Umfang der Aufsichtspflicht über Privatschulen

Das gesamte Schulwesen untersteht nach Artikel 7 Abs. 1 Grundgesetz der Aufsicht des Staates. Somit unterliegen auch die Schulen in freier Trägerschaft staatlichen Reglungen. Allerdings ergeben sich hinsichtlich des Umfangs der staatlichen Aufsichts- und Eingriffsrechte Abweichungen zwischen staatlichen Schulen und Schulen in freier Trägerschaft. Die Schulaufsicht über die Privatschulen nimmt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) wahr.

Für die Lehrkräfte an Schulen in freier Trägerschaft gibt das Privatschulgesetz vor, dass ihre wirtschaftliche und rechtliche Stellung genügend gesichert sein muss. Hierzu gehört auch, dass Gehalt sowie Nebenleistungen nicht wesentlich hinter denen vergleichbarer Lehrkräfte öffentlicher Schulen zurückbleiben dürfen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Inwieweit ist eine Kürzung der Beträge für Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld sowie zusätzliche Altersvorsorge durch den Schulträger zulässig, wenn die öffentlichen Finanzhilfen für die Beiträge in voller Höhe ausgezahlt werden?

2. Inwieweit ist die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht verpflichtet, zu kontrollieren, ob die vom Land Rheinland-Pfalz erstatteten Beträge für eine zusätzliche Altersversorgung sowie für Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld den Lehrkräften tatsächlich ausgezahlt werden?

3. Inwieweit wäre im Fall einer nur teilweisen Auszahlung an die Lehrkräfte eine Rückzahlungsvereinbarung zwischen Land und Schulträger zulässig, die zu Lasten der Lehrkräfte ginge (z. B. durch Verrechnung mit Beträgen aus einer Tariferhöhung)?

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: Hinsichtlich der Zulässigkeit von Kürzungen ist zu unterscheiden zwischen den Beträgen für das Weihnachts- und Urlaubsgeld und den Beträgen für die zusätzliche Altersvorsorge.

Die Bezüge und damit auch das Weihnachts- und Urlaubgeld der Lehrerinnen und Lehrer an Schulen in privater Trägerschaft müssen nicht identisch sein mit den Bezügen der Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen.

Nach Art. 7 Abs. 4 GG muss die wirtschaftliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert sein. Dieser verfassungsrechtliche Schutz ist durch § 6 Abs. 2, Buchst. d Privatschulgesetz (PrivSchG) und § 8 Abs. 1 Nr. 2 und 3 zur Durchführung des Privatschulgesetzes (PrivSchDVO) konkretisiert. Danach ist die wirtschaftliche Stellung der Lehrkräfte als genügend gesichert anzusehen, wenn die Gehälter, Vergütungen und Nebenleistungen hinter denen vergleichbarer Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen nicht wesentlich zurückbleiben und für die Lehrerinnen und Lehrer eine Anwartschaft auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung erworben wird, die mindestens den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.

Im Rahmen der öffentlichen Finanzhilfe für Ersatzschulen wird zwar als Regelfall eine Gewährung von Bezügen nach staatlichen Grundsätzen angesehen (vgl. § 32 Abs. 1 PrivSchG). Das sind das Entgelt, das vergleichbaren staatlichen Lehrerinnen und Lehrern im Beschäftigtenverhältnis nach den tarifrechtlichen Bestimmungen zusteht, bzw. die Dienstbezüge, die vergleichbare staatliche Lehrerinnen und Lehrer nach dem Beamten- und Besoldungsrecht erhalten. Allerdings sind Abweichungen hiervon und insbesondere die Gewährung von Bezügen aus anderen Tarifverträgen zulässig, sofern die Höhe des Entgelts nicht wesentlich abweicht.

Die Bezahlung von Bezügen, die mit dem öffentlichen Dienst identisch sind, ist daher weder für die Genehmigung noch für die Refinanzierung Voraussetzung. Da im Rahmen der öffentlichen Finanzhilfe die Bezüge der Lehrkräfte, die an staatlich genehmigten und anerkannten Ersatzschulen beschäftigt sind, nach dem Durchschnittsentgelt bzw. der Durchschnittsbesoldung einer vergleichbaren staatlichen Lehrkraft (sogenannter „Eckmann") erstattet werden, wird die Refinanzierung der Bezüge einer Lehrkraft auch nur in Ausnahmefällen mit den tatsächlichen Bezügen identisch sein. Dabei im Einzelfall erfolgte Mehr- bzw. Minderzahlungen nivellieren sich jedoch in der Summe. Im Übrigen wird der Eckmann natürlich auch an tarifrechtliche Änderungen, wie zum Beispiel die Zusammenfassung der Zuwendung („Weihnachtsgeld") und des Urlaubsgelds zu einer nach Entgeltgruppen gestaffelten Jahressonderzahlung, angepasst.

Eine Kürzung der Beträge zur zusätzlichen Altersversorgung ist im Hinblick auf die öffentliche Finanzhilfe anders zu beurteilen, da eine Erstattung der Beiträge zu einer Zusatzversorgung nur für die tatsächlichen Aufwendungen erfolgt (vgl. § 30 Abs. 1 PrivSchG und § 29 PrivSchDVO). Soweit Aufwendungen geltend gemacht wurden, die beim Schulträger tatsächlich nicht entstanden sind, folgt daraus ein Rückzahlungsanspruch des Landes gegen den privaten Schulträger.

Zu Frage 2: Die Privatschulträger sind zur Vorlage von Abrechnungsunterlagen verpflichtet, aus denen die für die jeweilige Lehrkraft tatsächlich bezahlten Bezüge sowie die tatsächlichen Aufwendungen für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung und damit auch der Zusatzversorgung hervorgehen. Angesichts der großen Anzahl der Lehrerinnen und Lehrer an Schulen in privater Trägerschaft, für die Beiträge zu den Personalkosten und Zuschläge für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung geleistet werden (rd. 4 300), kann eine auf den konkreten Personalfall bezogene Einzelfallprüfung nicht realisiert werden. Deshalb ist eine stichprobenweise Überprüfung der Angaben vorgesehen. Dieser Verpflichtung kommt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion nach.

Zu Frage 3: Sofern das Land Beiträge für tatsächliche Aufwendungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung des Schulträgers gewährt und erstattet hat, die dieser aber tatsächlich nicht abgeführt hat, so entsteht daraus ein Rückzahlungsanspruch des Landes gegen den Schulträger. Dieser Rückzahlungsanspruch kann nur mit Ansprüchen des Schulträgers gegen das Land aufgerechnet werden. Dagegen ist der Rückzahlungsanspruch des Landes gegen den Schulträger rechtlich völlig unabhängig von eventuellen Ansprüchen der beim Schulträger beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer auf Zahlung eines erhöhten Entgelts aus einer Tariferhöhung. Mit diesen erfolgt keine Aufrechnung.