

Dem Bericht sind ab der Seite 121 die abweichende Meinung der Vertreter der Fraktion der CDU in der Enquete-Kommission und ab der Seite 136 die abweichende Meinung der Abgeordneten Uta Schellhaaß (FDP) angefügt.

A. Vorwort

Die Welt im Klimawandel, das Weltklima steht auf der Kippe

Das Klimasystem gerät aus dem Gleichgewicht. Die massive Ansammlung von Klimagasen in der Atmosphäre verändert die Strahlungsbilanz der Erde mit unvorhersehbaren Folgen für alle Ökosysteme der Erde ­ und für die Zukunft des Menschen auf diesem Planeten.

Das Klima ändert sich weltweit. Der Wandel unseres globalen Klimas stellt mit seinen Folgen ein weltweites Problem dar, denn viele Regionen dieser Erde werden mit dramatischen Veränderungen zu kämpfen haben. Mit dem Klima ändern sich die Lebensbedingungen der Menschen ­ auch in Deutschland und in Rheinland-Pfalz.

In Deutschland ist abhängig von der globalen Entwicklung von einer Erwärmung bis zum Zeitraum 2021 bis 2050 um 0,5 bis 1,5 °C und bis zum Zeitraum 2071 bis 2100 um 1,5 bis 3,5 °C auszugehen. Die Erwärmung wird hauptsächlich in den Wintermonaten zu spüren sein, gepaart mit einer Zunahme der Extremereignisse und der Niederschläge in dieser Jahreszeit um im Schnitt bis zu 40 Prozent.

Rheinland-Pfalz bietet eine hohe Lebensqualität für seine Bürgerinnen und Bürger. Damit dies so bleibt, sind in der Gegenwart und in der Zukunft große Herausforderungen zu bestehen. Schon seit Jahren sind Klimawandel, Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen umfangreiche und bedeutsame Inhalte für die Politik in unserem Bundesland. Sie stellen eine zentrale Herausforderung für die Entwicklung von Rheinland-Pfalz und zugleich entscheidende Zukunftsthemen dar.

Der rheinland-pfälzische Landtag hat im Juni 2007 die Einsetzung eine Enquete-Kommission „Klimawandel" beschlossen mit dem Auftrag, sich mit Folgen und Anpassungsstrategien des Klimawandels für Rheinland-Pfalz zu beschäftigen. Die Kommission arbeitete im Zeitraum von September 2007 bis September 2009 und setzte sich aus elf Mitgliedern und sechs Ersatzmitgliedern zusammen, die den Fraktionen des rheinland-pfälzischen Landtags angehören, ergänzt um sechs weitere externe Sachverständige, die über besondere Sachkunde und eine fachliche Expertise auf diesem Gebiet verfügen.

Durch den konkreten Auftrag des Landtags sollte sich die Arbeit der Enquete-Kommission auf die Auswirkungen des Klimawandels auf unser Bundesland fokussieren. Obwohl es also primär nicht um die Frage ging, mit welchen Klimaschutzmaßnahmen der globale Klimawandel gebremst werden kann, hat sich gezeigt, dass dennoch diese Frage in vielen Vorträgen mitbehandelt wurde, nicht zuletzt auch, weil den Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels hohe Priorität einzuräumen ist.

Als Grundlage der Aufarbeitung dienten zunächst die Szenarien der Klimaforschung. Mit Unterstützung weiterer Wissenschaftler und Sachverständiger wurden für bestimmte Handlungsfelder prognostizierte Veränderungen diskutiert, wie sie für unsere Breitengrade beim jetzigen Stand der Wissenschaft erwartet werden.

Dies sind u. a. Auswirkungen und Anpassungsstrategien in den Bereichen Grund- und Oberflächengewässer, der Vegetation, des Natur- und Artenbestands, der Land- und Forstwirtschaft und des Weinbaus. Weiterhin standen auf der Agenda die gesundheitliche Situation der Bevölkerung, der Tourismus, das Transport- und Verkehrsgewerbe sowie soziale und ökonomische Auswirkungen des Klimawandels. Darüber hinaus hat die Enquete-Kommission hinsichtlich der genannten Bereiche Handlungsempfehlungen entwickelt, wie sich Rheinland-Pfalz auf die Folgen des Klimawandels einstellen, die bisherige Politik entsprechend anpassen und entsprechende Vorsorgemaßnahmen treffen muss.

Selbst wenn das ambitionierte Ziel der Europäischen Union, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf weniger als 2 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, erreicht wird, werden Folgen des Klimawandels, an die wir uns anpassen müssen, auftreten. Experten rechnen mit weitreichenden Folgen für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft, wenn es nicht gelingt, die globale Klimaänderung zumindest in Schranken zu halten.

Der Bericht soll das Verständnis über die Auswirkungen des Klimawandels in unserem Bundesland verbessern. Dieses Wissen soll helfen, die richtigen praktischen Entscheidungen zur Anpassung an den Klimawandel zu treffen sowie einen landesweiten Handlungsrahmen zu schaffen, um Risiken für die Bevölkerung, für die natürlichen Lebensräume und für die Volkswirtschaft vorzubeugen. Damit werden den unterschiedlichen Handlungsebenen des Landes, den Kommunen, den Institutionen und auch dem einzelnen betroffenen Bürger Grundlagen gegeben, die ihre Entscheidungen erleichtern. So können z. B. durch eine frühzeitige Einbeziehung von Anpassungsaspekten in Planungen später wirksam werdende Folgekosten vermieden werden.

Als Ergebnis der Beratungen hat sich u. a. gezeigt, dass wir den Klimawandel in unseren Planungen stärker berücksichtigen müssen.

Das gilt vor allem für langfristige Investitionen in die Infrastruktur. Im Hochwasserschutz haben wir es vorgemacht, nun müssen auch andere Bereiche folgen, wie Raum- und Stadtplanung, Gesundheitswesen, Wirtschaft und Finanzwirtschaft.

Obwohl sich die Enquete-Kommission „Klimawandel" eine klare Aufgabenbeschränkung auferlegt hat, hat die Minderung der Treibhausgasemissionen zur Begrenzung der Folgen des Klimawandels in Rheinland-Pfalz zukünftig in der Umweltpolitik hohe Priorität. Dafür setzt sich der Landtag weiterhin engagiert ein. Die aktuelle rheinland-pfälzische Klimapolitik baut deshalb auf zwei Säulen auf: der Vermeidung von Treibhausgasen und der Anpassung an die Folgen des Klimawandels, die schon heute nicht mehr zu vermeiden sind. Sie sind eine zentrale Herausforderung für die Entwicklung von Rheinland-Pfalz und zugleich entscheidendes Zukunftsthema.