Jakobskreuzkraut in Rheinland-Pfalz

Das Jakobskreuzkraut stellt aufgrund seiner hochgradigen Giftigkeit für Weidetiere (und auch für Menschen) eine akute Gefahr dar. Im Vergleich zur Vergangenheit tritt die Pflanze derzeit stark vermehrt auf. Vermutet werden als Ursache u. a. auch die Ausbringung durch verunreinigte Samenmischungen zur Begrünung von öffentlichen Flächen und Böschungen durch die öffentliche Hand.

Da die in der Pflanz enthaltenen Pyrrolizidinalkaloide (PA) in der Leber toxisch wirken, hat das Bundesinstitut für Risikobewertung bereits 2007 vor möglichen Aufnahmepfaden für den Menschen, beispielsweise durch Milch, Honig, Eier, Salat oder Getreide, gewarnt und Forschungsbedarf konstatiert.

Von besonderer Gefährlichkeit ist das Jakobskreuzkraut dabei gerade deshalb, weil es in Heu oder Silage seine fresshemmenden Eigenschaften verliert, die toxische Wirkung jedoch bestehen bleibt. Auch besitzen junge Pflanzen etwa sieben Wochen lang ebenfalls noch keine Bitterstoffe, die Weidetiere von der Aufnahme der Pflanze abhielten.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bislang getroffen, um zu verhindern, dass durch staatliche Maßnahmen, beispielsweise durch die Begrünung von Autobahnböschungen seitens des Landesbetriebs Mobilität, die Verbreitung von Jakobskreuzkraut oder ähnlichen potenziell gefährlichen Gewächsen gefördert wird?

2. Inwiefern hat die Landesregierung Sorge getragen, dass die Ausbreitung des Jakobskreuzkrauts eingedämmt wird, z. B. durch Information der kommunalen Straßen- und Grünflächenämter, Autobahnmeistereien sowie durch weitere geeignete Maßnahmen wie zeitgerechtes Abmähen der Pflanzen vor der Samenstreuung bzw. Blüte?

3. Kann nach den Erkenntnissen der Landesregierung ausgeschlossen werden, dass eventuell verunreinigte Mahd von Autobahnböschungen oder -mittelstreifen zu Heu oder Silage verarbeitet wird oder sonst zur Fütterung von Weidetieren dient?

4. Inwiefern führt die Lebensmittelkontrolle in Rheinland-Pfalz Untersuchungen durch, die die möglichen Aufnahmepfade von PA für den Menschen im Blick haben?

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 5. August 2009 wie folgt beantwortet:

Das Jakobskreuzkraut (JKK) ist eine einheimische Pflanzenart, die in Rheinland-Pfalz sehr verbreitet auftritt. In den vergangenen Jahren hat die Verbreitung zugenommen. Hauptursachen hierfür sind die Aufgabe bzw. Reduzierung der Bewirtschaftung (brach fallende Ackerflächen, reduzierte Nährstoffzufuhr und Schnittmaßnahmen auf Grünlandflächen, mangelnde Weidepflege) sowie ein lange offen gehaltener Boden im Zeitraum des Samenfluges des JKK (z. B. bei Tiefbauarbeiten oder in Baugebieten).

Auf intensiv bewirtschaftetem Acker- und Grünland kann sich das JKK nahezu nicht etablieren. Daher ist eine ordnungsgemäße Grünlandbewirtschaftung mit der Erhaltung einer den Boden deckenden Grasnarbe die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung eines JKK-Besatzes. In der Beratung von Grünlandbetrieben stehen daher die hierfür erforderlichen Maßnahmen (ausreichende Düngung, zeitgerechte Schnittmaßnahmen, permanente Nachsaaten bei Narbenschäden) im Mittelpunkt.

Die Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch Eintritt der im JKK enthaltenen Pyrrolizidinalkaloide (PA) in die Lebensmittelkette ist derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Daher ist noch keine abschließende Bewertung des Gefährdungspotenzials von JKK möglich; dieses wird in Deutschland jedoch als sehr gering eingeschätzt.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Bei der Begrünung von Straßenböschungen durch Gras- und Kräutersamen wird darauf geachtet, dass das verwendete Saatgut keine Verunreinigungen durch Samen nicht erwünschter Pflanzenarten enthält. Die Saatguthersteller garantieren verunreinigungsfreies Saatgut. JKK wurde und wird in den Saatgutmischungen im Bereich der Straßenbauverwaltung nicht verwandt.

Zu Frage 2: Der Verbreitung von JKK wird insbesondere durch folgende Maßnahmen begegnet:

­ Die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) beraten und informieren intensiv über die Gefährdung durch JKK und entsprechende Bekämpfungsmethoden. Am effektivsten kann der Samenflug durch Abmähen der Pflanze während ihrer Blüte eingeschränkt werden. Mähen vor der Blüte führt hingegen zu einem verstärkten Wiederaustrieb von JKK-Pflanzen.

­ In Kooperation des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM) und des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (DLR RNH), das für die Koordinierung der JKK-Bekämpfung zuständig ist, werden gemeinsame Maßnahmen zur Verhinderung und Verringerung der Ausbreitung von JKK durchgeführt. So wurde ein Verfahren installiert, welches die gezielte Bekämpfung von JKK auf vom LBM unterhaltenen Flächen ermöglicht. Gemeldete Vorkommen von JKK an Straßenrändern in Grünlandregionen bzw. in der Umgebung von Pferdeweiden werden von den Beratern der DLR verifiziert, um Verwechslungen mit zahlreichen anderen, ebenfalls gelb blühenden Pflanzenarten zu vermeiden. Bestätigte Funde werden zentral über das DLR RNH an den LBM gemeldet. Meldungen erfolgen auch durch das Landespflegepersonal des LBM.

Der LBM führt zur Zeit der JKK-Blüte gezielt Mäharbeiten an den gemeldeten Stellen durch. Mitarbeiter des LBM werden auf Fortbildungsmaßnahmen laufend durch Fachpersonal des DLR RNH geschult.

­ Die Kommunen werden unter Einbeziehung des Gemeinde- und Städtebundes beraten. Ferner werden bei Meldungen von starkem JKK-Auftreten die betroffenen Kommunalverwaltungen gezielt angesprochen und intensiv über Bekämpfungsmöglichkeiten beraten.

­ Das JKK kann auch auf Flächen auftreten, die aus Gründen des Naturschutzes als Biotope durch Mahd oder Beweidung gepflegt werden. Naturschutzbehörden, Biotopbetreuer, Bewirtschafter und die Berater im Rahmen des Programms Agrar-Umwelt-Landwirtschaft wurden angewiesen, die Bestandsentwicklung von JKK zu beobachten, vorgefundene Pflanzen zu entfernen und mit JKK kontaminiertes Mähgut nicht für die Tierfütterung zu verwenden. Standorte mit auffallend großen JKK-Beständen sind über das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht an das DLR RNH zu melden.

Zu Frage 3: Grundsätzlich wird das Mähgut aus Straßenseitenräumen vor Ort belassen oder nach der Aufnahme kompostiert. Eine Weiterveräußerung als Heu oder Silage an Landwirte und andere durch den LBM erfolgt nicht. Teilweise werden vom LBM Ausgleichsflächen an Dritte verpachtet. Diese bewirtschaften die Flächen selbst und verwenden das Mähgut in eigener Verantwortung.

Zu Frage 4: Untersuchungen von Lebensmitteln tierischen Ursprungs auf PA werden im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung im Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz nicht durchgeführt. Eine Methodenentwicklung zum Nachweis in Lebensmitteln sowie gezielte Überprüfungen von Lebensmitteln, z. B. über ein Monitoring, ist derzeit aufgrund fehlender Routinemethoden und der geringen Wahrscheinlichkeit eines gesundheitlichen Risikos nicht angezeigt, zumal die Pflanze durch Maßnahmen der guten landwirtschaftlichen Praxis bekämpft werden kann.