Rechtsberatung bzw. Rechtsschutzversicherung für Elternvertreter im Rahmen der Ausübung eines öffentlichen Ehrenamtes

Aufgrund von Beschwerden betroffener Eltern über den Unterricht einer Lehrerin an einer hiesigen Schule hatte der Schulelternsprecher diese Beschwerde bei der ADD Trier vorgetragen. Daraufhin forderte die Lehrerin den Schulelternsprecher über eine Anwaltskanzlei auf, eine Unterlassungs- und Widerspruchserklärung zu unterschreiben und die Anwaltskosten in Höhe von 775 Euro zu erstatten. Andernfalls drohte die Anwaltskanzlei mit der Klageerhebung. Dieser Vorfall warf bei dem betroffenen Schulelternsprecher sowie der gesamten Elternvertretung die Frage auf, inwieweit in einem solchen Fall eine entsprechende rechtliche Vertretung bzw. Rechtsschutzversicherung für die Abwehr der hier vorliegenden Klageandrohung gegeben ist und eintritt.

Nach dem geltenden Schulgesetz für Rheinland-Pfalz handelt es sich hinsichtlich der Ausübung der Funktion eines Schulelternsprechers um ein „öffentliches Ehrenamt", welches in der Landesverfassung von Rheinland-Pfalz als „Bürgerpflicht" verankert ist.

Im Zuge der Ausübung der Aufgaben der Schulelternvertreter besteht seitens des Landes ein Unfallversicherungsschutz durch die Unfallkasse Rheinland-Pfalz.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Besteht seitens des Landes Rheinland-Pfalz eine rechtliche Vertretung, Beratung oder eine Rechtsschutzversicherung für den Fall, dass Elternvertreter im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit mit Klage bedroht werden? Wenn ja, in welchem Umfang und durch wen erfolgt eine rechtliche Vertretung und Beratung und bei welchem Versicherungsträger besteht eine Rechtsschutzversicherung? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht (bitte detaillierte Begründung)?

2. Ist die Landesregierung grundsätzlich bereit, einen entsprechenden Rechtsschutz zu gewährleisten und für ehrenamtlich Tätige, die aufgrund der Ausübung eines „öffentlichen Ehrenamtes" durch Dritte mit rechtlichen Konsequenzen bedroht werden, abzuschließen? Wenn ja, in welcher Form, bei welchem Versicherungsträger und bis zu welchem Zeitpunkt? Wenn nein, bitte detaillierte Begründung.

3. Ist das Land darüber hinaus bereit, in entsprechenden Fällen die entstehenden Kosten für rechtliche Beratung und die Prozesskosten für ehrenamtlich Tätige zu übernehmen, wenn diese aufgrund ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit durch Dritte mit Klage bedroht werden? Wenn nein, aus welchen detaillierten Gründen nicht?

4. Wenn die Antwort auf die Frage 1 „nein" lauten sollte, wie beurteilt die Landesregierung die Auffassung von betroffenen Schulelternvertretern, dass sie unter der Voraussetzung, von einer Klage und von hohen Kosten für ihren Rechtsbeistand etc. bedroht zu werden, zukünftig nicht mehr bereit wären, ihr „öffentliches Ehrenamt" weitere auszuüben und dass als Folge hiervon ­ sollte dies publik werden ­ dies weitere Kreise zieht, wobei zu befürchten ist, dass weitere ehrenamtlich Tätige nicht mehr bereit wären, ein „öffentliches Ehrenamt" auf freiwilliger Basis auszuüben?

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 23. September 2009 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

In Rheinland-Pfalz hat die Elternarbeit seit langem einen sehr hohen Stellenwert. Die Landesregierung sieht die Eltern und damit auch die Elternvertreterinnen und Elternvertreter als gleichberechtigte Partner im schulischen Prozess und hat es sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe gemacht, die Partnerschaft zwischen Eltern und Schule besonders zu fördern, damit auf Dauer ein für die Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern bzw. Elternvertretung förderliches Schulklima entsteht. Eskalationen in der Zusammenarbeit, die wie in dem in der Kleinen Anfrage angesprochenen auch hier bekannten Fall zu der Einschaltung eines Rechtsanwalts führen, sind als absolute Ausnahmefälle zu betrachten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 4: Elternvertreterinnen und Elternvertreter werden in ihrer Arbeit kontinuierlich von der Schule, aber auch von der Schulaufsicht und dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur unterstützt. So ist die Schulaufsicht auch im der Kleinen Anfrage zugrunde liegenden Fall involviert und um eine Deeskalation bemüht. Auch der Landeselternbeirat steht Eltern mit seinem Sachverstand zur Seite. Seit 2007 besteht im Ministerium die Koordinationsstelle für Elternarbeit, die sich neben ihrer konzeptionellen Aufgabe, die Kommunikation zwischen Schule und Eltern zu verbessern, auch in Einzelfällen um die Vermittlung von Ansprechpersonen kümmert, die in der jeweiligen Situation weiterhelfen können. Selbstverständlich werden auch rechtliche Auskünfte gegeben, soweit sie das schulische Umfeld betreffen. Eine förmliche rechtliche Vertretung von Elternvertreterinnen oder Elternvertretern ist nicht vorgesehen und auch nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz nicht statthaft. Die bisherige Praxis zeigt zudem, dass die Gefahr für Elternvertreterinnen und Elternvertreter, wegen ihrer Amtsführung in einen Prozess verwickelt zu werden, äußerst gering ist. Der benannte Fall ist eine absolute Ausnahme. Insbesondere sind keine Fälle bekannt, in denen aus diesem Grund ein Rücktritt vom Amt erfolgt ist. Die Landesregierung würde es bedauern, wenn Elternvertreterinnen und Elternvertreter allein wegen des Fehlens einer Rechtsschutzversicherung ihr Amt nicht mehr wahrnehmen wollen. In aller Regel dürfte dieses Kriterium für das sehr begrüßenswerte ehrenamtliche Engagement von Eltern aber nicht ausschlaggebend sein.

Zu den Fragen 2 und 3: Der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung analog der bestehenden Sammel-, Unfall- und Sammel-Haftpflichtversicherung für ehrenamtlich Tätige in Rheinland-Pfalz wird von der Landesregierung nur dann für sinnvoll erachtet, wenn die Anzahl von Rechtsstreitigkeiten dies tatsächlich rechtfertigt. Nach Auskunft des für Rheinland-Pfalz tätigen Versicherungsdienstes ECCLESIA besteht bisher in keinem Land eine Rechtsschutzversicherung für ehrenamtlich Tätige. Unabhängig davon prüft die Landesregierung gegenwärtig Geltungsbereich und Konditionen einer derartigen Versicherung.

Grundsätzlich ­ und unabhängig vom Ergebnis der Prüfung des vorliegenden Falles ­ sieht es die Landesregierung nicht als ihre Aufgabe an, die Rechtmäßigkeit einer Klageandrohung gegen ehrenamtlich Tätige zu prüfen und etwaige Kosten eines Rechtsstreites zu tragen.