Finanzamt
Nicht realisierte Mehrergebnisse bezogen auf die geprüften Fälle (Beträge gerundet in)
Hierzu ist anzumerken, dass die Fälle im Nachhinein nach Aktenlage überprüft wurden. Gegebenenfalls zuvor unterlaufene Fehler der Finanzämter bei der Belegprüfung konnten demzufolge nicht erkannt werden. Ebenso sind die Fälle nicht erfasst, bei denen die steuerliche Auswirkung aus unterschiedlichen Gründen nicht quantifiziert werden konnte. Dazu gehören z. B. Fälle, in denen sich dem Bearbeiter die Frage hätte aufdrängen müssen, wovon der Steuerbürger seinen Lebensunterhalt bestritten hat. Diese Steuerbescheide waren aus verfahrensrechtlichen Gründen zumeist nicht mehr änderbar. Die in der Tabelle dargestellten Mehrergebnisse sind somit Mindestergebnisse nach Aktenlage.
Hinzu kommen noch insgesamt 57 Fälle, in denen die Aktenlage nicht schlüssig war und deshalb die zuständigen Finanzämter den Sachverhalt weiter aufklären müssen.
Der Senator für Finanzen hat in seinem Bericht zum Modellvergleich zusätzlich unterschiedliche Fehlerarten bei der Bearbeitung dargestellt.
Fehlerursachen - Der Rechnungshof hat darüber hinaus die Ursachen für die gravierenden Unterschiede in der Bearbeitungsqualität untersucht und dazu die erhobenen Daten weiter ausgewertet. Aspekte aus der Mitarbeiterbefragung durch den Senator für Finanzen sind in die Analyse eingeflossen.
Es ist davon auszugehen, dass die Bearbeiter in den Finanzämtern Bremen-Ost und Bremen-West grundsätzlich gleich leistungsstark und leistungsbereit sind und deshalb der festgestellte Unterschied in der Arbeitsqualität andere Ursachen haben muss.
Der Rechnungshof hat im Wesentlichen zwei Gründe für die geringere Arbeitsqualität beim Integrationsmodell ausgemacht: Fehlen einer konzentrationsfördernden Arbeitsumgebung und Mängel bei der Arbeitsplanung und Arbeitsabstimmung.
Arbeitsumgebung - In Gesprächen haben Beschäftigte der Integrationsbezirke des Finanzamt dem Rechnungshof mehrfach eine belastende Arbeitssituation geschildert.
Die Zunahme der Telefongespräche, der stärkere Publikumsverkehr und ein erhöhter Kommunikationsaufwand mit anderen Verwaltungsbereichen behindere nachhaltig konzentriertes Arbeiten und wirke sich ungünstig auf die Arbeitsergebnisse aus. Das Ergebnis der Mitarbeiterbefragung durch den Senator für Finanzen bestätigt die geschilderte Arbeitssituation.
Mängel bei der Arbeitsplanung und Arbeitsabstimmung - Die Arbeitsaufteilung innerhalb eines Integrationsbezirks des Finanzamt ist wie folgt verbindlich geregelt:
· 1. Bearbeiter: vorrangig Bearbeitung und Veranlagungsbegleitung der Steuerfälle mit Gewinneinkünften (IP- und übrige Fälle),
· 2. Bearbeiter: vorrangig Bearbeitung und Veranlagungsbegleitung der Steuerfälle mit Überschusseinkünften (IP- und übrige Fälle) und Unterstützung des 1. Bearbeiters bei der Veranlagung und Veranlagungsbegleitung der Fälle mit Gewinneinkünften,
· 3. Bearbeiter: vorrangig Veranlagungsbegleitung, soweit sie nicht von den anderen Bearbeitern erledigt wird. Unterstützt den 2. Bearbeiter bei seinen Veranlagungsaufgaben, d. h. bei Veranlagung der Fälle mit Überschusseinkünften.
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die tatsächliche Aufgabenwahrnehmung der einzelnen Bearbeiter in den Integrationsbezirken von den zwingenden Vorgaben abweicht. Der 1. Bearbeiter, der vorrangig für die Bearbeitung der Steuerfälle mit Gewinneinkünften zuständig ist, hat in erheblichem Umfang AN-Veranlagungen durchgeführt, für die nicht er, sondern der 2. Bearbeiter zuständig war. Der Anteil des 1. Bearbeiters an den AN-Veranlagungen lag bei 16 %. Die folgende Grafik zeigt den Anteil der Arbeitserledigung für den Bereich der Überschusseinkünfte durch die Mitarbeiter des Integrationsmodells auf: - Die Arbeitsaufteilung bei den Fällen mit Gewinneinkünften entspricht ebenfalls nicht den Vorgaben. Auffällig ist insbesondere der Bearbeitungsanteil von 24 % durch den 3. Bearbeiter, obwohl Steuerfälle mit Gewinneinkünften nicht zu seinem Aufgabenbereich gehören.
Gleichzeitig hat der Rechnungshof bei allen Bearbeiterpositionen des Integrationsmodells beim Finanzamt Bremen-West eine höhere Fehlerquote gegenüber dem Verwaltungsmodell beim Finanzamt Bremen-Ost im Bereich der Gewinneinkünfte festgestellt. Um dieses zu verdeutlichen, hat der Rechnungshof die Fehlerquotenanteile grafisch dargestellt: - Der Rechnungshof führt das schlechtere Abschneiden des Integrationsmodells beim Finanzamt Bremen-West darauf zurück, dass die Steuererklärungen im Integrationsbezirk ohne klare Aufgabenabgrenzung bearbeitet worden sind. Die Zuständigkeitsregeln wurden nicht beachtet. Die sachlich begründeten Vorgaben waren nur bedingt wirksam, weil durch das Integrationsmodell bei den Beschäftigten die Vorstellung verfestigt wurde, sie würden als Team mit einer jeweiligen Allzuständigkeit die Steuererklärungen zu bearbeiten haben. Dabei wurden die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade der Steuererklärungen und die unterschiedlichen Qualifikationen der Beschäftigten außer Betracht gelassen. Im Verwaltungsmodell mit getrennten Aufgabenbereichen entstehen diese Zuständigkeitsüberschreitungen dagegen nicht.
Ein weiterer Grund für die Zuständigkeitsüberschreitungen und die damit verbundene hohe Fehlerquote beim Integrationsmodell ist die Tatsache, dass ANAnteil der Arbeitserledigung für den Bereich Überschusseinkünfte in % Anteil der Arbeitserledigung für den Bereich Gewinneinkünfte in % Finanzamt Bremen-Ost Finanzamt Bremen-West Veranlagungen in der Regel nicht die Komplexität und den Schwierigkeitsgrad der übrigen Steuererklärungen erreichen und deshalb schneller bearbeitet werden können. Durch eine gemeinsame Bearbeitung der AN-Veranlagungen erreicht der Integrationsbezirk und damit das FA insgesamt statistisch einen hohen Grad an Arbeitserledigung. Dies ist in der Finanzverwaltung einer der Maßstäbe für die Leistungsfähigkeit der Finanzämter.
Im Ergebnis verbleibt den 1. Bearbeitern durch ihren nicht vorgesehenen, aber tatsächlich geleisteten Einsatz für die AN-Veranlagungen nicht die notwendige Zeit, die Steuererklärungen umfassend zu bearbeiten, für die sie primär zuständig sind. Fehleranfälligkeit ist dadurch vorprogrammiert.
Kostenvergleichsrechnung - Der Rechnungshof hat die Mehrkosten des Integrationsmodells für die Bereiche Arbeitsplatzkosten, Personalkosten und Gemeinkosten ermittelt.
In Übereinstimmung mit dem Senator für Finanzen ist er zu folgendem Ergebnis gekommen: Beim Integrationsmodell des Finanzamts Bremen-West entstehen durch die Bereitstellung und Ausstattung der Publikumszimmer Mehrkosten. Darüber hinaus ist ein Anstieg des Personalaufwands teilweise bereits realisiert und auch weiterhin zu erwarten. Zwar wird beim Integrationsmodell nicht mehr Personal benötigt als beim Verwaltungsmodell, aber mit einer angestrebten Höherbewertung von mindestens 15 Stellen werden beim Integrationsmodell die Kosten steigen.
Der Rechnungshof hat ermittelt, wie hoch jährlich beim Integrationsmodell die bereits eingetretenen Mehrkosten sind und wie hoch sie maximal ausfallen werden.
Jährliche Mehrkosten beim Integrationsmodell (in) Kostenart bereits verursachte Mehrkosten maximale Mehrkosten Personalkosten 8.000 180.
Die mit der Umorganisation zum Integrationsmodell steigenden Personal-, Gemeinund Arbeitsplatzkosten fallen auch in den Folgejahren an. Der Rechnungshof hat wegen der bestehenden Ungewissheiten z. B. bei der Besoldungsentwicklung und der Mindestverzinsung darauf verzichtet, einen Gegenwartswert der zu erwartenden Mehrkosten zu ermitteln.
4 Ergebnis - Das Integrationsmodell schneidet hinsichtlich der Qualität der Auftragserfüllung und der Wirtschaftlichkeit eindeutig schlechter als das Verwaltungsmodell ab und darf daher nicht auf die übrigen bremischen Finanzämter übertragen werden. Darüber hinaus sind sich der Rechnungshof und der Senator für Finanzen einig, dass das Integrationsmodell beim Finanzamt Bremen-West durch das Verwaltungsmodell abzulösen ist.
Dies soll im Zusammenhang mit organisatorischen Änderungen realisiert werden.
In einem ersten Schritt hierzu beabsichtigt der Senator für Finanzen, noch im Herbst 2004 mit dem Ausbau der Zentralen Informations- und Annahmestelle zu beginnen.
Das Ressort wird den Senat in Kürze über das Ergebnis der Prüfung informieren.
Teilzeitbeschäftigung aus anderen als familiären Gründen
Die Finanzverwaltung hat Teilzeitbeschäftigung aus anderen als familiären Gründen gewährt, ohne ihre Interessen in ausreichendem Maß wahrzunehmen. Dadurch treten organisatorische Schwierigkeiten auf; Sachmittel, wie z. B. Büroräume und DV-Ausstattung, werden nicht effizient genutzt.
Entsprechende Hinweise des Rechnungshofs aus einer früheren Prüfung sind nicht umgesetzt worden.