Lebensmittelkontrolle als Element des Verbraucherschutzes

Der Kommunalbericht des Rechnungshofes (Drucksache 15/3500) hat Defizite bei Ausstattung und Arbeit der Lebensmittelkontrolle in Rheinland-Pfalz deutlich gemacht, mit denen die stets positiven Aussagen der Landesregierung widerlegt und die Kritiken der CDU-Fraktion an der Verbraucherschutzpolitik der Landesregierung bestätigt werden. Mit der vorliegenden Großen Anfrage soll geklärt werden, was mit welchen Ergebnissen zur Abstellung der monierten Mängel unternommen worden ist.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes hat beanstandet, dass keine belastbare Bemessungsgrundlage für eine sachgerechte Stellenausstattung bei den für die Lebensmittelkontrolle zuständigen Behörden vorlag.

a) Inwieweit liegt diese jetzt vor und welche Aussagen und Kriterien enthält sie?

b) Wie verbindlich ist sie für die Praxis?

c) Welche Folgen hat sie jeweils und insgesamt in Form von Veränderungen bei der Stellenausstattung der Lebensmittelkontrollbehörden?

2. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes hat Unterschiede bei der Erfassung der zu kontrollierenden Betriebe und unzureichende Informationen der Lebensmittelkontrolle beanstandet.

a) Inwieweit ist die Erfassung der Betriebe und Betriebsarten als Grundlage der Kontrolltätigkeiten der Lebensmittelkontrolle mittlerweile einheitlich?

b) Inwieweit spiegelt sich das aktuell (2008 und soweit vorliegend 2009) jeweils und insgesamt in den Erfassungsstatistiken der zuständigen Behörden?

3. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes hat eine große Spreizung bei der Zahl der Lebensmittelkontrollen je 1 000 Einwohner moniert.

a) Inwieweit konnten aktuell einheitliche Kontrollzahlen je 1 000 Einwohner erreicht werden?

b) Wie spiegelt sich das jeweils und insgesamt in den Kontrollstatistiken der für die Lebensmittelkontrolle zuständigen Behörden?

4. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes hat ungerechtfertigte Unterschiede bei der Risikoklassifizierung und den Soll-Werten für jährliche Kontrollen je Betrieb beanstandet.

a) Inwiefern liegen nunmehr objektive Kriterien vor?

b) Welche Folgen haben sich hieraus jeweils und insgesamt für die Risikoklassifizierung und für die Kontroll-Soll-Werte der zuständigen Lebensmittelkontrollbehörden ergeben?

5. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes hat unterschiedliche und unzureichende Kontrollhäufigkeiten, gemessen an den Risikokategorien der zu untersuchenden Betriebe, und ein Unterschreiten der Soll-Kontrollhäufigkeiten beanstandet.

a) Wie viele der zu kontrollierenden Betriebe sind aktuell jeweils und insgesamt durch die zuständigen Lebensmittelkontrollbehörden absolut und anteilig kontrolliert worden?

b) Wie verteilen sich die Betriebskontrollen nach Kontrollhäufigkeiten (zwei Jahre und seltener, ein Jahr, halbjährlich, häufiger)?

c) Welche Spannbreiten der Kontrollhäufigkeit zeigen sich aktuell?

d) Welche Werte ergeben sich umgerechnet auf jährliche Kontrollen je Betrieb gegenüber den Soll-Werten?

6. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes hat allgemein sowie insbesondere auch hinsichtlich der Verdachtsproben unzureichende Probenentnahmen beanstandet.

a) Inwieweit ist die Zahl der Probenahmen durch die zuständigen Behörden der Lebensmittelkontrolle aktuell allgemein jeweils und insgesamt erhöht worden?

b) Wie haben sich insbesondere Anzahl und Anteile der Verdachtsproben entwickelt?

c) Wie sind diese Werte gegenüber den Soll-Werten zu beurteilen?

7. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes hat eine große Spreizung beim Zeitaufwand je planmäßiger Kontrolle durch die für die Lebensmittelkontrolle zuständigen Behörden beanstandet und angenommen, dass eine unzureichende personelle Ausstattung durch eine möglichst schnelle Durchführung der Kontrollen kompensiert wird.

a) Wie stellen sich aktuell jeweils und insgesamt die durchschnittlichen Zeitaufwände je planmäßiger Kontrolle bei den für die Lebensmittelkontrolle zuständigen Behörden dar?

b) Wie sind die Unterschiede zu beurteilen und zu erklären?

8. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes stellt fest, dass Nachkontrollen zwecks Überwachung der Beseitigung festgestellter Mängel bei geringer Personalausstattung tendenziell weniger häufig durchgeführt werden.

a) Wie haben sich die Zahlen der Nachkontrollen bei den für die Lebensmittelkontrolle zuständigen Behörden und ihrer Anteile gegenüber den planmäßigen Kontrollen aktuell jeweils und insgesamt entwickelt?

b) Welcher Zusammenhang besteht zur Personalausstattung?

c) Welcher durchschnittliche Zeitbedarf für Nachkontrollen ist bei den für die Lebensmittelkontrolle zuständigen Behörden festzustellen?

9. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes hat eine unzureichende Personalausstattung für die Lebensmittelkontrolle festgestellt.

a) Wie hat sich die Personalausstattung für die Lebensmittelkontrolle (Lebensmittelkontrolleure und Verwaltungskräfte sowie in Stellen und Arbeitszeitanteilen) bei den für die Lebensmittelkontrolle zuständigen Behörden seit der Untersuchung durch den Rechnungshof in Stellen und Arbeitszeitanteilen jeweils und insgesamt aktuell entwickelt?

b) Für wie viele Einwohner ist ein Lebensmittelkontrolleur jeweils bei den für die Lebensmittelkontrolle zuständigen Behörden sowie durchschnittlich für Landkreise und kreisfreie Städte aktuell zuständig und wie viele Betriebe sind insoweit zu überwachen?

c) Inwieweit entspricht die Ausstattung dem Aufgabenzuwachs? Inwieweit stimmt aktuell das Verhältnis der Zahl der Lebensmittelkontrolleure zu den Verwaltungskräften entsprechend der Forderung des Kommunalberichts?

d) Welche Defizite sieht die Landesregierung noch bei den Personalausstattungen der Lebensmittelkontrollbehörden?

e) Inwiefern sieht die Landesregierung Entwicklungs- und Modernisierungsbedarf im Bereich der Ausstattung?

f) Inwiefern sieht die Landesregierung Entwicklungs- und Modernisierungsbedarf im Bereich der Organisation, der Arbeitsstrukturen und der Arbeitsorientierung?

Das Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz hat die Große Anfrage namens der Landesregierung ­ Zuleitungsschreiben des Chefs der Staatskanzlei vom 2. November 2009 ­ wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

Die Lebensmittelüberwachung ist für die Landesregierung eine wichtige Säule im Sicherheitskonzept für gesunde Lebensmittel. Dieses geht von der Verantwortung der Lebensmittelunternehmer über die klare Kennzeichnung der Lebensmittel bis hin zu der staatlichen Lebensmittelkontrolle.

Der rheinland-pfälzische Gesetzgeber hat im Jahr 1996 die Aufgabe der Lebensmittelkontrolle mit einem entsprechenden, dynamisierten finanziellen Ausgleich kommunalisiert. Seitdem sind die Kreise und kreisfreien Städte für diese Aufgabe und damit auch für das hierfür erforderliche Personal, d. h. für die Ressourcenbereitstellung, die Ressourcenplanung und den Ressourceneinsatz einschließlich der Organisation verantwortlich. Das Land nimmt die Fachaufsicht wahr und steht den Kommunen mit seinen oberen und obersten Landesbehörden unterstützend zur Seite, soweit es um die wissenschaftliche und fachliche Kompetenz geht.

Der Landesrechnungshof hat die Kommunen geprüft. Die Ergebnisse seiner Prüfung sollen daher „den Landkreisen und den kreisfreien Städten Hinweise geben, die eine ordnungsgemäße, zeitnahe und wirtschaftlichere Bearbeitung der Aufgaben der Lebensmittelkontrolle ermöglichen und damit letztlich auch dem allgemeinen Verbraucherschutz dienen" (so Kommunalbericht 2009, S. 52).

Dies ist auch im Sinne der Landesregierung. Daher hat das fachlich zuständige Ministerium den Prüfbericht des Rechnungshofs, der dem jetzt veröffentlichten Kommunalbericht zugrunde liegt, zum Anlass genommen, mit den Kommunen bereits im September 2008 und auch im Rahmen von regelmäßigen Besuchen bei den Kommunen durch Mitarbeiter des Ministeriums und des Landesuntersuchungsamtes über den festgestellten Optimierungsbedarf zu sprechen. Der Rücklauf auf eine entsprechende Abfrage hat gezeigt, dass zahlreiche Kommunen die Anregungen bereits in unterschiedlichem Umfang umgesetzt haben bzw. umsetzen werden.

Demzufolge ist die im Zeitraum 2006 bis 2008 erfolgte Prüfung durch den Rechnungshof, die dem Bericht zugrunde liegt, naturgemäß eine Momentaufnahme und entspricht aufgrund der kontinuierlichen Weiterentwicklung im Rahmen des Qualitätsmanagements nicht mehr dem aktuellen Stand.

In Abstimmung und auch mit Unterstützung des Landes

­ ist den Kommunen eine Arbeitsanweisung zur einheitlichen Datenerfassung und Datennutzung gegeben worden, die auch Gegenstand von Dienstbesprechungen und Schulungsveranstaltungen des Ministeriums für das in der Lebensmittelkontrolle tätige Personal war,

­ erfolgt eine risikoorientierte Einstufung der Betriebe als Basis für das Kontrollmanagement,

­ wurde ein landesweiter Server installiert; unter Beteiligung der Kommunen wurde ZeVIS-RP (Zentrales Verbraucherschutz-Informationssytem in Rheinland-Pfalz ­ ZeVIS-RP) erarbeitet, das allen Kommunen eine einheitliche Software zur Verfügung stellt, mit deren Hilfe eine computergestützte, risikobasierte Einstufung der Betriebe und eine landesweite Vergleichbarkeit auch für das Kontrollmanagement möglich wird,

­ wurde die Erstauditierung im Rahmen des Qualitätsmanagements Ende 2008 abgeschlossen, die die Fortschritte belegt, die die Kommunen bereits erzielt haben.

Was die Bewertung der Personalausstattung anbelangt, bestätigt der Rechnungshof den Ansatz der Landesregierung, dass weder die Einwohnerzahl noch die Zahl der Kontrollen allein geeignet sind, den Bedarf an Lebensmittelkontrolleuren festzulegen. Dieser ist vielmehr an der Anzahl der Betriebe und ihrer Risikoeinstufung und damit am jeweiligen tatsächlich erforderlichen Kontrollaufwand auszurichten.

Aus Sicht der Landesregierung enthält der Bericht des Landesrechnungshofes wertvolle Hinweise und ergänzt die Bewertung, die von Seiten des Fachressorts vorgenommen wird.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Große Anfrage 15/3791 der Fraktion der CDU namens der Landesregierung wie folgt:

1. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes hat beanstandet, dass keine belastbare Bemessungsgrundlage für eine sachgerechte Stellenausstattung bei den für die Lebensmittelkontrolle zuständigen Behörden vorlag.

a) Inwieweit liegt diese jetzt vor, und welche Aussagen und Kriterien enthält sie?

b) Wie verbindlich ist sie für die Praxis?

c) Welche Folgen hat sie jeweils und insgesamt in Form von Veränderungen bei der Stellenausstattung der Lebensmittelkontrollbehörden?

Die vom Rechnungshof vorgenommene Prüfung der Kreis- und Stadtverwaltungen erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem der europarechtlich initiierte, zwischen den Ländern weiter konkretisierte, aber noch nicht in jedem Detail festgelegte Systemwechsel in der Betriebskontrolle noch nicht durch die vor Ort zuständigen Behörden umgesetzt worden war. Vor diesem Hintergrund konnte eine belastbare Festlegung des Personalbedarfs durch die hierfür zuständigen Kommunalverwaltungen im Zeitpunkt der Prüfung durch den Rechnungshof noch nicht erfolgt sein.

Mittlerweile haben die Kommunen nicht nur mit der vom Ministerium vorgeschriebenen risikoorientierten Einstufung der Betriebe als Basis für das Kontrollmanagement weitere Erfahrungen gesammelt, sondern auf der Basis dieser Erfahrungen und Erkenntnisse zum Teil bereits entschieden, ob und wie im personellen Bereich nachzujustieren sei, indem sie zusätzliches Verwaltungspersonal in diesem Bereich beschäftigen bzw. zusätzliche Lebensmittelkontrolleure eingestellt haben. Diese Entscheidung hat jede Kommune eigenständig und unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten zu treffen.

Die Situation hat sich insoweit deutlich verändert, als zum Zeitpunkt der Prüfung durch den Rechnungshof (siehe Kommunalbericht, Anlage 4 zu Tz. 3 „Personal in der Lebensmittelkontrolle 2006") auf kommunaler Ebene landesweit 134,14 Stellenäquivalente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 95,13 Lebensmittelkontrolleure, 13,11 Amtstierärzte und 25,90 Kräfte Verwaltungspersonal beschäftigt waren. Mittlerweile (Stand: 30. September 2009, siehe Tabellen in Anlage 1) sind nach den Angaben der Landkreise und kreisfreien Städte landesweit auf kommunaler Ebene 167,02 Stellenäquivalente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 107,40 Lebensmittelkontrolleure, 21,88 Amtstierärzte und 37,75 Kräfte Verwaltungspersonal beschäftigt.

Diese Entscheidungen sind in Ausübung des den Kommunen verfassungsrechtlich garantierten Rechts auf kommunale Selbstverwaltung getroffen worden, das sowohl die Personal- wie die Organisationshoheit umfasst.

2. Der Kommunalbericht des Rechnungshofes hat Unterschiede bei der Erfassung der zu kontrollierenden Betriebe und unzureichende Informationen der Lebensmittelkontrolle beanstandet.

a) Inwieweit ist die Erfassung der Betriebe und Betriebsarten als Grundlage der Kontrolltätigkeiten der Lebensmittelkontrolle mittlerweile einheitlich?

b) Inwieweit spiegelt sich das aktuell (2008 und soweit vorliegend 2009) jeweils und insgesamt in den Erfassungsstatistiken der zuständigen Behörden?